Vernetzung von Wärme- und Strommarkt
Wie ölbasierte Hybridheizungen Stromüberschüsse aus Erneuerbaren Energien aufnehmen können
In immer mehr ölbeheizten Gebäuden kommen Hybridheizungen zum Einsatz. Sie verteilen die Wärmeversorgung auf mindestens zwei Säulen und verbinden auf diese Weise die Effizienz moderner Öl-Brennwerttechnik mit den Vorteilen regenerativer Energienutzung. Zentrales Element solch multivalenter Heizungen ist ein Wärmespeicher. Er bevorratet die Wärme Erneuerbarer Energieträger wie Sonne und Holz, bis diese gebraucht wird. Kann der Bedarf nicht allein mittels Erneuerbarer Energien abgedeckt werden, greift das System auf Heizöl als langzeitspeicherbaren Energieträger zurück. Künftig lassen sich diese Hybridsysteme mit Power-to-Heat um eine weitere Komponente ergänzen – das zeigen Untersuchungen des Instituts für Wärme und Oeltechnik (IWO).
Die Energiewende ist derzeit hierzulande eines der größten politischen und gesellschaftlichen Projekte. Die aktuellen Pläne der Bundesregierung sind ehrgeizig: Bis 2050 sollen die Treibhausgasemissionen um 95% gegenüber dem Bezugsjahr 1990 gesenkt werden. Damit dies gelingt, soll der Anteil der Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch bis zum Jahr 2025 auf 40 bis 45%, bis 2050 sogar auf 80% steigen. Doch Windkraft und Photovoltaik weisen ein entscheidendes Defizit auf: Ihre Energiequellen stehen nicht immer bedarfsgerecht zur Verfügung. Um das von den jeweiligen Wetterlagen abhängige, schwankende Angebot möglichst gut nutzen zu können, werden neben dem Netzausbau Speichermöglichkeiten und die Steuerbarkeit der Stromnachfrage zunehmend wichtiger.
Ölbeheizte Gebäude: Bestand bildet großes Potenzial
Neben dem Strommarkt ist der Gebäudesektor ein weiterer wesentlicher Bereich für eine erfolgreiche Umsetzung der Energiewende. Die Regierungspläne sehen hier bis 2050 eine Minderung des Primärenergiebedarfs in der Größenordnung von 80% gegenüber 2008 vor. Eine erfolgreiche Umsetzung der Energiewende kann daher nur erfolgen, wenn beim Umbau der Energieversorgung auch ein besonderer Fokus auf den Wärmemarkt gelegt wird. Mit Power-to-Heat in ölbasierten Hybridheizungen hat das Institut für Wärme- und Öltechnik (IWO) ein Konzept entwickelt, das den Herausforderungen sowohl im Strommarkt wie auch im Wärmemarkt künftig Rechnung tragen kann.
Heizöl sorgt für eine sichere Grundversorgung ohne zusätzliche Strom-Rerservekraftwerke
Eine bereits nahezu klassische Hybridlösung ist die Kombination eines Öl-Brennwertgeräts mit Solarthermie. Jedes dritte (32%) neu installierte Öl-Gerät wurde im Jahr 2014 mit einer thermischen Solaranlage kombiniert. Der Durchschnitt aller neu installierten Heizgeräte lag bei 29%. Das zeigt eine IWO-Befragung von Handwerksbetrieben. Auch bei der Solar-Erweiterung bestehender Heizungen weisen Ölheizungen einen großen Anteil auf. Vermehrt wird in solchen Anlagen zusätzlich ein wasserführender Holzkaminofen integriert. Bei dieser Anlagenkonfiguration übernimmt in den Sommermonaten die Solaranlage nahezu ausschließlich die Warmwasserbereitung. In den Übergangsmonaten und im Winter trägt, je nach Nutzergewohnheiten, der wasserführende Kaminofen einen beachtlichen Anteil zur Wärmeversorgung des Hauses bei. Erst wenn Sonne und Holzofen den Wärmebedarf des Gebäudes nicht mehr allein decken können, also vorwiegend innerhalb weniger Wintermonate, schaltet sich automatisch der Brennwertkessel hinzu. So wird, auf das gesamte Jahr bezogen, ein großer Anteil der benötigten Wärmeenergie regenerativ erzeugt.
