Flüssiggasinstallationen – Teil 4: Gasrohrnetzberechnung nach TRF 2012
Eigentlich macht es niemand gern – die Berechnung von Flüssiggasleitungen. Warum aber ist diese Berechnung so wichtig? Ist die Flüssiggasleitung, durch die bei einem bestimmten Druck und einer bestimmten Nennweite eine ganz bestimmte Gasmenge strömt, zu klein dimensioniert, funktionieren die angeschlossenen Gasgeräte nicht. Dann spricht die Gasmangelsicherung an oder die Flammenwächter in den Geräten lösen aus und schalten die Geräte ab. Das bringt Ärger bei den Nutzern. Ist die Gasleitung aber zu groß, funktionieren die Geräte zwar einwandfrei, die Installation ist aber teurer als unbedingt erforderlich, und das Angebot des Installateurs ist nicht wettbewerbsfähig.
Ziel der Gasrohrnetzberechnung ist die Sicherstellung eines Fließdruckes von 45 mbar am Ausgang jeder Flüssiggas-Geräteanschlussarmatur sowie die Sicherstellung der Funktion des Gasströmungswächters.
Grundlagen der Dimensionierung nach TRF 2012
Grundlage der Dimensionierung von Flüssiggasleitungen sind folgende Drücke:
- Ausgangsdruck am Gas-Druckregelgerät Mitteldruck = 700 mbar (0,7 bar)
- Ausgangsdruck am Gas-Druckregelgerät Niederdruck = 50 mbar (500 Pa)
- Druck hinter der Gasgeräteabsperrarmatur = 45 mbar
Damit ergibt sich ein zulässiger
Gesamtdruckverlust von < = 500 Pa
oder 5 mbar. Damit hat sich der zulässige Druckverlust gegenüber der TRF 1996 verdoppelt! (zuvor 2,5 mbar bzw. 5 %,
gegenüber jetzt 5 mbar oder 10 %).
Ausgangspunkt der Berechnung ist immer die angeschlossene Nennbelastung QNB in kW, die vom Typenschild abgelesen oder aus der Beschreibung des Gasgerätes entnommen werden kann. Um nur mit ganzen Zahlen rechnen zu müssen, wird die Zahl vom Typenschild nach mathematischen Rundungsregeln auf ganze Zahlen gerundet. Davon abweichend gilt entsprechend der TRF 2012:
- Gas-Haushalts-Kochgeräte und -Kochmulden QNB 9 kW,
- Gasherde mit mehr als 4 Flammen, Summe aller Flammen x 0,6,
- „freie“ Gassteckdosen (GSD) QNB innen max. 9 kW,
- „freie“ Gassteckdosen (GSD) QNB außen max. 20 kW.
Die Berechnungsgrundlage von Flüssiggasanlagen beruht auf den DVGW-Arbeitsblättern G 617/G 619 und beinhaltet die in Tabelle 2 aufgeführten Werte.
Für die Rohre wird mit folgenden Rauigkeiten gerechnet:
- verzinktes Stahlrohr k = 0,15 mm,
- Präzisionsstahlrohr k = 0,10 mm,
- Kupfer-, Edelstahl und Kunststoffrohr k = 0,0015 mm.
Für die Berechnung ist die Leitungsanlage in Teilstrecken zu zerlegen und die Höhenunterschiede sind zu ermitteln. Da Flüssiggas schwerer als Luft ist, entsteht auf jedem steigenden Meter ein Druckverlust von 10 Pa.
Richtungsänderungen (90°-Bögen/Winkel und 90°-Abgänge bei T-Stücken) werden als Längenzuschlag berücksichtigt. Der Durchgang bei T-Stücken wird nur als Rohrmeter, handwerklich hergestellte Bögen werden nur als Rohr betrachtet.
Gaszählergruppen (GZ), Gasströmungswächter (GS), Geräteabsperrarmaturen (GAA), sonstige Absperreinrichtungen und Magnetventile werden als Einzelwiderstände berechnet.
