125 Jahre IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 13/1997, Seite 50 ff.
UNTERNEHMENSFÜHRUNG
Insolvenzverfahren
Die Durchsetzung von SHK-Unternehmeransprüchen in der Insolvenz der GmbH und GmbH & Co. KG
Teil 2
Dr. Norbert Vogelsang
Die mit den Insolvenzen zusammenhängenden Schäden, Forderungsverluste, Konkursausfallgeld sowie Pensionssicherungs-Zahlungen, sollen einen Betrag in Höhe von 70 Mrd. DM erreichen. Vorrangig betroffen sind Gesellschaften in Form der GmbH & Co. KG. Im ersten Teil des Beitrags (IKZ-HAUSTECHNIK 11/97) wurde die persönliche Haftung des Geschäftsführers erläutert. Der zweite Teil ergänzt diese Ausführungen und verdeutlicht die Pflichten und die Darlegungs- und Beweislast des Geschäftsführers.
Ausgehend von dem Grundsatz, daß jeder Geschäftsführer mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes zu handeln hat, kann auch eine interne Geschäftsaufteilung (kaufmännischer/technischer Teil) eine Haftung des jeweils anderen Geschäftsführers grundsätzlich nicht ausschließen. Denn der BGH (Neue Juristische Wochenschrift 1994, S.2149, S. 2150) hat in diesem Zusammenhang ausgeführt: "Das Vorhandensein eines weiteren Geschäftsführers entbindet den anderen nicht von seiner eigenen Verantwortlichkeit für die ordnungsgemäße Führung der Geschäfte der Gesellschaft, insbesondere für die Erfüllung der den Geschäftsführern vom Gesetz auferlegten Pflichten. Dies gilt selbst dann, wenn diese untereinander in zulässiger Weise die Geschäfte aufgeteilt haben.
Eine solche interne Geschäftsaufteilung ist nicht dazu geeignet, den Geschäftsführer von der Verantwortung für die rechtzeitige Stellung des Konkursantrags und das Unterbleiben masseschmälernder Zahlungen der Gesellschaft nach Eintritt der in § 64 GmbHG bezeichneten Voraussetzungen zu befreien. Er bleibt vielmehr auch dann gehalten, für die Einhaltung dieser Verpflichtungen durch die Gesellschaft Sorge zu tragen. Dabei ist, da es hier um die Wahrung grundsätzlich nicht auf einen anderen übertragbarer Aufgaben, sondern um die eigene Einstandspflicht des Geschäftsführers für die Gesetzmäßigkeit der Unternehmensleitung geht, jedenfalls ein strenger Maßstab auch an die Erfüllung der in einem solchen Fall besonders weitgehenden Kontroll- und Überwachungspflichten gegenüber einem Mitgeschäftsführer anzulegen".
Der technische Geschäftsführer hat daher in regelmäßigen Abständen Erkundigungen über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens anzustellen und das Ergebnis aktenkundig zu machen. Nur so kann er seiner Verpflichtung entsprechen, rechtzeitig einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen. Sollten ihm von dem kaufmännischen Geschäftsführer die entsprechenden Informationen vorenthalten werden, bleibt ihm nur noch der Weg der Kündigung. Ein Kündigungsgrund ist dann gegeben.
Im späteren Prozeß hat der geschädigte SHK-Unternehmer die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der objektiven Voraussetzungen der Konkursantragspflicht. D.h., der Gläubiger muß behaupten und notfalls auch beweisen, daß die GmbH im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits überschuldet und/oder zahlungsunfähig war, der beklagte Geschäftsführer die gesetzliche Drei-Wochen-Frist hat verstreichen lassen und er, der Gläubiger, einen entsprechenden Forderungsausfall infolge der Konkurseröffnung erlitten hat. Es stellt sich somit die praktisch höchst bedeutsame Frage, wie der SHK-Unternehmer sich die entsprechenden Informationen bezüglich der Insolvenzgründe und dem Zeitpunkt des Eintritts derselben verschaffen kann. Denn es nutzt die schönste theoretische Anspruchsgrundlage nichts, wenn sie nicht mit entsprechendem Tatsachenvortrag unterlegt wird.
Da der Insolvenzverwalter dem Gericht und somit mittelbar auch den Gläubigern gegenüber auskunfts- und rechenschaftspflichtig ist, sollte der SHK-Unternehmer primär die Insolvenzverwalterberichte (§ 131 KO) auf entsprechende Tatsachen hin lesen. Der Verwalterbericht, der auch die Firmengeschichte und die Liquiditätsgeschichte der Gemeinschuldner-GmbH darstellt, kann zu einer wahren Fundgrube werden. Darüber hinaus sollte der Insolvenzverwalter direkt auf den Gläubigerversammlungen angesprochen werden.
Eine weitere Erkenntnisquelle bietet die Akte der Staatsanwaltschaft, wenn gegen den Geschäftsführer der GmbH ein Strafverfahren wegen der Verletzung der Insolvenzantragspflicht nach § 84 GmbHG eröffnet worden ist.
