IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 19/1996, Seite 63 ff.
HEIZUNGSTECHNIK
Konvektoren - Heizkörper für den modernen Wohnungsbau
Dipl.-Ing. Hermann Ensink
Konvektoren und deren verschiedene Einbauvarianten bieten ideale Möglichkeiten zur Beheizung von modernen Wohn- und auch Verwaltungsgebäuden. Kein anderer Heizkörper kann so flexibel und individuell eingesetzt werden wie er. Nachstehend werden die verschiedenen Bauformen und deren Einsatzmöglichkeiten beschrieben.
1. Allgemeines
1.1 Moderne Architektur erfordert individuelle Lösungen
Bild 1: Luftgeschwindigkeit über einem beheizten Fußboden [1]. |
Der moderne Baustil ist durch Individualität gekennzeichnet. Nach Süden hin werden zur passiven Wärmegewinnung große Fensterflächen integriert. Erker und andere Vorbauten gehören zum Repertoire (fast) jedes Architekten. Vielfach werden auch bei bestehenden Gebäuden Wintergärten an die vorhandenen Wohnräume gebaut. Wenn dann noch eine großzügige offene "Wohnlandschaft" gewünscht wird, ist der Planer in besonderer Weise gefordert.
Bild 2: Radiatorkonvektor mit Strahlungsschirm (gemäß WärmeschutzV) vor einem Fenster. |
Besonders in den Abend- und Nachtstunden, wenn die direkte Sonneneinstrahlung und der damit verbundene Wärmegewinn nicht mehr gegeben ist, wird ein leistungsfähiges, schnell reagierendes Heizsystem notwendig, um die gewünschte Behaglichkeit zu erzielen. Durch angegliederte Wintergärten können in den Wohnräumen unangenehme Luftströmungen und Strahlungsverhältnisse entstehen, die durch das Heizungssystem kompensiert werden müssen.
Zwar bringt die neue Wärmeschutzverordnung durch bessere Wärmedämmung eine Erhöhung der Umschließungsflächentemperaturen, dennoch ist der ideale Standort des Heizkörpers nach wie vor die kälteste Stelle im Raum - das Fenster. Selbst bei wesentlich verbesserten Wärmedämmwerten ist die Heizlast in der Nähe des Fensters am größten, nicht zuletzt auch infolge der Fugenundichtigkeiten, die sich in besonderer Weise im Fensterbereich bemerkbar machen.
Bild 3: Bodenkanalheizung mit Gebläse. |
Schon in [1] wurde im Bodenbereich vor einem simulierten Fenster ohne Fugenundichtigkeiten eine Strömungsgeschwindigkeit von ca. 0,3 m/s festgestellt (Bild 1). Somit bleibt der ideale Standort des Heizkörpers die unmittelbare Nähe des Fensters, wie bereits in [2] ausführlich beschrieben.
1.2 Wärmeschutzverordnung
Die neue Wärmeschutzverordnung (WärmeschutzV) [3] macht zwei Einschränkungen bezüglich der Anordnung von Heizkörpern vor Fenstern:
a) Zur Verringerung der Wärmeverluste sind geeignete, nicht demontierbare Abdeckungen auf der Heizkörperrückseite mit einem k-Wert ³ 0,9 W/(m2 · K) anzubringen.
b) Der Wärmedurchgang durch die Fensterflächen darf maximal kF = 1,5 W/(m2 · K) betragen.
Bild 4: Eingebaute Bodenkanalheizung mit zwei Gehrungsecken. |
Ergänzt und näher spezifiziert wird die Forderung a) mit dem vom Bundesbauministerium genehmigten und von der HLK Stuttgart herbeigeführten technischen Spezifikation, veröffentlicht im Juli 1995 im Bundesanzeiger und in der IKZ-HAUSTECHNIK [4]. Hiernach sind auch Heizkörperanordnungen vor Fenstern mit reflektierenden oder teilreflektierenden Abdeckungen (Strahlungsschirm) möglich (Bild 2).
Auch diese Lösungen täuschen jedoch nicht darüber hinweg, daß die freie Sicht und der Zugang zu Terrassen durch die vor Fenstern angeordneten Heizkörper behindert oder gar unmöglich wird.
