IKZ-HAUSTECHNIK, Ausgabe 5/1996, Seite 3
EDITORIAL
"Otto-Kataloge" ohne PreiseFrank Linnig |
Hand auf’s Herz, geschätzte Manager - die "innen" sind ja nach wie vor dünn gesät - der Sanitärindustrie: So erbarmungslos, wie es viele offizielle Statements glauben machen wollen, scheint Sie der Kostendruck dann doch nicht zu drangsalieren oder gar zu strangulieren. Wie sonst wäre zum Beispiel der selbst in diesen "schweren Zeiten" erstaunlich weit aufgedrehte Geldhahn bei einer ganz speziellen Sorte von "Branchenliteratur" zu erklären? Ihre auch 1996 blühende Existenz ist dem gut dotierten Ehrgeiz jeder Großhandels-Größe zu verdanken, zu Herausgebern zu kommen.
Die mehr bzw. meist weniger eindrucksvollen Werke nennen sich "Journal", "Magazin" oder schlicht "Buch". Immer bestehen sie aus einer Menge bunter Seiten mit hübschen Produktbildern und eher dürftigen Fotobeschreibungen. Der konkrete Informationswert für die Leser - so genau kennt die übrigens fast niemand - hält sich ergo in Grenzen; von ein paar rühmlichen Ausnahmen ’mal abgesehen.
Legt man die voluminösen Elaborate von Cordes & Graefe, Triton Belco, Richter + Frenzel, Raab Karcher, Nordwest, GSH, SHE, Sanitärunion usw. fein säuberlich nebeneinander, tendiert die jeweils proklamierte "Alleinstellung" heftig gegen Null. Der Grund: Die in der Regel identischen Sponsoren wählen für ihre Beteiligungen (mitunter springen einem die markanten Logos auf zehn Seiten und mehr entgegen) natürlich stets die Serien aus, die sie gerade "pushen" wollen. Von "repräsentativem Marktüberblick" mithin keine Spur.
Statt dessen regiert eine per Saldo wohl millionenfach gedruckte Einheitssoße, die oft eine - zwangsläufige - Ähnlichkeit mit den "Originalen" aufweist. Sprich: den Produktbroschüren der Hersteller. Der Vergleich mit dem "Otto-Katalog" drängt sich irgendwie auf. Es fehlen eigentlich nur noch die Preise.
Aber es muß doch Kreise geben, denen diese "Badberater" nutzen. Gibt’s auch. Die medienaktiven Großhändler z.B. können sich über eine von der Industrie kräftig bezuschußte bzw. voll finanzierte Eigenprofilierung - inklusive Hausmarken - freuen. Schier begeistert sind außerdem u.a. Post, Papierlieferanten, Druckereien und Agenturen. Letztere stöbern, offenbar mit Zustimmung ihrer Auftraggeber, denn auch gerne ganz tief in der Selbstbeweihräucherungskiste. So weiß die in Ehrfurcht erstarrende Branche inzwischen, daß "alle Splash wollen". Das heißt im - zwei Zeilen später nachzulesenden - Klartext: 120 Couponanfragen pro Tag. Wer derart überzieht, verzichtet wohl aus freien Stücken darauf, ernstgenommen zu werden.
Bleibt die mutige Hoffnung auf zunächst zweistufiges Umdenken. Es begänne mit der Einsicht, daß die erheblichen "Badbuch-Investitionen" an anderen Marketingfronten eventuell sinnvoller und effizienter einzusetzen wären. Man stelle sich vor: Die individuellen Projektgelder fließen in einen firmenübergreifenden Topf und dienen etwa einer Einzelhandels-Offensive, die diesen Namen zu Recht trägt und allen bessere Geschäfte bringt. Eine zwar attraktive, jedoch absolut weltfremde Utopie in punkto "Gemeinsamkeit"? Wahrscheinlich. Magazin, Journal & Co. sei’s geklagt.
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