Ein Wärmespeicher für alle Optionen
Hybridheizungen müssen nicht in einem Zug installiert werden. Sie können auch stufenweise ausgebaut und selbst Jahre später noch um einen weiteren Energieträger ergänzt werden. Auch die Kombinationsvarianten sind vielfältig. So kann beispielsweise zunächst ein wassergeführter Kaminofen zugebaut werden und zu einem späteren Zeitpunkt eine Solarthermieanlage oder der dann fällige neue Brennwertkessel installiert werden.
Eine wesentliche technische Voraussetzung für den Ausbau der bestehenden Heizung zum multivalenten Heizsystem ist das Vorhandensein eines Wärmespeichers, an den weitere Wärmequellen angebunden werden können. Denn da bei regenerativen Energieträgern Wärmeangebot und Wärmebedarf oft zeitlich versetzt auftreten, wird ein großvolumiger (häufig 500 bis 1000 l), gut gedämmter Pufferspeicher benötigt, um die Wärme aus den Erneuerbaren Energiequellen so lange bevorraten zu können, bis sie angefordert wird. Zugleich kann der Wärmespeicher als hydraulische Weiche für die unterschiedlichen Temperaturen und Volumenströme im Heizungssystem fungieren. Die notwendige Speichergröße richtet sich nach den individuellen Gegebenheiten. Bei entsprechendem Wärmebedarf, etwa in größeren Häusern, kann die Gesamtkapazität mit zusätzlichen Pufferspeichern erweitert werden.
Ökostrom für den heimischen Wärmevorrat
Experten, wie Prof. Dr. Ralf Simon von der Transferstelle für rationelle und regenerative Energienutzung der Fachhochschule Bingen, erwarten, dass der weitere Ausbau von Windkraft und Photovoltaik schon in absehbarer Zeit immer öfter zu ungeplanten Überangeboten von Strom führen wird. Hier setzt das IWO-Konzept an. Denn da geeignete Stromspeichertechnologien auch auf längere Sicht nicht ausreichend bzw. nicht wirtschaftlich zur Verfügung stehen werden, wird es zunehmend attraktiver, die Nachfrage nach Strom dem Angebot anzupassen. Power-to-Heat wandelt Angebotsspitzen, die auf dem Strommarkt sonst keine Verwendung fänden, mit einer elektrischen Heizeinrichtung in Wärme um und speist die Energie in Wärmespeicher für Trinkwarmwasser oder Heizungswasser ein und vermag die Hybridheizung künftig so um eine weitere Komponente zu ergänzen. Hybridheizungen könnten dadurch erhebliche Mengen von ansonsten abgeregeltem Strom aufnehmen und als Wärme bevorraten. Das zeigt eine vom Hamburgischen WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) im Auftrag von IWO erstellte und im Februar 2015 vorgestellte Studie, die die wirtschaftlichen Potenziale von Power-to-Heat genauer überprüft hat.
Dass die Idee funktioniert, zeigt z.B. ein Referenzobjekt des IWO in Berlin, welches mit einem örtlichen Heizungsbauer realisiert wurde. Das am westlichen Stadtrand gelegene Einfamilienhaus verfügt über ein modulierendes Öl-Brennwert-Heizgerät mit 5 bis 15 kW Leistung, eine elektrische Heizeinrichtung mit 9 kW Leistung sowie einen Pufferspeicher mit 500 l Fassungsvermögen. Die elektrische Heizeinrichtung wurde wie ein Heizkessel über eine eigene Umwälzpumpe mit dem Pufferspeicher verbunden. Die Ansteuerung erfolgt über eine separate Kommunikationsbox, auf die die Leitwarte des Regelenergiepools des Stromhändlers Energy2market GmbH (e2m) jederzeit über das Mobilfunknetz zugreifen kann. Die Heizeinrichtung des Referenzobjekts nutzt so nur dann Strom aus dem Netz, wenn dort gerade zu viel vorhanden ist und die Annahme dieses Stroms über den Regelenergiemarkt eine attraktive finanzielle Vergütung erfährt.
Autoren: Dipl.-Ing. (FH) Simon Jastrzab und Dipl.-Ing. (FH) Christian Halper, Institut für Wärme und Oeltechnik e. V. (IWO)
Bilder: IWO
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