IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 9/1997, Seite 51 ff.
HEIZUNGSTECHNIK
Wandheizung
Dipl.-Ing. Udo Radtke*
Wenn die Fußbodenheizung in den letzten drei Jahrzehnten einen erheblichen Marktzuwachs zu verzeichnen hatte, dann sicher deswegen, weil die Bauherren damit sehr zufrieden waren und es auch heute noch sind. Natürlich hat es im Laufe der Zeit auch viele neue Erkenntnisse gegeben, die zum Anlaß für die Herausgabe neuer Vorschriften, Merkblätter und Normen genommen wurden. Im Ein- bis Zweifamilienhaus liegt der Anteil der Fußbodenheizung bei immerhin 25%. Nunmehr beschäftigt man sich auch zunehmend mit dem Thema Wandheizung. Über dieses Thema ist bisher nicht viel veröffentlicht worden.
Beweggründe
Will man eine Wandheizung einbauen, so sollte man sich vorher mit einigen neuen Aspekten vertraut machen. Soll die Wandheizung alleinige Wärmequelle sein oder eine Zusatzheizung? Beim Einbau einer Wandheizung ist der Aufwand etwas höher als bei einer Fußbodenheizung. Deshalb stellt sich die Frage, warum soll ausgerechnet eine Wandheizung eingebaut werden, wenn eine Fußbodenheizung preiswerter ist.
Gute Gründe können in der relativ niedrigen Vorlauftemperatur liegen, wenn ausreichend Energie, z.B. über Sonnenkollektoren oder Wärmepumpe, angeboten wird. Der relativ niedrige Wärmeübergangswiderstand der Putzüberdeckung der Heizrohre und der Tapete wirken sich günstig auf eine niedrige Betriebstemperatur aus.
Bild 1: Wärmeverluststrom einer Innenwandheizung ohne Dämmung. |
Wärmetechnische Besonderheiten
Beginnen wir zunächst mit den wärmetechnischen Besonderheiten. Anders als bei der Fußbodenheizung kommt der Mensch nicht mit der Wand in Kontakt, er hält sich normalerweise in einem gewissen Abstand zu ihr auf. Deshalb darf die max. zulässige Oberflächentemperatur der Wand sicher etwas höher sein als die einer Fußbodenheizung. Wie hoch sie letztendlich sein muß, hängt von den für eine Wandheizung zur Verfügung stehenden Wandflächen ab. Natürlich kann man auch alle Raumumfassungsflächen mit entsprechend niedrigeren Oberflächentemperaturen beheizen, doch wird dann der Aufwand unangemessen groß.
Die Bewegungsrichtung der Raumluft ist bei einer Innenwandheizung ungünstiger als bei einer Fußbodenheizung. Die Luft steigt im Bereich der erwärmten Wand nach oben und sinkt an der gegenüberliegenden Wand wieder nach unten. Ist diese Wand eine Außenwand mit Fenstern, so wird dort der Kaltluftabfall begünstigt. Für die Strömungsrichtung der Raumluft wäre es demnach sinnvoll, die Wandheizung in der Außenwand unterzubringen.
Bild 2: Wärmeverluststrom einer Innenwandheizung mit Dämmung. |
Es stellt sich die Frage, welche Wand für eine Beheizung die günstigste ist. Eine allgemein gültige Antwort gibt es da nicht. Vielmehr kommt es darauf an, welche Wandflächen überhaupt genommen werden können und wieviel Fläche zur Verfügung steht. Entscheidet man sich für die Außenwand, so ergibt sich für die Person im Raum zwar ein größtmögliches Maß an Behaglichkeit, doch sind die zur Verfügung stehenden Flächen wegen der Fenster häufig nur sehr klein. Das wiederum macht höhere Oberflächentemperaturen und als Folge dessen höhere Betriebstemperaturen notwendig. Beide Temperaturen sind aber auch für die rückseitigen Wärmeverluste verantwortlich, die um so höher sind, je höher die mittlere Betriebstemperatur und je niedriger die Temperatur hinter der Wand ist. Gerade bei Außenwänden ist dies immer die erheblich niedrigere Außentemperatur.
Verluste
Der übliche Transmissionswärmeverlust T einer Wand berechnet sich zu
T = A · k · D t
darin ist :
A = Wandfläche in m²
k = Wärmedurchgangskoeffizient in W/(m² · K)
D t = Temperaturdifferenz in K
Bei einer Raumheizung mit Heizkörpern oder Fußbodenheizung beträgt die Raumtemperatur z.B. 20°C und die Außentemperatur -12°C, es liegt also eine Temperaturdifferenz D t von 32K vor. Bei einer Wandheizung, wo die Heizleiter unmittelbar zur Raumseite in der Wand liegen, verändert sich der Wärmeübergangskoeffizient k, weil der raumseitige Wärmeübergangswiderstand zwischen Raumluft und Wand entfällt. Gegenüber einer k-Zahl von 0,50 W/(m² · K) bei konventioneller Heizung würde sich diese bei einer Wandheizung ohne Zusatzdämmung automatisch auf k = 0,535 W/(m² · K) erhöhen. Gleichzeitig erhöht sich aber die für den Wärmeverlust verantwortliche Temperaturdifferenz. Sie wird jetzt nicht mehr zwischen Raum- und Außentemperatur, sondern zwischen mittlerer Heizwassertemperatur und Außentemperatur gebildet. Somit ist sie nicht mehr 32 K, sondern beträgt bei einer angenommenen mittleren Wassertemperatur von 35 °C jetzt 47 K. Infolgedessen würde die Wandheizung auf der Innenseite der Außenwand gegenüber einer konventionellen Heizung ca. 57% mehr Wärmeverlust verursachen.
