IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 19/1997, Seite 3


EDITORIAL


Handwerksordnung weiter in der Diskussion

Günther Klauke
IKZ-HAUSTECHNIK-Redakteur

Obwohl weitgehende Einigkeit bei der Reform der Anlage A und B der Handwerksordnung (HwO) besteht, so der Koblenzer Kammerpräsident und Bundestagsabgeordnete Karl-Heinz Scherhag in einem Interview mit "Deutsches Handwerksblatt", nehmen die Diskussionen um die HwO kein Ende.

Alles läuft bei dem Entwurf der parlamentarischen Arbeitsgruppe unter Vorsitz von Wirtschaftssekretär Kolb darauf hinaus, daß es demnächst eine größere Anzahl verwandte, teilverwandte und einseitig verwandte Handwerke geben wird. Im Sinne des Gedankens "Leistung aus einer Hand" und im Interesse der Endverbraucher eine nachvollziehbare Entwicklung.

Diese Situation versucht jetzt der DIHT zu einem zentralen Angriff auf die HwO zu nutzen. Das Ziel: Mehr als 40 handwerkliche Berufe sollen als solche gestrichen oder zu handwerksähnlichen Berufen abgestuft werden.

Damit nicht genug, formulierten Bündnis 90/Die Grünen einen Gesetzesentwurf, der eine freiwillige Meisterausbildung zum Ziel hat. Mit Ausnahme gefahrengeneigter Handwerke - wie etwa dem Gas- und Wasserinstallateur - soll demnach Gesellen nach drei Berufsjahren die Selbständigkeit ermöglicht werden. Nach weiteren zwei Jahren sollen sie auch ausbilden dürfen. Parallel zum Gesetzentwurf der parlamentarischen Arbeitsgruppe könnte demnach ein weiterer Gesetzentwurf ins Parlament eingebracht werden. Dabei handelt es sich bei dem Grünen-Vorschlag eigentlich um einen "alten Hut", denn bereits Ende der 80er Jahre gab es solche Vorschläge.

Hintergründe für all diese Überlegungen und Vorschläge sind: Leistung aus einer Hand ermöglichen, erleichterte Existenzgründung, Schwarzarbeit eindämmen, Wettbewerbsbelebung sowie die per Regierungsbeschluß eröffnete Möglichkeit für EU-Bürger, sich nach bestimmten Fristen ohne Meisterprüfung in Deutschland selbständig machen zu können.

Darüber hinaus wird dem Handwerk immer häufiger vorgeworfen, man wolle sich vor Wettbewerb schützen und die Zäune um das eigene Gewerk noch erhöhen. "Liberale Vorgehensweisen" aus anderen Ländern, wie etwa den USA, werden ebenfalls gerne angeführt.

Sicher herrschen in anderen Ländern andere Bestimmungen. Sicher genügt in anderen Ländern der Kauf einer Werkzeugkiste (mit Inhalt) zur Selbständigkeit. Sicher regelt unter solchen Bedingungen der Markt sowie die Qualität der geleisteten Arbeit die Nachfrage. Aber wir sind nicht in anderen Ländern. Darum ist völlig unverständlich, warum in Deutschland immer wieder versucht wird, unser hochqualifiziertes und international anerkanntes Ausbildungssystem des Handwerks zu Grabe zu tragen, wenn parallel dazu Zertifizierung und Qualifizierung gefordert werden.

Nicht das Handwerk will wirtschaftliche Pfründe sichern, sondern andere Interessengruppen wollen sich den Zugang zu handwerklichen Marktsegmenten möglichst einfach machen. Dabei gibt es doch gar kein Problem - oder wird irgend jemandem in Deutschland verboten eine Handwerksausbildung abzulegen?


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