125 Jahre IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 18/1997, Seite 72 f.
HEIZUNGSTECHNIK
Energiesparverordnung 2000
Nach Studienergebnissen soll die Heizungstechnik gefördert werden
Die Bundesregierung verfolgt seit der 1. Klimakonferenz in Rio de Janeiro das anspruchsvolle Ziel, die CO2-Emissionen bis zum Jahr 2005 um 25% gegenüber dem Niveau von 1990 zu verringern. Jedoch nach jüngsten Forschungsergebnissen rechnet kaum noch jemand damit, daß dieses Vorhaben mit den bisherigen Maßnahmen auch umgesetzt werden kann. Wichtiges Instrument in der CO2-Minderungspolitik sehen deshalb die Bonner Verantwortlichen in den Einsparpotentialen bei der Beheizung von Gebäuden.
Hintergrund
Die Bundesregierung nimmt die Gedanken der Wissenschaft und der Profis am Bau und der Gebäudetechnik auf, Bauphysik und Anlagentechnik so aufeinander abzustimmen, daß ein energetisches Optimum erreicht wird. Auf dieser Grundidee basiert die sogenannte Energiesparverordnung 2000 (ESVO 2000), an der die Ministerien heute schon arbeiten. Die Wichtigkeit zur Ausschöpfung des Einsparpotentials verdeutlicht die Tatsache, daß allein die Gebäudebeheizung in Deutschland rund 30% der CO2-Emissionen verursacht.
Jährliche Gesamtkosten pro eingesparter kWh für ausgewählte Sanierungsmaßnahmen. |
Denken in Systemen und nicht wie bisher in Einzelbereichen oder Komponenten soll die Zukunft bei der Planung und Sanierung von Gebäuden bestimmen. Heizungsanlagenverordnung und Wärmeschutzverordnung sollen deshalb in einer ESVO 2000 münden. Noch in dieser Legislaturperiode soll sie vorliegen. Ziel der Novelle ist, den Heizenergiebedarf bei Neubauten um 30% gegenüber der 1995 in Kraft getretenen Wärmeschutzverordnung zu senken. Damit wird beispielsweise für neue zentral beheizte Mehrfamilienhäuser eine Reduzierung auf rund 70 kWh (entsprechend 7 l Öl) je m2 Wohnfläche und Jahr erreicht.
In der neuen Energiesparverordnung sollen auch die baulichen und anlagentechnischen Anforderungen zur Energieeinsparung bei Altbauten angehoben werden. Hier liegt das rein technische Einsparpotential immerhin bei ca. 70% des jetzigen Energieverbrauchs. Gleichwohl soll das Prinzip beibehalten werden, den Eigentümer nur dann zur energiesparenden Ausgestaltung zu verpflichten, wenn ohnehin bestimmte Maßnahmen in Verbindung mit Instandhaltung, Modernisierung und Ersatz von Bauteilen oder Anlagentechniken durchgeführt werden.
Doch wann und wie kann eine Heizungsanlage überhaupt Energie und damit CO2 einsparen helfen? Wann ist es sinnvoll, ein bestehendes Gebäude wärmezudämmen und wann empfiehlt sich ein Austausch des alten Kessels gegen einen modernen? Wie hoch ist das Einsparpotential an Energie und CO2 gesamt?
Die VdZ, die Vereinigung der deutschen Zentralheizungswirtschaft e.V., hat zur Beantwortung dieser und einer Reihe weiterer Fragen eine Studie in Auftrag gegeben, die insbesondere die Rolle der Anlagentechnik bei der energetischen Optimierung von Neubauten und Altbauten untersuchen sollte.
Die Ergebnisse der rund 200 Seiten umfassenden Studie "Vom Wärmeschutz zur Energieeinsparung" unterstreicht die Notwendigkeit der gleichrangigen Berücksichtigung von Wärmeschutz und Anlagentechnik. Angesichts der hohen Energieeinsparungs- und Schadstoffminderungspotentiale im Gebäudebestand wird der energetischen Sanierung des Gebäudebestands ein hoher Stellenwert eingeräumt.
Ergebnisse (Auszüge)
1. Die durch eine verstärkte Wärmedämmung erreichbaren realen Einspareffekte werden im allgemeinen überbewertet
Denn der Wärmedurchgangskoeffizient k ist nur ein Einflußfaktor auf den Energieverbrauch. Die realen Einsparungen an Jahresheizwärme verhalten sich nicht proportional zur Reduzierung der k-Werte der Außenbauteile. Ursache dafür sind neben dem keinen A/V-Verhältnis am Fensteranschluß entstehende Wärmebrücken bei der nachträglichen Dämmung.
