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Zwei Frösche für den Regler

Internetbasierte Wetterprognosen für Heizkesselregelungen versus Außenfühler

Internetbasierte Regelungen nutzen die Wetterprognosen der nächsten Tage (2 bis 3 Tage), um das Heizsystem auf zukünftige Wetter­eignisse vorab einzustellen. Bild: Verena Berk/pixelio.de

Vaillant zählt zu den ersten Anbietern, die Wetterprognosen in die Heizungsregelung auch im häuslichen Bereich einbinden. Beim „eRelax“ arbeitet an der Schnittstelle zwischen programmiertem Heizverhalten, gewünschter Temperatur, Thermik des Gebäudes, den Daten der Außenfühler und dem prognostizierten Wetter ein selbstlernender Algorithmus und ermittelt den optimalen Zeitpunkt der Heizphase. Bild: Vaillant

Wetterprognose-Tools eignen sich sehr gut für Anlagen, die mit ­Pufferspeicher arbeiten. Je nach ­prognostizierter ­Wetterlage, zum Beispiel Sonnenschein, wird der Speicher nicht durchgeladen. Bild: Dittmar Koop

Übersicht über das aktuelle und prognostizierte Wetter inkl. Bewölkungsgrad.

Wetterfrosch ist aktiv. Die Vorlauftemperatur der Heizung ist aufgrund der Prognose vermindert. Ein Überhitzen des Raumes wird verhindert.

Hier kann der Betreiber den Einfluss des Wetterfrosches auf die Heizung einstellen. Links: Umso mehr er beim Plus drückt, desto mehr wird der Start des Heizkessels verzögert. Rechts: Funktion für Heizkreise mit Glasflächen, beugt einer Überhitzung vor. Die Vorlauftemperatur wird abgesenkt.

Hier kann der Betreiber den Einfluss des Wetterfrosches auf das Warmwasser einstellen. Umso mehr er beim Plus drückt, desto mehr wird der Start des Heizkessels verzögert. Alle Screenshots: Solarfocus

Noch nicht verfügbar sind Daten, die die Anzahl der erwarteten Sonnenstunden für die nächsten Tage prognostizieren oder die Strahlungsintensität, aber künftig. Diese Daten dienen dann zum Beispiel zur Integration von Photovoltaik- oder Solarthermieanlagen in die Regelung. Bild: Solvis

 

Die meisten Kesselhersteller arbeiten noch daran, ihre Regelungen im häuslichen Anlagenbereich mit Wetterprognose-Tools auszustatten. Dabei können onlinebasierte Vorhersagen helfen, Wärmebereitstellung und -bedarf in Gebäuden besser in Einklang zu bringen und Erneuerbare Energien effizienter zu nutzen. Wir haben uns zwei Anbieter genauer angeschaut.

Kesselregelungen erhalten ihre relevanten Informationen über die Außentemperatur. Daran wird sich auch in Zukunft wohl nichts ändern, allerdings an dem Wie. Bisher sind Außentemperaturfühler das Instrument der Wahl. Die Vorlauftemperaturen werden synchron zur aktuellen Außentemperatur geregelt. Der Nachteil bei diesem Verfahren: Es werden nicht die wärmespeichernden Eigenschaften des Gebäudes berücksichtigt, was besonders bei trägen Regelkreisen (massive Wände, Fußbodenheizung) zur sogenannten Phasendifferenz zwischen Außentemperatur und ihrer Auswirkung auf die Innentemperatur führt.
Ein anderer Fall sind beispielsweise bauphysikalisch ungüns­tige Räume mit großem Glasflächenanteil. An sonnigen Tagen heizen sie sich sehr schnell auf. Der Fühler der Regelung registriert das aber nicht oder erst zu spät, weil die Außentemperatur beispielsweise in den Morgenstunden hinterherhinkt.

