Kein Innehalten bei der Energieeffizienz
Privathaushalte zahlten 2013 fast 54 Mrd. Euro für Gebäudeenergie
Deutsche Privathaushalte haben 2013 etwa 53,7 Mrd. Euro für Heizung, Warmwasser, Klimatisierung und Beleuchtung gezahlt. Das zeigt der neue Gebäudereport 2015 der Deutschen Energie-Agentur (dena), ein Nachschlagewerk mit zahlreichen Daten und Fakten rund um das Thema Energieeffizienz in Gebäuden. Damit geben private Haushalte aufgrund gestiegener Energiepreise inflationsbereinigt fast 10 Mrd. Euro mehr für Gebäudeenergie aus als 10 Jahre zuvor. Welche Entwicklungen es sonst noch in der Branche gibt, fasst Christian Stolte, Bereichsleiter Energieeffiziente Gebäude bei der Deutschen Energie-Agentur (dena), zusammen.
Generell ist Deutschlands Gebäudebestand noch immer für knapp 40% des Endenergieverbrauchs verantwortlich. Insgesamt wurden 2013 ca. 981 TWh für Heizung, Warmwasser, Beleuchtung und Kühlung verbraucht. Die deutsche Gebäudekulisse besteht derzeit aus rund 18,6 Mio. Wohngebäuden, davon 15,4 Mio. Ein- und Zweifamilienhäuser, und etwa 2,7 Mio. Nichtwohngebäude.
Obwohl die Nichtwohngebäude die zahlenmäßig kleinere Gruppe darstellen, sind sie aufgrund ihrer großen Fläche je Gebäude und der hohen quadratmeterbezogenen Verbräuche für einen Anteil von 36% am gesamten Gebäudeenergieverbrauch verantwortlich. In ihnen verbirgt sich folglich ein bisher kaum ausgeschöpftes Energieeinsparpotenzial. Damit können Nichtwohngebäude entscheidend dazu beitragen, die Klimaziele der Bundesregierung zu erreichen.
Wer besitzt Deutschlands Häuser?
Der Wohngebäudebereich ist in der Diskussion deutlich präsenter und lässt sich auch in seiner Eigentümerstruktur leichter erfassen. So spiegelt sich der große Anteil der Ein- und Zweifamilienhäuser auch hier wieder: Mehr als die Hälfte des Endenergieverbrauchs der Wohngebäude entfällt auf selbstnutzende Eigentümer, die größtenteils in Ein- und Zweifamilienhäusern, teilweise aber auch in Wohnungseigentümergemeinschaften leben.
Die Bewohner in den Wohnungen privater Kleinvermieter sorgen für ein gutes Drittel des Endenergieverbrauchs. Professionell-gewerbliche Eigentümer wie die öffentliche Hand, private Wohnungsunternehmen oder Genossenschaften haben mit etwa 12% einen eher kleinen Anteil am Energieverbrau
Trends der Energieeffizienz in Wohngebäuden
Energieeffizienz in Gebäuden hat in den letzten 10 Jahren enorm an Bedeutung gewonnen. In dieser Zeit hat sich viel getan: sowohl auf Seiten der Gebäudeeffizienz als auch am Verhalten der Bewohner. Das lässt sich besonders gut am Energieverbrauch für Raumwärme und Warmwasser nachweisen. Im Vergleich zu 2003 konnten bis 2013 etwa 20% des jährlichen Energieverbrauchs für Raumwärme und Warmwasser durch Effizienzmaßnahmen und verändertes Nutzerverhalten eingespart werden – und das, obwohl gleichzeitig die bundesweite Wohnfläche im selben Zeitraum um mehr als 10% gestiegen ist.
Insgesamt stiegen die Energiekosten für private Haushalte inflationsbereinigt um fast 10 Mrd. Euro. Ohne die erfolgten Einsparungen läge diese Zahl bei rund 20 Mrd. Euro. Betrachtet man die Entwicklung je Quadratmeter Wohnfläche, zeigt sich die positive Entwicklung noch deutlicher: 2003 verbrauchten private Haushalte noch 190 kWh pro Quadratmeter im Jahr, 2013 waren es 145 kWh.
Besonders stark macht sich der Verbrauchsrückgang beim Energieträger Öl bemerkbar, dessen Verbrauch seit 2003 um rund 40% zurückging. Wahrscheinliche Gründe dafür sind der Ersatz von Ölheizungen durch andere Heizsysteme, der Austausch alter Anlagen gegen effizientere sowie ein sparsameres Nutzerverhalten. Der Anteil der Gasheizungen schrumpfte deutlich langsamer, da offenbar viele Hauseigentümer ihre Ölheizungen gegen solche mit Gas ausgetauscht haben.
leichzeitig stieg jedoch der Anteil Erneuerbarer Wärme stetig an: Zuletzt machten Biomasse, Wärmepumpen und Solarenergie rund 13% des Endenergieverbrauchs aus. Im Neubau werden sogar knapp 40% der Häuser vorwiegend mit Erneuerbaren Energien beheizt – in drei Viertel der Fälle ist dies eine Wärmepumpe. Zudem wird in vielen neuen Häusern Solarenergie oder beispielsweise ein Kamin als sekundäre Wärmequelle genutzt.
