IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 16/1996, Seite 112 ff.
REPORT
Bosch Thermotechnik
Von Portugal in alle Welt
Bereits 1977 begann Mario Emanuell Herrmann Pais de Sousa in seinem Unternehmen Vulcano Termo-Domesticos SA in Aveiro/Portugal, mit der Fertigung von Gas-Warmwasserthermen nach Junkers-Lizenzen. In den ersten Jahren bezog das Unternehmen komplett die Bauteile von Junkers aus Deutschland, bis das man allmählich dazu überging, die Bauteile selbst in Aveiro zu fertigen. Bereits 1983 produzierte Vulcano nicht nur Geräte für den portugiesischen Markt, sondern lieferte auch die ersten kompletten Gas-Warmwasserthermen an Junkers. Und 1988 wurde der Lizenznehmer Vulcano, ca. 190 Mitarbeiter, zu einem Gemeinschaftsunternehmen von Junkers. Bosch übernahm 90% der Kapitalanteile.
Kommunikation ist ein wesentliches Element der Unternehmenskultur von Vulcano Termo-Domésticos, die auch im Erscheinungsbild der Gebäude zum Ausdruck kommt. |
Seitdem befindet sich in Aveiro die zentrale Fertigungsstätte für alle europäischen Märkte im Produktbereich Gas-Warmwasserthermen mit modernster Entwicklungsabteilung, die 1994 von Wernau nach Aveiro übersiedelte. Seit 1992 ist Vulcano der größte Produzent dieser Geräte in Europa mit über 600 Mitarbeitern. 1995 produzierte der Geschäftsbereich Bosch Thermotechnik im Werk Aveiro ca. 580000 Gas-Warmwasserthermen unter den Markennamen Junkers, Bosch, Vulcano und Worcester sowie den Zweitmarken Neckar, Zeus und Bongas. Etwa zwei Drittel dieser Geräte wurden auf der Iberischen Halbinsel und der Rest überwiegend in andere europäische Länder abgesetzt.
Das Führungsteam der Vulcano Termo-Domésticos SA (von rechts) Hans Joachim Leydecker, Mario Emanuel Herrmann Pais de Sousa, Manfred Seebauer und Dr. Christian Rolfs (Leiter der Wirtschaftlichen Koordination). |
Diese positive Entwicklung veranlaßte Bosch dazu, die Produktionsanlagen in Aveiro sukzessive zu modernisieren. Auf ca. 30000 m2 ist die Fertigung in zwei Bereiche, Komponentenfertigung und Gerätemontage aufgeteilt. Mit neuen Fertigungslinien in der Montage können pro Mitarbeiter mehr als 1000 Geräte im Jahr hergestellt werden. Die Maschinen sind in ein PPS-System (Produktions-, Planungs- und Steuerungssystem) eingebunden, selbst die Fertigung größerer Komponententeile ist weitgehend automatisiert. So daß man in der Lage ist, bis zu 550 verschiedene Modelle rationell produzieren zu können. - Ein Schritt der Bosch-Tochtergesellschaft Vulcano Termo-Domesicos, der sicherlich für die Zukunft Akzente setzt und für die Erschließung neuer Märkte von Bedeutung ist.
Montage der wasserführenden Leitungen am Heizkörper "außen"... |
Auch in Richtung globale Marktbearbeitung hat Bosch mit einem Gemeinschaftsunternehmen, es wurde 1995 in China gegründet, bereits den ersten Schritt gemacht. Vom Werk in Aveiro aus wird die Optimierung der Fertigungsanlagen und -prozesse in dieser Gesellschaft betreut. In diesen internationalen Fertigungsverbund und in der Fähigkeit schnell und flexibel auf die Anforderungen der unterschiedlichen Märkte zu reagieren, sieht Bosch zwei zentrale Wettbewerbsvorteile gegenüber den meisten Wettbewerbern.
... wie "innen"... |
Kürzlich auf einer Fachpressekonferenz im portugiesischen Werk in Aveiro nannte Hans Joachim Leydecker, Mitglied der Geschäftsleitung des Geschäftsbereichs Bosch Thermotechnik, die internationale Ausrichtung als Hauptgrund, warum der Geschäftsbereich Junkers Anfang 1995 in Bosch Thermotechnik umbenannt wurde. Der Name soll nicht nur die Zugehörigkeit zur Bosch-Gruppe deutlich machen, sondern als Dach für eine europäische Markenfamilie mit Geräten der Namen Junkers, Worcester, Vulcano und Radson dienen, die in den Werken Wernau (Deutschland), Worcester (Großbritannien), Houthalen (Belgien) und Aveiro (Portugal) gefertigt werden. Außerdem ist Bosch seit 1990 mit 50% an dem türkischen Gemeinschaftsunternehmen ELBO beteiligt, das in Manisa nahe Izmir Gas-Heizthermen, Gas-Warmwasserthermen und Gas-Controls fertigt.
