IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 9/1996, Seite 92 ff.
Individuell angepaßt, optimal arbeiten
Sie stehen vor der Entscheidung, eine EDV in Ihrem Betrieb einzuführen oder wollen das bisherige Computersystem auf den aktuellen Stand bringen. Neue Programme sollen die Arbeit in Ihrem Organisations- und Planungsablauf erleichtern und beschleunigen oder vorhandene Hardware soll ersetzt werden. Der EDV-Markt ist im Umbruch. Bedieneroberflächen, Betriebssysteme, Datenbanken, Kommunikation und Netzwerkstrategien sind in der Diskussion. Was bedeutet das für ein Handwerksunternehmen? Wie muß der Handwerker in der Zukunft für seinen Betrieb planen.
Wer sich heute in die EDV-Welt einkauft, steht vor ganz anderen Problemen als noch vor einigen Jahren. Schon die Wahl des Betriebssystems wirft einige Fragen auf, steht doch im PC-Bereich nicht mehr nur das DOS-System zur Verfügung. Branchenlösungen lassen nicht mehr auf den ersten Blick erkennen, welche Software nun eigentlich mehr kann als die andere.
Immer mehr Betriebe setzen nicht nur Branchenlösungen ein, sondern nutzen die EDV auch für technische Programme, die die Planung eines Unternehmens erleichtern und beschleunigen. So ist nicht jedes System gleichermaßen für jeden Betrieb geeignet. Das war es auch in der vergangenen Zeit nie, nur hat der Einsteiger kaum gewußt, wonach er sich in seiner Auswahl richten soll.
Früher hat man sich umgehört was andere haben. Es wurden Prospekte gesammelt, viele Vorführungen von vielen Anbietern besucht und Anregungen bis zur Erschöpfung in sich aufgenommen und dann, aus welchen Gründen auch immer, Entscheidungen getroffen. Das Ergebnis: Mit der Einführung der Software wurden die ersten Probleme deutlich. Vieles funktionierte nicht wie in der Vorführung oder war umständlich und die Betreuung ließ zum Leidwesen des Einsteigers oft zu wünschen übrig. Und wenn es ganz dick kam, wurde die Software nicht mehr gepflegt. Keine Besonderheiten in der Vergangenheit, liest man in dem Tagebuch der Software-Entwicklung einmal nach.
Die Vorbereitung heute
Eine systematische Auswahl ist schon einmal die halbe Arbeit in die Einführung. Es lohnt sich in allen Fällen die zukünftige EDV-Lösung vorzudenken, bevor man sich auf die Suche macht.
Die in Ihrem Betrieb anfallenden Arbeiten sind Ihnen bekannt. Hier ist es an der Zeit, eine Auflistung darüber vorzunehmen. Erstellen Sie sich ein Drehbuch für die Einführung Ihrer neuen EDV-Lösung, eine Sammlung also, in der Sie alle Ideen und Musteraufgaben, die mit Ihrem System gelöst werden sollen, aufgeführt sind. Wenn Ihnen nicht gleich alles einfällt, können Sie in einem weiteren Arbeitsgang immer noch nachtragen. Größere Betriebe sollten diese Aufgabe nicht nur einem einzelnen Mitarbeiter anvertrauen, sondern alle zukünftigen Mitarbeiter eines EDV-Arbeitsplatzes daran beteiligen. So kommt schneller eine vollständige Liste zustande.
In der Planungsphase sind Änderungen bekanntlich einfacher und kostengünstiger einzubringen, als im nachhinein. Bei der Planung sollten Sie bedenken, das nicht die Werbebotschaften der Anbieter Ihre Entscheidungskriterien beeinflussen sollten, sondern nur die Bedürfnisse Ihres Betriebes in dem Vordergrund stehen, also die der Menschen, die in Zukunft mit solch einem System arbeiten müssen. Die neue EDV muß deren Tagesarbeit unterstützen und kreativen Freiraum schaffen.
