IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 8/1996, Seite 21 f.
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Brandenburg/Berlin/Mecklenburg-Vorpommern
Drei-Ländertreffen des Klempnerhandwerks
Wenn drei eine gemeinsame Veranstaltung planen und organisieren, können zwei zu viel sein. Nicht aber bei der 1. Klempnertagung der Fachverbände Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und der Innung Berlin in Netzeband bei Neuruppin. Etwa 90 Innungsmitglieder nahmen an der Gemeinschaftsveranstaltung am 14. März teil, um sich über Verlegepraxis, Werkvertragsrecht, die neue Wärmeschutzverordnung und das Berufsbild des Klempners zu informieren.
Zunächst jedoch begrüßte jeweils ein Vertreter der drei Veranstalter die Zuhörer. Wilfried Frohberg vom Fachverband Brandenburg eröffnete mit einer düsteren Prognose: "1995 war schon ein schwieriges Jahr für uns, aber 1996 wird noch schwieriger." Denn wenn sich Konzerne einer Schlankheitskur unterzögen, bleibe dies nicht ohne Wirkung für das Klempnerhandwerk. Kleine und mittlere Betriebe seien in ihrer Gesamtheit der Motor der Wirtschaft. Die Marktchancen seien vorhanden, man müsse sie nur erkennen und anpacken.
Hubert Minter, Obermeister der Innung SHK Berlin, ging in seiner Eröffnungsansprache auf den Preiskampf im Baunebengewerbe ein. Zum Teil werde die Konkurrenz durch solch niedrige Preise ausgeschaltet, daß auf Dauer ein solcher Betrieb nicht bestehen könne. Minter ermahnte: "Es kann nicht Sinn der Sache sein, Ihrem Bauherrn eine Leistung zu bringen, bei der Sie auf der Strecke bleiben."
Hans Müller vom Fachverband Mecklenburg-Vorpommern rief, wie auch seine beiden Vorredner, auf, die gegenwärtigen Marktchancen zu nutzen und die Attraktivität des Klempnerhandwerks zu steigern.
Die Herren Behning und Weilguni referierten zum Thema "Verlegepraxis in der Klempnertechnik und Einsatz von Trennlagen". Sie propagieren die Bedachung ohne Trennlage. Die Nachteile einer Trennlage, besonders bei flachgeneigten Dächern (3 bis 7°), überwiegen: Wasser kann sich auf der unteren Abdichtbahn sammeln und in direktem Kontakt zum Zinkblech treten. In solchen Fällen ist Lochkorrosion von unten möglich, weil an diese quasi luftdichte Stelle kein Kohlendioxid gelangt. Kohlendioxid aus der Luft ist jedoch zur Bildung des schützenden "basischen Zinkkarbonates" unerläßlich.
Harry Marschke, Betriebswirtschaftlicher Referent im FV Brandenburg, übernahm den Tagungsordnungspunkt "Werkvertragsrecht und Bauhandwerkersicherungsgesetz". In einer überaus lehrreichen Frage-Antwort-Diskussion mit dem Fachpublikum informierte er über vertragliche Rechte und Pflichten des Auftragnehmers:
Frage: Wann beginnt die Gewährleistung?
Antwort: Nach der Abnahme der Werkleistung durch den Auftraggeber.
Frage: Was fällt alles unter die Gewährleistungspflicht? Beispielsweise das Abdichten einer Brausearmatur, die zwei Monate nach Abnahme tropft?
Antwort: Gewährleistung muß der Handwerker für alle Mängel übernehmen, die zum Zeitpunkt der Abnahme bestanden haben. Tropfte die Armatur während der Abnahme, muß der Auftragnehmer sie auf seine Kosten reparieren. Tropfte sie nicht, kann er seine finanziellen Forderungen aus der Reparatur geltend machen.
Frage: Wann darf der Auftraggeber die Abnahme verweigern?
Antwort: Im VOB-Vertrag darf der Auftraggeber die Abnahme nur dann verweigern, wenn an der Leistung wesentliche Mängel bestehen. Ansonsten muß er die Leistung abnehmen, kann allerdings eine Mängelliste erstellen. Voraussetzung für die Abnahme im VOB-Vertrag ist dagegen die vollständige Mängelfreiheit des Werkes.
