IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 9/1996, Seite 67 ff.
FORSCHUNG
Physikalische Wasserbehandlung
Mit einem Wasserdurchflußgerät durchgeführte vergleichende Nachfolgeuntersuchungen von Wasserproben ohne und mit physikalischer Wasserbehandlung
Professor Heinz H. Baumann
Unter Wasseraufbereitung versteht man in der Wasserversorgung sämtliche Verfahren durch die die Beschaffenheit des Wassers dem jeweiligen Verwendungszweck angepaßt werden kann. Die marktgängigen chemischen und physikalischen Verfahren zur Wasserenthärtung werden als bekannt vorausgesetzt.
Die Vorteile beider Techniken sind in der Literatur eingehend beschrieben. Wir befassen uns ausschließlich mit der physikalischen Wasserenthärtung, bei der die eingesetzte Elektronik bzw. Magnetfelder das u.a. im Wasser enthaltene Calciumhydrogenkarbonat positiv verändern. Die freiwerdenden Ionen und sonstige im Wasser vorkommenden Substanzen bilden Kristallisationskerne, die eine Anlagerung an den Rohrwänden verhindern, mit dem in Fluß befindlichen Wasser ausgespült werden und sich im eingetrockneten Zustand z.B. auf Armaturen und Kacheln leicht mechanisch entfernen lassen.
Bild 1: Aufbau der Meßapparatur. |
Schlüsselfunktion
"Die Kristallbildung ist der Schlüssel zur physikalischen Wasserbehandlung im allgemeinen und zur elektrostatischen im besonderen. Das wird heute auch grundsätzlich nicht mehr bestritten" wie R. Wögerbauer in einem Interview (1) erklärt. Er ist der Auffassung, daß die Kristallkeimbildung eine Schlüsselfunktion bei der physikalischen Wasserbehandlung hat und mit Hilfe des Olbrischen Spezialmikroskops bewiesen werden könne, daß es neben der homogenen Kristallkeimbildung im Wasser auch noch zur Zusammenlagerung dieser Kristallkeime zur Konglomeration komme, wodurch verhindert würde, daß die Kristallite zu großen Kristallen heranwachsen und dann Verkrustungen bilden. K. Olbrich und R. Wögerbauer befassen sich mit neueren Erkenntnissen der physikalischen Wasserbehandlung mittels eines Hochleistungs-Lichtmikroskops (2). Diese Arbeit enthält ein Literaturverzeichnis (siehe auch R. Wögerbauer (3).
Wögerbauer sieht die Frage wieso das elektrostatische Feld zur homogenen Kristallkeimbildung führt "bis heute nicht restlos aufgeklärt". Vielleicht sollte man der Tatsache nachgehen, daß das Calcit (Kalkspat) das bei weitem formenreichste Mineral überhaupt ist und als Kristalle in mehreren hundert Formen in mehr als 1000 Kombinationen auftritt.
Auf den Bildern 2 - 10 sind unterschiedliche Kristallformen erkennbar, teilweise mit verschiedenen miteinander verwachsener Kristalle.
Bild 2: |
Das "Warum" ist für Wögerbauer "zwar eine wissenschaftlich sehr interessante, aber eher eine physikalisch-philosophische Frage als für die Funktion der Geräte entscheidend".
H. Sauter (GGPW) (4) fordert dagegen eine Qualitätsüberwachung von Wasserbehandlungsgeräten im Kurztest, verbunden mit Ergebnissen von Praxiseinsätzen.
Auch seien Installateure und industrielle Interessenten gut beraten, die Angebote einer fast unüberschaubar gewordenen Zahl von Geräteanbietern auf Garantie- und Gewährleistungsaussagen gründlich zu überprüfen.
Es ist nun einmal so, daß in der Werbung großzügig verfahren wird, Verkäufer sind keine Wahrheitsfanatiker, manchmal nicht einmal Fachleute. Dem Käufer obliegt die freie Auswahl auf dem Markt und er trifft für sich, nach genauer Information, seine eigene Kaufentscheidung.
Versuchsreihe
Bei der Untersuchung verschiedener Geräte zur physikalischen Wasserbehandlung zeigte sich, daß manche die an sie gestellten Ansprüche nicht erfüllen. Aus der Spitzenklasse der Geräte wurden vier auf ihre Leistungsfähigkeit hin untersucht. Aus Wettbewerbsgründen werden keine Handelsnamen verwendet, lediglich Buchstaben.
