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Schäden durch schlechte Wasserqualität in Nahwärmenetzen - So lassen sich spätere Anlagenprobleme verhindern

Nahwärmenetze stellen höchste Ansprüche an Planer und Betreiber, da Störungen des Wärmetransportes und Anlagenschäden sofort von den angeschlossenen Wärmeabnehmern negativ wahrgenommen werden. Unterwirft man die Projekte in der Vorplanung einer exakten Analyse, so lassen sich bereits in dieser Phase eventuell später auftretende Anlagenprobleme vermeiden.

Bild 1: Zusammenspiel ph-Wert und Korrosion.

Bild 2: Plattenwärmeübertrager im Anschnitt – defekt durch Ablagerungen.

Dipl.-Ing. Christian Barth, General Manager der ENWA AS Deutschland.

Bild 3: Unterschiedliche Wasserqualitäten im Nahwärmenetz.

Bild 4: Eine Befüllung über eine Schlauchverbindung ohne Systemtrennung ist nach Trinkwasserverordnung und DIN EN 1717 nicht zulässig.

Bild 5: Befüllung über eine feste Rohrverbindung nach DIN EN 1717 mit Rohrtrenner BA inkl. Wasserzähler.

 

Viele Nahwärmenetze werden mit isolierten PE-Rohren ausgeführt. Da sie nicht zu 100% sauerstoffdicht sind, gelangt über deren Oberfläche Sauerstoff in das Heizungswasser. Das PE-Rohr ist zwar durch seine Materialeigenschaften gegen Korrosion geschützt, dennoch nimmt der Sauerstoff Einfluss auf die anderen verbauten Werkstoffe des Systems. Eine Alternative sind flexible Edelstahlrohre und isolierte Stahlrohre. Es stellt sich also bereits an dieser Stelle die Frage nach dem richtigen Materialmix oder nach dem optimalen pH-Wert des Heizwassers, der alle geplanten Werkstoffe optimal vor Korrosion schützt.

pH-Wert entscheidet über Korrosionsvorgänge

Unbehandeltes Trinkwasser besitzt durchschnittlich einen pH-Wert um 7,5. Ohne eine pH-Wert-Anhebung führt dies zu Korrosion an eisenhaltigen Werkstoffen (Verteiler, HZG-Rohr, Pumpen etc.). Ein pH-Wert < 7 bedeutet zudem Korrosion an Kupferwerkstoffen. Dies kann sogar zu Schäden an gelöteten Plattenwärmeübertragern führen, die Kupfer beinhalten. Die Darstellung in Bild1 zeigt, in welchem pH-Wert-Bereich keine Korrosion der Werkstoffe mehr stattfindet. Eisen (ST37/ST52/Guss/Edelstahl etc.) ist in einem pH-Wert-Bereich zwischen 9 bis 13 absolut gegen Korrosion geschützt. Aus diesem Grund ist ein hoher pH-Wert in Heizungsanlagen oft von Vorteil.
Auch die Garantieleistung der Hersteller im Schadensfall steht im direkten Zusammenhang mit dem pH-Wert. Fast immer wird hierzu die Richtlinie VDI 2035 zitiert. Die darin beschriebene Wasserqualität muss eingehalten werden, um einen Anspruch auf Garantie zu erhalten.
Beispiel 1: Eine Heizungspumpe weist nach 2 Jahren einen Schaden durch Ablagerungen und Korrosion auf und fällt aus. Der Neupreis der Pumpe liegt bei 3500 Euro, die Herstellergarantie beläuft sich auf fünf Jahre und drei Monate. In der Regel wird der Pumpenhersteller die Kostenübernahme für die Pumpe ablehnen, da nach Öffnen des Pumpengehäuses Ablagerungen und Verunreinigungen klar eine mangelnde Wasserqualität belegen.
Diese Erfahrung lässt sich auch auf andere Komponenten des Systems übertragen, wie auf den Wärmeübertrager. Verwendet der Betreiber unaufbereitetes Trinkwasser zur Befüllung seines Heizsys­tems, so gerät immer auch die lokale Rohwasserhärte des Trinkwassers (Kalk) in das Heizsystem. Vom BHKW wird der Wärmeübertrager mit Vorlauftemperaturen von 75 bis 95°C angeströmt, ab 60°C Wassertemperatur fällt der Kalk auf der Sekundärseite aus und lagert sich an heißen Oberflächen ab. Eine Reinigung ist aufwendig und problematisch: Die Wärmetauscher werden meist mithilfe von kalklösenden Säuren gespült. Das mit Lösungsmitteln versetzte Spülwasser nimmt innerhalb des Wärmetauschers immer den Weg des geringsten Widerstands und strömt deshalb nicht in alle Regionen. Grundsätzlich verringert sich die Kapazität des Wärmeübertragers mit jeder Verkalkung, da es nicht möglich ist, ihn anschließend wieder zu 100% von den Ablagerungen zu befreien. Oftmals bleibt hier nur der Austausch.

