IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 12/1996, Seite 88 ff.


INTERVIEW


FIGAWA

Seit 70 Jahren stehen Technik und Wissenschaft im Mittelpunkt

Die Bundesvereinigung der Firmen im Gas- und Wasserfach e.V. (FIGAWA), die erste Gründung der Vereinigung der Fabrikanten im Gas- und Wasserfach e.V. (FAGAWA) mit Sitz in Dessau datiert vom 10.12.1926, sieht ihre Hauptaufgabe darin, Technik und Wissenschaft im Gas- und Wasserfach zu fördern. Dazu gehört ein umfangreiches Aufgabenspektrum u.a. die Sammlung und Verwertung der technischen Erkenntnisse der Wissenschaft und die Erfahrung der Praxis, wie auch die Anregung und Förderung von technischen und technisch-wissenschaftlichen Arbeiten im Gas- und Wasserfach und die Zusammenarbeit mit fachverwandten deutschen und ausländischen Organisationen sowie die Mitwirkung bei der Aufstellung einschlägiger Normen und Regelwerke. Die FIGAWA engagiert sich auch beim DVGW Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e.V. und unterstützt ihn bei der Erarbeitung und Verbreitung des DVGW-Regelwerkes und bei der Durchführung des DVGW-Prüfwesens. Darüber hinaus besteht eine enge Zusammenarbeit mit der Industrie und dem Handwerk, den Behörden und verschiedenen Institutionen und Organisationen. In einem Gespräch mit Dr.-Ing. Friedrich Tillmann, Geschäftsführer der FIGAWA, erhielt IKZ-HAUSTECHNIK-Redakteur Helmut Gülde-Hötte weitere Informationen dazu.

IKZ-HAUSTECHNIK: Herr Dr. Tillmann, die FIGAWA wurde bereits im Jahre 1926 gegründet, seinerzeit allerdings noch unter dem Namen FAGAWA. Wer waren die Gründungsmitglieder und welche Zielsetzung stand seinerzeit im Vordergrund?

Dr.-Ing. Friedrich Tillmann

Dr. Tillmann: Die Gründung erfolgte auf Initiative von Herrn Professor Dr.-Ing. E.h. Dr.-Ing. Hugo Junkers, der seinen Direktionsassistenten, Herrn Dr.-Ing. E.h. Spaleck, mit den Verwaltungsarbeiten betraute. Zu den Gründern gehört auch Herr Dipl.-Ing. Johannes Körting, später Ordinarius an der Technischen Hochschule Karlsruhe.

Zielsetzung war die Verfolgung der gemeinsamen Interessen der Mitgliedsunternehmen, zunächst im Fachbereich Gastechnik.

IKZ-HAUSTECHNIK: Sie nennen die wissenschaftliche Absicherung der Gasverwendung in der Haustechnik als wichtigste Triebfeder für die FIGAWA-Gründung. Können Sie uns an Hand einiger Highlights aus den vergangenen 70 Jahren aufzeigen, wie diese Zielvorgaben in die Praxis umgesetzt wurden?

Dr. Tillmann: Der Verein hatte zunächst den Zweck, Technik und Wissenschaft im Gas- und später auch im Wasserfach zu fördern. Zu seinen Aufgaben gehören insbesondere:

  1. die Sammlung und Verwertung der technischen Erkenntnisse der Wissenschaft und der Erfahrungen der Praxis,
  2. die Mitwirkung bei der technischen Verbesserung der erforderlichen Einrichtungen und Betriebsmittel für die Erzeugung und Gewinnung, für die Aufbereitung, den Transport, die Verteilung und Verwendung von Gas und Wasser,
  3. die Mitwirkung bei der technischen Verbesserung der erforderlichen Einrichtungen und Betriebsmittel für die Reinigung und den Transport von Abwasser und zur Behandlung von Schlämmen,
  4. die Anregung und Förderung von technischen und technisch-wissenschaftlichen Arbeiten im Gas- und Wasserfach,
  5. die Zusammenarbeit mit fachverwandten deutschen und ausländischen Organisationen sowie die Mitwirkung bei der Aufstellung einschlägiger Normen und Regelwerke.

Der Verein unterstützt den DVGW Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e.V. - Technisch-wissenschaftliche Vereinigung - bei der Erarbeitung und Verbreitung des DVGW-Regelwerkes und bei der Durchführung des DVGW-Prüfwesens.

Der Verein hat sich vor dem Zweiten Weltkrieg bewährt in der Umsetzung des Energieträgers Gas zum Vorteil der Versorgung der Bürgerinnen und Bürger im Deutschen Reich und nach dem Kriege aufgrund von kräftigen Impulsen aus der Erdgaswirtschaft.

