IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 7/1996, Seite 82 ff.


GAS


Gasinstallation

in Wohngebäuden

Prof. Dr.-Ing. Rudolf Rawe Teil 36

8. Abgasanlagen (Fortsetzung)

8.6 Luft-Abgas-Schornsteine

Luft-Abgas-Schornsteine führen den angeschlossenen Gasgeräten die erforderliche Verbrennungsluft zu und leiten gleichzeitig die Abgase ab. Sie sind für den Anschluß von Gasfeuerstätten mit geschlossener Verbrennungskammer bestimmt und machen Geräte, die in Wohnungen installiert sind, unabhängig von der Versorgung mit Raumluft. Dies ist bei der heute üblichen Verwendung von fugendichten Fenstern und Türen von Vorteil.

8.6.1 Entwicklung der Luft-Abgas-Schornsteine

Die Entwicklung der Luft-Abgas-Schornsteine begann Mitte der 50er Jahre in England. Sie wurde zum einen durch die wachsende Zahl von Hochhäusern ausgelöst. Gleichzeitig bevorzugten Wohnungsbaugesellschaften und Mieter wegen der exakten Abrechnung der Heizkosten immer häufiger die individuelle Wärmeversorgung mit der Zentralheizung für die Wohnung (Gasetagenheizung). Dies führte dazu, daß in vielen Wohnungen Gaswärmeerzeuger installiert wurden und entsprechend viele Schornsteinzüge eingebaut werden mußten.

Die Entwicklung der Luft-Abgas-Schornsteine zielte darauf ab, durch eine größere Belegung als bei herkömmlichen Schornsteinen eine Verringerung des Platzbedarfs und Kosteneinsparungen zu erreichen.

Verbundsystem

Am Anfang der Entwicklung stand das Verbundsystem (Bild 1a). Ein Schacht übernimmt die Frischluftzufuhr, der andere dient zur Abgasabführung. Die Schachtmündungen liegen über Dach in einer Zone gleichen Winddruckes, so daß der äußere Windeinfluß ausgeschaltet wird. Als Nachteil erwiesen sich die erheblichen Druckdifferenzen zwischen Lufteintritt und Abgasaustritt an den einzelnen Geräten. Sie nehmen mit steigender Schachthöhe ab und hängen davon ab, wieviel Geräte gerade in Betrieb sind.

Zwischen den Geräten können daher beträchtliche Unterschiede im Luftüberschuß - und damit im Wirkungsgrad - entstehen. Ferner besteht die Gefahr, daß durch das oberste Gerät Abgas in den Frischluftstrom eindringt.

Bild 1: Die ersten Entwicklungsstufen des Luft-Abgas-Schornsteins,
a) Verbundsystem,
b) U-Duct-System,
c) geschlossenes System mit unterer Belüftung
(SE-Duct).

U-Schornstein (U-Duct)

Die Probleme des Verbundsystems führten zunächst zur Entwicklung des U-Schornsteins (Bild 1b). In einem Schenkel wird Luft vom Dach des Gebäudes angesaugt und über die U-förmige Verbindung in den anderen Schenkel geleitet. Dieser führt den angeschlossenen Feuerstätten die erforderliche Verbrennungsluft zu und nimmt zugleich ihre Abgase auf. An den Abgas- und Verbrennungsluftanschlüssen der Geräte herrscht dabei immer, unabhängig vom Betriebszustand, der gleiche Druck.

Geschlossener Schornstein mit unterer Querbelüftung (SE-Duct)

In der letzten Entwicklungsstufe wurde der senkrechte Frischluftschacht des U-Schornsteins durch einen unteren horizontalen Luftkanal ersetzt (Bild 1c). Man verzichtet damit auf die Unabhängigkeit des Systems vom Winddruck; andererseits ist eine untere Belüftung preiswerter herzustellen als ein zweiter Schacht. Der geringere Druckverlust der Frischluftzuführung erhöht ferner die Förderleistung und damit die Belastbarkeit des Systems.

SE-Duct-Systeme (benannt nach der englischen Gasversorgungsgesellschaft South Eastern Gas Board) haben in der meist üblichen Ausführungsart die Form eines auf den Kopf gestellten T (Bild 1c). Sie saugen durch die am Fuß des Hauses gelegenen seitlichen Zuluftkanäle Verbrennungsluft an, die dann im Schornstein immer mehr mit Abgas angereichert wird.