Chemikalien für den richtigen ph-Wert nicht immer ratsam

In Deutschland werden meist Chemikalien eingesetzt, um verschiedene Parameter des Heizungswassers einzustellen. Der Umgang mit diesen Produkten erfordert stets große Vorsicht, da es sich in der Regel um ätzende Substanzen handelt. Aus diesem Grund ist nach VDI 2035-2 die Verwendung von Chemikalien nur in Ausnahmefällen zulässig.
Beispiel 2: Ein Nahwärmenetz mit ca. 81m³ Wasservolumen trägt zur Wärmeversorgung örtlicher Gebäude bei und besteht zum größten Teil aus erdverlegten „PEX“-Kunststoffleitungen, durch die, trotz entsprechender Diffusionssperre, ein gewisser Sauerstoffeintrag stattfinden kann. Dieser Sauerstoff verursachte längerfristig eine Reduzierung des pH-Werts im Systemwasser. Das Nahwärmenetz wurde zu Beginn mit vollenthärtetem Wasser gefüllt und in den darauffolgenden Monaten mit der Chemikalie „Ätznatron“ behandelt, um so einen hohen pH-Wert einzustellen. Der Betreiber selbst berichtete, das trotz des massiven regelmäßigen Chemikalieneinsatzes kein kontinuierlich hoher ph-Wert stabilisiert werden konnte. Nach dem Impfvorgang stieg der pH-Wert auf das gewünschte Niveau, allerdings sorgte der eindringende Sauerstoff bereits innerhalb von 14 Tagen für eine Herabsenkung des pH-Wertes. Dies machte eine erneute Dosierung notwendig. Zudem war der Chemikalieneinsatz mit zusätzlichem Arbeits-, Zeit- und Kostenaufwand verbunden. Letztendlich brachte auch die Dosierung der mehr als zehnfachen Menge wie ursprünglich geplant (lt. Dosierschätzung des Chemikalienherstellers) nur eine pH-Wert-Anhebung von 7,5 auf 8,5 (Ziel: pH ~10), was durch ständige Wasseranalysen im Labor ermittelt und kontrolliert werden musste. Die Situation wurde letztendlich mit einem Bypassfilter optimiert, der nun chemikalienfrei und selbstregulierend den ph-Wert stabilisiert hat. Nach 12 Monaten Betriebsweise ohne chemische Impfung ist das Anlagenwasser klar und besitzt einen pH-Wert, welcher der VDI 2035 entspricht.

Gesundheitsgefahr durch mangelhafte Fülleinrichtungen

Ein weiteres Beispiel zeigt, dass nicht nur das unaufbereitete Wasser ein Problem darstellt, sondern auch die Art und Weise, wie Nachfüllwasser dem Anlagenvolumen hinzugeführt wird.
Beispiel 3: In vielen Anlagen werden oft immer noch Gartenschläuche zum Auffüllen/Befüllen des hydraulischen Systems verwendet. Diese Schläuche sind nahezu immer mit dem Trinkwasserzapfventil dauerhaft verbunden. Oftmals sind das Kugelhähne ohne Sicherheitseinrichtungen zum Schutz des Trinkwassers. Da der Schlauch nach dem Gebrauch aufgerollt gelagert wird, befindet sich Restwasser in ihm, und es bilden sich Bakterien und Keime. Kommt es bei einer Befüllung durch einen Druckabfall im Trinkwassernetz zum Ansaugen des verkeimten Wassers, kann es tatsächlich als Resultat zu Gesundheitsschäden bei den Nutzern kommen.
Stand der Technik sind stationäre Nachfüllstationen, um solche Vorfälle zu vermeiden. In diesem Fall zur Vollenthärtung oder Vollentsalzung des Wassers mit Systemtrenner BA (Kategorie 4). Zudem sollte immer ein Wasserzähler eingebaut werden, der die genaue Befüllmenge ermittelt, um Rückschlüsse auf Wasserverluste der Anlage zu ziehen.

