Pellets’ großer Bruder
Warum sich für SHK-Betriebe die Beschäftigung mit dem Thema Hackschnitzelfeuerungen lohnen kann
Für Heizungsbauer sind sie ein kniffeliges Feld: Hackschnitzelfeuerungen. Es gibt Emissionsfragen und auch die Brennstoffqualität ist mitunter noch ein babylonisches Gewirr. Aber die Beschäftigung mit der Technik lohnt.
„Vor den Erfolg (den „Tugenden“) haben die Götter den Schweiß gesetzt.“ Das wussten schon die alten Griechen und Hesiod, Dichter, in der Hauptsache Ackerbauer und Landwirt, fasste das in den berühmten Satz, der zum Sprichwort wurde. Er gilt auch in Österreich und anderswo. Viele Kesselhersteller feilen an der Brennraumgeometrie oder der Luftzufuhr ihrer Hackschnitzelfeuerungen, um die Emissionswerte zu minimieren. Und sie haben teilweise damit begonnen, Elektro-Partikelfilter (Feinstaubabscheider) in die Anlagen zu integrieren.
Verschärfte Grenzwerte der BImSchV
Warum? Seit Anfang 2015 gelten die verschärften Grenzwerte für den Schadstoffausstoß von Pellets und Hackschnitzelfeuerungen (2. Stufe der 1. BImSchV). Bemerkenswert ist, dass selbst die Hersteller vorab ein Grenzwertproblem bei Hackschnitzelfeuerungen sahen. Doch nicht bei der Technik, sondern aufgrund der Bandbreite der Hackschnitzelqualität am Markt. Diese würde zu unterschiedlich hohen Emissionen bei der Verbrennung führen, so die Argumentation. Experten wie Niels Alter vom bayerischen Energieberatungszentrum C.A.R.M.E.N. waren anderer Meinung: „Hersteller von Hackschnitzelfeuerungen suggerieren teilweise, dass die Erfüllung der 2. Stufe der 1. BImSchV allein ein Problem der Hackschnitzelqualität und damit des Betreibers sei. Wir hingegen gehen davon aus, dass hinsichtlich des Feinstaubausstoßes die meisten Hackschnitzelfeuerungen ohne nachgeschaltete, effiziente Feinstaubabscheider auch bei hochwertiger Brennstoffqualität durch die Prüfung fallen werden“, sagte er Ende 2014. Dass Experten wie Alter nicht ganz Unrecht haben, zeigt die Aktivität der Kesselbauer.
Babylonisches Gewirr
Die Brennstoffqualität von Hackschnitzeln ist noch ein babylonisches Gewirr. Seit 2014 gibt es die DIN EN ISO 17225-4. Sie ist derzeit noch das Maß der Dinge, was die Definition von Hackschnitzelqualitäten am Markt betrifft. Wer sich mit der Definition von Pelletqualitäten und den zugehörigen Mindesteigenschaften bereits auseinandergesetzt hat, wird hier ein bekanntes Raster finden. Die Norm definiert bei Hackschnitzeln die Qualitätsklassen A1, A2, B1 und B2. Für jede dieser Klassen gelten bestimmte Anforderungen hinsichtlich des verwendeten Rohmaterials und der physikalischen Brennstoffeigenschaften, zum Beispiel des Wassergehalts, des Aschegehalts, des Heizwertes und der Schüttdichte. Außerdem definiert sie drei Korngrößenklassen mit den Parametern Hauptfraktion, Feinanteil, Grobanteil, maximale Länge und maximale Querschnittsfläche. „Mit der Normung erreicht man schon wesentlich mehr Klarheit im Markt“, beschreibt Alter die derzeitige Situation. Doch das Handicap: Die Norm ist nicht verbindlich und die vielen Parameter und Vorgaben für die Hackschnitzel-Qualitätsklassen fordern Messungen und Nachweise, die viele Waldbauer nicht ohne Weiteres selbst durchführen können, weil die Messtechnik und das Know-how fehlen.