Bild 3: |
Eine von Olbrich entwickelte Meßapparatur, die mit einem relativ einfachen Versuchsaufbau die Erfassung wichtiger Parameter unterschiedlichster Wasserproben gestattet, zeigt die Möglichkeit auf, daß es sehr wohl möglich ist, wie Sauter fordert (4), sowohl im Kurztest, als auch durch gewonnene Ergebnisse aus der Praxis miteinander zu vergleichen und auszuwerten.
Die Meßapparatur (Bild 1) besteht aus:
1. Wasservorratsbehälter
2. Wasserpumpe
3. 2-Stufen-Filter von 80 und 25 µm
4. Physikalisches Wasseraufbereitungsgerät
5. Wasserfilter ca. 80 µm
6. Druckmanometer
7. Flowmeter
8. Überlauf
9. Wasserprobenentnahme nach physikalischer Behandlung
10. Durch Abkopplung des Schlauches vom physikalischen Prüfgerät, zur Probenentnahme von unbehandeltem Wasser.
Bild 4: |
Funktion der Meßapparatur
Für die Untersuchung werden ca. 20 l unbehandeltes Wasser benötigt.
Davon werden zunächst drei Liter unbehandeltes Wasser in den Wasservorratsbehälter Nr. 1 eingefüllt. Nach Öffnen des Verschlußventils und Einschalten der Pumpe Nr. 2, durchläuft das Wasser den 2-Stufen-Filter Nr. 3. Nach Abkoppeln des Schlauches Nr. 10 vom physikalischen Wasseraufbereitungsgerät in einen Auffangbehälter für die weiteren Untersuchungen (unbehandeltes, gefiltertes Wasser).
Bild 5: |
Nachdem der Schlauch Nr. 10 wieder an das physikalische Wasserbehandlungsgerät Nr. 4 angeschlossen ist, wird der Behälter Nr. 1 mit ca. acht Liter Wasser befüllt, das Verschlußventil geöffnet und die Wasserpumpe Nr. 2 eingeschaltet. Das Wasser durchläuft den 2-Stufen-Filter Nr. 3, das physikalische Wasserbehandlungsgerät Nr. 4 über den Wasserfilter Nr. 5, Nr. 6 Druckmanometer über das Flowmeter (Wassermenge Durchflußmeßgerät) Nr. 7 zum Auslauf Nr. 8.
Sobald die Wassermenge den Wasservorratsbehälter Nr. 1 durchlaufen hat, wird die Wasserpumpe Nr. 2 abgeschaltet, der Wasserdurchlauf am Auslauf des physikalischen Wasserbehandlungsgerätes verschlossen. Die Wasserprobenentnahme erfolgt durch Öffnung des Kugelhahns Nr. 9 in einen Auffangbehälter.
Bild 6: |
Probenahme
Die Proben werden nach der Vorprüfung auf dem Prüfstand in je sechs Reagenzgläser abgefüllt und mit einem Gummistopfen verschlossen. Die Einfüllhöhe ist etwa 1 cm unter der Unterkante des Gummistopfens. Diese werden in einem Wasserbad von RT. auf 76°C innerhalb einer Stunde erhitzt. Dann wird diese Temperatur von 76°C drei Stunden über eine Schaltuhr weitergehalten, abgeschaltet und in dem Vorratsbehälter abgekühlt. Anschließend werden die Proben aus dem Wasserbad entnommen. Die Kristalle in den Wasserproben der Reagenzgläser werden nach ca. 12 bis 24 Stunden (im Wasser) mikroskopisch analysiert und durch Fotos bzw. Videoaufnahmen dokumentiert.
Bild 7: |
Nach weiteren fünf Tagen werden von den Rückstellmustern aus den PE-Flaschen neue Reagenzgläser von behandeltem und unbehandeltem Wasser aufgefüllt, wie vorher thermisch belastet und mikroskopisch untersucht.
Je nach Bedarf läuft ein weiterer Versuch parallel. Von den restlichen Wasserproben, die nicht in Reagenzgläsern, sondern in Polyäthylenbehälter abgefüllt wurden, wird auf einem großen Objektträger (Grundfläche von etwa 30 x 40 mm) 1 ml der Wasserprobe, sowohl von dem unbehandelten als auch behandeltem Wasser, mit einer Pipette flächig aufgetragen.
Bild 8: |
Die Probe wird in einem difinierten Abstand über einem Bunsenbrenner mit Schutzgitter bei ca. 240°C (Auftrefftemperatur auf die Unterseite des Objektträgers) in etwa drei bis vier Minuten verdunstet. Diese verdunsteten Proben werden ebenfalls mikroskopisch untersucht und durch Fotos oder Videos dokumentiert.
