IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 16/1996, Seite 84 ff.
Kernlochbohrgeräte
Dipl.-Ing. Sergio Gaertner
Diamant-Bohrgeräte mit elektrischem Antrieb gewinnen in der Heizungs- und Sanitärinstallation immer mehr an Bedeutung. Baustoffe wie Beton, Asphalt und Natursteine differieren jedoch in ihren Eigenschaften so sehr, daß die Werkzeuge den jeweiligen Gegebenheiten angepaßt werden müssen. Der Autor beschreibt zum einen Grundsätzliches zur Herstellung und Arbeitsweise der Bohrkronen und zum anderen gibt er Hinweise zur Handhabung der Kernlochbohrgeräte.
Allgemeines
In den 50er Jahren gelang es erstmals, Diamanten künstlich herzustellen. Durch aufwendige Forschungs- und Entwicklungsarbeiten ist es im Laufe der Zeit Herstellern gelungen, Diamanten in verschiedenen Sorten und Größen herzustellen. Da Baustoffe wie z.B. Beton, Asphalt und Naturstein in ihren physikalischen Eigenschaften sehr stark differieren, müssen die Werkzeuge den jeweiligen Gegebenheiten angepaßt werden. Durch die Wahl der Bindungswerkstoffe im Segment, die Art der Herstellung und die Diamantkorn-Konzentrationen kann Einfluß auf die Werkzeugeigenschaften ausgeübt werden.
Bild 1: Freilegung des Diamanten bei Bearbeitung des Materials...... Die Bindung wird nach und nach abgetragen, der Diamant verschleißt...... bis er schließlich bricht. |
Dies hat bei einem Werkzeug in einer bestimmten Schneidanwendung eine lange Standzeit und eine hohe Produktivität zur Folge. Der Diamant wird bei hoher Temperatur in einer Metallbindung (Kupfer, Nickel, Kobalt etc.) eingesintert*). Das Ergebnis ist das eigentliche Schneidwerkzeug - ein imprägniertes Segment. In diesem Segment ist der Diamant im Zusammenspiel mit der Bindung (Matrix) dafür verantwortlich, daß zu bearbeitende Material zu zerspanen. Hierbei ist es erforderlich, daß der Diamant nicht zu schnell bricht oder aus der Bindung fällt. Eine nicht ausreichende Lebensdauer des Werkzeuges wäre die Folge; es würde nur die Metallbindung auf dem zu bearbeitenden Material schleifen und die Leistungsaufnahme des Antriebsmotors steigern. Aber ein kontrolliertes Ausbrechen des Diamanten ist erforderlich, damit sich neue Diamanten aus der Bindung herausarbeiten, um somit am Schneidprozeß teilzunehmen (Bild 1).
Bild 2: Ein Diamant-Bohrsystem im Einsatz. |
Eine hohe Schlagfestigkeit und Berechenbarkeit eines Diamanten ist ebenso wichtig wie ein nicht so fester Diamant, da er ja sonst keine scharfen Schneidkanten entwickelt, folglich flachpoliert und das Werkzeug nicht mehr schneidet wie gewünscht. So gehören zu den hohen Ansprüchen, die an einen Diamanten gestellt werden, die Beständigkeit gegen Hitze und Abrieb. Die richtige Zusammensetzung aus dem Diamanttyp, der Diamantmenge, -größe und der Metallbindung für den jeweiligen Anwendungsfall zu entwickeln, ist die Kunst eines guten Werkzeugherstellers. Nur dann kann eine maßgeschneiderte Diamantbohrkrone (oder ein Diamantsägeblatt) schnell schneiden und eine hohe Werkzeugstandzeit mitbringen.
Dies bedeutet aber auch, daß ein für eine spezielle Aufgabe entwickeltes gutes Werkzeug in einem anderen Fall versagen kann. Deshalb gibt es Diamantbohrkronen
- für Stahlbeton mit normalen, harten bis sehr harten Zuschlagstoffen,
- für Stahlbeton mit normalen, hohen bis sehr hohen Bewehrungsanteilen,
- für Mauerwerk, Asphalt, Sandstein und ähnlich abrasiven Materialien,
- für harten Naturstein wie Granit,
- für Trockenschnittbohrer usw.
Die Anbieter von Diamantbohrkronen sind somit in der Lage, auf die Bedürfnisse der Kunden einzugehen.
Eine andere Art von Bohrkronen sind die Sandwich-Segmente. Die Außenwände haben eine härtere Zusammensetzung als der Innenteil. Dadurch kann das Segment bis auf wenige Zehntel mm abgenutzt werden, bei gleichzeitig besserem Freischnitt und erhöhter Standzeit.
Folgende Faktoren wirken sich auf das Verhalten und die Lebensdauer eines Segmentes aus: Angaben über die schon erwähnten Zuschlagstoffe: Sind sie grob, hart oder weich, abrasiv oder nicht? Wie alt ist der Beton? Welcher Sand wurde verwendet? Wieviel Armierung ist vorhanden? Wie hoch ist die Maschinenleistung?
