125 Jahre IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 20/1997, Seite 58 ff.


ELEKTROTECHNIK


EIB - die neue Elektroinstallation im Wohnhaus

Dipl.-Ing. Günter G. Seip*

In steigendem Maße wird für die Haustechnik die Elektrizität nicht nur als Energieform, sondern auch zur Steuerung wichtig. Beleuchtung, Heizung, Klima, Waschmaschine u.a. können seit gut sieben Jahren mit einem einheitlichen System angesteuert werden: Mit dem EIB. Was sich alles dahinter verbirgt, zeigt der Bericht.

Einfache Leitungsführung statt Leitungswirrwarr

Hausgeräte und gebäudetechnische Einrichtungen werden fast ausnahmslos mit elektrischem Strom betrieben. Jede einzelne Steuerfunktion, ob für Heizung, Beleuchtung oder Jalousie, wird dabei als Einzelsystem mit hohem Aufwand an Steuer- und Versorgungsleitungen ausgeführt. Werden die Einzelsysteme auch noch miteinander verknüpft, ist die Elektroinstallation so aufwendig, daß sie kaum noch durchführbar ist. Die separate Verdrahtung von Sensoren (Meßfühler) und Aktoren (Befehlsempfänger) mit den notwendigen Überwachungs-, Steuer- und Regelzentralen führt zu einem unüberschaubaren Leitungswirrwarr - die herkömmliche Installationstechnik stößt an ihre Grenzen (Bild 1). Hier liegt die Zielsetzung des Europäischen Installations-Bus (EIB).

Bild 1: Herkömmliche Installation.

Der EIB ist ein auf die Installation abgestimmtes Steuerbussystem (Bild 2). Das System hat eine klare, logische Gliederung. An die kleinste Bus-Einheit - eine Linie - lassen sich über 64 busfähige Teilnehmer anschließen. Über Linienkoppler können bis zu 12 solcher Linien in einem Bereich verbunden werden. Mit Bereichskopplern wiederum lassen sich maximal 15 solcher Bereiche zusammenfassen. Das bedeutet, daß insgesamt über 12480 Teilnehmer ohne Einschaltung einer Zentrale miteinander kommunizieren können. Über Systemkoppler, sogenannte Gateways, lassen sich weitere Systeme ankoppeln, so daß eine Vielzahl der genannten über 12000 Teilnehmer ohne Zentrale miteinander kommunizieren.

Bild 2: Systemaufbau des EIB.

Der EIB hat eine einfache Leitungsführung (Bild 3). Die Busgeräte werden in herkömmliche Installationsverteiler, Verbraucher und genormte Gerätedosen montiert. Die Unterputzgeräte sind modular aufgebaut, d.h. getrennt in Funktions- und Bedienteil. Damit ist die Elektronik für den Installateur an den gewohnten Orten untergebracht. Die in einem Haus ausgeführte Basisinstallation, d.h. der einmal gelegte Installationsbus, kann jederzeit erweitert werden. Mit Hilfe eines PC lassen sich an jeder beliebigen Stelle des Systems Ereignisse bzw. Zustände gebäudetechnischer Einrichtungen visualisieren, überwachen und steuern. Damit ist auch ein Fernwirken, z.B. ein nachträgliches Schließen der Jalousien im eigenen Büro von einem anderen Raum aus, möglich.

Bild 3: Prinzipielle Verkabelung von Busgeräten.

Betriebskosteneinsparungen bis zu 30%

Der EIB wurde vor fünf Jahren auf dem deutschen und europäischen Markt eingeführt. Insgesamt sind heute mehrere tausend EIB-Anlagen im In- und Ausland erfolgreich in Betrieb. Bei diesen Anlagen handelt es sich um Installationen in Gebäuden verschiedenster Nutzung. Vom kleinen Bürogebäude über Verwaltungs- und Schulbauten bis hin zu Fertigungshallen und großen Verwaltungskomplexen.