Fazit

Die Aufrechterhaltung der ursprünglich projektierten Energieeffizienz eines Nahwärmenetzes ist erheblich von der Qualität des Heizungswassers als permanentem Wärmeträger abhängig. Einfache Wasserschläuche sind zur Befüllung eines Systems laut Trinkwasserverordnung nicht mehr zulässig und bergen Gesundheitsrisiken. Gemäß VDI 2035 Blatt 1 entspricht es dem Stand der Technik, Füllwasser aufzubereiten und in seinem Volumen zu zählen. Die Entscheidung für eine Nachfüllwasseraufbereitung stellt erste Weichen, um spätere Anlagenprobleme bereits in der Entstehungsphase zu unterbinden. Ist eine Anlage befüllt, greift die VDI 2035 mit Blatt 2 (Aufrechterhaltung der Wasserqualität nach dem Befüllvorgang). Hierbei ist neben der Filterung des Systemfluids der richtige pH-Wert zu den verbauten Werkstoffen herzustellen, um Korrosionsvorgänge zu vermeiden. Die Vermeidung von hohen Gesamthärten in den Heizsystemen ist ein effektives Instrument, die Verkalkung von Wärmeübertragern zu umgehen.


Nachgefragt

IKZ-FACHPLANER: Herr Barth, wie hoch ist Ihrer Ansicht nach das Thema Wasseraufbereitung bei den Planern und Installateuren im täglichen Fokus?
Dipl.-Ing. Christian Barth: Ich glaube, das Thema wird ein wenig in den Hintergrund gespielt. Traditionell war die Wasseraufbereitung in der Vergangenheit stets der erste Posten, der Einsparungen zum Opfer fiel. Als Konsequenz definieren heute die meisten Hersteller klare Anforderungen an das Heizungswasser über die VDI 2035 Blatt 1 und Blatt 2. Blatt 1 befasst sich mit der Füllwasseraufbereitung, Blatt 2 mit der Aufrechterhaltung der Wasserqualität nach dem Befüllvorgang. Eine ganz eigene Dynamik stellen sicherlich die Ansprüche der Betreiber hinsichtlich der verschiedenen Herstellergarantien dar. Werden schadhafte Komponenten innerhalb des Garantiezeitraumes an Hersteller gesendet, so ist es oftmals bereits visuell möglich, den Garantieanspruch zu prüfen. Starke Ablagerungen durch Korrosion sind hierbei sofort offensichtlich und belegen eine unzureichende Wasseraufbereitung.
IKZ-FACHPLANER: In wessen Zuständigkeit liegt denn die Wasserqualität? Eher in der des TGA-Planers oder in der des Fachinstallateurs?
Dipl.-Ing. Christian Barth: Planend ist der Ingenieur dafür verantwortlich den aktuellen Stand der Technik in seinen Projekten wiederzugeben. Dies beinhaltet ebenfalls die Berücksichtigung der Herstellervorgaben geplanter Einzelkomponenten. Schwierig wird die Rechtslage im Schadensfall, wenn das Ingenieursbüro richtig und vollständig geplant hat, später bei der Ausführung aber schadensverhütende Komponenten nicht eingebaut wurden. Für den Planer ist es deshalb wichtig, ein Planungsprotokoll zu erstellen und dieses an den ausführenden Fachbetrieb und den Bauherren zu übergeben. Der Planer sollte auch ein Inbetriebnahmeprotokoll der Anlage erhalten, um die Details prüfen zu können. Man muss bedenken, dass der Anlagenbetreiber technisch als Laie gesehen wird, gleichwohl er für die Auftragsvergabe nach VDI 2035 verantwortlich ist. Deshalb ist an dieser Stelle ein ausreichender Informationsfluss wichtig.
Der erste Ansprechpartner für Reklamationen im Projekt bleibt rechtlich natürlich der Fachinstallateur. Er hat durch seine ausführende Tätigkeit in der Regel nach VOB für sein Gewerk zu haften, da er Vertragsnehmer ist. Gleichwohl muss seine Ausführung ebenfalls den technischen Regeln entsprechen. Für den Fachhandwerker ist es ebenfalls wichtig, seiner Informationspflicht nachzukommen, um eventuell spätere Regressansprüche abwenden zu können. Hierzu gehört auch ein Anlagenbuch.
IKZ-FACHPLANER: In welchen Intervallen sollte die Qualität des Anlagenwassers kontrolliert werden? Gibt es dazu Richtwerte?
Dipl.-Ing. Christian Barth: Denken wir an unsere Automotoren, so ist das regelmäßige Prüfen des Ölstandes bereits Teil des genetischen Codes der Menschen geworden. Den Ölstand also nicht zu prüfen – völlig undenkbar, da die Konsequenzen bekanntlich teuer sind.