1.3 Heizkörper als Gestaltungselement
Moderne Raumgestaltung bezieht den Heizkörper aktiv in die Innenarchitektur mit ein, macht sie zu einem gestalterischen Element. Ist dies nicht möglich oder erwünscht, soll sie "unauffällig" versteckt sein.
Bild 5: Bodenkanalheizung in runder Sonderform. |
2. Lösungsansätze
Verschiedene Lösungen zur Beheizung von Wohnräumen mit Konvektoren sind möglich, auf deren Vor- und Nachteile nachstehend eingegangen wird. Alle nachstehend genannten Lösungen zeichnen sich durch geringe Wasserinhalte und Massen aus. Dadurch ist eine sehr gute Regelfähigkeit gegeben.
2.1 Radiator-Konvektoren
Radiator-Konvektoren oder "Rakon" stellen eine Kombination aus Radiator und Konvektor mit in der Regel geringer Höhe dar (Bild 2). Sie werden über Flur vor großen Fensterflächen oder an niedrigen Brüstungen angebracht. Vorteilig wirkt hier die ausgewogene Kombination aus Konvektions- und Strahlungswärme. Entsprechend der neuen WärmeschutzV ist jedoch bei Anordnung vor außenliegenden Fenstern ein zusätzlicher Strahlungsschirm erforderlich (Abschnitt 1.2).
Bild 6: Konvektor im Unterflurschacht. |
2.2 Bodenkanalheizungen
Bodenkanalheizungen, auch Bodenkonvektoren oder Estrichkonvektoren genannt, haben eine Höhe von 90 bis 110 mm und können als Alternative zu den vielfach eingesetzten Standard-Heizkörpern unter großen Fensterflächen im Estrich eingelassen werden (Bild 3). Ein zusätzlicher Strahlungsschirm, wie unter 1.2 beschrieben, ist nicht erforderlich. Die Gestaltung der Rohbetondecke wird durch die geringe Höhe nicht beeinflußt. Zusätzliche, langsam laufende Gebläse ermöglichen eine Konvektionserhöhung, so daß der sonst vorhandene Nachteil durch geringe Konvektionshöhen mehr als ausgeglichen werden kann.
Bild 7: Konvektoranordnung im Unterflur: raumseitig - mittig - fensterseitig.
Bodenkanalheizungen lassen sich auch der modernen Raumgeometrie mit Gehrungsecken, Abschrägungen oder gar Rundungen anpassen (Bilder 4 und 5). Über die Funktion und den Aufbau solcher Bodenkanalheizungen wurde ausführlich in [2] berichtet.
2.3 Unterflurkonvektoren
In vielen Bungalows, die in den 70er und 80er Jahren gebaut wurden, sind zur Zufriedenheit der Nutzer Konvektoren in Unterflurschächten eingesetzt (Bild 6). Solche Lösungen finden auch vielfach Anwendung in
- Wohnräumen mit großen Fensterflächen,
- Wintergärten,
- Eingangshallen mit großen Fensterflächen,
- Verwaltungsgebäuden, um dort eine möglichst große Flexibilität in der Raumgestaltung und eine möglichst große vermietbare Fläche zu erhalten.
Bild 8: Konvektor hinter einer Nische. |
Da sich diese Räumlichkeiten in der Regel im Erdgeschoß befinden, ist das Einbringen der Unterflurschächte baulich und statisch durchaus möglich. In Verwaltungsgebäuden gehören aufgeständerte Doppelböden heute zum Standard. Die hier integrierbaren Konvektor-Unterflurschächte in selbsttragender, trittstabiler Ausführung werden auf höhenverstellbaren Standfüßen montiert.
2.3.1 Anordnung von Konvektoren
Verschiedene Anordnungen der Konvektoren im Unterflurschacht sind möglich (Bild 7).
Bild 9: Konvektoranordnung hinter einer Sitzbank. |
Konvektorenanordnung "raumseitig"
Der Einbau des Konvektors auf der Raumseite des Schachtes empfiehlt sich generell bei Einsatz als Zusatz-Heizkörper zur Restwärmeabdeckung und gleichzeitiger Kaltluftabschirmung vor großen Fensterflächen. Die am Fenster abfallende Kaltluft kann ungehindert zum Konvektor strömen. Auf der Konvektorseite sorgt die aufsteigende Warmluft für eine natürliche Zirkulationsströmung im Raum. Zur alleinigen Beheizung ist diese Anordnung im Falle eines anteilig sehr großen Wärmebedarfs auf der Fensterseite (ca. 70 bis 100%) geeignet.