So werden z.B. in Bürokomplexen, in denen ein Büro an das andere anschließt, mit dezentralen Raumsteuerungen, die mit Sensoren oder Bewegungsmeldern arbeiten, nur jene Räume beleuchtet und klimatisiert, die gerade in Benutzung sind. Jalousien fahren bei Sonneneinstrahlung automatisch herunter, Heizkörper schalten sich aus, wenn ein darüberliegendes Fenster geöffnet wird. Mit zentralen Steuerungselementen kann das Licht in ganzen Gebäudeteilen oder auch nur in einzelnen Büros zur jeweils vorprogrammierten Zeit an- oder ausgeschaltet werden. Diese Optimierung bei Heizung, Klima und Beleuchtung spart vor allem Energiekosten. Aber auch die Wartung der Anlage ist aufgrund des übersichtlichen Aufbaus besonders kostengünstig.

Die Gebäudetechnik mit dem Installationsbus führt zu einer erheblichen Reduzierung der Betriebskosten. In Zweckbauten, die mit dem EIB ausgerüstet sind, werden jährlich im Schnitt bis zu 30% an Betriebskosten eingespart.

Der Installationsbus hat einen tiefgreifenden Wandel in der Installationstechnik eingeleitet, denn die Bustechnik verändert und beeinflußt alle gebäudetechnischen Anlagen erheblich.

EIB - European Installation Bus Organisation

Um die Technik als einheitliches und damit standardisiertes System im europäischen Markt einzuführen, haben im Mai 1990 führende europäische Unternehmen der Elektrotechnik die "European Installation Bus Assoziation - EIBA" mit Sitz in Brüssel gegründet. Heute zählt die EIBA europaweit nahezu 100 Mitglieder, die unterschiedliche Gewerke repräsentieren.

Basierend auf der erfolgreichen Markteinführung des EIB-Systems rechnet die EIBA damit, daß bis zum Jahre 2000 in jedem fünften Neubau ein EIB-System installiert wird. Langfristig wird der Anteil sogar auf 40% steigen. Bei Modernisierung und Renovierung rechnet man mit einem ähnlichen Anteil.

instabus - Einsatz auch im Wohnbereich

Die im Zweckbau etablierte Technik bietet eine Einsatzmöglichkeit im gesamten Bereich der Gebäudetechnik und findet nun auch Eingang im Wohnbau. Im privaten Bereich, also im eigenen Haus oder der eigenen Wohnung, stehen Sicherheit, Energiekosteneinsparung und Komfort an erster Stelle. Der EIB ist dafür bestens gerüstet. Er verbindet alle haustechnischen Systeme und Geräte mit der Busleitung als einzigen "Verkehrsweg", auf dem alle Informationen gesendet und empfangen werden können, um Ereignisse, Meldungen oder Zustände von Hausgeräten oder Jalousiesteuerungen zu kommunizieren. Als "Weg" für den Bus kommen Zweidrahtleitungen und Infrarot, Funk und Übertragung über das Versorgungsnetz in Frage.

Bild 4: EIB im Wohnungsbau.

Noch mehr Komfort mit dem Home Electronic System

Um die Benutzerakzeptanz weiter zu steigern, haben zwei große Firmen als Managementsystem des instabus EIB ein "Home Electronic System (HES)" entwickelt. Mit dem HES können im Haus oder in der Wohnung alle Systeme und Geräte wie Heizung, Jalousien, Alarmanlagen und Beleuchtung, aber darüber hinaus auch elektrische Hausgeräte wie Waschmaschinen, Spülmaschinen oder Elektroherde gesteuert und überwacht werden (Bild 4).

Bild 5: Das zentrale Element des Home Electronic System: Der Home Assistant.

