IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 16/1996, Seite 65 ff.
KLIMATECHNIK
Generationenwechsel bei Lüftungs- und Klimazentralen
Integrierte Funktionen, digital geregelt
Peter Göhringer
Die Entwicklung energieeinsparender Lüftungs- und Klimazentralen machte in den letzten Jahren beachtliche Fortschritte. Aus den gewöhnlichen Kastengeräten, deren Fabrikate sich nur in Details unterschieden, wurden raffinierte Energieeinsparer par excellence. Ihre Merkmale sind regelbare Wärmerückgewinner, freilaufende Ventilatoren, digitale Regelungen und Frequenzumformer. Komplett vormontiert, werden die Geräte oft als geschlossene Traglast eingebracht und ohne zeitraubende Einregulierung in Betrieb genommen.
Äußerlich sind die konstruktiven Veränderungen kaum wahrnehmbar. Erst beim Betrachten der "inneren Organe" wird der Wandel sichtbar, bei den Ventilatoren und Wärmetauschern, bei der Regelung und den Serviceeinrichtungen. Beispielsweise werden die bis dato üblichen Gehäuseventilatoren immer häufiger durch freilaufende Räder ersetzt, bei denen das einseitig saugende Laufrad fliegend auf der Welle des Direktantriebes gelagert ist (Bild 1). Das einengende Spiralgehäuse wird durch eine Einströmdüse ersetzt, und der ganze Ventilatorwürfel der Lüftungszentrale dient als Druckkammer. Somit strömt die Luft turbulenzarm ein und relativ langsam weiter zu den nachgeschalteten Komponenten. Allein durch diese Eigenschaft lassen sich bis zu 20% Antriebsenergie einsparen. Darauf weisen die Anbieter solcher "Freiläufer wie Gebhardt, DLK, Hansa, Punker, Ziehl-Abegg und andere Ventilatorenbauer, hin.
Bild 1: Freilaufende Ventilatorräder mit Direktantrieb ersetzen vermehrt die radialen Gehäuseventilatoren mit Riementrieb. (Bild: DLK Ventilatoren GmbH) |
Die erwähnte Einströmdüse hat Bohrungen für die Druckmessung und gibt über Meßdosen ihre Signale an eine DDC-Regelung bzw. den Frequenzumformer für die stufenlose Drehzahlregelung weiter. Durch den Direktantrieb entfällt auch der Keilriemen und dessen Antrieb. Dadurch kann in vielen Anwendungsfällen eine zusätzliche Filterstufe auf der Druckseite entfallen. Laut Hersteller ist auch der Geräuschpegel niedriger und die Geräte werden kürzer (Bild 2). Auf den jüngsten SHK-Ausstellungen zeigte eine Reihe von Herstellfirmen solche Konstruktionen: Alko, Happel, Howatherm, Klimatec, Menerga, Nova, Robatherm und weitere.
Bild 2: Ventilatormodul einer Klimazentrale mit freilaufendem Zuluft- (unten) und Fortluftventilator (oben). (Bild: Menerga Apparatebau GmbH) |
Digitale Drehzahlregelung und Frequenzumformung machen ferner die Auslegung und Inbetriebnahme der Geräte einfacher, da sich fortan jeder gewünschte Betriebspunkt auf der Anlagenkennlinie fahren läßt. Korrekturen sind jederzeit möglich - beispielsweise, wenn sich während der Anlagen-Ausführung die Druckverhältnisse im System ändern, also die Anlagenkennlinie einen anderen Verlauf erhält. Automatisch sorgt jetzt das Gerät für den notwendigen Druckausgleich.
Steuerung per Geruchssensor
Nunmehr kann das Zuluftvolumen bzw. der Umluftanteil auch per Geruchssensor oder CO2-Fühler vorgegeben und exakt eingehalten werden, in hygienischer Hinsicht ein wichtiger Vorteil. Das Display am Regler zeigt dann den jeweiligen Soll- und Istwert in m3/h. CO2 wird zunehmend als Kenngröße für die Beurteilung des Raumklimas herangezogen. Etliche Regelungsfirmen wie Dräger, Johnson und Staefa Control haben zwischenzeitlich spezielle Sensoren und Regler entwickelt, die den CO2-abhängigen Betrieb von Lüftungs- und Klimaanlagen möglich machen (Bild 3). Via Schnittstellen können die Systeme auf ein Bus-System aufgeschaltet und so an das Gebäudemanagement angeschlossen werden.
Bild 3: CO2-Fühler überwachen kontinuierlich die Raumluft und machen so die CO2-abhängige Anlagensteuerung möglich. (Bild: Drägerwerk AG) |
Die Einsparmöglichkeiten sind mit dem neuen Ventilator- und Regelungskonzept längst nicht ausgeschöpft; sie lassen sich durch ideenreiche Kühlverfahren fortsetzen. So soll unter mitteleuropäischen Klimabedingungen das adiabatische Verfahren ausreichen, um bis zu 80% aller Kühlbedarfsfälle FCKW-frei - also ohne mechanische Kälteanlage - zu decken, beispielsweise in Supermärkten, Bürogebäuden, Versammlungsräumen. Das adiabatische Verfahren macht sich die Verdunstungskühlung zunutze: In den Luftstrom wird Wasser eingedüst, das verdampft und der Luft einen Teil ihres Wärmeinhaltes entzieht. Das Sprühwasser wird freilich nicht in den Zuluftkanal eingedüst - die Raumluft soll ja nicht befeuchtet, nur gekühlt werden - sondern in den Fortluftkanal. Die Fortluft kühlt sich ab und überträgt die "Kälte" in einem Plattenwärmetauscher an die Zuluft (Bild 4).