Im übrigen sollte der geschädigte SHK-Unternehmer die zum Handelsregister eingereichten Jahresabschlüsse der GmbH einsehen. Auch hier dürfte er vielfach sein blaues Wunder erleben und prozeßrelevante Tatsachen in Erfahrung bringen. In diesem Zusammenhang muß darauf hingewiesen werden, daß der SHK-Unternehmer bereits im Vorfeld eines möglichen Insolvenzverfahrens die Publizität des Handelsregisters nutzen kann und bei dubiosen Geschäftspartnern auch nutzen sollte: Für den Fall, daß die GmbH ihrer Verpflichtung, den Jahresabschluß zum Handelsregister einzureichen (Offenlegung nach § 325 HGB), nicht nachgekommen ist, kann der SHK-Unternehmer als Gläubiger das Verfahren zur Festsetzung eines Zwangsgeldes gegen den Geschäftsführer nach § 335 HGB einleiten.
Er darf sich nicht darauf verlassen, daß das Registergericht von Amts wegen dieses Verfahren betreibt. Im Gegenteil, dieses schreitet nur ein, wenn u.a. ein Gläubiger einen dahingehenden Antrag stellt (§ 335 Satz 2 HGB). Das Gericht kann ein Zwangsgeld von höchstens 10000,- DM festsetzen. Vom Verfahrensablauf dürfte es für den SHK-Unternehmer von Vorteil sein, diesen Antrag dem (potentiellen) Schuldner vorher anzudrohen.
Steht nach den vom Konkursverwalter erteilten Auskünften bzw. den festgestellten Tatsachen fest, daß die Gesellschaft zu einem bestimmten Zeitpunkt rechnerisch überschuldet war, "so ist es allerdings Sache des Geschäftsführers, die Umstände darzulegen, die es aus damaliger Sicht rechtfertigten, das Unternehmen trotzdem fortzuführen. Hierzu ist er weit besser in der Lage als ein außenstehender Gläubiger, der in aller Regel von den für die Zukunftsaussichten der Gesellschaft maßgebenden Umständen keine Kenntnis haben wird. Dem Geschäftsführer ist die Darlegung dieser Umstände zumutbar, weil er, wie bereits gesagt, ohnehin zu einer laufenden Prüfung der Unternehmenslage verpflichtet ist" (Zitat: BGH, Neue Juristische Wochenschrift 1994, S. 2220, S. 2226).
Während der BGH in der angeführten Entscheidung noch offen ließ, ob der Geschäftsführer neben der Darlegungs- auch die Beweislast zu tragen habe, erscheint eine Beweislastverteilung nach Sphären sinnvoll. Dementsprechend führt auch das OLG Düsseldorf in seiner Entscheidung vom 19.1.1995 (GmbH Rundschau 1996, S. 616, S. 619) aus: "In einem Fall wie dem vorliegenden, in dem eine rechnerische Überschuldung gegeben ist, trägt dabei der Geschäftsführer die Darlegungs- und Beweislast dafür, daß trotz rechnerischer Überschuldung eine günstige Fortsetzungsprognose getroffen werden konnte".
Dem Geschäftsführer wird ein Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Frage der rechnerischen Überschuldung und der positiven Fortbestehensprognose der wirtschaftlich angeschlagenen GmbH zugebilligt, wobei der Kenntnisstand des Geschäftsführers in der fraglichen Zeit maßgeblich sein soll. Von größter Bedeutung ist dabei, ob der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin einen Finanz- und Ertragsplan aufgestellt hat. Hierzu ist er nach der Rechtsprechung "verpflichtet", um in der konkreten Situation nach gewissenhafter und sorgfältiger Prüfung, notfalls unter Zuhilfenahme fachkundiger Berater (Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer), eine Fortsetzungsprognose abgeben zu können.
Hat er diese Maßnahme unterlassen und lediglich eine grobe Einschätzung der Ertragslage vorgenommen, wird der spätere Sachvortrag, er habe eine solche Erwartung gehabt und in Anbetracht der wirtschaftlichen Gegebenheiten haben dürfen, nicht ausreichen, um ihn zu entlasten. Das OLG Düsseldorf stellt diesbezüglich erhebliche Anforderungen an den Sachvortrag des Geschäftsführers und weist zutreffend darauf hin, daß pauschales, durch keinerlei detaillierte Angaben gestütztes Behaupten nicht ausreicht, um nachträglich festzustellen, daß eine günstige Fortbestehensprognose gestellt werden konnte. Auch die bloße Hoffnung des Geschäftsführers auf überdurchschnittliche Geschäfte lassen den Schuldvorwurf nicht entfallen, wenn für ihn erkennbar war, daß nicht einmal die laufenden Betriebskosten erwirtschaftet werden konnten (BGH Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis 1995, S. 124, S. 125).
Dem Geschäftsführer kann der Entlastungsbeweis daher nur gelingen, wenn er das geforderte Zahlenwerk - notfalls unter fachkundiger Beratung - mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes erstellt hatte und hieraus nachvollziehbar zu dem Ergebnis kommen konnte, daß das Unternehmen überlebensfähig war. Man wird ihm dann keinen Schuldvorwurf machen können, und zwar auch dann nicht, wenn später der Sanierungsversuch scheitern sollte. In diesem Fall scheidet dann eine Haftung wegen Konkursverschleppung aus.
Gleichwohl können sich andere Anknüpfungspunkte für eine Haftung des Geschäftsführers finden. Dies soll in einem weiteren Beitrag dargestellt werden.
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