... und anschließender Verlötung im Ofen. |
Auch in Frankreich ist der Geschäftsbereich Bosch Thermotechnik aktiv. Erst kürzlich wurde die Übernahme der e.l.m. Leblanc SA in Drancy bei Paris vollzogen. Leblanc, zweitgrößter Anbieter von Thermotechnik, fertigt an zwei französischen Standorten mit ca. 1450 Mitarbeitern Gas-Heizthermen, Gas-Warmwasserthermen und Heizkessel und erreichte 1995 einen Umsatz von 1,1 Mrd. französischen Franc (ca. 330 Mio. DM).
Jeder Brenner wird auf Funktion und Sicherheit geprüft. |
Wie Leydecker erwähnte, hat Bosch im vergangenen Jahr mit der bereits oben genannten Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens in der chinesischen Provinz Shenzhou, weitere Akzente der Internationalisierung gesetzt. Bosch ist an diesem Unternehmen, es fertigt Gas-Warmwasserthermen und Tischherde, mit 60% beteiligt. Momentan werden dort von beiden Gerätearten zusammen ca. 400000 Stück pro Jahr, davon 290000 Gas-Warmwasserthermen gefertigt. Sicherlich ein zukunftsträchtiger Markt mit derzeit über 3,5 Mio. Warmwassergeräten. Mittelfristig wird ein Anstieg auf 5 bis 5,5 Mio. Stück pro Jahr erwartet.
Für den Geschäfsbereich Bosch Thermotechnik sind, wie Leydecker anfügte, Gas-Heizthermen nach wie vor die Haupterzeugnisse. Mit mehr als 400000 verkauften Geräten war Bosch zweitgrößter Hersteller in Europa. Ja, durch den Erwerb von e.l.m. Leblanc wird der Marktanteil sogar auf knapp 20% steigen, damit wäre Bosch größter europäischer Anbieter.
Dichtheitskontrolle von Heizkörpern und Anschlüssen |
Den zweiten Produktschwerpunkt in diesem Geschäftsbereich bilden die Gas-Warmwasserthermen, die in Aveiro hergestellt werden. Mit einem Marktanteil von 28% nahm Bosch in diesem Segment bereits in der Vergangenheit die europäische Spitzenstellung ein.
Eine besondere Aufgabe erfüllt hierbei das Kompetenzzentrum in Aveiro. Entwicklungschef Manfred Seebauer und seine 14 Kollegen greifen neue Produktideen auf, prüfen sie kritisch auf ihren Nutzen für die Kunden und entwickeln sie - bei Eignung - bis zur Serienreife. Dabei kooperiert man eng mit den Universitäten Lissabon und Porto. Gemeinsam entwickelt man elektronische Schaltungen und untersucht neue Werkstoffe.
Prüflabor im Kompetenzzentrum. |
Auf der Fachpressekonferenz in Aveiro stellte Seebauer eine neue Entwicklung auf der Basis der Gas-Warmwasserthermen vor. Ein Kombigerät mit dem auch geheizt werden kann. Für Klimaregionen in denen der Warmwasserkomfort wichtiger ist als beispielsweise eine modulierende Regelung der Heizleistung, wurde die Warmwassertherme um die Bauteile ergänzt, die zum Heizen notwendig sind. Das Ergebnis ist die neue Gas-Heizzentraltherme GZT 1. Sie bietet eine proportional gesteuerte Warmwassertemperatur, eine maximale Warmwasserleistung von 23 Kilowatt und eine auf den tatsächlichen Wärmebedarf einstellbare Heizleistung zwischen 8 und 20 Kilowatt. Die Einstellmöglichkeit reduziert die Schalthäufigkeit und erhöht den Jahresnutzungsgrad. - Ein Beispiel was Bosch unter "Innovation als Dienst am Kunden" versteht.
Zum Werk in Aveiro in Portugal, das für den Geschäftsbereich Bosch Thermotechnik bezüglich der Entwicklung in der jüngeren Vergangenheit von großer Bedeutung war und weiterhin ist, erfuhr die IKZ-HAUSTECHNIK im Anschluß an die Fachpressekonferenz in einem Gespräch mit Hans Joachim Leydecker weitere Einzelheiten.