Livedaten vom Wetterserver
Am Beispiel von Vaillant und Solarfocus lässt sich illustrieren, wie Wetterprognose-Tools helfen können, Wärmebereitstellung und -bedarf besser in Einklang zu bringen und Erneuerbare Energien (Solarthermie) besser zu nutzen. Vaillant hat als einer der ersten Anbieter am Markt bereits ein Wetterprognose-Tool für Feuerungen im häuslichen Bereich in seine Kesselregelung „eRelax“ integriert. Der österreichische Biomassekesselhersteller Solarfocus stattet seit vergangenem Jahr die Kesselregelung seiner Heizkessel („Ecomanager-Touch“) standardmäßig mit der „Wetterfrosch-Funktion“ aus. Andere, die noch nicht soweit sind, aber daran arbeiten, darunter auch Große wie Viessmann und Bosch Thermotechnik (Buderus, Junkers), halten sich bezüglich ihrer Lösungen (noch) bedeckt.
Die „Wetterfrosch-Funktion“ bezieht Livedaten von einem Wetterserver – und zwar alle drei Stunden. Diese fließen in den Regelalgorithmus ein. Der Regler gibt daraufhin dem Kessel das entsprechende Signal zum Heizen. Und zwar in Abhängigkeit zur erwarteten Wetterprognose: Wird es später warm, wird weniger aufgeheizt. Auch beim „eRelax“ arbeitet ein selbstlernender Algorithmus zwischen programmiertem Heizverhalten, gewünschter Temperatur, Thermik des Gebäudes, den Daten der Außenfühler und dem prognostizierten Wetter und ermittelt den optimalen Zeitpunkt der Heizphase.
Damit dies geschehen kann, muss die Anlage zuallererst registriert werden. Bei Solarfocus beispielsweise über das Kundenportal des Herstellers (www.mysolarfocus.com) oder über die mySolarfocus-App. Der Kessel bezieht dann die auf seinen Standort bezogenen Wetterdaten vom unternehmenseigenen Server. Dieser Server ist wiederum mit mehreren internationalen Wetterservern verbunden.

Prognose und Solar
Die Regelung berücksichtigt die Wetterprognosen der nächsten zwei bis drei Tage, um das Heizsystem auf zukünftige Ereignisse vorab einzustellen. Selbst wenn unmittelbare Prognosen für die Anzahl von Sonnenstunden oder die Intensität von Sonnenstrahlung beispielsweise derzeit noch nicht Bestandteil der Tools im häuslichen Bereich sind, so können Solarwärme-Kombianlagen bereits von Wetterprognosen profitieren. Dazu ein Beispiel: Kombianlagen werden mit Pufferspeichern betrieben. Die „Wetterfrosch-Funktion“ von Solarfocus kann auf die unterschiedlichen Komponenten des Systems über den „Ecomanager-Touch“ zugreifen. Bei prognostiziert gutem Wetter wird der Puffer nicht komplett durchgeladen. „Dadurch lässt man der eigenen Solaranlage mehr Platz zum Speichern der Energie und die Laufzeit des Kessels wird minimiert“, sagt Joachim Kalkgruber, technischer Leiter bei Solarfocus.
Die Wetterprognose kann auch das Heizen in bestimmten bauphysikalischen Gebäudekonstellationen optimieren. Der „Ecomanager-Touch“ beispielsweise regelt die Vorlauftemperatur je nach Außentemperatur für bis zu sechs Heizkreise, wobei für jeden einzelnen Heizkreis die „Wetterfrosch-Funktion“ eingestellt werden kann. So können zum Beispiel nach Süden ausgerichtete Räume mit großen Glasflächen zu einem eigenen Heizkreis zusammengefasst werden. „Scheint die Sonne bereits sehr stark und die Außentemperatur hinkt noch hinterher, senkt die Wetterfrosch-Funktion die geplante Vorlauftemperatur um einen definierten Wert“, erklärt Kalkgruber.

Qualität der Prognose
Die Achillesferse der Prognose ist die Qualität des Inputs. Denn selbst in einer kleinen Region kann das Wetter sehr unterschiedlich ausfallen. „Solche Regelungen sollten niemals auf frei verfügbaren Wetterdaten basieren. Deren Prognosen sind nicht valide genug“, sagt Christian Sieg, Leiter Produkt und Dienstleistungen bei Vaillant. Entscheidendes Kriterium für die Güte einer Prognose sei die Dichte von Wetterstationen, auf die ein Wetterdienst Zugriff habe. Die Daten eines frei zugänglichen Wetterdienstes, wie z. B. wetter­online, reichten hier nicht aus. „Sie sind einfach nicht genau genug“, sagt er. „Das Tool muss die relevanten Daten liefern können. Derzeit sind das Informationen zur Außentemperatur sowie Prognosen, wie sich das Wetter in naher Zukunft verändern wird“, sagt Sieg. Künftig dürften diese Informationen noch um Daten zur Kombination von weiteren Systembausteinen ergänzt werden: Die Prognose bezieht dann auch die Anzahl von Sonnenstunden oder die Intensität von Sonneneinstrahlung ein. „Diese Daten dienen dann zum Beispiel zur Integration von Photovoltaik- oder Solarthermieanlagen in die Regelung“, so Sieg. Kos­ten entstehen dem Betreiber für den Bezug von Wetterprognosen für den Heizbetrieb bei Vaillant und Solarfocus nicht. Der Regler ruft die Wetterdaten automatisch und im Hintergrund für den Kessel ab.

