IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 5/1997, Seite 35 ff.
INTERVIEW
Konjunktur |
Vom 18. bis 23. März 1997 öffnet die Messe Frankfurt ihre Pforten zur 19. Internationalen Fachmesse Sanitär Heizung Klima - ISH. Die Konjunkturdaten 1996 weisen eine rückläufige Tendenz auf, die Baukonjunktur lahmt und die öffentlichen Auftraggeber haben nur sehr begrenzte Mittel für Neubaumaßnahmen freigegeben. Mit diesen Vorzeichen geht es in das ISH-Jahr 1997 und die Branche erhofft sich innovative Impulse, um zumindest ihre Marktposition halten zu können. Information ist alles und aus diesem Grund führte die IKZ-HAUSTECHNIK ein Interview mit: RA Michael von Bock und Polach, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbandes Sanitär Heizung Klima (ZVSHK); Dr. Michael Peters, Geschäftsführer der Messe Frankfurt GmbH, und Franz Kook, Vorsitzender der Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft (VDS).
IKZ-HAUSTECHNIK: Nach einem eher mäßigen Vorjahresgeschäft und einer flauen Konjunkturlage erhofft sich die Branche in diesem Jahr Impulse von der Leitmesse in Frankfurt. Kann die ISH in einer solchen Situation Hilfestellung leisten?
Von Bock und Polach: Zweifellos hatte die ISH immer schon die Funktion, Impulse für die konjunkturelle Entwicklung der Branche zu geben. Neue Produkte für neue Geschäftsfelder, gepaart mit neuen Ideen für eine erfolgversprechende Vermarktung, das ist das Messeerlebnis, das der Fachbesucher erwartet.
Franz Kook: Es bedarf eines Feuerwerks innovativer Produkte! |
Kook: 1997 schaut die Branche sicher besonders gespannt nach Frankfurt. Die soeben veröffentlichte IRES-Studie weist alle Marktteilnehmernochmals eindrücklich darauf hin, daß wir im Wettbewerb zu anderen Ausgabeentscheidungen Gas geben müssen. Dazu bedarf es eines Feuerwerks innovativer Produkte, die der professionelle Vertriebsweg auch für die Bedarfsweckung einsetzen will.
Dr. Peters: Eine Leitmesse wie die ISH ist mit ihrer Branche verbunden wie ein Haus mit der Umwelt. Alle Markteinflüsse spiegeln sich in ihr wider; umgekehrt beeinflußt und verändert die ISH auch das Marktgeschehen. Die Umwelt der ISH, also der Markt, kann momentan Impulse wirklich gut gebrauchen. Angesichts stagnierender Marktvolumen ist jeder mehr denn je seines eigenen Glückes Schmied. Die ISH als das internationale Forum für Neuheiten und für den Wissenstransfer innerhalb der Branche ist selbstverständlich einer der Impulsgeber für die Marktentwicklung.
IKZ-HAUSTECHNIK: Die geschätzten Umsatzerwartungen der Haustechnikbranche für 1996 werden mit 100 Mrd. DM angenommen, ein Minus von etwa 5% zum Vorjahr. Was erwarten Sie für 1997?
Von Bock und Polach: Ich kann zunächst nur von den Umsätzen im SHK-Handwerk ausgehen. Hier liegen wir bei knapp 70 Mrd. DM und erwarten wie schon in den Jahren 1995 und 1996 einen Umsatzrückgang von real 5% bei gleichbleibendem, möglicherweise sogar leicht steigendem Arbeitseinsatz; d.h. daß sich die Ertragslage im Handwerk möglicherweise weiter verschlechtert, obwohl genügend Auftragspotential vorhanden ist.
Kook: Wenn die gemeinsamen Anstrengungen in der Vermarktung vor allem dem Renovierungssektor Impulse geben, haben wir vielleicht sogar Chancen, Vorjahreszahlen zu erreichen. Vom Neubau können wir nur deutliche Minuszahlen erwarten. Sehr positiv darf man das Ausland sehen. Insofern ist die ISH auch für die wichtigen Auslandsmärkte von großer Bedeutung.
Dr. Peters: Erhöhte Anstrengungen aller Marktpartner, um diese Entwicklung zu stoppen. Die Messe Frankfurt hat mit einer nochmaligen Steigerung unserer Besucherwerbung und -PR im In- und Ausland etwas dafür getan, zusätzliche Nachfrage national und international zu mobilisieren.
