IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 10/1996, Seite 3
EDITORIAL
Neue Wege zu mehr ArbeitsplätzenBundesarbeitsminister |
Die große Herausforderung unserer Zeit heißt Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Vier Millionen Menschen ohne Beschäftigung dürfen keinen kalt lassen, der Verantwortung in unserer Gesellschaft trägt. Arbeit schaffen ist das zentrale Ziel - sowohl im Interesse der Arbeitslosen als auch der langfristigen Sicherung des Sozialstaates.
Darum ist das "Bündnis für Arbeit" so wichtig. Im Gespräch beim Bundeskanzler haben Politik, Arbeitgeber und Gewerkschaften das Ziel formuliert: die Halbierung der Arbeitslosigkeit bis zum Jahr 2000. Das ist auch machbar, denn zwischen 1982 und 1990 wurden schon einmal drei Millionen Arbeitsplätze geschaffen.
Wir wollen die Produktions-, Investitions- und Beschäftigungsbedingungen am Standort Deutschland verbessern und die Wachstumskräfte stärken. Dazu hat die Bundesregierung ein 50 Punkte umfassendes "Aktionsprogramm für Investitionen und Arbeitsplätze" vorgelegt. Wir brauchen einen Gründerboom junger und bessere Entfaltungsmöglichkeiten für bestehende Unternehmen.
Selbstverständlich muß auch die Sozialpolitik ihren Beitrag leisten. Seit dem Regierungswechsel 1982 arbeiten wir konsequent am Umbau unseres Sozialstaates. Die dabei allein in der Renten- und Arbeitslosenversicherung erreichten Einsparungen belaufen sich in diesem Jahr auf rund 70 Milliarden DM.
Diesen Weg gehen wir zum Beispiel mit dem Gesetz zur Förderung der Altersteilzeit weiter. Bisher hat vor allem die Großindustrie immer mehr ältere Arbeitnehmer über Frühverrentungen aus den Betrieben gedrängt. Das geschah weitgehend zu Lasten der Sozialversicherung. Wir sorgen nun dafür, daß die Älteren im Betrieb bleiben können, wenn auch mit einer kürzeren Arbeitszeit. Zugleich werden Jüngere eingestellt.
Nicht nur für die Älteren ist eine neue Beschäftigungskreativität erforderlich. Hätten wir zum Beispiel den gleichen Anteil an Teilzeitarbeitsplätzen wie die Niederlande, könnten zusätzlich zwei Millionen Menschen Beschäftigung finden. Zur Flexibilisierung der Betriebszeiten schlug der IG-Metall-Vorsitzende Zwickel ein neues Instrument der Arbeitszeitkonten vor, das Saison- und Auftragsschwankungen ausgleichen könnte. Ich halte das für einen der intelligentesten tarifpolitischen Vorschläge in den letzten Jahren.
Wir müssen auch neue Tätigkeitsfelder erschließen. Chancen sehe ich vor allem in Zukunftsbereichen wie in der Pflege, im privaten Haushalt, in der Freizeit- und Tourismusbranche, der Bio- und Gentechnologie sowie der Umwelt-, Energie- und Informationstechnik. Neue Beschäftigungsfelder erfordern auch neue Ausbildungsberufe, denn viele Betriebe bilden heute gar nicht (mehr) aus, weil Lehrberufe für die bei ihnen ausgeübten Tätigkeiten fehlen.
Die Bemühungen für mehr Beschäftigung werden aber unterlaufen, wenn Lohndumping Arbeitsplätze gefährdet. lm Baubereich setzen wir deshalb gegen die unfaire Billigkonkurrenz aus dem Ausland das Arbeitnehmer-Entsendegesetz. Es schreibt ausländischen Bauarbeitgebern vor, für ihre nach Deutschland entsandten Arbeitnehmer allgemeinverbindliche Tarifvertrags-Regelungen einzuhalten.
Die Bundesregierung hat in den vergangenen Monaten entscheidende Schritte für mehr Beschäftigung eingeleitet. Doch staatliche Maßnahmen allein können wenig bewirken. Eine um ein Prozent geringere Lohnsteigerung zum Beispiel entlastet die Wirtschaft um 18 Milliarden DM. Selbst die massivste Sparpolitik des Staates kann deshalb eine verantwortungsvolle Lohnpolitik der Tarifpartner nicht ersetzen.
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