Ihre Planungsarbeit läßt sich wesentlich vereinfachen, greifen Sie auf Planungsunterlagen, wie zum Beispiel Vorlagen zum Pflichtenheft, die Ihnen Ihr Verband in der Regel zur Verfügung stellt, zurück. Ihr Betrieb hat viele individuelle Merkmale, die zunächst nur Ihnen als Planer bekannt sind. So universell die heutige Handwerker- oder Branchensoftware auch scheinen mag, es gibt die Unterschiede, die Ihren individuellen Ansprüchen entgegenkommen. Zumal heute oft nicht nur eine einzige Software als Unternehmenslösung eingesetzt wird. Lassen Sie sich nicht sofort von einer Software begeistern. Lernen Sie erst einmal einige Programme kennen, das schärft den Blick für Details. Euphorie schadet Ihrem Vorhaben mehr als sie nutzt.
Strukturelle Gedanken
Noch befinden wir uns in der Vorplanung in Ihrem Betrieb. Sicher steht die Frage nach der Software immer an erster Stelle und trotzdem sollten Sie sich zunächst die Überlegung gönnen, wie viele Mitarbeiter in das EDV-System integriert werden müssen. Danach läßt sich die Antwort finden, wie viele Arbeitsplätze eingerichtet werden sollen und ob ein Einzelplatz ausreicht, ob ein Netzwerk angeschafft werden muß, oder gar eine oder mehrere Filialen und Außenstellen in das System eingebunden werden sollen.
Der nächste Schritt in der Planung ist dann die Software. Wird sich die EDV auf die Bearbeitung der klassischen Büroarbeiten beschränken oder sollen technische Programme wie beispielsweise eine CAD-Lösung und CNC gesteuerte Maschinen oder Berechnungsprogramme über das System laufen?
Auswahl der Software
Zunächst sollte jeder Einsteiger nicht seine Software über den Preis suchen, sondern vor allen Betrachtungen den Nutzen stellen. Eine Software, die nicht "Ihren" Zweck erfüllt, ist immer zu teuer, egal was sie gekostet hat. Nur Systeme, die auch wirklich das gleiche leisten sind tatsächlich vergleichbar. Das bezieht sich nicht nur auf die Software selbst, sondern auf die gesamte Leistung eines Softwarehauses.
Das Softwarehaus ist ein Bestandteil des Systems. Jeder Kernbereich, wie Rechnungswesen, Kalkulation usw. sollte aus einem Hause kommen. Damit haben Sie die Gewährleistung, daß sich die Programme verstehen, also durchgängig sind. Außerdem ergeben sich so keine Schnittstellenprobleme. Eine neue Baustelle, die einmal angelegt wird, ist für Lohn, Finanzbuchhaltung und Kostenrechnung verfügbar.
Das Angebot an Softwarelösungen ist jedoch sehr breit. Viele Bereiche werden mit branchenneutraler Standardsoftware abgedeckt. Lowkost-Lösungen, die in jedem Computermarkt oder im Kaufhaus über den Ladentisch verkauft werden, haben zwar den Vorzug eines niedrigen Preises, lassen aber in den meisten Fällen eine ernstzunehmende Betreuung vermissen und Schulungen werden nicht angeboten. Man steht also mit der Software in der Regel im Regen, wenn es einmal zu Problemen kommt.
Des weiteren unterscheidet man zwischen Handwerkersoftware und Branchenlösungen. Die Handwerkersoftware ist eine Standardsoftware, die mit jeweils branchenspezifischen Merkmalen ausgerüstet ist, dagegen wird die Branchensoftware speziell für eine bestimmte Branche unter den besonderen Anforderungen und auch von einem Menschen aus dem Fach entwickelt.
Nicht immer ist die teuerste Lösung gleichbedeutend auch die beste, ebenso kann eine Lowkost-Anwendung gut brauchbar sein. Es kommt eben auf die Ansprüche an. In einigen Fällen, vor allen Dingen bei Kleinbetrieben mit einem Einzelplatz, ist es sogar unter Umständen empfehlenswert, mit einer solchen Software einzusteigen. In Anbetracht des geringen Preises kann der Einsteiger nichts falsch machen und es fällt leichter, mit schnell erlangten Vorkenntnissen eine Entscheidung zu treffen, wenn es später um die Einführung eines teuren Programmes geht.
