IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 5/1996, Seite 148 ff.


FORSCHUNG UND ENTWICKLUNG


CKW-freie Produktion von Kupferrohren

Entwicklung umweltverträglicher Verfahren und Verfahrensstoffe für die Herstellung von gezogenen Kupferrohren

In einer Fachveranstaltung wurde Mitte Januar ein biologisch abbaubares Ziehmittel für die Herstellung von Trinkwasser- und Heizungsrohren aus Kupfer vorgestellt. Die Indus Oel Gesellschaft mbH entwickelte dieses Produkt mit Unterstützung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt. Im Osnabrücker Sitz der Stiftung konnten sich etwa 30 Experten über eine erfolgreiche Entwicklung informieren. Das Unternehmen KM Europa Metal AG, Osnabrück, war Kooperationspartner dieses Projekts.

Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt wurde 1990 eingerichtet. Als Grundkapital diente der Erlös aus dem Verkauf der bundeseigenen Salzgitter AG von 2,5 Mrd. DM. Das Gesetz zur Errichtung der Stiftung sieht vor, daß die jährlichen Erträge daraus für die Förderziele der Einrichtung eingesetzt werden. Auftrag der Stiftung ist es, unter dem Aspekt des Umweltschutzes Projekte der mittelständischen Wirtschaft zu fördern und so zu ihrer Wettbewerbsfähigkeit beizutragen.

Das Projekt

Antragsteller für das Projekt "Entwicklung umweltverträglicher Verfahren und Verfahrensstoffe für die Herstellung von gezogenen Kupferrohren", war die Firma Indus Oel Gesellschaft mbH. "Bislang mußten am Ende der Herstellung von Kupferrohren sogenannte Ziehmittel aus Qualitätsgründen wieder entfernt werden. Das geschah mit Reinigungsmitteln auf Basis der giftigen Chlorkohlenwasserstoffe (CKW). Das neuentwickelte Produkt macht diese Reinigung überflüssig", erläuterte Projektleiter Lothar Koch, Geschäftsführer der Indus Oel.

Die neuen Betriebsmittel auf biologischer Basis, zur Produktion von Kupferrohr, sind nach Angaben von Koch so beschaffen, daß sie während der Produktion bis auf nicht mehr meßbare Bestandteile verbraucht werden. Ziel der Umsetzung in die Praxis sei es, den zulässigen Grenzwert von 0,2 mg/dm2, von Kohlenstoffrückständen in weichen und harten Rohr-Innenoberflächen, ohne Entfettung zu erreichen.

Bild 1: Rohrzug mit fliegendem Dorn.

Prof. Dr.-Ing. Moik und Dr. Werner Schaper, beratende Chemiker der Indus Oel GmbH, lieferten den theoretischen Hintergrund für die Entwicklung. Moik erläuterte die Problemstellung. Um eine wirtschaftliche Produktion zu erreichen, werde beim Rohrziehen ein flüssiger Schmierstoff verwendet. Die schematische Darstellung in Bild 1 zeigt die Problemzonen bei diesem Vorgang. Der Durchmesser und die Wandstärke des Rohres werden durch das Zusammenwirken von äußerem Werkzeug, der Matrize und dem inneren Werkzeug, dem "fliegenden" Dorn, reduziert. Es gebe zwei Bereiche wo Schmierstoffe eingesetzt würden. Einmal die Kontaktzone zwischen Rohr und Matrize (Außenschmierung) und der Formbereich zwischen Rohr und fliegendem Dorn (Innenschmierung).

Die vorgestellte Entwicklung habe sich ausschließlich mit der Innenschmierung zwischen Dorn und Rohr befaßt. Um sicher eine Lochkorrosion zu verhindern, dürfe auf der Rohrinnenfläche maximal eine Kohlenstoffbelegung von 0,2 mg/dm2 sein. Dieser Kohlenstoffbelag rühre im wesentlichen vom Schmierstoff her und lasse sich durch die Art des Betriebsmittels beeinflussen.

Der Hauptreferent der Veranstaltung Prof. Dr.-Ing. Manfred Moik (links) und Projektleiter Lothar Koch erläuterten die Problemstellungen des Projekts im Sitzungssaal der Deutschen Bundesstiftung Umwelt.

Es gebe einen löslichen und einen nicht löslichen Bestandteil des Ziehmittelrestes. Der in KW und CKW nicht lösliche Bestandteil bestimme den Restwert mit dem die Rohre ausgeliefert würden.