Bis zu einer Länge von 1,5 m geht die Länge flexibler Rohrleitungen mit dem doppelten Wert in die Berechnungs-
länge ein (bei größeren Längen sind die Tabellen der Hersteller zu verwenden).
Berechnung von Flüssiggasanlagen
Grundsätzlich ist die Berechnung von neuen und vorhandenen Anlagen nach der TRF 2012 nach dem Diagrammverfahren oder dem Tabellenverfahren möglich. Für beide Verfahren gibt es Gasrohrnetzberechnungsprogramme, mit denen die Berechnung einfach und schnell erfolgen kann. Nicht zuletzt kann durch die genaue Berechnung eine oder mehrere
Dimensionen kleiner gebaut werden.
Diagrammverfahren nach TRF 2012
Das einfachste und schnellste Verfahren zur Gasrohrnetzberechnung ist das Diagrammverfahren nach TRF 2012.
Hier gelten folgende Rahmenbedingungen für die Berechnung im Niederdruck (50 mbar):
- Berechnung nur für Kupfer-, Edelstahl- und Präzisionsstahlrohr,
- Berechnung nur für einen Verbraucher mit max. Nennbelastung QNB = 128 kW,
- Der zulässige Druckverlust von max. 500 Pa ist eingearbeitet,
- Höhendifferenzen bleiben bis 10 m unberücksichtigt.
- Bei der Nutzung der Diagramme ist auf den Einsatz des Gaszählers zu achten.
- Diagramm 2.1 für Kupfer- oder Edelstahlrohrleitung ohne Gaszähler,
- Diagramm 2.2 für Kupfer- oder Edelstahlrohrleitung mit Gaszähler,
- Diagramm 3.1 für Präzisionsstahlrohr ohne Gaszähler,
- Diagramm 3.2 für Präzisionsstahlrohr mit Gaszähler.
Beispiel für eine Berechnung nach dem TRF 2012 Diagrammverfahren
Ein Beispiel soll verdeutlichen, wie einfach das Diagrammverfahren angewandt werden kann.
Gegeben ist eine Einzelleitungsanlage mit Flüssiggas-Tank, Niederdruckversorgung für einen Kombiwasserheizer, Rohrmaterial Kupfer mit folgenden Parametern:
- gestreckte Leitungslänge: l = 31,1 m,
- 90°-Bogen: 7 Stück,
- Typenschild des Gasverbrauchers:
- QNB = 23 kW,
- Gaszähler: ja,
- GS Typ K: ja,
- GAA mit TAE: GAA Eckausführung,
- HAE: HAE Durchgang,
- Versorgung über Niederdruck,
- Höhe: 6,4 m.
Gesucht werden:
- Berechnungslänge für Kupferrohr,
- Außendurchmesser des Rohres (10er bis 35er),
- Geräteabsperrhahn DN (DN 15 – DN 25),
- Gasströmungswächter Typ K GS 1,6 K bis GS 10 K,
- Gaszählergruppe G 2,5 oder G 4.
Die einzelnen Berechnungsschritte für Kupfer-, Edelstahl- und Präzisionsstahlrohr sollen im Folgenden erläutert werden.
1. Ermittlung der Berechnungslänge.
Die Berechnungsläne ergibt sich aus der gestreckten Rohrleitungslänge plus Formteilzuschläge gemäß Tabelle 19 der TRF 2012 (siehe Tabelle 3, unten).Abgelesen wird: Kupferrohr -->
90°-Bogen, Längenzuschlag bis
28er = 0,3 m/Stück. Gegeben waren 7 Bögen x 0,3 m, daraus ergibt sich
ein Längenzuschlag von 2,1 m. Diese werden zu den gegebenen 31,1 m dazu addiert, womit sich eine Berechnungslänge von 33,2 m ergibt.
2. Auswahl des richtigen Diagramms (Rohrmaterial und Gaszähler ja/nein).
In diesem Fall das „Diagramm 2.2 für Kupfer- oder Edelstahlrohrleitung mit Gaszähler“ (siehe Abbildung).