Bild 10: Brüstungsverkleidung mit zwei Kabelkanälen und oberem Luftaustritt. |
Konvektoranordnung "mittig"
Der mittige Einbau des Konvektors im Schacht ermöglicht den Kaltlufteinfall an beiden Seiten des Konvektors. Die Anordnung bietet sich insbesondere zur alleinigen Raumbeheizung an, wenn nur ein Teil (ca. 20 bis 70%) des Gesamtwärmebedarfs auf die Fensterfront entfällt. Dies trifft in der Regel dann zu, wenn außer der Fensterfläche noch weitere größere Wärmeverlustflächen wie Außenwand, Decke oder Fußboden bestehen. Der mittig austretende Warmluftstrom sorgt im Fensterbereich für optimale Kaltluftauflösung und raumseitig für gleichmäßige Zirkulation.
Konvektoranordnung "fensterseitig"
Diese Anordnung des Konvektors auf der Fensterseite findet nur in Ausnahmefällen Anwendung. Zur Vollraumbeheizung ist diese Einbauvariante nur dann geeignet, wenn ein großer raumseitiger Wärmebedarf und ein geringer Wärmebedarf auf der Fensterseite (bis ca. 20%) besteht. Der Abstand zwischen Schacht und Fenster ist dann möglichst gering zu wählen, um ein ungehindertes und schnelles Anlegen der Luftströmung an das Fenster zu erreichen (Coanda-Effekt). Unter idealen Bedingungen kann sogar eine geringfügig höhere Wärmeleistung erreicht werden als bei den anderen Anordnungen [5]. Nachteil ist jedoch die starke Abhängigkeit von der Heizmitteltemperatur, die den Leistungsvorteil schnell ins Gegenteil kehrt. Es sind Fälle bekannt, bei denen solche Anordnungen unter extremen Witterungsbedingungen (hohen Heizmitteltemperaturen) einwandfrei funktionieren, nicht jedoch bei abgesenkten Heizmitteltemperaturen in der Übergangszeit. Deshalb wird von dieser Anordnung abgeraten!
Bild 11: Brüstungsverkleidung mit einem Kabelkanal und geneigtem Luftaustrittsgitter. |
2.4 Konvektoren im Wand- und Nischeneinbau
Konvektoren eignen sich in besonderer Weise für den verkleideten Einbau (Bild 8), denn die Verkleidung ist ein Bestandteil des erforderlichen Auftriebsschachtes. Sehr häufig findet man in allen möglichen Anwendungen Flachheizkörper oder Radiatoren, die teilweise sogar mit großem Aufwand durch Brüstungsverkleidungen professionell verkleidet wurden. Die Folge sind erhebliche Minderleistungen, weil sich die Funktion dann lediglich auf "Konvektion" beschränkt. Der Heizkörper wird zu einem Konvektor und verliert einen hohen Anteil an (Strahlungs-) Leistung. Für alle so oder ähnlich verdeckten Anordnungen ist der Konvektor der ideale Heizkörper (Bild 9). Auch in Verwaltungsgebäuden und Büros lassen sich Konvektoren ästhetisch ansprechend und funktionell in Brüstungsverkleidungen mit Kabelkanälen und sonstigen Einbauten integrieren (Bilder 10 und 11).
Bild 12: Bemessungskorrekturen bei Parallelbetrieb von Heizflächen mit unterschiedlichen Exponenten n. DtV und DT errechnen sich aus den Heizmitteltemperaturen und der Raumtemperatur.
3. Niedertemperaturbetrieb
Vielfach wird behauptet, Konvektoren seien nicht für den Betrieb mit niedrigen Vorlauftemperaturen geeignet. Maßgebend für die Heizleistung ist der Exponent n, der nach DIN 4704 ermittelt wird. Tabelle 1 enthält eine Übersicht über die Exponenten.