Aus der Funktionsweise von U- und SE-Duct-Systemen ergibt sich, daß nur der untersten Feuerstätte reine Verbrennungsluft zugeführt wird. Alle darüber angeschlossenen Geräte entnehmen dem Schornstein mit Abgas vermischte Verbrennungsluft. Damit auch in der obersten Feuerstätte noch eine einwandfreie Verbrennung erzielt wird, müssen die an den Luft-Abgas-Schornstein angeschlossenen Geräte in einem großen Luftzahlbereich hygienisch einwandfrei arbeiten. Das ist mit zunehmenden Abgasverlusten und einer gewissen Wirkungsgradeinbuße verbunden. Außerdem sind entsprechend große Schachtquerschnitte erforderlich, um eine ausreichende Verdünnung der Abgase zu erzielen.

8.6.2. Der modifizierte Luft-Abgas-Schornstein (LAS)

Aufgrund dieser Eigenschaft fanden weder U-Duct- noch SE-Duct-Systeme in Deutschland große Verbreitung. Erst vor dem Hintergrund der Ölpreiskrisen und der daraus resultierenden Energiespargesetzgebung stieg das Interesse an solchen Lösungen. Die Wärmeschutzverordnung von 1976 stellte erstmals Mindestanforderungen an die Dichtheit von Fenstern in Neubauten, die von den Fensterherstellern schon bald erheblich übertroffen wurden.

Im Rahmen der Modernisierung wurden solche "fugendichten" Fenster auch in vielen bestehenden Gebäuden eingebaut. Damit war bei Gas-Feuerstätten, die in der Wohnung aufgestellt sind, die bis dahin übliche Verbrennungsluftversorgung über die Fensterfugen nicht mehr sichergestellt. Daher mußten neue Lösungen zur raumluftunabhängigen Luftversorgung der Feuerstätten gefunden werden.

Die Luft-Abgas-Schornsteine herkömmlicher Bauart stellen rein technisch betrachtet eine gute Lösung zur kombinierten Verbrennungsluftzuführung und Abgasabführung dar. Die wachsenden Anforderungen an moderne Wärmeerzeuger (hoher Gerätewirkungsrad, kompakte Bauweise, strenge Anforderungen an Hygiene und Brandsicherheit) machten jedoch in vieler Hinsicht ein verbessertes System wünschenswert.

Ausgehend von diesen Überlegungen begann die Ruhrgas AG im Jahre 1976 mit der Entwicklung eines modifizierten Luft-Abgas-Schornsteins (LAS), der die folgenden Eigenschaften aufweisen sollte:

Bild 2: Modifizierter Luft-Abgas-Schornstein (LAS) mit konzentrischer Anordnung von Luft- und Abgasschacht.

Um die Nachteile von U- und SE-Duct-Systemen zu vermeiden, wurden zwei getrennte Schächte für die Luftversorgung und die Abgasabführung verwendet (Bild 2). Die beim ursprünglichen Verbundsystem in England beobachteten schwankenden Druckdifferenzen zwischen Luft- und Abgasschacht wurden durch eine strömungstechnisch optimierte Ausbildung der Schornsteinmündung gedämpft. Außerdem standen inzwischen mit den ventilatorunterstützten Außenwandfeuerstätten druckunempfindliche Geräte zur Verfügung.

Bild 3: Prinzipskizze eines Luft-Abgas-Schornsteins mit konzentrischer Schachtanordnung.

8.6.2 Luft-Abgas-Schornsteine im Neubau

Bei LAS-Systemen für den Neubau sind Zuluftschacht und Schornstein in einem Bauteil integriert. Die Verbrennungsluft wird den Gasfeuerstätten von der Schornsteinmündung über Dach durch den Zuluftschacht zugeführt. Grundsätzlich kann man zwei verschiedene Ausführungsarten unterscheiden: Abgas- und Zuluftschacht liegen entweder nebeneinander (Bild 3) oder sind konzentrisch angeordnet (Bild 4). Bei der konzentrischen Anordnung wird die Verbrennungsluft den Gasgeräten durch den Raum zwischen Innenrohr und Außenmantel zugeführt, während durch das Innenrohr die Abgase abgeführt werden.

Bild 4: Prinzipskizze eines Luft-Abgas-Schornsteins mit paralleler Schachtanordnung.

Um zu verhindern, daß sich infolge der kalten Luftströmung im Verbrennungsluftschacht auf dessen Außenseite Feuchtigkeit niederschlägt, werden die Luft-Abgas-Schornsteine entweder bereits werkseitig wärmegedämmt oder nachträglich mit einer wärmedämmenden Ummantelung bzw. Ummauerung versehen.

