Leibwächter der Rohrinstallation
Dehnungen, Setzbewegungen und Passungenauigkeiten: Kompensatoren haben vielfältige Einsatzgebiete in der Technischen Gebäudeausrüstung
Entsprechend ihrer physikalischen Eigenschaften dehnen sich die meisten Materialien bei Temperaturerhöhung aus und ziehen sich mit abnehmender Temperatur zusammen. In Rohrleitungssystemen macht sich dieser Vorgang im Wesentlichen durch Längenänderungen in den einzelnen Rohrleitungssträngen bemerkbar. Kompensatoren verhindern, dass Schäden durch Spannungen entstehen. Sie übernehmen aber auch andere Aufgaben.
Einsatzfälle für Kompensatoren
Soweit es die Randbedingungen zulassen, wird i.d.R. versucht, die auftretende Rohrleitungsdehnung durch eine elastische Verlegung des Rohrleitungssystems aufzunehmen, d.h. natürlich zu kompensieren. Dies wird z.B. durch Rohrdehnungsbögen realisiert. Bei Rohrdehnungsbögen wird das Rohr durch einen bogenförmigen, ausladenden Verlauf elastisch genug, um Bewegungen aufnehmen zu können. Rohrdehnungsbögen haben allerdings schon bei relativ geringen Bewegungsaufnahmen einen hohen Platzbedarf und spielen deshalb in modernen Rohrleitungssystemen nur noch eine untergeordnete Rolle. Wenn alle Möglichkeiten des natürlichen Dehnungsausgleiches ausgeschöpft sind, werden zur Aufnahme von Längenänderungen Kompensatoren benötigt.
Neben der Wärmedehnung gibt es noch andere Gründe für den Einsatz von Kompensatoren. Einer davon ist der Versatz von Rohrleitungen. Er entsteht zum Beispiel durch Montageungenauigkeiten, Fundamentsetzungen oder durch bautechnische Komplikationen.
Darüber hinaus sind beim Betrieb von Kompressoren, Pumpen oder Motoren die mechanischen Schwingungen so zu dämpfen, dass an den angeschlossenen Rohrleitungen und Armaturen keine Schäden verursacht werden. Hierfür werden ebenfalls Kompensatoren eingesetzt.
Aufbau von Kompensatoren
Kernstück eines jeden Kompensators ist der Balg. Er muss in seiner Ausführung so gewählt sein, dass er den Betriebsbedingungen (Druck, Temperatur und Beschaffenheit des Mediums) standhält und gleichzeitig flexibel Dehnungen und ggf. Schwingungen aufnehmen kann. Diesen Balg gibt es je nach Anforderungen aus Gummi, Edelstahl, PTFE (ein Kunststoff) oder auch Gewebe. Alle Werkstoffe haben ihre Vorteile, aber auch ihre Grenzen.
Gummi-Kompensatoren
Gummi-Kompensatoren zeichnen sich durch hohe Flexibilität in axialer, lateraler und angularer Dehnungsaufnahme bei sehr kurzen Baulängen aus. Außerdem reduzieren sie mechanische Geräusche und Wasserschallgeräusche. Hinsichtlich ihrer Geräuschdämmungseigenschaften haben sie sich allen anderen Bauelementen gegenüber als weit überlegen erwiesen.
Zudem werden Gummi-Kompensatoren als Ausgleich von Montageungenauigkeiten verwendet. Sie haben darüber hinaus eine hervorragende vibrationsmindernde Wirkung.
Gummi-Kompensatoren unterliegen einem natürlichen Alterungsprozess. Sie müssen daher jederzeit zugänglich eingebaut und in regelmäßigen Abständen ausgewechselt werden.
Der Gummibalg ist aufgrund seiner vielen verfügbaren Standard-Gummiqualitäten gegen die meisten Medien beständig, sogar gegen Säuren. In diesem Punkt ist der Gummibalg dem Edelstahlbalg oftmals überlegen, da hier teure Sonderwerkstoffe verwendet werden
müssen.
Edelstahl-Kompensatoren
Die Bälge der Edelstahl-Kompensatoren bestehen aus dünnwandigen, gewellten Zylindern. Die Anzahl der Wellen variiert von einer bis über zwanzig. Es gibt sie mit Festflanschen, mit drehbaren Losflanschen, mit Anschweißenden, Gewindenippeln oder mit Verschraubungen.
Edelstahlbälge können für sehr hohe Drücke eingesetzt werden. Temperaturbelastungen sind bis ca. 1000 °C möglich. In puncto Druck- und Temperaturbelastungen ist der Edelstahlbalg damit dem Gummibalg bei Weitem überlegen.
Die axiale und angulare Beweglichkeit von Edelstahlbälgen liegt teilweise auf gleichem oder höherem Niveau wie die Gummibälge. Die laterale Beweglichkeit liegt jedoch im Durchschnitt deutlich unter der von Gummibälgen.
Edelstahlbälge sind aufgrund der vielen Werkstoffarten für fast alle Medien verwendbar. Im Gegensatz zu Gummibälgen unterliegen die meisten Edelstahlbälge keiner materialbedingten Alterung. Sie bleiben auch bei fortschreitender Lebensdauer beweglich.
Gewebe-Kompensatoren
Gewebe-Kompensatoren werden fast ausschließlich im Gas-Bereich verwendet, z.B. in Kraftwerken, in der Zementindustrie, aber auch in der Klimatechnik. Jeder Gewebe-Kompensator wird einzeln geplant und produziert, je nach den gegebenen Anforderungen. Es gibt hier keine Norm-Kompensatoren. Entsprechend individuell ist daher auch die Materialzusammensetzung. Durch die mögliche Kombination der verschiedensten Materialien ist eine optimale und individuelle Anpassung der jeweiligen Betriebsverhältnisse möglich.
Der Vorteil von Gewebe-Kompensatoren ist die hohe Flexibilität und damit die große Bewegungsaufnahme bei geringer Einbauhöhe. Ein weiteres Argument für Gewebe-Kompensatoren ist der Einsatz bei hohen Temperaturen bis zu 600°C. Gewebe-Kompensatoren, auch Weichstoff-Kompensatoren genannt, können nur mit einem maximalen Betriebsdruck von 3-4 bar eingesetzt werden.
PTFE-Kompensatoren
In chemischen Anlagen werden Kompensatoren meist unter Druck betrieben und mit aggressiven Chemikalien und Lösungsmitteln in Kontakt gebracht. Als besonders widerstandsfähig haben sich Kompensatoren aus Polytetrafluorethylen (PTFE), in der Öffentlichkeit besser unter dem Markennamen Teflon bekannt, erwiesen. PTFE-Kompensatoren wirken vibrationsdämpfend und kompensieren thermische Längenänderungen. Sie bestehen aus einem PTFE-Balg mit mehreren Wellen und den Losflanschen für den Einbau in die Rohrleitungen.
Die maximale Betriebstemperatur beträgt etwa 150°C und liegt damit höher als die von Gummibälgen. Dafür ist die maximale Bewegungsaufnahme von PTFE-Kompensatoren erheblich geringer als die von Gummi-Kompensatoren.
Fazit
Ein Rohrleitungssystem ohne Kompensatoren benötigt ausladende Rohrschenkel und Rohrdehnungsbögen und damit viel teuren Einbauraum zur Kompensation von Bewegungen. Dagegen braucht ein kompaktes Rohrleitungssystem, in dem Bewegungen mit Kompensatoren aufgenommen werden, erheblich weniger Einbauraum.
Quelle: Willbrandt KG, Hamburg
Bilder: Willbrandt
www.willbrandt.de