IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 19/1996, Seite 72 f.


WERKZEUGE


Wirtschaftlicher Drucklufteinsatz im Handwerksbetrieb

Was man bei der Planung eines Druckluftnetzes beachten sollte

Dipl.-Ing. Erwin Ruppelt

Druckluft ist zwar ein vielseitig einsetzbarer, aber auch ein teurer Energieträger. Ihr Einsatz wird erst dann wirklich wirtschaftlich, wenn alle Teile eines Druckluftsystems - Erzeugung, Aufbereitung und Verteilung - so gut wie möglich aufeinander abgestimmt sind. Selbstverständlich gehören dazu auch die richtige Auslegung des Rohrleitungsnetzes. Was im Handwerksbetrieb dabei zu beachten ist, beschreibt der folgende Beitrag.

Berücksichtigt man alle Aufwendungen für Energie, Kühlmittel und Wartung sowie die Abschreibung des Kompressors, dann kostet der Kubikmeter Druckluft je nach Größe, Auslastung, Wartungszustand und Bauart des Kompressors zwischen einem und fünf Pfennigen. In vielen Handwerksbetrieben legt man daher heute immer mehr Wert auf eine besonders kostensparende Drucklufterzeugung: So werden alte Kompressorensysteme zunehmend durch wirtschaftlichere ölgekühlte Schraubenkompressoren ersetzt. Dank der wirksameren Kühlung und des niedrigen Wartungsbedarfs dieser Anlagen lassen sich so bis zu 20% der früheren Kosten für die Drucklufterzeugung einsparen.

Natürlich gibt es gerade im Handwerk auch heute noch zahlreiche Anwendungsbereiche für Kolbenkompressoren. Tragbare und werkstattfahrbare Kompressoren dieser Bauart werden z.B. nach wie vor häufig auf Baustellen zur Energieversorgung druckluftbetriebener Handwerkszeuge eingesetzt (Bild 1). Hier, wo es besonders auf Beweglichkeit und leichte Handhabung ankommt, bieten ölgeschmierte einstufige Kolbenkompressoren dem Handwerker die Möglichkeit, Druckluft sehr wirtschaftlich zu erzeugen und flexibel einzusetzen. Die untere Liefermengengrenze dieser mobilen Kompressoren ist bei 20 l/min, die obere etwa bei 450 l/min anzusetzen; ihr Betriebsdruck liegt in der Regel zwischen 4 und 10 bar. Für spezielle Anwendungen sind sogar Drücke bis 20 bar möglich. Darüber hinaus eignen sich Kolbenkompressoren auch gut für die kostengünstige stationäre Versorgung kleiner Handwerksbetriebe mit niedrigem Druckluftbedarf.

Bild 1: Der mobile Kolbenkompressor Eco-Car 650 D liefert 440 Liter Druckluft je Minute bei 6 bar Überdruck. Er läst sich auch gut in einem PKW-Kombi transportieren.

Geringere Beachtung als eine möglichst kostengünstige Drucklufterzeugung findet dagegen eine bedarfsgerechte Druckluftaufbereitung. Das ist bedauerlich, denn nur von gut aufbereiteter Druckluft sind auch niedrige Wartungskosten bei den Verbrauchern und dem Rohrleitungsnetz zu erwarten. In etwa 80% aller Anwendungsfälle reichen Kältetrockner für die Druckluftaufbereitung aus. Sie ersparen häufig den mit Druckverlusten verbundenen Einsatz von Filtern im Rohrleitungsnetz und beanspruchen nur 3% der Energiekosten, die der Kompressor bei der Erzeugung einer entsprechenden Druckluftmenge verursacht. Hinzu kommt, daß die Kostenersparnis durch geringeren Wartungs- und Reparaturaufwand an Rohrleitungen und Druckluftverbrauchern bis zum Zehnfachen der für die Kältetrocknung eingesetzen Mittel reicht. Für Handwerksbetriebe mit einem Druckbedarf bis ca. 1100 l/min gibt es heute besonders wirtschaftliche, anschlußfertige Kompaktsysteme, bestehend aus ölgekühltem Schraubenkompressor, Kältetrockner und Druckluftbehälter (Bild 2).

Bild 2: Für die Drucklufterzeugung, -aufbereitung und -speicherung in Betrieben mit einem Druckluftbedarf von ca. 1100 l/min: anschlußfertige Druckluft-Kompaktstation, bestehend aus ölgekühltem Schraubenkompressor, Kältetrockner und 300 l-Druckbehälter.

Energieverschwendung durch schadhafte Rohrleitungen

Leckagen im Rohrleitungsnetz verursachen ganz erhebliche Energieverluste und -kosten: So hat beispielsweise eine Leckage mit 3 mm Lochdurchmesser bei 6 bar Netzdruck einen Druckluftverlust von 0,5 m3/min zur Folge. In einer Stunde sind das schon 30 m3 und bei einer ganzjährig mit Druck belasteten Leitung 262800 m3 im Jahr. Geht man von einem Durchschnittspreis von 0,03 DM pro Kubikmeter Druckluft aus, so bedeutet das einen jährlichen Verlust von fast 8000 DM.

