IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 4/1997, Seite 66 f.


REPORT


Zukunft der Regenwassernutzung

Fachtagungen der Fachvereinigung Betriebs- und Regenwassernutzung

Die zweite und dritte Fachtagung der im November 1995 gegründeten Fachvereinigung Betriebs- und Regenwassernutzung e.V. (fbr) ist auf große Resonanz gestoßen. Zur zweiten Tagung in Ulm kamen ca. 100 Interessierte und an der Veranstaltung in Berlin nahmen mehr als 130 Fachleute teil. Sie waren aus der gesamten Bundesrepublik angereist und in den Bereichen der Kommunen, Fachbehörden, Planungsbüros, Hochschulen sowie Industrie und des Handwerks tätig. Die Tagungen, die mit Unterstützung der jeweiligen Behörden sowie der Firma Mall Beton im November 1996 durchgeführt wurden, eröffnete Dipl.-Ing. Martin Bullermann.

Im ersten Referat zur "Bedeutung und Entwicklung der Betriebs- und Regenwassernutzung" wurden von Bullermann die unterschiedlichen Einsatzbereiche zur Nutzung von Betriebswasser im privaten, öffentlichen und gewerblichen Bereich sowie die jeweiligen Entwicklungspotentiale dargestellt. Einerseits werde in Zukunft sicherlich die technische Weiterentwicklung, insbesondere mit vorgefertigten Baugruppen, maßgebend sein; andererseits sei in dem sprunghaft wachsenden Markt die Qualitätsverbesserung und -sicherung hinsichtlich Ausbildung, Produktkontrolle und Betrieb sowie Wartung entscheidend.

In diesem Bereich wird sich die fbr intensiv engagieren. Auch um die Integration der Regenwassernutzung in Konzepte zur Regenwasserbewirtschaftung in den neuen Siedlungsgebieten werde sich die Vereinigung zukünftig verstärkt beschäftigen müssen.

Technik und Fördermittel

Dipl.-Ing. Udo Sämann, Hannover, stellte die "Regenwassernutzung im Rahmen der Regenwasserbewirtschaftung - Widerspruch oder Ergänzung" vor. Nach einer Einführung in stadthydrologische Aspekte anhand von Modellrechnungen für konkrete Planungsprojekte wurden die quantitativen Auswirkungen von Regenwassernutzungsanlagen auf nachgeschaltete Versickerungsanlagen dargestellt. Es zeige sich, daß die Größe der Versickerungsanlagen bei einer vorgeschalteten Regenwassernutzung um ca. 25 bis 30 % reduziert werden könnten. Zu qualitativen Auswirkungen würden bisher keine Untersuchungen vorliegen, es sei jedoch davon auszugehen, daß durch die Vorreinigung des Regenwassers zu Betriebswasser nachgeschaltete Einrichtungen in qualitativer Hinsicht nicht belastet würden.

Widerspruch oder Ergänzung - beides sei möglich, wobei jedoch die Fälle des Widerspruchs sehr selten sein dürften, war das Fazit der Referenten.

Das Referat des Architekten Klaus König, "Wirtschaftliche Nutzung von Regenwasser? - Herausforderung an Technik und sicheren Betrieb", hob die verschiedenen Faktoren der Investitions- und Betriebskosten sowie den hohen Deckungsgrad und eine lange Lebensdauer der Anlagenbestandteile für die Wirtschaftlichkeit hervor.

Die richtigen Komponenten zur Sicherheit von Regenwasseranlagen, wie DIN-gerechte Trinkwassernachspeisung und Kennzeichnung von Rohrleitungen und Zapfstellen, spielten aufgrund der geringen Investitionskosten kaum eine Rolle für die Wirtschaftlichkeit und stellten diese somit grundsätzlich nicht in Frage.

Dipl.-Ing. Wolfgang Bronz und Dr. Kurt-Arnold Quadflieg vom hessischen Umweltministerium stellte in der jeweiligen Veranstaltung die Notwendigkeit zum sparsamen Umgang mit Wasser und zum Grundwasserschutz im Bundesland Hessen dar. Zur zweckgebundenen Förderung von konkreten Maßnahmen habe das Land Hessen im Jahr 1992 die Grundwasserabgabe eingeführt. In den vergangenen Jahren seien verschiedene Projekte mit mehr als 360 Mio. DM gefördert worden. Alleine im kommunalen Bereich würde der Bau von ca. 400 Regenwassernutzungsanlagen mit 16,5 Mio. DM unterstützt.

Hygiene und Ökologie

"Neue Erkenntnisse zur Qualität und Hygiene von Regenwasseranlagen" stellte Erwin Nolde von der TU-Berlin vor. Er definierte vorab Qualitätsanforderungen an die Betriebswassernutzung in Gebäuden und verwies in diesem Zusammenhang auf Regelungen in Berlin. Umfangreiche hygienische/mikroskopische Untersuchungen in der Bundesrepublik hätten gezeigt, daß insgesamt die Anforderungen der EG-Richtlinien über die Qualität von Badegewässern in mehr als 95 % aller untersuchten Anlagen eingehalten würden. Der Einfluß der Anlagentechnik auf die Hygiene würde eher gering eingestuft. Wesentlicher für die Betriebswasserqualität sei in erster Linie der Standort und die Art der Sammelfläche.

Prof. Udo Müller, Universität Hannover, hielt einen Vortrag zu dem Thema "Ökobilanzen und Regenwassernutzung-Problemlösung, ausgerechnet am Beispiel Regenwasser?" Nach der Vorstellung der komplexen Anforderungen an eine Ökobilanz führte Müller aus, daß dieser Bewertungsansatz für die vielgestaltigen und aus unterschiedlichsten Teilen zusammengestellten Systeme zur Regenwassernutzung wenig geeignet sei. Lösungsansatz könnte eine mehrdimensionale Bewertung nach dem 5-Konten-Schema sein.

Projekte

Zu "Betriebserfahrungen mit Regenwasser-Nutzungsanlagen" referierte Dr. Otto Wack aus Schotten. Eine Auswertung von Untersuchungen an ca. 200 Anlagen zeige, daß die Betriebserfahrungen selbst bei technischen Problemanlagen als positiv zu bewerten seien. Besonders das große Engagement der NutzerInnen wurde herausgestellt.

Den Abschluß der Veranstaltungen bildete der Vortrag "Wasser in der Stadt - Aspekte zur Regenwasserbewirtschaftung am Potsdamer Platz in Berlin" von Herbert Dreiseitl aus Überlingen. Die wichtige Rolle des Mediums Wasser in der Stadtplanung, Freiraumgestaltung, Objektgestaltung und in der Ökologie wurde als interdisziplinäre Planungsaufgabe von dem international tätigen Experten mit Diaprojektionen anhand von Projektarbeiten vorgestellt. Ausführungen zum Projekt Potsdamer Platz mit Regenwassernutzung und "Urbanem Gewässer" zeigten anschaulich, welche Rolle u.a. die Regenwassernutzung bei Großprojekten heutzutage spielten.

Die begleitenden Fachausstellungen mit insgesamt 35 Ausstellern aus ganz Deutschland stellten eine beeindruckende Übersicht zu neuesten Entwicklungen zur Betriebswassernutzung dar. Die Fachausstellungen wurden intensiv von den Teilnehmern als Forum zum Informationsaustausch genutzt.


Anschrift:
Fachvereinigung Betriebs- und Regenwassernutzung
Kasseler Straße 1 a, 60486 Frankfurt am Main
Tel. 069/97074674, Fax 069/97074648


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