Das HES-System wird mit einer benutzerfreundlichen Anzeige-, Bedien- und Steuereinheit, dem "Home Assistant", bedient (Bild 5). Die Home Assistant-Software kann über einen PC, z.B. mit Touchscreen-Oberfläche, oder über eine Mobilstation, beispielsweise ein LCD-Handy, bedient werden. Er ist über den EIB wie jeder andere "Teilnehmer" auch mit allen Geräten und Systemen vernetzt. Er kann im Haus oder der Wohnung an einer zentralen Stelle oder auch anderen sinnvollen Orten aufgestellt werden. So kann er beispielsweise in der Küche im Oberschrank eingebaut werden oder auch in die Arbeitsplatte eingelassen werden.

Die HES-Software ist leicht verständlich, die Bedienoberfläche mit ihren Symbolen selbsterklärend und für jeden Hausbewohner, von jung bis alt, ohne Lernaufwand bedienbar. Die Software kann für alle im Haushalt lebenden Personen individuell angepaßt werden. Jeder kann dabei sein eigenes Programm unter seinem Namen abspeichern und abrufen. So hat jeder auf Knopfdruck seinen gewünschten Komfort: Die achtjährige Tochter findet nachmittags ein warmes Kinderzimmer vor, während das Wohnzimmer für die Eltern erst abends beheizt wird und sich im Keller erst nachts die Waschmaschine einschaltet und damit den günstigeren Nachtstrom-Tarif nutzt.

Für Komfort und gleichzeitige Wirtschaftlichkeit sorgt z.B. eine dezentrale Heizungssteuerung. Mit dieser können einzelne Räume unterschiedlich beheizt werden. Damit wird ein Heizungsmanagement für das gesamte Haus oder die Wohnung möglich. Vom Hauptmenü des Home Assistant erreicht der Anwender über das Symbol Heizung eine grafische Darstellung all seiner Räume. Er kann jeweils unterschiedliche Temperaturen einstellen, Zeiteinstellungen vornehmen oder die Solltemperaturen verändern. Temperaturfühler in den einzelnen Räumen überwachen hierbei die Einhaltung der vorgewählten Temperaturen. Zusätzlich geben Fensterkontakte beim Öffnen eines Fensters über den instabus das Signal, daß der entsprechende Heizkörper abgeschaltet wird.

Bild 6: Busfähige Lichtschalter.

Auch Lichtszenarien lassen sich über den instabus erzeugen. Mit Szenarienkomponenten kann der Benutzer bestimmte Lichtstimmungen, z.B. auf Vierfach-Taster, speichern und zu jeder Zeit abrufen (Bild 6); dies ist natürlich auch bequem von der Couch aus mit Infrarot-Fernbedienung möglich. Diese Lichtszenarien lassen sich natürlich auch mit anderen Anwendungen verknüpfen. Werden beispielsweise die Jalousien heruntergelassen, schaltet sich Licht ein, oder wird abends der Fernsehapparat eingeschaltet, wird die Lichtquelle gedimmt.

Besondere Vorteile bringt der instabus beim Thema Sicherheit. Bei Abwesenheit, beispielsweise während des Urlaubs, kann mit einer Anwesenheitssimulation, bei der sich täglich die Funktionsabläufe wie Stellung der Jalousien, Ein- und Ausschalten der Innen- und Außenbeleuchtung nach außen der Eindruck vermittelt werden, das Haus sei bewohnt.

Bild 7: Schnittstelle Telekommunikation (Fernwirken).

Wenn das System an das öffentliche Telefonnetz angeschlossen ist, kann der Wohnungsbesitzer das Haus oder die Wohnung einem Servicedienst anvertrauen. Bei Defekten an Geräten oder auch bei Besuch von "ungebetenen Gästen", erfolgt eine Alarmmeldung an den Servicedienst. Darüber hinaus kann er auch über das öffentliche Telefonnetz überprüfen, ob er den Herd ausgeschaltet hat oder kann schon während der Heimfahrt das Außenlicht einschalten (Bild 7).