Bundesweite Gütezeichen wie für Holzpellets gibt es für Hackschnitzel derzeit nicht. Der Deutsche Energieholz- und Pellet-Verband (DEPV) steht aber kurz vor der Einführung eines einheitlichen Hackgut-Gütezeichens nach dem Vorbild ENplus bei Pellets. Damit wird der DEPV zwangsläufig wohl auch eine Anfragestelle zu diesem Brennstoff. Bislang ist er das nämlich noch nicht. Zwar reklamiert er in seinem Verbandsnamen allgemein für Energieholz und Pellets zu stehen; tatsächlich tut er das momentan aber nur für Briketts und Holzpellets.
Das Manko einer fehlenden Anlaufstelle zu beenden hat sich aber der Verein „pro Hackschnitzel“ auf die Fahnen geschrieben (www.pro-hackschnitzel.de). Der befindet sich zwar noch in der Aufbauphase, doch exisitiert damit schon mal eine zentrale Anlaufstelle, die bei speziellen Fragen zum Thema Hackschnitzel auch Installateuren gegebenenfalls dienlich sein kann. Ansonsten lässt sich nur auf ggf. regionale Gütezeichen verweisen, die sich verbürgen, die Qualitätsklassen nach der Norm zu erfüllen. Es fängt bei der Produktion an: Holz sollte zunächst ungehackt getrocknet werden. Eine Alternative ist, feuchte Hackschnitzel technisch zu trocknen und sie dann einzulagern. Gute Hackschnitzelqualitäten zeichnen sich durch Stückigkeit und scharfkantige Ränder aus. Grünanteil in Form von Nadeln oder Blättern in Kombination mit zerfasertem Hackgut ist schlecht.
Technik auf Augenhöhe, Belieferung nicht
Um solchen Qualitätsschwankungen beim Brennstoff einigermaßen zu begegnen, baut die Kesselbranche entsprechende Technik in ihre Feuerungen ein. „Im kleineren Leistungsbereich wird fast ausschließlich auf die Unterschubfeuerung mit Kipprost gesetzt, im größeren Leistungsbereich auf Vorschubrosttechnik. Damit kann auch sehr schlechtes und feuchtes Hackgut verfeuert werden“, sagt Ferdinand Tischler, Geschäftsführer der ETA Heiztechnik GmbH. Weitere Instrumentarien gegen ungeeignete Brennstoffe seien die Lambdasonde und moderne Regelungstechnik.
Hinsichtlich Komfort und Bedienbarkeit deuten die Apps und Touch-Screens darauf hin, dass die Bedienung von Hackschnitzelfeuerungen sich auf Augenhöhe mit Pelletfeuerungen bewegen kann. Auch in der vorgelagerten Stufe, der Zuführung des Brennstoffs zum Kessel, gibt es seit Anbeginn der modernen Hackschnitzelfeuerungen automatische Zuführsysteme. Für Thomas Moser, Produktmanager beim Kesselbauer HDG Bavaria, ist die perfekt abgestimmte Austragung entscheidend für ein optimal funktionierendes Gesamtsystem. Beim Austragungssystem bieten Hersteller wie HDG standardmäßig eine Federkern-Raumaustragung oder eine Gelenkarm-Raumaustragung an, die das Brennmaterial zum Kessel befördern.
Die Wirkungsgrade erreichen über die gesamte gebotene Leistungsbreite Werte von über 90 % auf dem Prüfstand. Hersteller KWB gibt als Bandbreite für seine Hackschnitzelkessel 91 bis 96 % an, ETA zwischen 91 und 95 % und Fröling 93,1 %, Kessel von Gilles erzielen dem Bekunden nach Wirkungsgrade zwischen 92 und 94 %. Damit brauchen sich die Hackschnitzelfeuerungen in Sachen Effizienz nicht zu verstecken. Und auch die Leistungs-Bandbreite ist enorm: Zusammengenommen bieten die Hersteller Lösungen von 15 bis 1000 kW und darüber hinaus an. Über Kaskaden können beinahe sämtliche Leistungsgrößen realisiert werden.