Gespräch mit Hans Joachim Leydecker, Mitglied der Geschäftsleitung des Geschäftsbereichs Bosch Thermotechnik, geführt von Helmut Gülde-Hötte. IKZ-HAUSTECHNIK: Was hat Junkers dazu bewegt, in Portugal eine Fertigung für Wandheizgeräte aufzubauen? Leydecker: Zwei Gründe: Ende der 80er Jahre hatte der Kostendruck im damals rezessiven Markt für Gas-Warmwasserthermen so zugenommen, daß wir diese Geräte im Hochlohnland Deutschland nicht mehr zu wettbewerbsfähigen Preisen produzieren konnten. Der Erwerb der Vulcano Termo Domésticos SA 1988 und die Verlegung der deutschen Thermenfertigung dorthin bot sich auch deshalb an, weil das Unternehmen seit den 70er Jahren mit Bosch-Lizenzen arbeitete, die Mitarbeiter also über das notwendige Know-how verfügten, vor allem aber die wichtigsten Märkte für diese Erzeugnisse, nämlich Südeuropa und vor allem die Iberische Halbinsel, gleichsam vor der Haustür lagen. IKZ-HAUSTECHNIK: Welche Märkte deckt das Unternehmen von hier aus ab? Leydecker: Alle Gas-Warmwasserthermen, die der Bosch-Geschäftsbereich Thermotechnik in Europa vertreibt, werden in Aveiro gefertigt. Außerdem beliefern wir von Aveiro aus Nordafrika, ein geringer Teil geht auch nach Amerika. IKZ-HAUSTECHNIK: Ist das Werk ausgelastet und in welchen Stückzahlen werden jährlich hier Geräte produziert? Leydecker: 1995 liefen knapp 60000 Gas-Warmwasserthermen von den Bändern in Aveiro. Die Fertigung ist jedoch so flexibel angelegt, daß wir die Produktionszahlen bei entsprechendem Marktbedarf kurzfristig erheblich hochfahren können. IKZ-HAUSTECHNIK: Wird es bei diesem Produktsegment "Wandtherme" bleiben oder planen Sie in Zukunft noch weitere Produkte hier zu fertigen? Leydecker: Die Portugiesen sind sehr leistungsbereite und hochmotivierte Mitarbeiter, und wir haben in Aveiro ausreichend Reservefläche für Erweiterungsbauten. Die Ausdehnung der Produktion ist also jederzeit möglich. Im Augenblick bestehen jedoch keine konkreten Pläne. IKZ-HAUSTECHNIK: Sind in Zukunft noch weitere Investitionen in Aveiro geplant? Leydecker: Wir haben im Werk in Aveiro kontinuierlich investiert. Die Nutzfläche wurde auf heute 30000 m2 erweitert, die Fertigungseinrichtungen haben wir immer wieder auf den neuesten Stand der Technik gebracht. Zur Zeit werden gerade zwei neue Fertigungslinien eingerichtet. Wir werden auch weiterhin in Aveiro investieren, um an der Spitze des technischen Fortschritts zu bleiben. Größere Erweiterungsprojekte stehen derzeit jedoch nicht auf dem Programm. IKZ-HAUSTECHNIK: Welche strategische Bedeutung hat der Standort Aveiro für Junkers? Leydecker: Aveiro ist unser Kompetenzzentrum auf dem Weltmarkt für Gas-Warmwasserthermen. Hier haben wir nicht nur die Produktion für den gesamten europäischen Markt, sondern auch die Entwicklung angesiedelt. Das hier entwickelte und gesammelte Know-how stellen wir auch unseren Beteiligungsgesellschaften zur Verfügung, also der ELBO im türkischen Manisa, an der wir 50% halten und dem Joint-venture in der chinesischen Provinz Shenzhou, an der wir mit 60% beteiligt sind. IKZ-HAUSTECHNIK: Auf welche Entwicklungsakzente wird Junkers in Zukunft setzen? Leydecker: Wir wollen dem Käufer den größtmöglichen Nutzen zu niedrigen Preisen bieten. Unsere breite Erzeugnispalette ist auf die unterschiedlichen Komfortanforderungen und die Kaufkraft der verschiedenen Kundengruppen in den Regionen zugeschnitten. Die Neu- und Weiterentwicklung richten wir ausschließlich am Bedürfnis und Nutzen der Verbraucher aus. Innovation dient nicht dazu, das technisch Machbare mit hohen Kosten auf die Spitze zu treiben, sondern ist Dienst am Kunden. Innovationen sind bei uns Evolutionsschritte, die unseren Kunden bei günstigem Preis Zusatznutzen bieten müssen. Mit dieser Unternehmenspolitik wollen wir nicht nur unsere führende Marktstellung in Westeuropa weiter ausbauen, sondern auch in neuen Märkten wie den ehemaligen Staatshandelsländern oder China eine hervorragende Stellung einehmen. IKZ-HAUSTECHNIK: Vielen Dank für das Gespräch. |
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