IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 23/1996, Seite 80 f.


LÜFTUNG


Lüftungsanlagen in der Gastronomie mit Wärmerückgewinnung?

Konrad Hehner

Während vor 10 Jahren noch eine Abzugshaube in der Küche und ein Absaugventilator im Gastraum als ausreichende lüftungstechnische Ausstattung bewertet wurden, sind die Ansprüche heute wesentlich höher geworden. Nicht allein die Gäste möchten gute Luftverhältnisse.

Bauaufsichtsämter, Ordnungsämter, Veterinärämter, Schornsteinfeger und Feuerwehr verlangen die Anwendung und Einhaltung von Vorschriften und Richtlinien, die teilweise schon lange bestehen, deren Anwendung und Beachtung aber bisher nicht überwacht wurde. Es gilt hier unter anderem zu beachten:

Die Ordnungsämter geben Auskunft, welche Auflagen im Einzelfall zu erfüllen sind. Ganz allgemein kann gesagt werden, daß es heute in der Gastronomie zum Ausrüstungs-Standard gehört, sowohl für die Gasträume wie auch für die Küche Zu- und Abluftanlagen mit ausgeglichener Luftbilanz einzubauen. Die Berechnung der erforderlichen Zu- und Abluftmengen ergibt sich für den Gastraum-Bereich nach der DIN 1946 und für die Küche nach VDI 2052.

Bild 1: Anlagenschema einer Be- und Entlüftungsanlage für eine Küche und ein Restaurant.

Wie in dem Prinzip-Schema dargestellt (Bild 1), ist für Küchen und Restaurant eine getrennte Zu- und Abluftanlage erforderlich. Aufgrund der Lebensmittel-Hygiene-Verordnung und auch VDI 2052 ist ein Nachströmen von belasteter, bzw. verunreinigter Luft in die Küche unbedingt zu vermeiden. Selbst eine ausgeglichene Luftbilanz genügt vielen Veterinärämtern nicht. Sie verlangen einen 10%igen Überdruck für den Küchenbereich zum Schutz der Lebensmittel vor Schadstoffen und Bakterien. Daß die Zuluft aus unbedenklicher Umgebung zu entnehmen und ausreichend zu filtern ist, wird vorausgesetzt.

Unter diesen Voraussetzungen betrachtet entsteht natürlich ein sehr hoher Lüftungswärmebedarf, der ohne Wärmerückgewinnung zu unwirtschaftlichen Heizkesselgrößen und ökologisch sinnlosem Brennstoffverbrauch führt.

Um nun die Betriebskosten einer Lüftungsanlage und hierbei die Wirtschaftlichkeit einer Wärmerückgewinnung überblicken zu können, empfiehlt sich ein einfaches Rechenspiel.

- Gastraum 300 m3 für ca. 60 - 70 Personen
- Küche mit Mittelhaube 1,50 x 2,00 m (oder Wandhaube 3,00 m).

Hierbei ergeben sich nach DIN 1946 für den Gastraum ca. 3000 m3/h, was einem 10fachen stündlichem Luftwechsel entspricht, und nach VDI 2052 werden sich für die Küche ebenfalls etwa 3000 m3/h als erforderliche Luftmenge ergeben.

Bei der Ermittlung des Lüftungswärmebedarfs wollen wir ebenfalls von Mindest- und Jahres-Durchschnittswerten ausgehen, deswegen legen wir eine Temperatur-Differenz zwischen innen und außen von 25 K, eine Betriebszeit von 8 Stunden bei 200 Heiztagen pro Jahr zugrunde. Für diese Anlage errechnet sich ein Lüftungswärmebedarf von

= 3000 m3/h · 0,36 kWh/ = (m3 · K) · 25 K = 27 kW (für beide Anlagen also 54 kW Gesamtleistung)

Diese Gesamtleistung müßte von dem Heizkessel des Hauses zusätzlich erbracht werden. Bei ca. 8 Betriebsstunden täglich ergeben sich 432 kWh/Tag. Pro Jahr mit 200 Heiztagen sind das ca. 86000 kWh oder ca. 10000 Liter Heizöl. Das entspricht dem Wärmebedarf von 2 Einfamilienhäusern.