IKZ-HAUSTECHNIK: Der effektive Einsatz von gasbetriebenen Heizsystemen bedingt das Miteinander verschiedenster Disziplinen, beginnend beim Kesselhersteller über die Hersteller von Meß- und Prüfeinrichtungen bis hin zu den Produzenten der Abgasleitungen. Übernimmt die FIGAWA hier Koordinationsaufgaben, beispielsweise im Bereich von Normen, Verordnungen usw.?

Dr. Tillmann: Die FIGAWA übernimmt Koordinierungsaufgaben im Bereich von Normen für DIN und CEN sowie ISO, sie berät den Bundesminister für Wirtschaft und die Fachkommission Bauaufsicht der Deutschen Bundesländer in Verbindung mit dem Deutschen Institut für Bautechnik, Berlin.

IKZ-HAUSTECHNIK: Sie sprechen die Aktivitäten der FIGAWA bei der aktuellen europäischen Normungsarbeit an. Häufig hört man den Vorwurf, daß sich die deutschen Mitglieder der CEN-Ausschüsse nicht im erforderlichen bzw. erhofften Umfang durchsetzen. Können Sie derartige Aussagen bestätigen oder halten Sie sie, aufgrund Ihrer Erfahrung für überzogen?

Dr. Tillmann: Bezüglich der CEN-Arbeit und der Umsetzung darf ich differenziert wie folgt antworten:

Die technische Kompetenz der deutschen Ingenieure ist unbestritten. Problematisch ist, daß kaum einer von den befähigten Ingenieuren und Fachleuten außer der englischen Sprache eine europäische Fremdsprache beherrscht. Dies hat insbesondere Nachteile in Verhandlungen mit französischen und spanischen Kollegen. Merkwürdigerweise sprechen Fachleute aus Frankreich und Spanien häufiger Deutsch, oder anders ausgedrückt, sie werden oft ausgewählt, weil sie unsere Sprache und Englisch beherrschen. Ganz interessant ist, daß aus den Staaten des ehemaligen Warschauer Paktes fast alle maßgebliche Ingenieurinnen und Ingenieure Deutsch sprechen. Dies ist ein Vorteil, der nicht zu unterschätzen ist. Insgesamt bin ich der Meinung, daß Deutschland als größte Nation innerhalb der Europäischen Gemeinschaft angemessen vertreten ist, was Technik und Wissenschaft angeht. Organisatorisch sind die Staatsbetriebe, beispielsweise in Frankreich über Gaz de France und im Vereinigten Königreich über die alte British Gas, etwas wirkungsvoller vertreten, weil sich in Deutschland bei sechshundert Gasversorgungsunternehmen und über tausend industriellen Firmen eine Aufsplitterung ergibt, die für das Vaterland insgesamt nicht nur von Vorteil ist.

Mitgliedsfirmen des Arbeitskreises Abgasführung

Ahrens Schornsteintechnik GmbH, Hamburg
Handtmann Leichtmetallgießerei Annaberg GmbH, Annaberg-Buchholz
interActive Frischluft- und Abgassysteme GmbH, Neuss
KAGO Hausschornsteinbau GmbH & Co., Postbauer-Heng
Kutzner + Weber GmbH, Maisach
LDW Metallverarbeitung GmbH, Lilienthal
Live Vertriebsgesellschaft mbH, Simmern
Muelink & Grol Deutschland GmbH, NL-Groningen
ONTOP GmbH, Wiehl
PLEWA-Werke GmbH, Speicher
Joseph Raab GmbH & Cie. KG, Neuwied
Schiedel GmbH & Co., Dachau
Schott-Rohrglas GmbH, Bayreuth
Seibel + Reitz GmbH & Co. KG, Biedenkopf-Breitenstein
SELKIRK Schornsteintechnik GmbH, Waldbröl
Skoberne GmbH, Seeheim-Jungenheim
TONA Tonwerke Schmitz GmbH, Mechernich-Antweiler
Wienerberger Ziegelindustrie GmbH & Co., Hannover
WITZENMANN GmbH, Pforzheim

IKZ-HAUSTECHNIK: Die Abstimmung der verschiedenen Interessensgruppen innerhalb der FIGAWA muß sich letztendlich auch auf die Arbeit des Heizungsbauers auswirken. Wie unterstützen Sie diese Berufsgruppe, sei es direkt oder indirekt?

