IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 5/1996, Seite 63 ff.
GAS
Gasinstallation
in Wohngebäuden
Prof. Dr.-Ing. Rudolf Rawe Teil 35
8. Abgasanlagen (Fortsetzung)
8.5.2 Abgasleitungen
Die Brennwerttechnik ist nicht nur für Neubauten, sondern auch im Rahmen der Heizungsmodernisierung interessant. Der nachträgliche Einbau eines feuchteunempfindlichen Schornsteins in ein bestehendes Gebäude ist jedoch in der Regel mit großen Schwierigkeiten verbunden. In diesen Fällen bietet es sich an, in den vorhandenen Schornstein eine Abgasleitung einzuziehen (Bild 1).
Bild 1: Abgasleitung |
Die Abgase von Brennwertgeräten werden aufgrund ihrer niedrigen Temperaturen in der Regel mit mechanischer Unterstützung abgeführt. Je nach Wahl des Querschnitts entsteht dabei in den Abgasleitungen Über- oder Unterdruck.
Anforderungen bei Überdruckbetrieb
Bei den üblicherweise gewählten geringen Querschnitten tritt in der Abgasleitung Überdruck auf. Deshalb werden an die Dichtheit der mit Abgas beaufschlagten und unter Druck stehenden Teile besondere Anforderungen gestellt:
- Die Abgasleitung muß gegen auftretenden Überdruck dicht sein, damit kein Abgas in Räume austreten kann, in denen sich Menschen aufhalten.
- Die Gasdurchlässigkeit darf nicht größer als 50 l/h je Quadratmeter innerer Oberfläche der Abgasleitung sein, bezogen auf einen statischen Überdruck von 1000 Pa.
- Alle unter Überdruck stehenden Teile der Abgasführung müssen gut belüftet werden, damit mögliche Abgas-Leckmengen so weit verdünnt werden, daß keine Gefährdung von Menschen auftritt.
- Der lichte Durchmesser der Abgasleitung muß mindestens 50 mm betragen.
Richtlinien für die Zulassung
Die Anordnung der Abgasleitung in einem feuerbeständigen Schacht (Schornstein) eröffnet die Möglichkeit, auch brennbare Materialien wie z.B. Kunststoff zu verwenden, ohne daß die Gefahr einer Brandübertragung in Wohnungen besteht. Es dürfen jedoch nur geprüfte und vom Institut für Bautechnik (IfBt) in Berlin zugelassene Abgasleitungen eingesetzt werden.
Bisher hat das IfBt Leitungen aus folgenden Werkstoffen zugelassen:
- Schamotte
- Borosilikatglas
- nichtrostender Stahl
- Aluminium
- Aluminium mit Innenbeschichtung
- Polyvinylidenflorid (PVDF)
- Polypropylen (PPS)
Abgasleitungen aus metallischen Werkstoffen sowie teilweise auch Leitungen aus PPS dürfen nur für Gas-Brennwertgeräte eingesetzt werden. Die anderen Zulassungen gelten für Gas und Heizöl EL.
Hinsichtlich der Temperaturbeständigkeit werden Abgasleitungen in die Gruppen A (maximal 80°C), B (maximal 120°C und C (maximal 160°C) eingeteilt. Durch Einrichtungen am Brennwertgerät muß sichergestellt werden, daß die maximal zulässige Abgastemperatur nicht überschritten werden kann.
Bild 2: Schematische Darstellung einer Abgasleitung mit Hinterlüftung. (nach Jannemann) |
Feuerstätten, deren Abgase eine höhere Temperatur als 160°C erreichen, dürfen nicht an Abgasleitungen angeschlossen werden. Für sie kommen nur herkömmliche oder feuchteunempfindliche Schornsteine in Betracht.
Auch im Hinblick auf die Kondenswasserbildung gelten bestimmte Anforderungen: Die Abgasleitung muß gegen Kondenswasser, das sich an ihrer inneren Oberfläche niederschlägt, korrosionsbeständig und dicht sein. Es darf kein Kondenswasser in die Bausubstanz eindringen.
Verlegung von Abgasleitungen
Grundsätzlich können Abgasleitungen innerhalb oder außerhalb von Gebäuden verlegt werden. Innerhalb eines Gebäudes dürfen sie, wie bereits dargestellt, nur in Schächten mit der Brandschutzqualität eines Schornsteins geführt werden, um die Gefahr einer Brandübertragung zu verhindern.
Der Schacht darf außer an der Einführungsstelle der Abgasleitung und an der Mündung keine weiteren Öffnungen besitzen. Dies ist vor allem bei Abgasleitungen aus brennbaren Materialien oder mit brennbaren Beschichtungen wichtig. Aber auch metallische Abgasleitungen bieten allein keinen ausreichenden Feuerwiderstand.