Von dieser Gesamtwärmemenge können wir mit einer Wärmerückgewinnung leicht 60% zurückhalten, um damit die Zuluft zu temperieren. Wir vermindern damit den Zuluftwärmebedarf um mindestens 60%, was einer Jahreseinsparung von über 50000 kWh oder ca. 6000 Liter Heizöl entspricht. Hierbei ist noch nicht berücksichtigt, daß die ins Freie geblasene Abluft in Wirklichkeit eine vor allem in der Küche noch größere Abluftwärmemenge enthält, weil die abgesaugte Warmluft über dem Herd meistens 40°C warm ist und dabei noch eine relative Feuchte von 50 - 60% aufweist.

Wenn wir nachrechnen, stellen wir fest, daß wir aufgrund der höheren Ablufttemperatur und der Kondensationswärme in der Küche den Lüftungswärmebedarf voll aus der Abluft decken können, während wir in der Gaststätte rechnerisch etwa 40% nachheizen müssen. Das wären dann nur noch ca. 11 kW die von der Zentralheizung für den Lüftungswärmebedarf aufzubringen wären.

In Zusammenfassung des bis hier gesagten, läßt sich die Wirtschaftlichkeit einer Wärmerückgewinnung also nachweisen und ausrechnen, in wievielen Jahren sich die Investition amortisiert.

Bei der Gegenüberstellung von Lüftungswärmebedarf und Transmissionswärmebedarf fällt im Gastronomiebereich auf, daß der Lüftungswärmebedarf der wesentlich höhere Wert ist. Es nützt also wenig, gut isolierte Fenster einzubauen und Wände und Decken zu dämmen, wenn man nicht gleichzeitig auch den Lüftungswärmebedarf durch Wärmerückgewinnung entscheidend vermindert.

Bild 2: Plattenwärmetauscher mit einem Wirkungsgrad von 60%.

Die verschiedenen Systeme der Wärmerückgewinnung wie Rotations- (Regenerativ-) Wärmetauscher, Kreislaufverbundsysteme, Wärmerohrtauscher, Wärmepumpen und Kreuzstrom-Plattentauscher dürften in der Fachwelt hinreichend bekannt sein. Bild 2 zeigt beispielhaft die Funktion eines Kreuzstrom-Wärmetauschers mit ca. 60% Wirkungsgrad. Bei Betrachtung der Temperaturen wird deutlich, daß bei Erhöhung der Ablufttemperatur auf 40°C, was in vielen Großküchen der Fall ist, sich die Zulufttemperatur um 6°C erhöht und in einen Bereich kommt, der eine Nachheizung erübrigt.

In Gasträumen und Restaurants, Büros, Versammlungsräumen wie auch im Wohnhaus, ist eine höhere Abluft-Temperatur keinesfalls vorhanden und eine Nachheizung der Zuluft sinnvoll und erforderlich. Die Nachheizung der Zuluft erfolgt meist mit einem nachgeschalteten Wasser-Luft-Wärmetauscher, der an die Zentralheizung angeschlossen wird. Es ist aber ein separater Heizkreis erforderlich, um die Regelbarkeit und Verfügbarkeit zu gewährleisten. Fehlt diese Möglichkeit, so kann auch eine Wärmepumpe eingesetzt werden. Immerhin hat die Fortluft nach Bild 2 noch +12°C, und es lohnt sich durchaus, diese Wärme zu nutzen und auf die Zuluft zu übertragen.

Bild 3: Lüftungskombination mit integrierter Wärmepumpe; Lastfälle Sommer und Winter.

Wie aus Bild 3 ersichtlich, gibt es hierzu Lüftungskombinationen, in die eine Wärmepumpenanlage samt Austauschern und Verdichtern integriert ist. Durch Umschaltventile läßt sich der Kreislauf des Kältemittels umkehren, man kann also nicht nur im Winter die Zuluft nachheizen, sondern im Sommer auch angenehm kühlen. Immerhin erreicht die Wärmepumpe etwa der Leistungszahl 3 - 4 und hat damit zur Nachheizung im Winter einen Wirkungsgrad der mindestens um das dreifache höher ist, als eine direkte elektrische Nachheizung. 1 kWh Strom ergibt also 3 - 4 kW Heizenergie. Insofern ist es ökologisch unvertretbar, daß zur Lufterwärmung und Nachheizung Elektro-Heizregister von 10 kW und mehr angeboten und eingebaut werden, ohne den Kunden über die Kosten aufzuklären. Denn die EVUs berechnen mitunter für einen 10 kW-Lufterhitzer rund 2100,- DM an Grundgebühr pro Jahr. Die Vertiefung dieser Problematik würde den Rahmen dieses Artikels sprengen und sollte einem besonderen Aufsatz vorbehalten sein.


B i l d e r : Henatherm Luft- und Wärmetechnik GmbH


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