IKZ-HAUSTECHNIK: In den vergangenen Jahren erwartete die Fachbesucher auf der ISH eine kaum zu überblickende Flut von neuen Produkten. In welchen Bereichen rechnen Sie in diesem Jahr mit echten innovativen Entwicklungen?
Michael von Bock und Polach: Eine Teilung der ISH wäre ihr sicherer Tod! |
Von Bock und Polach: In der Systemtechnik und bei den regenerativen Energien in der thermischen Solarnutzung sowie bei intelligenter Steuer- und Regeltechnik. Bei Sanitär das intelligente praktische Bad als Sachgesamtheit mit natürlich noch mehr Wettbewerb bei wandhängenden Geräten durch Neuentwicklungen und einen größeren Kreis von Anbietern.
Kook: Zuallererst hoffe ich, daß die Besucher viele innovative Produkte begrüßen. Vielfalt ist ein wichtiges Element unserer Marktwirtschaft. Die besten Produkte werden die Selektionshürden von Handel und Handwerk nehmen und für Impulse sorgen.
Dr. Peters: In allen Bereichen, allein schon deshalb, weil Innovationen einer der wichtigsten Faktoren für die Belebung der Nachfrage sind und die ISH nur alle zwei Jahre stattfindet, d.h. wir rechnen mit technischen Neuheiten sowohl aus dem Bereich Sanitär, als auch Heizungs- und Klimatechnik.
IKZ-HAUSTECHNIK: Welche Highlights und Sonderschauen werden in diesem Jahr den Fachbesuchern geboten?
Von Bock und Polach: Wir führen das Thema kontrollierte Wohnungslüftung mit Wärmerückgewinnung fort mit einer Messepublikation. Darüber hinaus wird die Sonderschau auf dem Stand des ZVSHK in Halle 6.1 ganz dem Thema "Chancen nutzen" gewidmet sein mit 15 Beispielen zur Auftragsaquisition und Kundenbindung. In der Halle 9 sind wir gemeinsam mit der AdK mit einer Sonderschau für das Kachelofen- und Luftheizungsbauerhandwerk vertreten und auch für die Klempner haben wir in Halle 6.0 eine Sonderschau zur Förderung der Einsatzmöglichkeiten von Metalldächern und -fassaden im Ein- und Mehrfamilienhausbereich vorbereitet.
Kook: Aus Herstellersicht würde ich begrüßen, wenn Sonderschauen weniger angeboten würden. Jeder Besucher von Sonderveranstaltungen fehlt auf den attraktiven Messeständen.
Dr. Michael Peters: Jedem Wirtschaftszweig ist ein eigener Kongreßtag gewidmet. |
Dr. Peters: Das Rahmenprogramm der ISH liest sich wie das Vorlesungsverzeichnis einer Branchen-Akademie. Jedem Wirtschaftszweig - Sanitär, Heizung und Klima - ist ein eigener Kongreßtag gewidmet. Insgesamt stehen rund 20 unterschiedliche Aktivitäten im Programm.
IKZ-HAUSTECHNIK: Die Erweiterung der Ausstellungsfläche, mit der Halle 3A, ermöglichte es, die Ausstellerzahl nochmals um 100 sanitärtechnische Anbieter zu erhöhen. Wird die Gewichtung der SHK-Bereiche dadurch nicht zu Ungunsten der Heizungs- und Klimaseite verschoben?
Von Bock und Polach: Das mag vielleicht rechnerisch so sein, in der Sache jedoch ist es nicht zutreffend. Sanitär und Heizung sind die tragenden Säulen der Haustechnik; sie wachsen zusammen zu einem integralen System, wobei Klima und Lüftung noch als weitere wichtige Elemente hinzukommen. Die Medien Wasser, Wärme und Luft lassen sich im übrigen nicht ausschließlich dem einen oder anderen Schwerpunktbereich zuordnen. Und denken Sie bitte an die Verbindungssysteme und Regelungseinrichtungen, die die Komponenten der haustechnischen Anlage als Netzwerk zusammenführen, wo können Sie da Sanitär und Heizung noch auseinanderdividieren?
Kook: Jede Messegesellschaft, die auf Sicht gesehen Wünsche der Aussteller nicht erfüllen kann, gerät unter Druck. Insofern ist es sowohl unter diesem Aspekt als auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten richtig, daß die Messe Frankfurt den Bedarf der Aussteller befriedigt. Welcher Schwerpunkt sich bildet, liegt dann natürlich bei den Ausstellern.
