IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 10/1997, Seite 35
ZEITZEUGE AUF PAPIER
Wie kann man die Schwarzarbeit bekämpfen?
Von Dr. Staerk, Frankfurt a. M.
Diese Frage ist heute direkt zu einer Lebensfrage für viele Handwerker geworden, da der Schwarzarbeiter sich am leichtesten der gesunkenen Kaufkraft der Bevölkerung anpassen kann, und da viele Leute heute mehr auf den Preis als auf die Qualität der Arbeit sehen. Der Weg, das Publikum auf die großen Nachteile bei Beschäftigung von Schwarzarbeitern hinzuweisen durch Zeitungsinserate, Flugblätter usw., hat sich daher nicht bewährt. Eine gesetzliche Handhabe, die das Pfuschen verbietet, gibt es nicht, da die Gewerbefreiheit herrscht. Viele glauben daher, die Flinte ins Korn werfen zu müssen, und verlegen sich mangels eines helfenden Paragraphen nur aufs Klagen. Dies ist falsch. Hier muß es heißen: Hilf dir selbst, so hilft dir der Staat. Man muß also darüber nachdenken, ob es wirklich nicht noch Mittel gibt, durch die man den Schwarzarbeiter ohne staatliche Hilfe bekämpfen kann. Dann wird man bald finden, daß es noch manches Mittel gibt, mit dem man dem Schwarzarbeiter das Pfuschen, wenn auch nicht verbietet, so doch so unangenehm machen kann, daß er es von selbst aufgibt.
Zuerst bedenke man, daß viele Pfuscher in einem Lohnverhältnis stehen, und daß auf dem Arbeitsmarkt ein Ueberangebot von Kräften herrscht. Wenn ein Arbeitgeber heute einen Arbeiter entläßt, kann er sofort zehn andere haben. Es ist deshalb zur Bekämpfung der Pfuscher zu empfehlen, sich zuerst einmal an den Arbeitgeber des Schwarzarbeiters mit der Bitte zu wenden, ihn vor die Wahl zu stellen, entweder sein Lohnverhältnis oder die Schwarzarbeit aufzugeben. Jeder Arbeitgeber, der einigermaßen Verständnis für die heutige soziale Lage hat, wird einsehen, daß jeder Doppelverdienst beseitigt werden muß. In den meisten Fällen wird man, wie die Erfahrung gezeigt hat, auf Entgegenkommen bei den Arbeitgebern treffen. Voraussetzung ist nur, daß man den Brief richtig abfaßt. Man schreibe etwa folgendermaßen: Ich gestatte mir höflichst, Ihnen mitzuteilen, daß der bei Ihnen beschäftigte Arbeiter Max Schulze sich in seiner freien Zeit noch mit Arbeiten auf eigene Rechnung beschäftigt. In Anbetracht der heutigen schlechten wirtschaftlichen Lage werden Sie derartiges Doppelverdienen sicher auch als unsozial verwerfen, da sowohl einem Arbeiter durch Herrn Schulze eine Stelle vorenthalten wird, als auch ich und meine Kollegen am Ort ernstlich gefährdet werden, weil Herr Schulze, dessen Lebensunterhalt durch seinen Arbeitslohn sichergestellt ist, sich mit dem geringsten Gewinn begnügen kann, während wir Gewerbetreibenden aus den Erträgnissen unseres Geschäftes leben müssen. Ich wäre Ihnen daher sehr dankbar, wenn Sie auf Herrn Schulze dahingehend einwirken würden, daß er entweder die Stellung bei Ihnen für einen anderen Arbeiter freimacht oder seine nebengewerbliche Beschäftigung sofort vollständig einstellt. Ich hoffe, daß Sie meinen Standpunkt und meine Bitte als berechtigt anerkennen, und danke Ihnen im voraus bestens für Ihre gütige Hilfe."
(1926)
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