Der nicht entfernbare Kohlenstoffrest, nach der Trichlorethen-Entfettung, liege bei etwa 0,1 mg/dm2 und entstehe durch die Oxidation des Schmierstoffes. Da aus wirtschaftlichen Gründen die Ziehgeschwindigkeit nicht verändert werden könne, habe man einen Verfahrensstoff gesucht, der bei dieser Vorgabe die Grenzreibung bewirke. Der Zusammenhang zwischen Schmierstoffdicke, Reibungszahl und relativer Geschwindigkeit wird durch die Stribeck-Kurve in Bild 2 schematisch dargestellt.

Bild 2: Stribeck-Kurve (schematisch).

Durch zahlreiche Laboruntersuchungen und Tests unter Betriebsbedingungen, wurde ein Verfahrensstoff auf Esterbasis mit niedriger Viskosität entwickelt. Um die daraus resultierende Verschlechterung der Schmierfähigkeit auszugleichen, wurden synthetische Komponenten hinzugefügt, sagte Moik.

Unter Berücksichtigung der gesammelten Erkenntnisse sei es möglich, ohne die Entfettungsstufe auszukommen. Durch optimierte Verfahrensstoffe werde es möglich sein, einen Arbeitsgang einzusparen. Die Umsetzung in die Fertigung werde aus seiner Sicht relativ schnell möglich sein, da die Entwicklung praxisnah durchgeführt worden sei. Er sehe gute Möglichkeiten den ökologischen Nutzen mit ökonomischer Produktion zu koppeln.

Vor Ort

Um den Teilnehmern der Tagung einen "vor Ort" Eindruck zu verschaffen, lud die Firma KM Europa Metal AG zu einer Werksbesichtigung ein. Auf einem Rundgang durch die Hallen der Kupferrohrherstellung erläuterte Direktor Jörg Matussek die Produktionsschritte. Er wies auf die mögliche Einsparung des "Entfettungscontainers" und zeigte den Standort dieser Anlage.

Originalteil als Demonstrationsobjekt: Ziehmatrize, Kupferrohr und fliegender Dorn. Zwischen Dorn und Kupferrohr liegt eine der Problemzonen bei der Produktion.

Bei einer monatlichen Kupferrohrproduktion von etwa 10.000 Kilometer Rohr rechne man mit einer jährlichen Einsparung von fünf Tonnen Entfettungsmittel, sagte Matussek. Als größter Kupferrohrhersteller in Europa sehe KME die Verantwortung des Unternehmens gegenüber der Umwelt und man habe daher schon seit geraumer Zeit in Entwicklungen investiert, die sich ökonomisch und ökologisch rechnen.

Für die Umsetzung des vorgestellten Projekts in der KM Europa Metal AG sahen die Direktoren Jörg Matussek und Bruno Wallossek gute Chancen. Optimisten sollten aber bedenken, daß noch eine Reihe von Versuchen und Produktionsanpassungen notwendig seien um die erfreulichen Ergebnisse in die Betriebspraxis umzusetzen.

Die Bundestagsabgeordnete Professor Monika Ganseforth, Mitglied der Enquete-Kommission zum Schutz der Umwelt, begrüßte die Bereitschaft der Großindustrie diese Umsetzung anzugehen, da nur auf diesem Wege die Projektunterstützung durch die Umweltstiftung die erhofften Früchte tragen könne.


Fertigungsweg für Kupfer-Installationsrohre

1. Schmelzen und metallurgische Behandlung von Sf-Cu (phosphordesoxidiertes Kupfer).

2. Gießen von Knüppeln mit einem Durchmesser von 115 mm auf einer 6-strängigen kontinuierlichen vertikalen Gießanlage.

3. Warmwalzen der Gußknüppel zu Rohrluppen von 115 mm Durchmesser und einer Wandstärke von 13 mm auf einem Schrägwalzwerk.

4. Kaltpilgern der Rohrluppen zu einem Rohr von 58 mm Durchmesser und 2,4 mm Wanddicke.

5. Ziehen der gepilgerten Rohre.

Ziehverfahren: Ziehen mit fliegendem (schwimmendem) Dorn.

5.1 Erster Zug auf einer Trommelziehmaschine (Spinnerblock). Dabei wird das Rohr vom gestreckten in den gewickelten Zustand überführt.

5.2 Zweiter und dritter Zug auf kontinuierlich arbeitenden Geradeausziehmaschinen (Schumag-Ziehmaschine).

5.3 Vierter bis sechster Zug auf V-Rillen-Ziehscheiben bis zu der gewünschten Endabmessung des Rohres.

6. Richten, Einteilen und Sägen der Rohre auf genaue Länge.

7. Entfetten der Rohre in einem Trichlorethen-Bad.


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