Hervorragende Voraussetzungen
Die Rahmenbedingungen für Energieeffizienz in Gebäuden sind derzeit so gut wie nie zuvor. Die KfW Bankengruppe bietet Hauseigentümern extrem günstige Förderkonditionen an. Bei der Sanierung eines Altbaus auf das Niveau des KfW-Effizienzhauses 55 wird der Hauseigentümer mit einem Darlehen zu einem Zinssatz von 0,75% sowie einem Tilgungszuschuss von 22,5% der Darlehenssumme (bis zu 16875Euro für jede Wohneinheit) unterstützt. Bei einer Sanierung ohne Kredit sind sogar bis zu 25 % direkte Zuschüsse möglich. Mittels Marktanreizprogramm, das seit dem Jahr 2000 als zentrales Instrument zur Förderung von Erneuerbaren Energien im Wärmebereich dient, unterstützt der Staat Hausbesitzer, die in ihrem Eigenheim Biomasseanlagen, Solarheizungen oder Wärmepumpen installieren. Dafür gibt es einen Investitionszuschuss von KfW oder Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, der z.B. bei einem Pelletkessel mit Wärmespeicher bei mindestens 3500 Euro liegt.
Um neben dem Ausbau Erneuerbarer Energien die Energieeffizienz als zweite Säule der Energiewende hervorzuheben, hat die Bundesregierung Ende 2014 den Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz (NAPE) beschlossen. Die darin aufgeführten Maßnahmen sollen helfen, einen weiteren Beitrag zur Erfüllung der EU-Einsparverpflichtung zu leisten. In ihm werden u.a. der Ausbau der Energieberatung vor Ort und die Aufstockung des CO2-Gebäudesanierungsprogramms erwähnt.
Gleichzeitig sieht der Aktionsplan Klimaschutz 2020 eine Strategie „Klimafreundliches Bauen und Wohnen“ vor. Darin ist u.a. das Themengebiet „Klimafreundliche Wärmeerzeugung“ und der „Ideenwettbewerb: Klimafreundliches Bauen begehrlich machen“ verankert.
Die Energieeinsparverordnung und das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz stellen im Neubau inzwischen anspruchsvolle Anforderungen und werden in den nächsten Jahren das Niedrigstenergiehaus zum Standard machen. Im Bestand werden die Vorgaben bei fälligen Instandsetzungen inzwischen weitestgehend angewandt. Kaum ein Dachausbau erfolgt noch ohne Dämmung. Und auf dem Fenstermarkt sind mittlerweile Fenster mit einem Wärmedurchgangskoeffizient größer als 1,3 W/(m2 · K) praktisch nicht mehr erhältlich.
Auch der Absatz von Niedertemperaturkesseln geht stetig zugunsten von Brennwertkesseln zurück. Nur bei Fassaden findet auch weiterhin in großem Umfang der – nach EnEV zulässige – ausschließliche Neuanstrich ohne Anbringen von Dämmung statt. Insgesamt stellt sich das Modernisierungstempo folglich immer noch als zu gering heraus.
Sinkt der Energieverbrauch durch eine Sanierung tatsächlich?
In den letzten Monaten wurde in der Presse immer wieder bezweifelt, ob durch energetische Sanierungen tatsächlich Energieeinsparungen erreicht werden bzw. ob die Einsparungen nicht viel niedriger sind, als vorher berechnet. Dabei hat die dena bereits 2011 mit der Auswertung der tatsächlichen Verbräuche von über 60 der seit 2005 sanierten dena-Modellgebäude gezeigt, dass ein Endenergieverbrauch von ca. 50 kWh je Quadratmeter und Jahr in der Breite erreichbar ist. Wie der dena-Gebäudereport 2015 unterstreicht, verbrauchen umfassend sanierte Gebäude somit etwa drei Mal weniger Energie als ein durchschnittlicher Altbau (knapp 150 kWh/(m2 · a)). In diesem Jahr wird die dena diese Verbrauchserhebung erneut aktualisieren.
Eine gute Planung und eine sorgfältige Umsetzung sind die Voraussetzung für eine erfolgreiche energetische Sanierung. Problematisch ist allerdings, wenn vor der Sanierung falsche Versprechungen in Bezug auf die erreichbaren Einsparungen gemacht werden – etwa, wenn bei der Bilanzierung des Ist-Zustandes kein Bedarfs-Verbrauchs-Abgleich stattfindet und somit ein Energiebedarf für den Ausgangszustand angesetzt wird, der unter Umständen weit über dem tatsächlichen Verbrauch liegt. Die geplanten Kosteneinsparungen können sich dann in der Regel nicht einstellen.
