Steigerung der Energieeffizienz in Industrie- und Großanlagen - Zwei Beispiele möchten zeigen, wie die Energieerzeugung heute aussehen kann
Der effizienten Nutzung von Energie kommt aufgrund ihres Beitrags zum Klimaschutz eine wichtige gesellschaftliche und umweltpolitische Bedeutung zu. Um der Erderwärmung entgegenzutreten, haben zahlreiche Länder konkrete Klimaziele formuliert. So sollen beispielsweise bis 2020 in Deutschland 40% weniger Treibhausgase ausgestoßen werden als noch 1990. Der Primärenergiebedarf soll im gleichen Zeitraum um bis zu 20% unter das Niveau von 2008 sinken. Weltweit geht fast ein Drittel des Energieeinsatzes und der CO2-Emissionen auf den industriellen Sektor zurück. Würden hier die besten verfügbaren Technologien eingesetzt, ließe sich nach Berechnungen von Bosch Industriekessel GmbH der Energieverbrauch in der Industrie um 20 bis 30% senken*. Mit zwei Beispielen möchte das Unternehmen zeigen, wie sich in Großanlagen Energie einsparen lässt.
Beispiel I:
Universitätsklinikum Marburg versorgt sich selbst
Bis 2010 versorgte ein Fernheizwerk das Universitätsklinikum Marburg mit Dampf und Heißwasser, bis es sich entschloss, eine eigene Energieversorgung aufzubauen. Im September 2010 stellte Bosch Industriekessel GmbH die Technik dafür zur Verfügung. Bereits Ende Oktober desselben Jahres gingen je zwei Dampf- und zwei Heizkessel in Betrieb.
Zwei Dampfkessel vom Typ „UL-S“ versorgen Küche, Wäscherei, Reinigungs- und Desinfektionsgeräte/Anlagen. Seine Leistung liegt bei jeweils 3000 kg Dampf pro Stunde. Der Großwasserraum-Dampferzeuger hat drei Züge: Neben dem Flammrohr (1. Zug) und zwei Rauchrohrbündel (2. und 3. Zug) ist eine wasserumspülte hintere Wendekammer integriert. Als Brennstoff kommt Erdgas zum Einsatz. Ein Economiser dient der Abgaswärmerückgewinnung und erhöht so den Kesselwirkungsgrad.
Das Wasserservicemodul „WSM-V“ versorgt die Dampfkessel mit entgastem, chemisch konditioniertem Speisewasser und entsorgt das Absalz- und Ablasswasser. Das Wasseranalysegerät „WA“ misst und überwacht die Kesselwasserqualität. Es schützt die Anlage vor Schäden aufgrund unzureichender Wasserparameter, senkt den Brennstoff- und Frischwasserverbrauch und reduziert zusätzlich den Chemikalieneinsatz.
Die Erwärmung von Trink- und Heizwasser übernehmen zwei „Unimat“-Heizkessel vom Typ „UT-L“ (Wärmeleistung je 7,7 MW). Die Kessel werden ebenfalls mit Erdgas betrieben – einer davon mit Kombifeuerung auf Wunsch auch mit leichtem Heizöl. Die beiden Heizkessel arbeiten ebenfalls mit einer 3-Zug-Konstruktion. Sie schaffen ohne Abgaswärmetauscher einen Normnutzungsgrad von bis zu 95%.
Die Steuerung der vier Kessel erfolgt über das Anlagenmanagementsystem „SCO“ und die Kesselsteuerungen „BCO“. Alle Betriebsdaten lassen sich speichern und über die Touch-Panels in Form übersichtlicher Kurvendiagramme oder Summendarstellungen aufrufen.
Beispiel II:
Stadtwerke Gießen setzen auf Kraft-Wärme-Kopplung
Strom und Wärme wirtschaftlich und umweltfreundlich zu produzieren, ist nach Meinung von Experten der Schlüssel zu einer nachhaltigen Energieversorgung. Blockheizkraftwerke nutzen Wärme, die bei der Stromerzeugung anfällt – das erhöht den Nutzungsgrad, spart Primärenergie und reduziert den Kohlendioxidausstoß. Die Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) machen sich die Stadtwerke Gießen zunutze.
Bereits Anfang der 1980er-Jahre begann der Energieversorger, die Strom- und Wärmeerzeugung mit eigenen Anlagen aufzubauen. Zu den Zielen des Unternehmens zählt es, bis 2020 die Hälfte des Stroms für Haushaltskunden über Kraft-Wärme-Kopplung zu erzeugen. Derzeit erzeugen BHKW-Anlagen mehr als 27000 kW elektrischen Strom. Im August 2012 kam ein weiteres BHKW-Modul hinzu. Mit einer elektrischen Leistung von 1999 kW und einer thermischen Leistung von 2600 kW erreicht das Blockheizkraftwerk einen elektrischen Wirkungsgrad von mindestens 40% sowie mithilfe des zusätzlichen Brennwert-Wärmetauschers einen thermischen Wirkungsgrad von mindestens 55%. In Summe schafft das BHKW damit einen Gesamtwirkungsgrad von wenigstens 95%. Der Nutzungsgrad, bezogen auf den oberen Heizwert (Hi), liegt bei 95% oder höher.
BHKW-Anlagen eignen sich für die Stadtwerke Gießen nicht nur zur Gewährleistung einer Netzstabilität, auch tragen sie zu einer effizienteren Energieerzeugung bei. Für den Energieversorger waren die Gesamtwirtschaftlichkeit des Großmotors, der hohe elektrische Wirkungsgrad, die Teillastregelbarkeit zwischen 50 und 100% sowie die flexible Einbindung in Wärmenetze ausschlaggebend für eine Investition in die BHKW-Technologie.
*) Der Konzern Bosch bündelt sein Know-how von Dampf- und Heißwasserkesseln, Abhitzesystemen und BHKW-Anlagen in dem Unternehmen Bosch Industriekessel GmbH. Dieser Geschäftsbereich hat seinen Sitz in Gunzenhausen.
Bilder: Bosch