Frage: Welche drei wichtigen Merkmale bringt eine Abnahme mit sich?
Antwort: 1. Der Werklohn wird fällig. 2. Die Gewährleistungsfrist beginnt. 3. Die Beweislast wird umgekehrt; d.h. der Auftraggeber muß im Falle einer Gewährleistungsforderung beweisen, daß bereits zum Zeitpunkt der Abnahme der Mangel bestand. Und das ist schwierig, wenn keine Mängelliste existiert.
Frage: Wie kann der Auftragnehmer seine jetzigen und späteren finanziellen Forderungen absichern:
Antwort: Mit dem Bauhandwerker-Sicherungsgesetz nach ß 648a BGB.
Frage: Gilt ß 648a BGB bei jedem Auftraggeber?
Antwort: Nein. Gilt nicht für öffentliche Auftraggeber und für Auftraggeber selbstgenutzter Ein- und Zweifamilienhäuser.
Zum letzten Tagungsordnungspunkt, Berufsbild Klempner/Dachdecker und deren Überschneidungen, forderte Hans Müller zur Diskussion heraus. Wie ungleich die Waffen sind, mit denen sich Dachdecker und Klempner bekämpfen und versuchen, sich gegenseitig Marktanteile abzunehmen, erkenne man schon an dem Alter der Berufsbilder. So trägt das Berufsbild des Klempners das Datum August 1974, während das des Dachdeckers vor einigen Jahren überarbeitet und im September 1994 verabschiedet wurde. Es sei den Anforderungen der heutigen Zeit besser angepaßt, so daß der Dachdecker flexibler als der Klempner auf einen sich ändernden Markt reagieren und sich anpassen kann.
Ein weiterer wichtiger Punkt in der sich seit Jahren währenden Auseinandersetzung zwischen den beiden Berufsgruppen ist die Tatsache, daß sich das Berufsbild des Dachdeckers und das des Klempners ähneln. Einige Betätigungsfelder finden sich sowohl in dem einen wie auch in dem anderen Berufsbild, andere - und dies in einem sehr ungleichen Verhältnis - ausschließlich in nur einem: Nicht weniger als 18 Einzelarbeiten finden sich ausschließlich beim Dachdecker, während lediglich 6 Arbeiten, die sich nicht beim Dachdecker wiederfinden, der Klempner ausführen darf.
Geschäftsführer Müller richtete abschließend vier Appelle an die Diskutierenden:
1. Jeder Klempner sollte nach Möglichkeit die Gesamtheit seines Berufsbildes ausüben bzw. für sich erschließen.
2. Jeder Klempner sollte aktiv auf Planungs- und Architekturbüros zugehen, um das Berufsbild des Klempners sowie die Leistungspalette seines Unternehmens an der richtigen Stelle vermarkten.
3. Jeder Klempner sollte durch Nutzung der handwerksrechtlichen Möglichkeiten wie
- Ablegung der 2. Meisterprüfung oder
- eines Kenntnisnachweises nach ß 7a HwO im Dachdeckerhandwerk oder
- Einstellung eines Dachdeckermeisters das Arbeitsfeld "Dach" für sich erobern, um aus dem Schattendasein als "Subunternehmer des Dachdeckers" herauszutreten.
4. Eine qualitativ hochwertige Berufsausbildung unserer Lehrlinge ist Voraussetzung für die Zukunftssicherung unseres Klempnerhandwerks!
Müller weiter: "Aus diesem Grund sind alle Klempnerunternehmen, die eine qualitative Ausbildung in diesem Handwerk garantieren können, aufgefordert, durch Ausbildung aktiv für die Zukunftssicherung ihres Handwerks und ihres eigenen Unternehmens in Erscheinung zu treten. Ungenügend qualifizierte und motivierte Mitarbeiter sind wie in keinem anderen Unternehmen des SHK-Handwerks tödlich für die Existenz eines Unternehmens."
Da die Veranstaltung bei Organisatoren und Teilnehmern einhellig als voller Erfolg gewertet wurde, ist davon auszugehen, daß 1997 ein zweites Drei-Ländertreffen des Klempnerhandwerks stattfinden wird.
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