Zusatzdämmung
Natürlich könnte man diese Verluste durch Einbau einer Zusatzdämmung an der Außenwand ausgleichen. Dazu müßte man rechnerisch die k-Zahl auf 0,341 W/(m² · K) verringern. Dem entspricht eine Zusatzdämmung von 43 mm Polystyrol-Hartschaum bei einer Wärmeleitfähigkeit des Dämmstoffes von 040 [l = 0,040 W/(m · K)]. Wo aber anbringen, außen oder innen? Auf der Außenseite besteht kaum Möglichkeit. Wenn überhaupt, dann läßt sich nur die gesamte Außendämmung erhöhen, nicht aber nur die einer einzelnen Wand. Wird sie an der Innenseite der Außenwand angebracht, dann wird der Taupunkt in der Außenwand weiter nach innen verlagert. Ob das so hingenommen werden kann, bedarf einer besonderen bauphysikalischen Betrachtung.
Innenwände
Konzentrieren wir uns mehr auf die Innenwände. Bezüglich der rückseitigen Verluste gilt auch hier das zuvor für die Außenwand beschriebene. Wir haben hier allerdings erheblich niedrigere Temperaturdifferenzen, dafür aber auch erheblich höhere k-Zahlen in einer Größenordnung von k = 2,0 W/(m² · K) (Bild 1). Werden zwei durch eine gemeinsame Wand getrennte Räume durch diese gleichzeitig beheizt und sind die mittleren Betriebstemperaturen der Wandheizungen beider Räume gleich groß, so sind die jeweiligen rückseitigen Wärmeverluste eigentlich keine Verluste, denn sie kommen dem jeweils anderen Raum zugute.
Wird jedoch in einem angrenzenden Raum die Innentemperatur gesenkt, so entsteht bei der Wandheizung des angrenzenden Raumes sofort ein Verlustwärmestrom, der um so größer wird, je weiter die Innentemperatur des angrenzenden Raumes sinkt. Grundsätzlich entfällt bei der Auslegung einer Flächenheizung der rückseitige Wärmestrom. Deshalb darf er auch bei einer Wandheizung nicht mit in die Berechnung einfließen. Möchte man dennoch den Verlustwärmestrom errechnen, ist auf keinen Fall von der Differenz der Raumtemperaturen auszugehen. Sie wird aus der mittleren Temperatur des Heizwassers in der Wandheizung und der abgesenkten Raumtemperatur des Nachbarraumes ermittelt. Diese Temperaturdifferenz kann je nach Absenkung ganz beachtlich sein und in Verbindung mit der relativ schlechten k-Zahl der Innenwand zu beachtlichen Wärmeverlusten führen. Deshalb sollte die Wandheizung stets auf einer vorgelagerten Dämmung verlegt werden (Bild 2). Bei einigen Systemen, bei denen die Heizrohre bzw. Heizrohrregister direkt auf der Rohwand angebracht sind, ist dies leider nicht möglich. Hier hilft nur eine Zusatzdämmung auf der Rückseite der Wand. Ist dort bereits eine Wandheizung mit Dämmung installiert, so übernimmt diese die Funktion der Zusatzdämmung.
Bei direktem Kontakt der Heizrohre mit der Rohwand muß beim Aufheizen gleichzeitig zur Masse des Putzes auch die des Mauerwerkes aufgeheizt werden. Dies ist regelungstechnisch gesehen ungünstiger als wenn nur der Putz aufgeheizt wird.
Bild 3: Einfache Befestigung der Streckmetallbahnen mittels Tellerdübel. |
Montage
Wie die Heizrohre auf der Wand befestigt werden, ist eigentlich Nebensache. Meist geschieht dies in Verbindung mit dem Verlegesystem des jeweiligen Systemanbieters. Einige Systeme bestehen aus dünnen Rohrregistern, die nach der Anbringung auf der Rohwand direkt eingeputzt werden können. Allerdings müssen diese Register untereinander verbunden werden. Die dazu erforderlichen dickeren Rohre werden in Schlitzen der Wand versenkt.