Dr. Peters: Wir tun alles, um für jede Branche die Ausstellungsfläche zu schaffen, die sie braucht. Dabei kann es vorübergehend zu einem stärkeren Wachstum in einzelnen Messesegmenten kommen. Das hat auch konzeptionelle Gründe, denn es ergibt keinen Sinn, Proporzdenken vor eine stimmige Aufgliederung des Ausstellungsangebotes zu setzen. Konkret: eine temporäre Halle, in der sich alle Messethemen der ISH mischen, ist weder im Sinne der Übersicht noch der Markttransparenz und deshalb auch nicht im Sinne des Messebesuchers.
IKZ-HAUSTECHNIK: Information ist alles. Welche Initiativen wird es auf der ISH geben, um den interessierten Besuchern neue Medien näherzubringen?
Von Bock und Polach: Zunächst der Einstieg in das Internet mit all seinen chaotischen Begleitumständen. Darüber hinaus werden die gewachsenen Strukturen über EDV-Programme, CD-ROM-Dateien, Produktübersichten und Montagehilfen fortentwickelt. Über das Messegeschehen kann sich der Fachbesucher durch das EDV-gestützte Leitsystem der Messe informieren und vor allem durch den Messekatalog, der in diesem Jahr nicht nur als schwergewichtiger Katalog angeboten wird, sondern im Paket zugleich mit einer Kurzfassung und einer CD-ROM, so daß wir hier dem Messebesucher eine elektronische Datenbank mit nach Hause geben können.
Dr. Peters: Im Internet-Café, das wir in Zusammenarbeit mit dem ZVSHK und führenden Ausstellern in der Galleria einrichten werden, können sich Messebesucher unter fachkundiger Anleitung mit dem Medium "Internet" in all seinen Facetten vertraut machen. Zusätzlich bieten auch Verbände und Aussteller weitere Aktivitäten im Hinblick auf die neuen Medien an.
IKZ-HAUSTECHNIK: Kann die Messe nach ihrer Einschätzung auch in diesem Jahr den Internationalitätsgrad halten oder haben Sie schon Erkenntnisse, daß Veränderungen der ausländischen Besucherzahlen zu erwarten sind?
Von Bock und Polach: Zahlreiche Handwerkerdelegationen aus allen fünf Kontinenten werden sich zur ISH treffen und damit die Weltgeltung dieser Veranstaltung unterstreichen.
Dr. Peters: Aussteller bringen Besucher. Wir haben Zusagen von noch mehr internationalen Ausstellern als zur ISH 1995 gewinnen können. Auf Besucherseite werden wir sicherlich den Internationalitätsgrad halten können; ein leichter Zuwachs aufgrund unserer Marketingkommunikations-Aktivitäten würde uns allerdings nicht überraschen. Wichtig ist im Moment auch der inländische Interessent und Einkäufer.
IKZ-HAUSTECHNIK: Die erstmalig stattfindende "Aqua Minus" wird zeitgleich zur Leitmesse auf dem Flughafen zu besichtigen sein, welche Funktion soll diese Schau in Verbindung mit der Messe erfüllen?
Von Bock und Polach: Die Frage stelle ich mir auch. Der bedarfserweckende Charakter im Sinne eines Besuchs der ISH dürfte wohl nicht allzu hoch einzuschätzen sein, denn der Fachbesucher, der bereits am Flughafen angekommen ist, hat sein Timing für den Messebesuch bereits festgelegt.
Kook: Ich bin gespannt, welche Wirkungen "Aqua Minus" bringen wird. Wenn diese Schau dazu beitragen würde, das Thema Wasser und Haustechnik für den Endkunden stärker in den Vordergrund zu spielen, wäre es ein gutes Ergebnis.
Dr. Peters: Durch diese Schau zur Wasserspartechnik möchte die Stadt Frankfurt als Initiator in erster Linie Privatbesucher und dann auch Messebesucher über neue Möglichkeiten der Wassereinsparung informieren und der Industrie Impulse geben, ihr Angebot im Bereich der Wasserspar-Technik weiter auszubauen.
IKZ-HAUSTECHNIK: Traditionell ist die Leistungsschau an den letzten beiden Messetagen auch für Endverbraucher geöffnet. Müßte nicht im Sinne der Vertriebsschiene die Umwerbung dieser Käuferschicht durch besondere Aktionen erfolgen?