Anwendung
Das Bohren mit einer Diamantbohrkrone ist bis zu 20 mal schneller als der Einsatz von konventionellem Werkzeug. Neben Schlagworten wie "schnell - sauber - exakt" gibt es noch verschiedene andere Faktoren, die den Einsatz von Kernbohrgeräten favorisieren:
- Zeitersparnis (dadurch entstehen Wettbewerbsvorteile),
- präzise Arbeit (keine Nachbesserung),
- erschütterungsarmes Bohren (schonen von angrenzenden Baustrukturen),
- trennen von Beton und Armierung mit einem Werkzeug.
Das Kernbohren ist heute die zweithäufigste Anwendungsform der Diamant-Trenntechnik. Neben den gebräuchlichen Bohrungen für die Heizungs- und Sanitärinstallation (Bild 2) werden Tiefen- und Probebohrungen sowie Perforationsbohrungen zur Herstellung von großflächigen Durchbrüchen oder Abbau von Betonteilen ausgeführt. Diamantbohrkronen werden ab 10 mm Durchmesser hergestellt (Bild 3), wobei ein Durchmesser von 1500 mm sicherlich zu den kundenspezifischen Sonderanfertigungen gezählt wird. Der Hauptanteil der Diamantbohrkronen liegt im Durchmesserbereich von etwa 40 und 100 mm, wobei eine Tendenz zu größeren Durchmessern sichtbar wird. Die Länge von Diamantbohrkronen liegt normalerweise zwischen 300 mm und 500 mm. Überlängen als Sonderanfertigung - auch größer 2000 mm - sind möglich.
Bild 3: Diamantbohrkronen unterschiedlicher Durchmesser und Längen. |
Das Kernbohrgerät
Unterschiedliche Einsatzbereiche und Ansprüche an Bohrgeräte lassen zahlreiche Kombinationsmöglichkeiten, abhängig von der Größe der Bohrdurchmesser und Umgebung des Arbeitsplatzes, zu. Elektrische Kernbohrmaschinen werden bis zu einem Durchmesser von 400 mm eingesetzt (Bild 4). Kernbohrungen über 400 mm Durchmesser werden mit hydraulischen Bohrantrieben ausgeführt. Bei entsprechendem Gerät sind Kernbohrungen auch über 1000 mm Durchmesser möglich. Die am häufigsten eingesetzten Kernbohrmaschinen sind Wechselstrommotore mit zwei bis vier Gängen und einer integrierten Rutschkupplung. Sie verhindert bei plötzlichem Blockieren des Werkzeugs eine Überlastung und somit eine Beschädigung des Getriebes. Kernbohrmaschinen mit Anlaufstrombegrenzer und Motorschutzschalter bietet einen optimalen Schutz vor anwendungsbedingten Überlastungen.
Ein entscheidendes Kriterium zur Herstellung von Kernbohrungen ist der Bohrständer. Einfache Handhabung, hohe Stabilität und ein geringes Gewicht sind maßgebende Kriterien beim Erwerb eines Bohrgeräts. Beispielsweise lassen sich durch Modulbauweise einzelne Komponenten zu einem kundenspezifischen Bohrgerät zusammenstellen. Die wesentlichen Komponenten sind der Schlitten, die Führungssäule und die Fußkonstruktion.
Bild 4: Diamantkernlochbohrgeräte unterschiedlicher Größen. |
Je nach Typ ist im Schlitten ein Vorschubgetriebe integriert. Er erleichtert das Bohren großer Durchmesser. Das Handkreuz kann wahlweise rechts oder links der Vorschubantriebswelle aufgesteckt werden. Befestigt wird die Kernbohrmaschine mittels Montageplatte oder Maschinenschnellkupplung. Die Gleitbleche am Schlitten sind einstellbar und ermöglichen eine spielfreie Führung.
Die Führungssäule dient zum Vorschub des Schlittens. Je nach Einsatz und Umgebung wird das Führungsrohr aus speziellen Materialien hergestellt, z.B. aus einer Aluminiumlegierung mit Hartchrombeschichtung oder aus nichtrostendem Chrom-Nickelstahl. Die Führungssäule läßt sich - je nach Hersteller - in der Fußkonstruktion schwenken und ermöglicht somit auch Schrägbohrungen.
Als Fußkonstruktionen wird standardmäßig ein Dübelfuß zur Befestigung mit Schlag- oder Schwerlastanker eingesetzt. Weitere Befestigungsmöglichkeiten sind der Einsatz von Saugplatten in Verbindung von Vakuumpumpen oder das Verspannen des Bohrgeräts zwischen Boden und Decke.
Zubehör sowie Sonderlösungen von Kernbohrgeräten werden den unterschiedlichen Anforderungen der Kunden gerecht.
*) sintern: unter starker Hitze verfestigen
B i l d er : Deudiam, Hoevelhof
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