Tabelle 1: Übersicht einiger Heizkörperarten und deren Exponente n
Heizkörperbauart | Exponentn |
Bodenkanalheizung mit natürlicher Konvektion Bodenkanalheizung mit Radialgebläse | 1,33 1,08 |
Konvektoren im Nischeneinbau Konvektoren im Unterflureinbau | 1,21 - 1,55 1,27 - 1,55 |
Rakon (Radiator-Konvektoren) Flachheizkörper [6] | 1,24 - 1,40 1,25 - 1,32 |
Entscheidend für den Exponenten des Konvektors ist die Auftriebsschachthöhe. Mit steigender Auftriebshöhe verringert er sich [7]. Somit kann der Exponent n nicht dem Konvektor allgemein, sondern nur der Einbauweise zugeordnet werden. Wird bei der Auslegung der Konvektoren auf die tatsächliche Einbausituation und die sich hieraus ergebenden Exponenten geachtet, so steht dem Einsatz im Niedertemperaturbetrieb (z.B. PWW 55/45°C) oder gleitender Betriebsweise nichts im Wege.
Bild 13: Normwärmeleistung eines Konvektors bei unterschiedlicher Auftriebsschachthöhe. |
Inwieweit die unterschiedlichen Exponenten, z.B. im Vergleich zu Flachheizkörpern (n = 1,3) in einer Anlage Auslegungskorrekturen erforderlich machen, läßt sich aus Bild 12 ablesen.
4. Fehlerursachen
Dadurch, daß Konvektoren individuell und vielseitig eingesetzt werden können, sind viele Fehler bei Auslegung und Montage möglich:
Bild 14: Wärmeleistungskorrektur bei Querschnittsverengungen. |
- unzureichende Konvektorleistung, weil nicht berücksichtigt wurde, daß die Konvektorleistung von der Höhe des Auftriebschachtes stark abhängig ist (Bild 13),
- unzureichende Lufteintrittsquerschnitte; wird der Lufteintritt oder Luftaustritt eingeengt, so treten Minderleistungen auf (Bild 14),
- fehlende Querabschottungen oberhalb des Konvektors (Bild 15); wenn diese Querabschottungen fehlen, können kontraktierende oder Längsströmungen auftreten, die zu einer Minderleistung führen,
- unzureichender hydraulischer Abgleich in der Gesamtanlage,
- Mißachtung der Leistungsunterschiede zwischen Unterflureinbau und Nischeneinbau; in Herstellerunterlagen wird teilweise die Leistung für den Unterflureinbau nicht gesondert ausgewiesen oder es werden nur prozentuale Abschläge als Planungshinweis genannt.
Bild 15: Querabschottungen oberhalb eines Konvektors. |
5. Zusammenfassung
Konvektoren eignen sich ganz besonders als Gestaltungselement, da die Verkleidungen oder der Einbau in besonderer Weise der Raumarchitektur angepaßt werden kann, ohne Leistungseinbußen hinnehmen zu müssen. Geringe Wasserinhalte und Heizkörpermassen erlauben äußerst gute Regelfähigkeit mit extrem schneller Reaktion auf Temperaturschwankungen wie z.B. Sonneneinstrahlung. Die Auslegung und Montage von Konvektoren erfordern aufgrund der vielfältigen Möglichkeiten Fachkenntnis.
L i t e r a t u r :
[1] Schlapmann, D.: Luftgeschwindigkeit über beheizten Fußböden. VDI-Bericht 464, 1982; "Auslegung und Prüfung von Fußbodenheizungen".
[2] Boiting, B.; Vogel, K.-H.: Bodenkonvektoren - eine Alternative zu anderen Raumheizkörpern. IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 2/1996, Seite 19.
[3] Wärmeschutzverordnung vom 5.7.1994.
[4] Lösung für Heizkörper vor Fensterflächen.
IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 17/1995, Seite 51.
[5] van Weele, A.M.; Laurense, J.T.M.: Luchtstroming in en boven een convectorput. Katalog Verwarming en Ventilatie Dez. 79.
[6] Buderus: Handbuch für Heizungstechnik. Beuth Verlag, Berlin; 1994.
[7] Technische Daten: Kampmann-Konvektoren; Art.-Gr. 1.10 - 1.40.
B i l d e r : Kampmann HKL GmbH, Lingen
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