Schornsteinmündung und Kopfausführung

Die Luftzufuhr von oben bietet folgende Vorteile:

Bild 5: LAS-Kopfausführung System Schiedel.

Überströmöffnung

Am Schornsteinfuß ist eine Verbindungsöffnung zwischen Luft- und Abgasschacht angebracht, durch die Frischluft in den Abgasschacht überströmt. Dies bewirkt eine Verdünnung der Abgase mit Luft, die die Taupunkttemperatur absenkt und die Kondenswasserbildung im Abgasschacht vermindert.

Bild 6: LAS-Kopfausführung System Plewa.

Zum anderen wird dadurch verhindert, daß bei unterschiedlicher Betriebsweise der angeschlossenen Geräte zu große Unterschiede im Auftrieb entstehen. Andernfalls könnte bei gleichzeitigem Betrieb mehrerer Geräte der hohe thermische Auftrieb der Abgase einen zu hohen Unterdruck verursachen, der zu einem wachsenden Luftüberschuß führt und dadurch den Gerätewirkungsgrad verschlechtert.

Gasgeräte

Für Luft-Abgas-Schornsteine werden serienmäßig raumluftunabhängige Geräte mit Ventilatorunterstützung, elektrischer Zündung und Ionisationsüberwachung angeboten. Es können Gas-Umlauf- und Kombiwasserheizer eingesetzt werden (auch als Gaswärmezentrum). Luft-Abgas-Schornsteine und Gasgeräte sind so aufeinander abgestimmt, daß durch den Geräteventilator kein Überdruck im Schornstein entstehen kann. Die Abgase werden also ausschließlich durch den thermischen Auftrieb abgeführt. Da die Verbrennungskammer gegenüber dem Aufstellraum abgeschlossen ist, werden die Verbrennungsgeräusche stark gedämmt und Schallübertragungen zwischen den Wohnungen über den Luft-Abgas-Schornstein vermieden.

Planungshinweise

Das LAS-System ist aufgrund seiner speziellen Eigenschaften wesentlich belastbarer als konventionelle Schornsteine. Durch die Verwendung von gebläseunterstützten Geräten ist eine wirksame Schornsteinhöhe von nur 2 m ausreichend, während bei herkömmlichen Schornsteinen die wirksame Schornsteinhöhe über der höchsten Feuerstätte mindestens 4 m betragen muß. Da außerdem die Überströmöffnung eine den jeweiligen Betriebszustand entsprechende Abgasverdünnung mit Luft bewirkt, können bis zu zehn Geräte angeschlossen werden, während konventionelle Schornsteine maximal dreifach belegt werden dürfen.

Bild 7: Querschnittsbemessung für LAS-System. (Bild Schiedel)

Pro Geschoß dürfen allerdings nur zwei Geräte an den Luft-Abgas-Schornstein angeschlossen werden. Die Leistung pro angeschlossenem Gerät kann - je nach Systemkonstellation - bis zu 24 kW betragen. Die maximale Gesamtanschlußleistung ist abhängig von der Gerätezahl, den Schornsteinquerschnitten und der wirksamen Schornsteinhöhe über der höchsten Feuerstätte.

Grundlage für die einwandfreie Funktion der angeschlossenen Gasgeräte ist die richtige Bemessung des Luft-Abgas-Schornsteins. Die Hersteller von LAS-Systemen stellen entsprechende Bemessungstabellen und Querschnittsdiagramme zur Verfügung (Bild 7).

Bild 8: Montage des Gerätes auf der Ummauerung des Luft-Abgas-Schornsteins. (Bild Simo)

Anschluß der Gasgeräte

Die Gerätehersteller liefern Spezialanschlußstücke, die die Luft- und Abgasführung der Geräte mit den entsprechenden Schächten des Luft-Abgas-Schornsteins verbindet. Werden pro Geschoß zwei Gasgeräte angeschlossen, so sind die Anschlüsse um mindestens 30 cm gegeneinander in der Höhe zu versetzen.

Bild 9: Montage an der Wand neben dem Luft-Abgas-Schornstein. (Bild Schiedel)

Bei den konzentrischen LAS-Systemen ist der Außenmantel kein abgasführendes Bauteil. Aus diesem Grund dürfen die Gasgeräte bei Aufputzinstallation direkt auf dem Schornstein befestigt werden, so daß eine Ummauerung nicht erforderlich ist. Ansonsten werden die Geräte auf der Schachtummauerung oder an der Wand neben den LAS montiert (Bilder 8 und 9). (Fortsetzung folgt)


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