Es gibt noch viel zu tun
Trotz der großen Fortschritte in der Gebäudeenergieeffizienz in den letzten Jahren gibt es noch immer viel zu tun. Es ist weiterhin ein großes Potenzial für energetische Sanierungen vorhanden: In Altbauten mit Baujahr bis 1978 sind rund 35% der Dächer, 65% der Fassaden und 80% Keller noch weitgehend ungedämmt. Etwa die Hälfte der Fenster hat noch alte Zweifachverglasungen. Und auch ein Großteil der Heizungstechnik, nämlich 55%, wurde vor 1997 installiert und entspricht damit nicht dem heutigen Stand der Technik und basiert zumeist auf fossilen Energieträgern. Für die große Zahl an Heizungen, die kurz nach der Wende in Ostdeutschland erneuert wurden, steht in den nächsten Jahren die Erneuerung an.
Nur ein sehr kleiner Teil der Wohngebäude befindet sich bereits mindestens auf dem energetischen Standard eines Neubaus: Etwa 8% des Wohngebäudebestands verbrauchen weniger als 70 kWh/(m² · a) und liegen damit in dem Bereich, in dem der Energieverbrauch eines Neubaus nach EnEV 2009 zu erwarten wäre.
Betrachtet man den Zeitraum 2010 bis 2013, wird deutlich, dass die Reduktion des Energieverbrauchs für Raumwärme und Warmwasser nahezu stagniert. Im Gegensatz dazu stieg jedoch der Warmwasserverbrauch im letzten Jahrzehnt um knapp 30%. Gründe für diese Entwicklungen können zum einen in den nicht so stark steigenden und zeitweilig gar fallenden Energiepreisen für Öl, Gas, Fernwärme und Strom liegen, die ein reduziertes Verbraucherbewusstsein bezüglich Energiesparen zur Folge haben.
Zum anderen gibt es trotz guter Förderkonditionen noch zu wenige Vollsanierungen – weniger als 15.000 Wohngebäude wurden zuletzt jedes Jahr zu einem Effizienzhaus saniert. Und auch bei den von der KfW geförderten Einzelmaßnahmen gab es bis 2011 einen deutlichen Rückgang. Im Neubaubereich hingegen sind die Tendenzen sehr positiv: Mehr als jedes zweite neu gebaute Haus wird von der KfW gefördert und ist damit mindestens 30% besser als die Anforderungen der EnEV. Aber auch ein Neubau bedeutet bei guter Energieeffizienz einen Flächenzuwachs und damit einen Mehrverbrauch an Energie. Dadurch wird folglich ein Teil der erfolgten Sanierungsbemühungen statistisch wieder ausgeglichen.
Um den Energieverbrauch auch künftig deutlich zu senken, sind erheblich größere Sanierungsanstrengungen erforderlich, die durch einen Fördermix aus Zuschüssen und Krediten unterstützt werden müssen. Nur so kann eine Verdopplung der Sanierungsquote erreicht werden. Gleichzeitig stellen die Stärkung der Energieberatung sowie eine Qualitätsoffensive derselben wichtige Bausteine dar, um den Beratungsmarkt zu intensivieren und verlässlicher zu gestalten.
Ebenso wichtig ist ein kontinuierliches Monitoring des Gebäudebestands, schließlich stammt die letzte Erhebung des Instituts für Umwelt und Wohnen in Darmstadt aus dem Jahr 2010 und bezieht sich auf Daten von 2009. Seitdem gab es keinerlei belastbare Zahlen zur Sanierungsrate, weshalb keine präzisen Aussagen zur Entwicklung der Sanierungsaktivitäten möglich sind. Anhand von verschiedenen Quellen, wie den Statistiken zur KfW-Förderung, lassen sich lediglich Indizien ablesen, mithilfe derer man auf die Sanierungsaktivitäten schließen kann.&nb
Was ist entscheidend für die Energiewende?
Wie sich der Markt energetisches Bauen und Sanieren künftig entwickelt, ist auf der einen Seite sicher von den politischen Rahmenbedingungen abhängig. Dabei bestehen insbesondere bei den Fördermöglichkeiten noch erhebliche Spielräume. Auf der anderen Seite können aber auch alle an der Sanierung Beteiligten einen wichtigen Beitrag für das Gelingen der Energiewende leisten. Hier sind innovative Ideen gefragt, die energetische Sanierungen vereinfachen, Hemmnisse abbauen und eine verlässliche und kompetente Umsetzung im Bauprozess garantieren.
Autor: Christian Stolte, Bereichsleiter
Energieeffiziente Gebäude bei der dena
Bilder: dena
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