Auch Reparaturen an defekten Hausgeräten lassen sich über den Home Assistant vereinfachen. Über den instabus meldet das defekte Gerät an den Home Assistant, welche Funktion nicht mehr arbeitet. Über Fernmelden, also das öffentliche Telefonnetz, geht die Information weiter an den Servicedienst. Der Servicetechniker kommt dann gleich mit den richtigen Ersatzteilen und kann das Geräte vor Ort reparieren.

Der Home Assistant stellt auch die Verbindung zur modernen "Medienlandschaft" her. Alle heute vorhandenen Kommunikationsangebote wie T-Online und Compuserve können mit dem HES genutzt werden.

Das Handwerk als Partner

Der EIB ist die Technologie, die in der Gebäudesystemtechnik gewerkeübergreifend alle Aufgaben lösen kann. Beim Einsatz der instabus-Technik gegenüber herkömmlicher Installationstechnik ergeben sich ganzheitlich betrachtet keine höheren Kosten. Denn durch die Verwendung von instabus reduziert sich z.B. der Energiebedarf pro Wohneinheit in einem Mehrfamilienhaus erheblich.

Da der Installationsbus ein System ist, das nicht nur die Funktionen der konventionellen Elektroinstallation erfaßt, sondern auch die Steuerung und Überwachung in anderen Gewerken wie Heizung, Klima und Lüftung, Rolladen sowie Kommunikation übernimmt, müssen die einzelnen Gewerke für eine Funktion des Bussystems miteinander verknüpfbar sein, obwohl sie wie bisher noch unabhängig voneinander installiert werden.

Für das Handwerk bedeutet die Integration der Gewerke eine entsprechende Integration der einzelnen Tätigkeitsfelder mit einer gemeinsamen Software. Die EIBA macht sich deshalb unter anderem auch für den Einsatz systemübergreifender Software-Tools stark und bietet europaweit eine einheitliche EIBA-Tool Software (ETS) an.

Bild 8: Der Systemintegrator: Dienstleistungen für den Kunden.

Die Fachkompetenz des Handwerks wird in Zukunft also nicht mehr auf einzelne Tätigkeitsfelder zu beschränken sein. Vom gewerkeorientierten Handwerker geht der Weg zu einem völlig neuen Berufsbild, dem "Gebäudetechniker". Er wird in Zukunft handwerkliche Tätigkeiten der Gebäudetechnik gewerkeübergreifend ausführen, von der Planung über die Ausführung bis hin zu späteren Modifikationen (Bild 8). So einfach die Anwendung des instabus auch ist, die Realisierung der Gebäudetechnik, die Montage und Installation der Systeme kann nicht im Do-it-yourself-Verfahren durchgeführt werden. Der "Regisseur" ist und bleibt dabei das Handwerk.

Auch beim Thema Umweltschutz im Trend

Ein Gerätewerk, in dem instabus-Produkte und -systeme gefertigt werden, erhielt 1995 den Umweltschutzpreis der Stadt Regensburg für die instabus EIB-Geräte. Sie entsprechen den strengen Anforderungen nach umweltgerechter Entwicklung, umweltverträglicher Fertigung sowie ressourcenschonender Errichtung und Anwendung. Durch den Einsatz der Bustechnik in der Installationstechnik reduziert sich z.B. der Kupferanteil von Leitungen um etwa 30% und der PVC-Anteil sogar um bis zu 80%. Mit dem Einsatz der Bustechnik wird eine erhebliche Reduzierung des Energiebedarfs erreicht.

Durch ein partnerschaftliches Verhältnis und mit koordinierten Aktivitäten zwischen Handwerk und Industrie wird die neue Technologie des Installationsbusses nach den großen Erfolgen im Zweckbau auch im Heimbereich allen Beteiligten - Herstellern wie Handwerk - im Wettbewerb der kommenden Jahre den Technologievorsprung sichern.


* Günter G. Seip, Leiter des Geschäftsgebietes Installationsgeräte und -systeme der Siemens AG; Präsident der EIBA (Brüssel)


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