Mikro-Wärmepumpen beheizen Hotelzimmer
Ein außergewöhnliches Energiekonzept versorgt einzelne Räume sehr energieeffizient mit Wärme und Kälte
Für Raumwärme und Warmwasser sorgt ein ungewöhnliches Technikkonzept im Münchener Livinghotel: Jedes Hotelzimmer verfügt über eine Mikro-Wärmepumpe mit Pufferspeicher. Ein Neutralleiter verknüpft alle Räume untereinander auf niedrigem Temperaturniveau und dient den Wärmepumpen als Wärmequelle. Zwei Jahre erfasste und bewertete die Hochschule Rosenheim die Energieströme. Die Ergebnisse sind vielversprechend.
Die Hotelkette Derag Livinghotels baute ein ehemaliges Wohngebäude am Viktualienmarkt zu einem Komforthotel um und führte eine grundlegende energetische Sanierung durch. Beispielsweise wurde das Gebäude mit einer sehr guten Dämmung und dreifach verglasten Fenstern ausgestattet. Alle Maßnahmen zusammen führten zu einem durchschnittlichen U-Wert der Gebäudehülle von 0,52 W/(m2 · K). Die Energieversorgung erfolgt heute ausschließlich über Strom.
In den meisten Hotels unterliegt der Warmwasserbedarf sehr großen Schwankungen. Daher besteht grundsätzlich die Gefahr, dass vermehrt Legionellen im Brauchwasser auftreten. Um das zu vermeiden, werden hohe Vorlauftemperaturen von mehr als 60 °C oder dezentrale Trinkwassererwärmer vorgesehen. Das allerdings führt dazu, dass der Energieverbrauch und auch die Kosten steigen. Die Anlagenhersteller im Projekt „Sanierung zum nachhaltigen Hotel“ verfolgten daher einen neuen Ansatz. Sie statteten jedes Zimmer sowie die Apartments mit einer dezentralen Technikstation aus.
Eine Mikro-Wärmepumpe für jedes Zimmer
Eine Wärmepumpe mit Pufferspeicher – die Technikstation – deckt jeweils den Bedarf an Trinkwarmwasser und Raumwärme für ein Zimmer oder ein Apartment. Die thermische Leistung der Wärmepumpe liegt zwischen 5 und 7 kW, der Speicher fasst 160 l. Eine Heiz-/Kühldecke übernimmt die Wärme-/Kälteabgabe an den Raum. Dazu wird sie je nach Bedarf mit warmem oder kaltem Wasser durchströmt.
Neutralleiter vernetzt das Gebäude
Ein Zweileitersystem – der Neutralleiter – durchzieht das gesamte Gebäude und vernetzt alle Räume miteinander. Das Temperaturniveau des Leiters liegt zwischen 11 und 17 °C und dient den Wärmepumpen als Wärmequelle. Möchte der Gast den Raum kühlen, wird die Kälte direkt vom Neutralleiter in die Kühldecke geleitet. So sorgt der Warmwasser- und Heizungsbedarf in einem Zimmer gleichzeitig für die Kühlung in einem anderen Zimmer. In dieser Doppelnutzung liegt das hohe Einsparpotenzial des Systems.
Damit die Kälte und Wärme zwischengespeichert werden kann, ist der Neutralleiter mit einem zentralen Wärme- und einem zentralen Kältespeicher verbunden. Diese dienen als kurz- oder mittelfristige Pufferspeicher für nicht genutzte Energie.
Ein kniffliges Energiekonzept bewährt sich
Die Ergebnisse des zweijährigen Monitorings sind vielversprechend. Im ersten Bilanzjahr betrug der elektrische Endenergieverbrauch für Wärme und Trinkwarmwasser 31 kWh/(m2 · a). Damit schneidet das Hotel im deutschlandweiten Vergleich sehr gut ab. Der geringe Stromverbrauch konnte im zweiten Bilanzjahr mit 28 kWh/(m2 · a) sogar weiter gesenkt werden. Eine Querschnittsanalyse der Bergischen Universität Wuppertal zeigte, dass Hotels in Deutschland mit vergleichbarem Standard einen Endenergieverbrauch von durchschnittlich 150 kWh/(m2 · a) – dann i. d. R. jedoch mit Gas oder Fernwärme als Wärmeerzeuger. „Das Technikkonzept mit einer Wärmepumpe pro Zimmer und deren Wärme- und Kälte-Doppelnutzung über den Neutralleiter ist zusammen mit der gut gedämmten Gebäudehülle ein entscheidender Grund für den niedrigen Verbrauchswert“, erklärt Professor Uli Spindler von der Hochschule Rosenheim.
Die Versorgung des Hotels mit Wärme und Kälte beruht auf zahlreichen dezentralen Einheiten, die über einen Neutralleiter mit zentralen Bestandteilen – dem Wärme- und dem Kältespeicher – verbunden sind. Dieses Konzept stellt große Anforderungen an die Regelungstechnik. „Die Analysen zeigten, dass der Betrieb des komplex anmutenden Systems zuverlässig läuft. Nur die Leistung der Kühldecken, der hohe Hilfsenergieverbrauch und die Rückkühlung bereiten noch Probleme“, sagt Spindler. Um die Kühlung zu unterstützen, wurde entgegen des ursprünglichen Konzepts eine Kompressionskältemaschine in das System integriert, deren Rückkühler auch zur Freikühlung genutzt werden kann. Diese speist den zentralen Kältespeicher.
Neben der Erfassung von Verbrauchsdaten ist ein wichtiges Ziel des Monitorings, mögliche Betriebsfehler aufzudecken und Optimierungsmaßnahmen einzuleiten. Auffällig war beispielsweise der hohe Stromverbrauch der Pumpen des Neutralleiters. Dieser betrug ca. 20 % des gesamten Verbrauchs der technischen Gebäudeausrüstung. Das führte dazu, dass die Arbeitszahlen der Wärmepumpen schlechtere Werte erreichten. Die Umwälzpumpen wurden daher für den tatsächlichen Bedarf neu ausgelegt und ersetzt. Damit ließ sich die Störanfälligkeit reduzieren und der Stromverbrauch der Pumpen um fast 30 % senken.
Im Jahr 2014 wurde das dezentrale Energiesystem mit Mikro-Wärmepumpe mit dem Bayerischen Energiepreis 2014 ausgezeichnet.
Quelle: Micaela Münter, BINE Informationsdienst