Eine Kurzanalyse des Anlagenwassers, um die wichtigsten Parameter zu erfassen, dauert mit den richtigen Instrumenten maximal 15 Minuten – inklusive Dokumentation. Wir empfehlen diese Überprüfung alle drei bis vier Monate. Wird vor Ort ein Anlagenbuch nach VDI 2035 zur Anlage geführt, so sind die Werte schnell hinterlegt und zusammen mit dem Wasserzählerstand des Nachfüllwassers niedergeschrieben. Gemäß VDI 2035 ist die erste Überprüfung der Wasserqualität bereits nach circa sechs bis acht Wochen erforderlich.
IKZ-FACHPLANER: In Ihrem Beitrag gehen Sie gezielt auf den pH-Wert ein. Ist allein der pH-Wert ausschlaggebend für eine gute Wasserqualität innerhalb der Anlage oder gibt es noch andere Parameter, die beachtet werden müssen?
Dipl.-Ing. Christian Barth: Es gibt mehrere Parameter, welche ebenfalls wichtig für eine gute Wasserqualität sind. Der Klassiker ist die Vermeidung von Mikroblasen, welche man heute gut durch gezielte Luftabscheidung in den Griff bekommt. Der richtige pH-Wert vermeidet bei eisenhaltigen Werkstoffen Korrosion und ihre Auswirkungen wie Verschlammung beziehungsweise Partikelbildung im Heizsystem. Ein Filter ist deshalb immer mit einzuplanen, um auch Verarbeitungsreste von der Installation aus dem System zu bringen. Je nach Materialeinsatz kann auch der Chloridgehalt einen wichtigen Parameter bilden, da erhöhtes Chlorid im Wasser auch Edelstahl-Wärmeübertrager angreifen kann.
Zur Vermeidung von Ablagerungen durch Verkalkung sollte Anlagenwasser in Abhängigkeit von der installierten Heizleitung bestimmte Werte nicht überschreiten. Zum Beispiel 8° dH bei Leistungen kleiner als 600 kW und 0,1° dH bei Leistungen größer als 600 kW nach VDI 2035. Unserer Erfahrung nach ist eine Härte von bis zu 2 bis 3° dH unproblematisch und praxisnah.
Eine wichtige Rolle spielt auch die elektrische Leitfähigkeit des Systemwassers. Sie sollte in der Regel niedrig sein, da eine hohe Leitfähigkeit die Elektrolyt-Wirkung verstärkt und damit Korrosionsvorgänge begünstigt werden. Es sei denn, bestimmte Komponentenhersteller fordern eine Mindesleitfähigkeit des Anlagenwassers. Gemäß VDI 2035 sollte die elektrische Leitfähigkeit kurz LF kleiner als 1500 µS/cm sein. Es gibt aber Kesselhersteller die nur deutlich geringere LF-Werte definieren.
IKZ-FACHPLANER: In Beispiel 2 des Beitrags erläutern Sie einen Fall, in dem sich der pH-Wert nicht ohne Weiteres einstellen ließ. Ein Bypassfilter konnte die Situation schließlich verbessern. Was steckt dahinter?
Dipl.-Ing. Christian Barth: Das Verfahren nennt sich EnwaMatic-Technologie, konzipiert in der hydraulischen Hülle eines Bypassfilters und frei von chemischen Zusätzen und toxischen Substanzen. Die Funktion ist einfach. Das unaufbereitete Anlagenwasser wird von oben nach unten durch fünf mineralische Filtermedien geführt. Hier werden Partikel bis zu einer Größe von 5 µm gefiltert und Mikroblasen abgeschieden. Existiert eine hohe Gesamthärte im Anlagenwasser, so wird das Calcium innerhalb des Filters zum Ausfallen gebracht und die Wasserhärte reduziert. Das Anlagenwasser erhält so eine pH-Wertanhebung von größer 9, was im Effekt auch gelöstes Eisen zum Ausfallen innerhalb des Filterkörpers bringt.
Eine Besonderheit sind die selbstregulierenden Prozesse hinsichtlich der pH-Wert-Stabilisierung über die Löslichkeit der Mineralien. Je höher der pH-Wert ansteigt, desto geringer ist die Löslichkeit der Mineralien. Die Technologie kommt aus dem maritimen Bereich und findet auf vielen Schiffen Einsatz. Deshalb müssen die Produkte sehr wartungsarm sein. Ist nach drei Monaten die Wasserqualität eingestellt, so ist die erste Wartung fällig, anschließend circa alle zwölf Monate bei gleichbleibendem Anlagenvolumen.


Autor: Dipl.-Ing. Christian Barth, General Manager der ENWA AS Deutschland

Bilder: ENWA AS Deutschland


www.enwa.com

 


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