Bei Abgasleitungen, die mit Überdruck betrieben werden, ist der Zwischenraum zwischen Schornsteininnenwand und eingezogener Leitung über die ganze Länge zu hinterlüften (bei Unterdruckbetrieb entfällt diese Forderung). Der Hinterlüftungsquerschnitt muß mindestens halb so groß sein wie der lichte Querschnitt der Abgasleitung. Der Zwischenraum kann auch für die Verbrennungsluftzufuhr verwendet werden.
Bild 3: Abgasleitung an der Außenwand eines Hauses. (nach Jannemann) |
8.5.2.1 Verlegung von Abgasleitungen
Neben der Verlegung in einem Schornstein oder Schacht innerhalb des Gebäudes besteht die Möglichkeit, die Abgasleitung direkt aus dem Aufstellraum ins Freie und dann an der Außenwand des Hauses bis über Dach zu führen (Bild 3).
Auch für diesen Fall gibt es eine Reihe von baulichen Anforderungen:
- Abgasleitungen aus nichtbrennbaren Stoffen müssen mindestens 40 cm Abstand zu Fenstern und anderen Öffnungen an der Fassade haben. Das gilt auch für die Abstände zu Bauteilen aus brennbaren Stoffen. Der Abstand braucht nur 10 cm groß zu sein, wenn die Abgasleitung mindestens 2 cm dick mit nicht brennbarem Dämmstoff ummantelt ist.
- Abgasleitungen aus brennbaren Stoffen müssen zu Bauteilen aus oder mit brennbaren Stoffen sowie Fenstern und anderen Öffnungen an der Fassade mindestens 1,50 m Abstand haben. Eine Reduzierung auf 40 cm ist möglich, wenn die Leitung in einen Schacht aus nicht brennbaren, formbeständigen Baustoffen angeordnet ist.
- Abgasleitungen, die beim regelmäßigen Betrieb der Feuerstätte Oberflächentemperaturen von mehr als 80°C erwarten lassen, müssen bis zu einer Höhe von 2 m über dem Fußboden oder der Geländeoberkante mit einem Berührungsschutz versehen werden.
- Überdruckabgasleitungen müssen im Aufstellraum der Feuerstätte hinterlüftet werden. Davon betroffen ist vor allem der waagerechte Leitungsabschnitt zwischen dem Brennwertgerät und der Einmündung in den senkrechten Leitungsabschnitt. Die Abgasleitung muß in diesem Bereich in einem Kanal geführt werden. Auf ihn kann verzichtet werden, wenn der Aufstellraum gut be- und entlüftet ist, d.h. oben und unten in der Außenwand eine Öffnung mit jeweils 150 cm2 freiem Querschnitt hat (Bild 3). Als entsprechende Entlüftung gilt auch die gleichsinnig zum Abgas durchströmte Hinterlüftung (Bild 4).
Bild 4: Absenken einer Abgasleitung aus Glas. |
8.5.2.2 Konstruktiver Aufbau
Abgasleitungen für Brennwertgeräte werden von mehreren Herstellern in unterschiedlichen Ausführungen am Markt angeboten. Die Systeme beinhalten alle Teile einschließlich der notwendigen Zubehöreinrichtung wie Anschlußstücke, Reinigungsöffnungen, Kopfbauteile, Fußstücke mit Kondensatablauf, Haltevorrichtungen usw.
Die einzelnen Teile der Abgasleitung werden in der Regel von der Schornsteinmündung aus montiert und mit einer Versetzeinrichtung in den Schornstein eingeführt (Bild 4). Bei Bedarf können die Formstücke auch durch Montageöffnungen in der Schornsteinwange in der jeweils erforderlichen Höhe eingebaut werden.
Am Beispiel einer keramischen Abgasleitung (Bild 5) soll dargestellt werden, welche Punkte (von oben nach unten) zu beachten sind.
Bild 5: Konstruktiver Aufbau einer keramischen Abgasleitung. |
Mündung
Die Mündung der Abgasleitung über Dach darf auf keinen Fall mit einer Abdeckung versehen werden, da sonst bei tiefen Außentemperaturen Vereisungsgefahr besteht. Der Überstand zwischen Schachtabdeckung und Mündung der Abgasleitung muß mindestens so groß sein wie der Leitungsdurchmesser. Das letzte Rohrstück ist entsprechend zu kürzen und das Abdeckblech für den Luftspalt überzuschieben.