Bild 4: Strömungsverlauf einer Klimazentrale mit adiabatischer Kühlung. (Bild: Menerga Apparatebau GmbH) |
Ein Zahlenbeispiel: Durch Befeuchtung der Fortluft sinkt deren Temperatur auf 18°C und kühlt die Zuluft im Wärmetauscher auf 23°C ab. Das ist für Büroinsassen und Theaterbesucher ein komfortabler Wert, wenn das Außenthermometer über 30°C anzeigt.
Regelbare Wärmerückgewinnung
Sowohl Plattenwärmetauscher für die Verdunstungskühlung als auch gewöhnliche Kreuzstrom-Wärmerückgewinner, wie sie fast in jeder Klimazentrale anzutreffen sind, werden mitunter aus Polypropylen (PP) gefertigt, und zwar homogen aus einem Stück. Dieser Werkstoff ist chemisch weitgehend resistent, eine willkommene Eigenschaft für den Einsatz solcher Zentralgeräte in Labor- und Industrieklimaanlagen sowie im Schwimmbadbereich. PP ist außerdem nicht anlösbar, folglich auch nicht klebbar. Das hat den Vorteil, daß keine Schmutzpartikel und Bakterien in den Strömungskanälen haften bleiben, daß die Oberflächen folglich weniger verkrusten noch verkalken, was hauptsächlich bei der adiabatischen Sprühkühlung von Bedeutung ist. Nach Untersuchungen der Fachhochschule Dortmund (Prof. Ney) sind Temperaturwirkungsgrade von 0,75 bei solchen Doppelplattenwärmetauschern keine Seltenheit. Die hohen Wirkungsgrade bleiben überdies langfristig konstant, weil die Kanäle nicht zur Verschmutzung neigen. Durch Bypassklappen sind die neuen Wärmerückgewinner stufenlos regelbar. Das erlaubt die Raumtemperaturregelung sowie die freie Nachtkühlung des Gebäudes.
Ist nun für bestimmte Anwendungsfälle, beispielsweise aufgrund hoher interner Wärmelasten, eine relativ niedrige Zulufttemperatur notwendig, wird die Verdunstungskühlung durch ein mechanisches Kältemodul ersetzt. Das Modul besteht aus einer fortluftgekühlten Kältemaschine mit Direktverdampfer. Die Kombination von indirekter adiabatischer Kühlung und Direktverdampfung ist für den Bauherrn deutlich preiswerter in der Anschaffung als ein Kaltwassersatz mit Verrohrung, Wärmedämmung, Kühlturm und Schalttafel.
Bild 5: Einbringen einer betriebsfertigen Klimazentrale mit frontglatter Verkleidung und integrierter Schalttafel. (Bild: Menerga Apparatebau GmbH) |
Aus einem Bausteinprogramm kann nun der Planer flexibel eine anwendergerechte Lüftungs- oder Klimazentrale zusammenstellen. Das Gerät kommt oft als betriebsfertige Einheit auf die Baustelle - werkseitig verrohrt, verkabelt und probegelaufen (Bild 5). Dieses Modulkonzept erleichtert erheblich die Planung, Ausführung und auch die Übergabe, ohne das übliche Gerangel unter den verschiedenen Gewerken.
Servicefreundliche Details
Auch an unauffälligen Details läßt sich der Generationenwechsel in der Gerätetechnik ablesen. Zum Beispiel sind bei einigen Fabrikaten die Außenluftjalousien beheizt. Hierfür sind elektrische Heizstäbe oder Heizkabel in die Hohlprofile der Klappen integriert. Die aufwendigere Alternative ist die Rückführung einer geringen Zuluftmenge über einen Bypasskanal im Boden des Zentralgerätes. Diese Maßnahmen gewährleisten die sichere Klappenfunktion bei Frost und reduzieren die Vereisungsgefahr am nachgeschalteten Wärmetauscher.
Ein weiteres Beispiel für eine einfache, aber nützliche Detaillösung sind Wärmetauscher mit stirnseitigen Rohranschlüssen. Hier werden die Rohrauszüge nicht mehr seitlich aus dem Gerät herausgeführt sondern an der Frontseite. Der Vorteil: Die Verrohrung samt Pumpe, Absperr- und Sicherheitsorganen verbreitert nicht mehr unnötig das Gerät. Der Servicetechniker kann jetzt mühelos die Seitenverkleidungen abnehmen und muß nicht zuvor ganze Rohrstränge demontieren. Oft bilden zwei parallel installierte Geräte eine schmale Gasse und die sollte für Servicearbeiten auch zugänglich bleiben. Die neue Rohrführung macht es möglich.
Einige Fabrikate haben ferner Meßbohrungen an allen servicerelevanten Stellen: vor und nach den Filtern und Wärmetauschern, an den Luftein- und Luftaustrittsstellen, in den Einlaufdüsen der Ventilatoren. Je nach Bedarf werden alle oder nur einzelne Meßanschlüsse pneumatisch angefahren; die Schläuche münden in einen Pneumatik-Meßblock im Schaltschrank. Dort kann der Servicetechniker die Differenzdrücke angreifen und die Istzustände erfassen, beispielsweise um den Verschmutzungsgrad eines Wärmetauschers festzustellen. In naher Zukunft ist ferner damit zu rechnen, daß Zentralgeräte mit integrierter Busleitung und einer Schnittstelle für die Gebäudeautomation auf den Markt kommen.
Die Summe dieser Eigenschaften macht moderne Klimazentralen zu ausgesprochenen Hightech-Produkten, die den Anforderungen des rationellen Anlagenbaues entsprechen und dem Bauherrn langfristig eine wirtschaftliche Lösung gewährleisten. Durch die werkseitige Vorfertigung rücken Qualitäts- und Funktionsgarantien der Anlage zunehmend in den Verantwortungsbereich des Herstellers.
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