Prioritäten setzen
Betriebe, die darauf angewiesen sind, von der Einführung an, mit einer kostenintensiven Software starten zu müssen, sollten entsprechende Prioritäten setzen. Bedenkt man, daß ein Unternehmen mit einer EDV-Lösung eine Ehe auf lange Jahre eingehen will, so muß gut geprüft werden, was sich ewig bindet.
Nicht immer ist ein EDV-Spezialist im Hause verfügbar. Ohne eine qualifizierte Beratung sollte aber eine solche Planung nicht ablaufen. Lassen Sie sich also helfen. Dafür gibt es mehrere Möglichkeiten. Empfehlenswert ist zunächst die Unterstützung durch ein Unternehmen, welches die gleiche Software einsetzt, die Sie anstreben. Das Softwarehaus muß Ihnen dazu die entsprechenden Referenzen liefern.
Lassen Sie sich die Software nur unter vier Augen vorführen. Ist ein Mitarbeiter des Softwarehauses dabei, wird der Anwender nicht die Nachteile und die Mißerfolge nennen, die er mit dem Programm erfahren hat. Unterstützung in der Beratung kann man auch kaufen. Auf der einen Seite bieten einige Verbände eine solche Beratung zu meist relativ geringen Kosten an oder aber, man greift tiefer in die Tasche und wendet sich direkt an eine spezielle Beratungsfirma. Gemessen an den Kosten eines falsch konzipierten Systems und der mitunter verheerenden Folgen sind die eines Beraters nur gering.
Die Nähe zu dem Softwarehaus ist immer noch eine der wichtigsten Prioritäten in der Auswahl der Anwendung von einer Betriebs-Datenverarbeitung. War früher die direkte und unmittelbare Nähe zu der Beratung dringend notwendig, so hat sich durch die Datenfernübertragung doch einiges geändert. Sicher wirkt es beruhigend, wenn der Berater gleich um die Ecke sitzt, aber notwendig ist es nicht mehr unbedingt.
Die Softwarehäuser geben dem Anwender heute die Möglichkeit eines Online-Service, das bedeutet, daß sich der Berater über ein Modem oder ISDN direkt in Ihr System einloggen kann und schnell erkennt, wo der Fehler liegt.
Probleme die von der Software selbst ausgehen, sind zum Glück sehr selten geworden. Die meisten Fehler werden durch das falsche Bedienen des Anwenders verursacht, und diese lassen sich oft schnell durch ein Telefongespräch klären. Auch hier sollte sich der Einsteiger, für welche Software er sich auch immer entscheidet, genau über die Qualität der Serviceleistung eines Softwarehauses informieren.
Schulung ist nicht gleich Schulung
Ohne Schulung läuft die beste Software nicht, vor allen Dingen nicht bei einer umfassenden Unternehmens-EDV. Personen, die noch nie an einem Computer gesessen haben, sollten in entspannter Atmosphäre ihren ersten Kontakt mit ihrem neuen Arbeitskollegen aufnehmen.
Dem einen fällt es dabei leichter als dem anderen. Doch zeigt es sich, wenn hierzu ausreichend Zeit gegeben wird, daß auch der Ängstlichste bald Zutrauen zu der neuen Technologie gewinnt. Soll der Mitarbeiter mit Freude an seine neue Aufgabe herangehen und somit also auch effektiv arbeiten, so ist eine EDV-Basiskenntnis unumgänglich. Angeboten werden Grundlehrgänge zum Beispiel von Volkshochschulen oder Lehrinstituten, aber auch Verbände bieten mitunter solche Kurse an. Hier kann sich Ihr EDV-Mitarbeiter auch an der Standardsoftware wie Textverarbeitung, Tabellenkalkulation usw. im Handling mit der Software trainieren.
Die Branchensoftware wird in aller Regel durch den Softwareanbieter oder ein spezielles Schulungsunternehmen vermittelt. Lassen Sie sich von allen Anbietern die kompletten Schulungsprogramme vorlegen.