2. Zusätzliche Wärmedämmung führt zu steigenden Anforderungen an die Anlagentechnik
Im einzelnen sind die Aspekte zu nennen:
- höhere lüftungstechnische Anforderungen infolge steigender Gebäudedichtigkeit,
- vergrößerte Differenz zwischen Leistungsanforderungen zur Heizung und zur Trinkwassererwärmung,
- erhöhte Leistungszuschläge bei der Heizflächenauslegung oder eine bedarfsgerechte, kurzzeitige Erhöhung der Vorlauftemperatur und
- steigende Ansprüche an die Regelung.
3. Die energetischen und finanziellen Einsparmöglichkeiten durch die heute verfügbare Anlagentechnik werden unterschätzt
Dies ist wohl das für die Heizungsbranche wichtigste Ergebnis der Studie. Denn damit wird der modernen Heizungsanlage ein überaus hohes Einsparpotential an Energie und CO2 bescheinigt.
Dynamische Lastverhältnisse und das Nutzerverhalten beeinflussen den tatsächlichen Heizwärmeverbrauch entscheidend, lautet ein Unterergebnis. Aber nur durch eine entsprechende Anlagentechnik mit optimalen Regelungsmöglichkeiten lassen sich Einsparpotentiale
- durch der jeweiligen Nutzung angepaßte Raumtemperaturen und Luftwechsel,
- infolge innerer und äußerer Lasten und
- bei der Trinkwassererwärmung
erreichen. Insbesondere durch Maßnahmen im Gebäudebestand läßt sich die von der Bundesregierung anvisierte CO2-Emissionsminderung erreichen. Ein kostenmäßiger Vergleich von verschiedenen Energiespartechnologien zeigt unabhängig vom jeweiligen Ausgangszustand die eindeutigen wirtschaftlichen Vorteile der Anlagentechnik gegenüber Wärmedämmaßnahmen (Bild).
Forderungen
Eine politische Forderung der VdZ basierend auf der Studie lautet, daß die Verordnung Bauherren, Eigentümern und Mietern von Gebäuden transparent darlegen muß, welche Auswirkungen anlagentechnische und bauphysikalische Maßnahmen im einzelnen und in der Kombination haben. Einbezogen werden muß ferner die energetische Optimierung der Warmwasserbereitung. Die Verordnung soll darüber hinaus den Einsatz regenerativer Energien - insbesondere thermische Solaranlagen - durch eine entsprechende Rahmensetzung unterstützen.
Besonders in dem großen Bereich der energetischen Sanierung von Gebäuden wird es darauf ankommen, Eigentümern und Nutzern deutlich zu machen, mit welchen Maßnahmen sie mit möglichst geringem Aufwand ein Maximum an Energieeinsparung und damit CO2- und Schadstoffminderung erreichen können. Dies erfordert eine neutrale und kostengünstige Energieberatung. Dem Bauherrn sollte die Möglichkeit gegeben werden, nach eigenem Ermessen, d.h. unter Berücksichtigung der zu erwartenden Investitionskosten, der Umweltschutzkriterien und der Nutzerbedürfnisse zu entscheiden, welche der im Rahmen der ESVO 2000 in Betracht kommenden bau- und anlagentechnischen Maßnahmen er ergreift: ob bauseitige Wärmedämmung, Sanierung der Heizungsanlage oder eine aus mitunter unterschiedlichen Anteilen bestehende Kombination aus beidem. Nur mit dieser Forderung können Energieverbrauch und Schadstoffemissionen in Grenzen gehalten werden, und das bei gleichzeitigem Freiraum für den Bauherrn.
Fazit
Wie bereits oben erwähnt, trägt eine moderne Heizungsanlage in großem Maße dazu bei, Energie zu sparen und Schadstoffe zu begrenzen. Nicht nur im Neubau, sondern auch und besonders im Gebäudebestand.
Mit den für die Heizungstechnik positiven Ergebnissen steht die VdZ seit längerem in intensivem Dialog mit den Ministerien in Bonn. Ziel ist, eine adäquate Berücksichtigung der Heizungstechnik innerhalb der neuen ESVO 2000 zu erreichen. Heute bleibt noch abzuwarten und zu hoffen, daß die Bonner Verantwortlichen sich von der Studie überzeugen lassen. Die Redaktion der IKZ-HAUSTECHNIK wird weiter berichten, sobald neue Informationen vorliegen.
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