Hackschnitzelfeuerungen sind zwar teurer in der Anschaffung, können das aber durch günstige Brennstoffkosten wieder wettmachen (siehe Grafik zur Preisentwicklung). Doch weil die Logistik und das Vertriebsnetz bisher nicht so weit entwickelt sind wie bei Holzpellets, sind Hackschnitzel noch in erster Linie Selbstversorgern vorbehalten. Die müssen obendrein noch den nötigen Lagerplatz für diesen Energieträger mitbringen, der größer sein muss als bei Holzpellets, weil Energie- und Schüttdichte geringer sind.
Hackschnitzel-Heiztechnik bietet Profilierungspotenzial
Es lohnt sich dennoch, sich als Heizungsbauer mit dieser hierzulande eher dünn gesäten Heiztechnik zu befassen. Schon allein deshalb, weil man sich über spezielles Wissen als Fachbetrieb profilieren kann. Dazu kommt: Mehr und mehr Wohnungsbaugesellschaften, Gewerbe- und Industriebetriebe interessieren sich für das Heizen mit Biomasse. Unternehmen nutzen zunehmend grüne Wärme, um sich als umweltfreundlich am Markt zu profilieren. Städte und Gemeinden stellen Klimaschutzpläne auf. Neben den Einsparungen, die das Investment in eine Biomasseheizung ihnen verspricht, zählt hier die Reduktion des Kohlendioxidausstoßes oder das Ziel einer klimaneutralen Kommune. Biomasse wird zum Baustein dafür. Das Bewusstsein dafür ist gewachsen und der Boden für weitere Entwicklung ist bereitet. Dazu ein kurzer historischer Rückgriff, um die Perspektiven aufzuzeigen: Schub für Biomasseanlagen gab zum Beispiel das Konjunkturpaket II, verabschiedet von der Bundesregierung im Jahr 2009, mit dem sie 2009 und 2010 die energetische Sanierung von öffentlichen Gebäuden vorantrieb. Viele Kommunen griffen zu, rissen alte Heizkessel raus und bauten neue ein – davon profitierten auch Hackschnitzelfeuerungen.
Weitere Unterstützung kommt vonseiten des Gesetzgebers. Am 1. Mai 2011 trat das novellierte (EEWärmeG) in Kraft, weil es EU-Verordnungen nachkommen musste und es gilt so bis heute. Nach dem Gesetz sind nun auch Bestandsgebäude der öffentlichen Hand verpflichtet, bei grundlegenden Renovierungen einen Teil des Wärme- oder Kältebedarfs des Gebäudes über Erneuerbare Energien abzudecken. Das Gesetz galt bislang nur für den Neubau. Der Wärmemarkt spielt sich aber hauptsächlich im Gebäudebestand ab. Mit der Novelle öffnet sich nun das Gesetz erstmals für den Bestand – über die öffentlichen Gebäude.
Wissenschaftliche Untersuchungen ergaben, dass bundesweit jährlich rund 2500 öffentliche Gebäude bei der Wärmeversorgung in Erneuerbare Energien investieren müssen. Insgesamt sind rund 190 000 öffentliche Gebäude von den Vorgaben des EEWärmeG betroffen. Das mag man für gering erachten. Und viele werden auch nicht auf Hackschnitzel setzen. Doch die Bundesregierung spricht von einer Vorbildfunktion, die öffentliche Gebäude für private Haushalte einnehmen können, was nicht von der Hand zu weisen ist. Sie könnten zu Multiplikatoren werden. Wenn man als Bürger einer Stadt in einem öffentlichen Gebäude medial über die Lokalzeitung gelesen oder selbst gesehen hat, dass das Heizen mit Holz funktioniert, lässt man es auch eher in den eigenen vier Wänden zu. In den wenigsten Fällen zwar in Form von Hackschnitzeln, aber dann in Form von Pellets. Dem Installateur tun sich über Hackschnitzelprojekte einerseits publikumswirksame Referenzen auf. Darüber kann er seinen Namen in den Köpfen multiplizieren und Bioenergie-Kompetenz kommunizieren, die er dann individuell auch anders ummünzen kann.
Autor: Dittmar Koop