Verbindungsmanschetten
Die Verbindungsmanschetten dichten die Rohrfugen zugfest, gasdicht und feuchtigkeitssicher ab. Sie bestehen aus Edelstahlrohrschellen mit einer Silicondichtmanschette.
Abstandhalter
Abstandhalter dienen zur Zentrierung der Rohrsäule und verhindern ein Ausknicken. Sie sind im Abstand von mindestens 5 m sowie an jedem Formstück anzubringen.
Obere Revisionsöffnung
Falls keine Reinigungsmöglichkeit von der Mündung her besteht, muß im Dachraum ein Formstück mit Revisionsöffnung eingebaut werden.
Kennzeichnung
Jede Abgasleitung ist im Bereich des Anschlußformstückes mit einem fest anzubringenden Schild dauerhaft zu kennzeichnen. Es muß folgende Angaben enthalten:
- Abgasanlage entsprechend Zulassungsbescheid Nr. Z.- ...
- Abgasanlage für Überdruck
- maximal zulässige Abgastemperatur, z.B. 160°C (Typ C)
- Abgasleitung für den Brennstoff Heizöl EL oder Gas
Anschlußformstück
Das Anschlußformstück hat einen um 5° geneigten Stutzen, damit Kondenswasser, das in der Verbindungsleitung anfällt, zum Kessel zurücklaufen kann. Zum Anschluß einer Verbindungsleitung (z.B. aus Metall) können spezielle Übergangsstücke (Adapter) aufgesetzt werden.
Untere Revisionsöffnung
Abgasleitungen müssen gereinigt sowie auf freien Querschnitt und Dichtheit geprüft werden können. Aus diesem Grund ist im Aufstellraum der Feuerstätte mindestens eine Reinigungs- und Prüföffnung anzuordnen.
Kondenswasserablauf
Im Bereich der Schornsteinsohle ist ein Formstück mit Kondenswasserablauf und Siphon einzubauen, dessen Sperrwasserhöhe mindestens 150 mm beträgt.
Zuluftgitter
Das Zuluftgitter für die Belüftung der Abgasleitung muß im Aufstellraum der Feuerstätte angeordnet sein.
8.5.2.3 Bestimmungen für die Inbetriebnahme
Vor der Inbetriebnahme der Brennwertanlage müssen Abgasleitungen mit Überdruck vom Bezirksschornsteinfegermeister auf Dichtheit geprüft werden. Ihre Gasdurchlässigkeit darf bei einem statischen Überdruck von 1000 Pa nicht größer als 50 l/h je m2 innerer Oberfläche der Abgasleitung sein.
Wird bei Abgasanlagen für raumluftunabhängige Brennwertgeräte die Verbrennungsluft über den Hinterlüftungsspalt zugeführt, gilt die Abgasleitung als ausreichend dicht, wenn im Ringspalt nicht mehr als 0,2% CO2 und nicht weniger als 20,6% O2 im Volumenstrom gemessen werden. Ergibt die Messung einen höheren Wert, muß die beschriebene Druckprüfung erfolgen.
Bei Abgasleitungen mit Unterdruck ist keine Dichtheitsprüfung notwendig.
Im übrigen gelten für die Überprüfung und Reinigung von Abgasanlagen die in den Kehr- und Überprüfungsordnungen der Länder festgelegten Anordnungen.
8.5.2.4 Bemessung von Abgasleitungen
Abgasleitungen für Überdruck müssen so ausgelegt werden, daß der statische Überdruck während des Betriebes nicht mehr als 200 Pa beträgt. Die Bemessung des lichten Durchmessers ist in der Neufassung der DIN 4705 geregelt. Sie hängt von drei Faktoren ab:
- dem Abgas-Massenstrom der Feuerstätte,
- dem zulässigen Überdruck am Anschlußstutzen der Feuerstätte,
- der wirksamen Höhe der Abgasleitung.
Bild 6: Bemessungsbeispiel mit Hilfe von Herstellerdiagrammen. |
Um aufwendige Berechnungen zu ersparen, stellen die Anbieter von Abgasleitungen in der Regel Querschnittsdiagramme zur Verfügung. Das im Bild 6 gezeigte Diagramm schließt auch die Strömungswiderstände in der waagerechten Abgasleitung ein. Vorausgesetzt wird, daß die Länge des Leitungsabschnittes zwischen Feuerstätte und Schacht nicht mehr als ein Viertel der Länge des senkrechten Leitungsabschnittes beträgt. Der Widerstandsbeiwert für Umlenkungen, Form- und Geschwindigkeitsveränderungen darf den Wert Sz = 2,2 nicht überschreiten. (Fortsetzung folgt)
B i l d e r , wenn nicht extra angegeben: Information Erdgas, Essen.
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