Dr. Tillmann: Die FIGAWA hat insbesondere über den Technischen Ausschuß "Gas-Spezialheizkessel und Brennwertgeräte" und den Arbeitskreis "Abgasführung" unmittelbar Kontakt mit den Heizungsbauern" direkt und über deren Organisationen, die mitgetragen werden vom Bundesverband der deutschen Gas- und Wasserwirtschaft, vom Deutschen Verein des Gas- und Wasserfachs, vom Bundesinnungsverband des Schornsteinfegerhandwerks und vom Zentralverband Sanitär, Heizung, Klima.

IKZ-HAUSTECHNIK: Getragen wird die Vereinigung vor allem durch die Arbeit der Fachausschüsse bzw. Arbeitskreise. Besonders aktiv ist z.Z. der Arbeitskreis Abgasführung, den namhafte Unternehmen (s. Kasten) angehören. Da der Heizungsbauer zwangsläufig auch mit diesem Thema befaßt ist oder zumindest von ihm tangiert wird, wäre es sicher interessant, die Tätigkeit dieser "Spezialisten" einmal etwas näher erläutert zu bekommen.

Dr. Tillmann: Hier gibt es eine Reihe von Broschüren, die in 100000er Auflage erstellt wurden und die der Arbeitskreis "Abgasführung" unter Vorsitz von Dipl.-Ing. Erwin Postenrieder sowie mit maßgeblicher Betreuung in der Geschäftsführung, Dr. rer. nat. Norbert Burger, vorantrieben. Diese Dokumentationen sind über die Ruhrgas AG und den BGW weiträumig vertrieben worden.

IKZ-HAUSTECHNIK: Für die leitenden Funktionen der FIGAWA haben sich sehr oft maßgebliche Persönlichkeiten der Heizungs-Industrie zur Verfügung gestellt. Seit 1995 ist beispielsweise Karl-Ernst Vaillant der Vorsitzende der Bundesvereinigung. Wie ist dieses überdurchschnittliche Engagement zu erklären?

Dr. Tillmann: In der Tat ist Herr Senator E.h. Dipl.-Ing. Karl-Ernst Vaillant MBA seit 1995 der Präsident der Bundesvereinigung. Er hat sich zuvor als langjähriger Vizepräsident der Organisation gründlich auf diese unsere höchste Position vorbereitet. Ich teile Ihre Meinung, daß sein Engagement überdurchschnittlich ist, aber dazu sollten Sie ihn am besten persönlich sprechen. Wir in der Geschäftsführung jedenfalls freuen uns, daß er trotz seiner starken Inanspruchnahme durch seine Unternehmensgruppe und einer Reihe wichtiger anderer Ehrenämter sein Wissen und Können für uns zur Verfügung stellt.

IKZ-HAUSTECHNIK: Als Geschäftsführer der Bundesvereinigung der Firmen im Gas- und Wasserfach e.V. vertreten Sie die Interessen des Energieträgers Gas. Wie sehen Sie die mittel- und langfristigen Perspektiven dieses Brennstoffes?

Dr. Tillmann: Die Perspektiven des umweltfreundlichen fossilen Brennstoffträgers Erdgas schätze ich mittel- und langfristig als außerordentlich positiv ein.

In der haustechnischen Anwendung steht Erdgas seit elf Jahren bei Neuanschlüssen auf Platz 1 und dies, obgleich längst nicht in jeder Straße schon eine Erdgasleitung vorhanden ist. Die Umweltfreundlichkeit des Energieträgers im Vergleich beispielsweise zu Steinkohle, Braunkohle und Mineralöl ist unbestritten. Die Versorgungssicherheit ist langfristig garantiert. In der Gasdarbietung sind finanzstarke und technisch kompetente Unternehmen seit vielen Jahrzehnten erfolgreich bemüht, die Erdgasbasis zu verbessern und dies in Verbindung mit über elfhundert Industrieunternehmen in allen Teilen des wiedervereinigten Vaterlandes. Deutschland wird im Herzen von Europa zu einem Erdgasmarkt ersten Ranges. Die Marktführerin, die Ruhrgas AG, ist derzeit schon das weltgrößte Handelshaus auf dem Sektor Erdgas. Die vielen regionalen und kommunalen Versorgungsunternehmen schreiben in aller Regel schwarze Zahlen, und die Aktionäre, aber auch die Landschaftsverbände und Städte, haben Freude an den Unternehmen im Dienste einer sicheren, umweltfreundlichen Versorgung der Bürgerinnen und Bürger mit der Naturenergie. Insgesamt sind also die Aussichten günstig zu beurteilen.

IKZ-HAUSTECHNIK: Vielen Dank Herr Dr. Tillmann für dieses Gespräch.


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