Energiekosten sparen
Zwar können die beiden Hersteller die Kostensparversprechen ihrer Prognose-Tools quantitativ nicht beziffern. Solarfocus beispielsweise gibt als Grund für fehlende Praxismessungen Kapazitätsgründe an. Simulationen seien zeit- und kostenintensiv und würden daher aktuell nicht betrieben. Dennoch dürften die Unternehmen mit ihren Aussagen auf inzwischen recht zahlreiche Messungen aus der Praxis verweisen können, die in den vergangenen Jahren bereits an öffentlichen Gebäuden und größeren Unternehmenskomplexen sowie großen Objekten durchgeführt wurden. Die MeteoViva GmbH aus Jülich beispielsweise, Anbieter des wetterprognosebasierten Regelungssystems „MeteoViva Climate“, gibt an, dass in einfachen beheizten Bürogebäuden mit Fensterlüftung die Jahresheizkosten um 15 bis 20 % gesenkt werden können. Deutlich wird, dass bei der Berücksichtigung von Wettervorhersagen in der Heizungsregelung sowohl Wärme als auch Strom (z. B. Pumpenstrom) gespart werden können.

Folgt die Wachablösung?
Werden die Außentemperaturfühler durch die Wetterprognosen überflüssig? Sieg und Kalkgruber sind unterschiedlicher Meinung. Während Sieg prognostiziert, dass die Wetterprognose die klassischen Außenfühler ablösen wird, glaubt Kalkgruber, dass diese die Außenfühler nicht ersetzen, sondern ergänzen wird. Kalkgruber: „Ein Außenfühler ist immer noch genauer als Prognose. Auch wenn Wetterprognosen sehr detailliert und lokal abgerufen werden – lokaler als mit einem Wetterfühler kann man nicht messen. Außerdem misst der Außenfühler ständig – im Gegensatz zur Wetterprognose der Wetterfrosch-Funktion, die alle drei Stunden neue Wetterdaten abruft“, sagt er.
Vaillant verzichtet beim „eRelax“ vollständig auf einen Außenfühler. „Dafür müssen möglichst lokale und genaue Wetterprognosen eingesetzt werden. Bezahlte Wetterprognosen erfüllen diese Ansprüche“, sagt Christian Sieg. Die potenzielle Abweichung zwischen Ergebnis der Messung über den Außentemperaturfühler direkt am Haus und der ermittelten Temperatur der nächstgelegenen Wetterstation sei so gering, dass man das Risiko eingehen könne auf einen Außentemperaturfühler zu verzichten, argumentiert er.
Wer Recht behalten wird, muss sich erst zeigen. Dem alten Wetterfrosch im Glas jedenfalls wären heute die klassischen Außenfühler vergleichbar. Der Laubfrosch wurde von den Altvorderen zum Wetterfrosch erkoren, weil er bei gutem Wetter an bodennahen Pflanzen emporklettert, bei schlechtem aber unten bleibt. Also packten sie die Frösche in Gläser und gaben ihnen Leitern als Aufstiegshilfe in der irrigen Annahme, dass der Frosch das Wetter nicht nur anzeigen, sondern auch vorhersagen könnte. Aber er informierte nur über das aktuelle Wetter, nicht über das zukünftige. Dank Internet und professionellen Wetterdiensten gibt es jetzt neue Frösche, die die Bezeichnung Wetterfrosch auch im Tätigkeitsfeld der Vorhersage (Prognose) verdienen.

Autor: Dittmar Koop

 

 

Darstellung Eingriff in die Regelung

Wie so ein Wetterprognose-Tool auf dem Bedienfeld erscheint, hier am Beispiel von Solarfocus’ Ecomanager-Touch mit Wetterfrosch-Funktion:

 


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