Die Leckagerate in einem gut gewarteten Netz sollte daher nicht mehr als 10% des Gesamtluftverbrauchs betragen. Die tatsächlichen Durchschnittswerte liegen aber bei 20 bis 25%. Das heißt, ein Leckageverlust, wie er durch ein 3 mm-Loch entsteht, ist nicht die Ausnahme, sondern eher die Regel. Er wird zwar nicht an einer einzigen Stelle entstehen, aber die üblicherweise auftretenden zahlreichen kleinen Leckagen im Hundertstel- oder Zehntelmillimeterbereich ergeben in der Summe einen beträchtlichen Verlust.

Hohe Energieverluste können ebenfalls entstehen, wenn bei steigendem Druckluftbedarf die Kompressorstation erweitert, aber das Leitungsnetz vom Rohrdurchmesser her nicht angepaßt wird. In einem modernen Druckluftsystem sollte der Druckverlust durch das fest installierte Rohrleitungsnetz 0,1 bar nicht übersteigen. Tatsächlich liegt der Durchschnittswert in den meisten Betrieben mit 0,7 bis 0,8 bar allerdings wesentlich höher. Um es noch deutlicher zu sagen: Würde ein Betrieb mit 0,8 bar Druckverlust im fest installierten Rohrleitungsnetz diesen durch Sanierungsmaßnahmen auf 0,1 bar senken, so könnte er 4,2% Energie einsparen. Bei einem angenommenen elektrischen Leistungsbedarf von 25 kW entspricht das 1,05 kW. Bei 2500 Betriebsstunden pro Jahr würde sich so eine Verringerung des jährlichen Energiebedarfs um 2600 kWh oder eine Kostenersparnis von rund 500 DM ergeben, wenn man den kWh-Preis mit 0,2 DM ansetzt.

Planung eines Druckluftnetzes

Grundsätzlich ist bei jeder Neuplanung vorab zu klären, ob die Druckluftversorgung zentral oder dezentral aufgebaut sein soll. Für Handwerksbetriebe eignet sich normalerweise eine zentrale Versorgung, denn hier treten gewöhnlich nicht die Probleme auf, die sich in größeren Betrieben bei einem zentralen Leitungsnetz stellen können: hoher Installationsaufwand, Einfrieren unzureichend wärmegedämmter Freileitungen im Winter oder verstärkter Druckabfall durch große Leitungslängen.

Richtig dimensionieren

Bild 3: Der Druckabfall zwischen Kompressor und Verbraucher beträgt bei einem gut ausgelegten Druckluftnetz maximal 1 bar.

Zur Dimensionierung einer Druckluftleitung sollte in jedem Fall eine Berechnung gehören. Grundlage dieser Berechnung ist ein maximaler Druckabfall von 1 bar zwischen Kompressor und Druckluftverbrauchern inkl. normaler Standard-Druckluftaufbereitung (Kältetrocknung) (Bild 3). Im einzelnen rechnet man mit folgenden Druckverlusten:

Hauptleitung

0,03 bar

Verteilungsleitung

0,03 bar

Anschlußleitung

0,04 bar

Trockner

0,30 bar

Wartungseinheit und Schlauch

0,60 bar

insgesamt maximal

1,00 bar

Aus dieser Aufstellung wird ersichtlich, wie wichtig es ist, die Druckverluste in den einzelnen Leitungsabschnitten zu berechnen. Dabei sind auch Formteile und Absperreinheiten zu berücksichtigen. Es genügt also nicht, die geraden Meter Rohr in eine Berechnungsformel oder -tabelle einzusetzen, es muß vielmehr die strömungstechnische Länge der Rohrleitungen ermittelt werden. In der Regel hat man jedoch bei Beginn der Planungsarbeit noch keinen Überblick über die Gesamtheit aller Formteile und Absperreinheiten. Deshalb rechnet man die strömungstechnischen Rohrlängen, indem man die anzusetzenden geraden Meter Rohr mit dem Faktor 1,6 multipliziert. Die Rohrleitungsdurchmesser lassen sich dann anhand gängiger Auslegungsdiagramme auf einfache Weise ermitteln.

Bei richtiger Auslegung des kompletten Druckluftsystems sind also heute auch im Handwerksbetrieb erhebliche Kosteneinsparungen möglich. Den guten Anbieter erkennt man daran, daß er dem Druckluftanwender nicht nur eine "Kiste" (Kompressor) liefert, sondern ihn mit seinem Know-how unterstützt, damit er eine zuverlässige, wartungsarme und wirtschaftliche Druckluftanlage erhält.


B i l d e r : Kaeser GmbH, Coburg


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