Die Untersuchungen zeigen auf, daß bei einwandfrei funktionierenden Geräten in Gegenüberstellung von behandeltem zu unbehandeltem Wasser deutliche Veränderungen der Kristallformen im Wasser sichtbar und dokumentiert werden können.
Tabelle 1: Gesamtübersicht Geräte A - D
Wasserproben | Bild 2 | Bild 3 | Bild 4 | Bild 5 | Bild 6 | Bild 7 | Bild 8 | Bild 9 | Bild 10 |
26 - 33 | + | / | - | - | / | / | + | ||
17 - 24 | - | / | + | - | / | / | - | ||
9 - 16 | - | / | - | - | / | / | - | ||
3 - 7 | - | - | + | / | / | - | |||
Rekristallisation in Tagen | |||||||||
5 - 6 | + | / | + | / | / | / | + | ||
3 - 4 | / | + | + | / | / | ||||
* Beurteilung der Rekristallisationszeit, wenn die Kristallformen von behandeltem Wasser sich mehr als 50% verkleinert haben. |
Ergebnisse
Alle Versuche zeigten, daß das positive Ergebnis etwa 3 bis 7 Tage anhält und dann wieder gegen "Null" geht und die sich gebildeten Kristalle bzw. Kristallformen bis zu 50% auflösen, sich also rekristallisieren. Praktisch verläuft die Rekristallisation etwas schneller. Je nach Wasserdruck, Durchflußgeschwindigkeit, Rohrabzweigungen usw. kann sie sich um etwa ein bis zwei Tage verkürzen. Dann entsprechen die Kristallkeime bzw. Kristalle im Wasser etwa der Struktur und Größe des unbehandelten Wassers, und die Wirkung einer physikalischen Wasseraufbereitung ist nicht mehr gegeben.
Die Wirkung der Wasseraufbereitungsgeräte ist um so größer, wenn sich die Kristallformen gegenüber dem unbehandelten Wasser derselben Qualität, deutlich verändert haben. Es kommt nicht allein auf die Größe der Kristalle an, sondern auch wie sich die Kristallkeime zu Agglomeraten verdichten. Agglomerate sind Anhäufungen loser Partikel ohne feste Bindung der Kristallkeime aneinander, Konglomerate dagegen Zusammenballungen mit einer festen Bindung.
Bild 9: |
Die nachfolgenden Bilder 2 bis 10 zeigen die Ergebnisse von Untersuchungen mit unterschiedlichen physikalischen Wasseraufbereitungsgeräten, mit Wasserproben aus verschiedenen Regionen und mit Härtegraden von etwa 4 bis 33, zum Teil mit hohem Gipsgehalt, die durch ihre Eigenschaften die Kristallkeimbildung positiv beeinflussen (siehe Tabelle 1).
Bei großen Kristallen wählt man eine schwächere Vergrößerung als bei kleinerer Kristallbildung. Es ist immer sinnvoll eine Vergrößerung anzustreben, mit der man nicht nur das einzelne Detail, sondern auch die Gesamtübersicht erkennt, die weitere Schlüsse zulassen.
Bild 10: |
Die Geräte A und D zeigten in der Prüfung die größte Wirksamkeit bei der physikalischen Wasserbehandlung. Sie erbrachten ihre Leistung bei Gesamtwasserhärten von 4 bis 33. Das Gerät B wirkte bis zu einer Gesamthärte von max. 24 und das Gerät C bis zu einer solchen von 7.
In der Tabelle sind die maximal sinnvollen Grenzen durch ein (+) gekennzeichnet. Darüberliegende Minuszeichen bedeuten, daß die Wirksamkeit der physikalischen Aufbereitungsanlagen erheblich abnimmt, wie auch bei einem erhöhten Gipsanteil im Wasser.
L i t e r a t u r :
[1] N.N.: Wirtschaftsjournal für Sanitär und Heizung Nr. 11 (1995) Seite 54. Elektrostatische Wasserbehandlung. "Das ,Wie’ scheint geklärt, das ,Warum’ noch nicht".
[2] K. Olbrich und R. Wögerbauer: Haustechnische Rundschau 4/93 "Und sie funktioniert doch". (Mit Literaturangaben).
[3] R. Wögerbauer: Sanitär-Heizung- und Klimatechnik, sbz (1993) "Elektrostatische Wasserbehandlung".
[4] H. Sauter: BVPW Ausgabe 1994, Seite 26 - 27. "Pionierjahre der physikalischen Wasserbehandlung".
B i l d e r :
und Versuchsergebnisse, Institut für Interdisziplinäre Grundlagenforschung, Kurt Olbrich, 64756 Mossautal, Hardtstraße 11.
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