Von Bock und Polach: Ja, soweit es darum geht, gezielt bau- und modernisierungswillige Endverbraucher zu Informationszwecken zum Messebesuch zu veranlassen; am besten gemeinsam mit dem Heizungsbauer oder Gas- und Wasserinstallateur ihres Vertrauens. Nein, soweit es sich um Aktionismus handelt, mit dem alleinigen Ziel, möglichst viele Menschen in die Hallen zu locken.
Kook: An den Endkunden zu denken, rückt für uns alle in den Vordergrund. Den Samstag für Endkunden zu öffnen, ist auch von wichtiger regionaler Bedeutung. Ansonsten würde ich neben einer aktiven PR die Umsetzung stärker in der regionalen Arbeit von Fachhandel und Fachhandwerk sehen.
Dr. Peters: Dieser Tag stellt eine gute Gelegenheit dar, Sinn und Zweck der bestehenden Vertriebsstrukturen dem Verbraucher zu vermitteln und sie mit ihm zu diskutieren. Deshalb machen wir als Veranstalter besonders die Medien auf den Publikumstag aufmerksam, ohne den Anschein zu erwecken, die ISH sei eine Verbrauchermesse mit Einkaufsmöglichkeiten. Das wäre verkehrt.
IKZ-HAUSTECHNIK: Die ISH ist an ihrer Wachstumsgrenze angelangt und hat keinerlei Reserven mehr zur Verfügung. Wie beurteilen Sie die Perspektiven für diesen Messestandort, wird über eine Teilung der Messe nachgedacht oder gibt es andere Konzepte?
Von Bock und Polach: Eine Teilung der ISH wäre ihr sicherer Tod, da sofort andere Veranstaltungen in die Bresche springen würden. Moderne Haustechnik ist nicht teilbar, ihre Intelligenz liegt im System begründet. Die gleiche Intelligenz müssen wir aufbringen, wenn es darum geht, über die mengenmäßigen Wachstumsgrenzen hinaus die Veranstaltung qualitativ und zukunftsorientiert fortzuentwickeln. Ich bin da zuversichtlich.
Kook: Sind wir so sicher, daß wir in Frankfurt tatsächlich an der Wachstumsgrenze angelangt sind? Ist nicht auch denkbar, daß die Flächenexpansion bei den Ausstellern schon aus Kostengründen - zumindest einmal langsamer - verläuft.
Dr. Peters: Es kann kein Zustand sein, daß eine international führende Messe bestehende Nachfrage nach Ausstellungsfläche nicht befriedigen kann. Aber gerade bei einem Flaggschiff wie der ISH kann ein neuer Kurs nicht auf die Schnelle berechnet werden. Wir denken intensiv und gemeinsam mit unseren Partnern über jede Möglichkeit nach, die herausragende Stellung der ISH auch in Zukunft zu sichern.
IKZ-HAUSTECHNIK: Welche Empfehlung haben Sie persönlich an die Interessierten, damit der Messebesuch eine effiziente und runde Sache wird?
Von Bock und Polach: Gute Vorbereitung, gute Vorbereitung und noch mal gute Vorbereitung. Die hierfür angebotenen Dienstleistungspakete sollten ebenso genutzt werden, wie die Vorbereitung des Messebesuchs durch Gespräche mit den Mitarbeitern im Betrieb, um offene Fragen und Problemfelder gezielt durch die aktuelle Messeinformation zu beantworten und neue Arbeitsbereiche für das Unternehmen zu erschließen.
Kook: Darüber hinaus empfehle ich allen Interessierten schon bei dem Besuch der Messestände an die Vermarktung zu denken. So wird der Messebesuch die Basis für hoffentlich gute Geschäfte.
Dr. Peters: Eine Zielplanung gehört ebenso dazu, wie feste Termine mit den Ausstellern während und die Erfolgskontrolle nach der Veranstaltung. Je mehr Informationen man vor der Messe einholt, desto effektiver kann der Messebesuch oder Standbeteiligung gestaltet werden. Dazu steht unser Objektteam ebenso zur Verfügung, wie die zahlreichen Servicestellen zur Reiseplanung, Zimmerreservierung, dem Standbau sowie dem Vorverkauf von Eintrittskarten und Katalogen. Bei alledem sollte genügend Zeit für das Rahmenprogramm einer Messe eingeplant werden. Und schließlich sollte man sich nicht zuviel an einem Tag zumuten. Wer einen Tag länger bleibt, hat oft mehr von seinem Besuch.
IKZ-HAUSTECHNIK: Herzlichen Dank für die Beantwortung unserer Fragen. Wir wünschen Ihnen einen erfolgreichen Messeverlauf.
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