Bei anderen Systemen werden zunächst die Systemplatten auf die Wand geklebt oder mechanisch mit Tellerdübeln befestigt. Wichtig ist der gute Halt mit der Rohwand, denn die Konstruktion muß auch noch Putz, Fliesen oder teuren Natursteinbelag tragen. Häufig kann sich die Konstruktion in vertikaler Richtung nicht am Boden abstützen, dann muß allein die Befestigung an der Wand die gesamte Konstruktion tragen.
In der Regel kann man auf oder an den Systemplatten ohne zusätzliche Maßnahmen keinen Wandputz oder Mörtel aufziehen, die Haftung ist nicht ausreichend. Um dies zu erreichen kann man Streckmetallbahnen aufstellen und mit Tellerdübeln durch die gesamte Konstruktion hindurch an der Rohwand befestigen (Bild 3). Das Streckmetall liegt auf den Rohren bzw. je nach System auf den Noppen der Systemplatten auf (Bild 4).
Bei einigen Systemen liegen die Heizrohre in Wärmeleitblechen aus Aluminium. Bei diesen Systemen muß vor dem Aufbringen des Streckmetalls das Aluminium durch Anbringen einer Schutzfolie vom Mörtel getrennt werden. Andernfalls kommt es zwischen Aluminium und Mörtel zu einer chemischen Reaktion, wobei das Aluminium angegriffen wird.
Nun wird vom Maurer eine erste Lage Mörtel durch das Streckmetall gedrückt. Dieser Mörtel umschließt die Rohre weitestgehend und schafft eine stabile Verbindung zum Streckmetall. Sobald der Mörtel hart ist, kann die endgültige Putzschicht aufgetragen werden.
Es gibt auch die Möglichkeit, mit Fertigelementen zu arbeiten. Dabei sind die Kapillarrohrregister bereits in einer Art Rigipsplatte entsprechenden Formates eingebaut. Die Platte wird rückseitig mit Gipspratzern versehen, gegen die Rohwand gedrückt und so befestigt.
Bild 4: Fertig montierte Wandheizung. |
Entlüftung
Grundsätzlich sollte man eine horizontale, reihenförmige Verlegung bevorzugen. Eine Durchströmung von unten nach oben ist von Vorteil, weil so eine einwandfreie Luftabscheidung sichergestellt ist. An höchster Stelle ist eine Entlüftung vorzusehen. Bei spiralförmiger Verlegung der Rohre ist eine ausreichende Entlüftung nur gewährleistet, wenn eine ausreichende Strömungsgeschwindigkeit vorhanden ist.
Ausdehnung
Auch bei der Wandheizung ist die Ausdehnung der Fläche durch Erwärmung zu beachten. Deshalb muß besonders bei keramischen Belägen auf eine dauerelastische Versiegelung der Ränder hingewiesen werden.
Wandheizung mit Luft
Bei dieser Variante wird vor der Wand eine weitere Schale gesetzt. Unten und oben bleibt ein Spalt offen bzw. werden Luftauslässe geschaffen. Hinter dem unteren Ansaugschlitz befindet sich eine konventionelle Heizleiste, bestehend aus einem wasserführenden Rohr mit aufgesetzten Lamellen zur Vergrößerung der Heizfläche.
Durch die zirkulierende Warmluft wird die vorgesetzte Schale erwärmt. Leider können sich im Laufe der Zeit im Luftschacht Verunreinigungen ablagern. Eine Reinigung ist aufgrund der Konstruktion kaum möglich.
Ohne zusätzliche Dämmung zwischen Rohwand und Luftschacht kommt es bei abgesenkter Raumtemperatur des Nebenraumes zu nicht unerheblichen rückseitigen Wämeverlusten. Außerdem wird die Baumasse der Wand unnötigerweise aufgeheizt.
Nachteile der Wandheizung
Der wohl größte Nachteil liegt in der Beschädigungsgefahr der Rohre beim Anbohren von Regalen, Schränken etc. bzw. beim Einschlagen von Nägeln, z.B. zum Aufhängen von Bildern. Vor jeder Maßnahme ist der Verlauf der Rohre genau zu überprüfen.
Als weiterer Nachteil ist die Einschränkung bei der Aufstellung von Möbeln zu sehen, wenn dadurch an diesen Stellen die Wärmeabgabe reduziert wird.
Des weiteren ist der erhöhte Verlustwärmestrom zur Rückseite, insbesondere bei Außenwänden als Nachteil zu werten.
Vorteile der Wandheizung
Wenn ein Zusatzheizkörper nicht erwünscht ist, bietet sich die Wandheizung mit niedriger Vorlauftemperatur an. Von Vorteil sind demzufolge die niedrigen Betriebstemperaturen und damit die Möglichkeit, Solaranlage und Wärmepumpe zu nutzen. Auch wirkt sich die niedrige Systemtemperatur auf die Regelfähigkeit aus. Denn niedrige Oberflächentemperaturen erhöhen den Selbstregeleffekt.
* Dipl.-Ing. Udo Radtke, Technischer Leiter und Vorstandsmitglied der Purmo AG
B i l d e r : Purmo AG, Hannover
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