IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 4/1997, Seite 3f.
EDITORIAL
Monopolistische StaatskonkurrenzKarl Schlüter |
Konkurrenz belebt das Geschäft! Sagt man. Aber trifft das auch zu, wenn es sich dabei um ein großes Versorgungsunternehmen handelt?
Im bremischen Sanitär - Heizung - Klima - Handwerk herrscht Alarmstimmung, seitdem die Stadtwerke Bremen AG Mitte 1996 ihre Absicht bekanntgegeben hatte, gemeinsam mit dem holländischen Energieversorger Edon zusätzliche, lukrative Geschäftsfelder zu erschließen. Gedacht war an eine Servicegesellschaft (HGS), die vom Verkauf von Gasheizgeräten über die Installation bis hin zur Wartung und einen Notdienst alles aus einer Hand anbieten sollte. Mit ins Boot sollten nach erheblichen Protesten seitens des Handwerks und der Politik dann auch die örtlichen SHK-Betriebe mit einem Anteil von 50% der Gesellschaftsanteile. Verhindert werden sollte so auch, daß die Installationsarbeiten durch holländische Arbeitnehmer einer Tochterfirma von Edon ausgeführt werden.
Nach mehrmonatigen Verhandlungen scheiterte eine Beteiligung des Handwerks aber an dem Umstand, daß eine echte Mitbestimmung nicht durchgesetzt und damit eine angemessene Interessenwahrnehmung nicht gewährleistet werden konnte. Zudem hatte die Stadtwerke Bremen AG angekündigt, nach der Gründung werde weiter Kapital in Millionenhöhe benötigt, eine von den konjunkturell gebeutelten Betrieben nicht ohne weiteres zu erfüllende Forderung.
Daß sich bei einer solchen Sachlage auf unserer letzten außerordentlichen Innungsversammlung, welche seit Jahrzehnten noch nie so gut besucht war, die Betriebe mit nur einer Ausnahme gegen eine Beteiligung aussprachen, versteht sich fast von selbst. Nun wird die HGS ohne Beteiligung des Handwerks auf den Markt gehen. Nur, so fragen sich die Handwerksbetriebe, warum gehen die Stadtwerke Bremen AG mit den als Monopolanbieter angesammelten Millionen aggressiv auf einen Markt, der bei rückläufigen Preisen ohnehin kaum noch ausreichende Gewinne bietet?
Hintergrund dieser Vorhaben ist die geplante Reform des Energiewirtschaftsrechtes, mit dem eine Konkurrenzsituation auf den Bereich der Energieversorgung herbeigeführt werden kann. Die Stadtwerke Bremen AG wollen nun mit aller Macht eine langfristige Kundenbindung herstellen, die es anderen Versorgern erschwert, auf den hiesigen Energieversorgungsmarkt vorzustoßen. Profitieren werden davon in erster Linie die Aktionäre und mittelbar auch die Industrie infolge sinkender Bezugspreise. Der private Verbraucher, so der Vorstandsvorsitzende der Stadtwerke Bremen AG, Jochum, dürfte aber allenfalls langfristig mit niedrigeren Preisen rechnen.
Politisch brisant werden die Vorhaben durch den Umstand, daß das Land Bremen mit 50,1 % Mehrheitsaktionär bei der Stadtwerke Bremen AG ist. Während nun das Land Bremen nach Artikel 40 der Landesverfassung verpflichtet ist, Klein- und Mittelbetriebe zu fördern und zu schützen, wird von seiten der Stadtwerke vollmundig verkündet, man werde den Personalabbau fortsetzen und die Rentabilität verbessern und sich von "parteipolitischen Spielchen oder arbeitsmarktpolitischen Gesichtspunkten" nicht abbringen lassen.
Ob hier die Landesregierung den bislang angekündigten Weg zur Stützung des Handwerks gehen wird oder ob sie den Verlockungen ungewisser Dividenden und dem Ruf nach freier Marktwirtschaft unterliegt, bleibt abzuwarten. Fest steht, daß die monopolistisch operierenden Versorgungsunternehmen den Energiewettbewerb fürchten und nicht nur in Bremen den Dienstleistungsbereich entdecken und bearbeiten wollen. Fest steht, daß die öffentlichen Hände privatrechtliche Monopolbetriebe nur innerhalb der Grenzen des Gemeinwohls fördern dürfen.
Die staatlichen Stellen sind verpflichtet, öffentliche Konkurrenzwirtschaft verfassungs- oder satzungsgemäß zu vermeiden. Ein Verdrängungswettbewerb von privatrechtlichen Betrieben mit politischer Mehrheitsbeteiligung gegen Klein- und Mittelbetriebe des oft von Politikern gelobten Handwerks verbietet sich.
Eines ist jedoch sicher; die Installationsbetriebe werden den angekündigten Dumpingpreisen kaum etwas entgegenzusetzen haben. Wird hier nicht politische Vernunft über privatwirtschaftliches Gewinnstreben gesetzt, werden viele Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz verlieren. Davon wird nicht nur das SHK-Handwerk betroffen sein, sondern auch die Elektrohandwerke, auf die die Stadtwerke bereits ein Auge geworfen haben.
Angesichts der drohenden Gefahr kann es mich kaum beruhigen, wenn sich nun viele Betriebe auf ihre eigentlichen Tugenden als kompetente Handwerker und neutrale und sachkundige Versorgungsberater besinnen und die Scharten ausbessern, denen in der Vergangenheit zuwenig Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Ausgehend von Bremen soll auf die beschriebene Weise unsere Branche zum Lohnhandwerk reduziert werden. Dies ärgert mich auch deshalb, weil wir Bremer mit dem Vulkan bundesweit in der letzten Zeit in den Schlagzeilen waren und weil es sich beim Vulkan um eine Firma handelt, die zu Lasten der Steuerzahler eine Expansionspolitik betrieb. Mein Wunsch wäre, daß sich die Politiker ins Stammbuch schreiben, daß sich solche Fälle nicht wiederholen und daß das Handwerk nicht nur gelobt, sondern auch unterstützt und gefördert werden muß.
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