Ein immer wiederkehrendes Thema ist die Art der Schulung. Für eine Hausschulung spricht, daß an betrieblich konkreten Beispielen trainiert werden kann, auf der anderen Seite besteht aber die Gefahr, daß der Lernablauf durch den Betrieb erheblich gestört werden kann. Deshalb sollte der Grundsatz lauten: "Heraus aus dem Büroalltag."
Firmenschulungen können auch geschlossen in den Trainingszentren der Anbieter durchgeführt werden. Das gewährleistet die Homogenität der Gruppe und beinhaltet eine einheitliche und individuelle Abarbeitung der Betriebsaufgaben.
Offene Seminare dagegen, in denen Menschen aus unterschiedlichen Firmen zusammenkommen, bieten dem Teilnehmer die Gelegenheit zu zusätzlichen informellen Gesprächen, die am Mittagstisch oder abends in entspannter Atmosphäre geführt werden. Ein meist unterschätzter Vorteil, der eine Reihe von Ideenbefruchtungen mit sich bringt. Die Seminare müssen unter der Berücksichtigung der Vorkenntnisse der Teilnehmer zusammengestellt werden.
Nach jeder Schulung benötigt der Mitarbeiter zunächst ausreichend Zeit, um das Gelernte umzusetzen. Die sicherste Methode, daß die Schulung keinen Erfolg hat, ist ein unmittelbar anschließender dreiwöchiger Urlaub.
Was heißt System?
Unter einem EDV-System versteht man alle ineinanderfließenden Komponenten, von der Hardware bis zur Software. Das Zusammenpassen dieser Komponenten nennt man Kompatibilität.
Es ist in vielen Fällen, aber nicht immer, ratsam, Hard- und Software aus einer Hand zu kaufen. Die Software ist dann gleich auf dem Rechner installiert und der Softwarelieferant hat keine Ausreden, wenn etwas nicht richtig läuft. Wählt man den Weg des getrennten Kaufs, sollte man die Hardware auf jeden Fall zuerst erstehen und die Software darauf installieren lassen. Im Hardwarebereich gibt es kaum Probleme in der Anpassung der Geräte untereinander, zumindest dann nicht, wenn es sich um Markenprodukte handelt. An den Rechnern sind in der Regel ausreichende Schnittstellen zur Peripherie (Tastatur, Maus, Drucker, Scanner) vorhanden.
Anders sieht es bei der Software aus, wenn es sich um unterschiedliche Entwickler von Programmen handelt. Hier ist die Frage nach entsprechenden Schnittstellen unbedingt zu beachten. Als erste Software wird in den meisten Fällen die klassische Bürolösung, wie Kalkulation und Finanzbuchhaltung angeschafft.
Eine spätere Verknüpfung mit technischen Programmen, wie beispielsweise mit CAD-Berechnungsprogrammen ist nicht selbstverständlich, vor allen Dingen dann nicht, wenn man noch nicht weiß, welche Programme man einmal einsetzen will. Die Frage nach Schnittstellen ist wichtig, weil man aus diesen Programmen Mengendaten an die Kalkulation übergeben muß. Wollen Sie ein optimalen Datentransfer, muß die Software über eine offene Datenbank verfügen. Erst mit einer solchen Datenbank sind Sie auch Herr über Ihre Daten, ohne abhängig zu sein von der Software auf der sie erzeugt wurden.
Eine weitere Forderung ist die Schnittstelle zu den sogenannten Office-Programmen, also Tabellenkalkulation (Exel, Lotus, usw.) und Textverarbeitungssoftware mit denen Sie Ihre Betriebsergebnisse auch grafisch darstellen können.
Fazit
Bei allen Betrachtungen, einschließlich der Berücksichtigung des Preis-Leistungsverhältnisses, muß die EDV-Lösung zu den Menschen passen, die damit arbeiten. Dieser Punkt sollte für Sie immer oberstes Kriterium sein und darf nie aus den Augen verloren werden.
Mit einem einmal errichteten EDV-System ist das Thema nicht beendet. Die EDV ist in einer ständigen Entwicklung, es ist leichtsinnig und gefährlich, nicht immer daran zu denken, denn auch die Entwicklung Ihres Betriebes bleibt nie stehen.
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