3. Ablesung der Dimension des Rohres (Außendurchmesser da) und der dazugehörigen Dimension der Geräteanschlussarmatur (Nennweite DN) --> 15er-Kupfer (15 x 1,0 mm), Geräteanschlussarmatur DN 15 (Eck- oder Durchgang),
4. Ablesen des Gasströmungswächters GS --> GS 2,5 K (bei Flüssiggas ist nur Gas-
strömungswächter Typ K zugelassen),
5. Ablesen der Zählergruppe Gaszähler --> Gaszählergruppe G 2,5 (egal ob Einrohr- oder Zweirohrzähler).
Die Gasrohrberechnungen mit dem Diagrammverfahren sind nicht nur einfach, sondern sie machen richtig Spaß!
Genauso werden die Diagramme für den Mitteldruck (0,7 bar) angewandt. Diese gibt es bis 300 m Rohrlänge und für Rohrmaterial Kupfer oder Edelstahlrohr, Präzisionsstahlrohr, Stahlrohr mittelschwer und PE Rohr SDR 11.
Tabellenverfahren nach TRF 2012
Das Tabellenverfahren nach TRF 2012 gilt für alle Gasrohrleitungsinstallationen im Niederdruckbereich, auch für verzweigte Rohrleitungen. Eine Auswahl von Rohrmaterialien (fünf Materialien) ist möglich für
Kupfer- oder Edelstahlrohr,
Präzisionsstahlrohr,
Stahlrohr, mittelschwer,
Kunststoff PE SDR 11.
Bei der Dimensionierung werden T-Stücke, Magnetventile, zusätzliche Absperreinrichtungen, Hauseinführungen u. a. mitberücksichtigt. Der Gleichzeitigkeitsfaktor und die Höhendifferenzen (ab 10 m muss immer mit der Tabelle gearbeitet werden) ist zu beachten.
Über die angeschlossene Belastung (Typenschilder) wird ermittelt:
- Druckverlust des oder der Gasströmungswächter (GS),
- Druckverlust Zählergruppe (GZ) – wenn erforderlich,
- Rohrdruckgefälle jeder Teilstrecke,
- Druckverlust Geräteanschlussarmatur mit TAE (GAA) oder Gassicherheitssteckdose GSD,
- Druckverlust zusätzlicher Absperreinrichtung (AE) ohne TAE,
- Rohrdruckverlust der Teilstrecken wird ermittelt,
- die Berechnungslänge ist die Länge der Teilstrecken plus Formteilezuschläge,
- der Druckverlust aus der Höhe wird ermittelt (10 Pa/m).
Die Summe aller Druckverluste darf 500 Pa nicht überschreiten.
Beispiel für eine Berechnung nach dem TRF 2012-Tabellenverfahren
Der Einfachheit halber nehmen wir das Beispiel aus dem Diagramm und rechnen es mit dem Tabellenverfahren nach! Gesucht werden:
1. Dimension der HAE --> Druckverlust 1 (in Pa),
2. Dimension GS Typ K --> Druckverlust 2 (in Pa),
3. Dimension Gaszählergruppe --> Druckverlust 3 (in Pa),
4. Dimension GAA--> Druckverlust 4 (in Pa),
5. Druckverlust aus der Höhe --> Druckverlust 5 (in Pa),
6. Länge der Flüssiggasleitung (in m),
7. Dimension Kupferrohr,
8. Längenzuschlag für Bögen (in m),
9. Berechnungslänge Leitung (in m),
10. Druckverlust der Rohrleitung --> Druckverlust 6 (in Pa),
11. Die Addition der Druckverluste
(zu 1 + 2 + 3 + 4 + 5 + 6) muss < 500 Pa sein.
Berechnen wir das für 1. den Gaszähler und 2. für die Gasrohrleitung; denn: Wenn man eine Berechnung beherrscht, kann man auch den Gasströmungswächter, die GAA, die HAE und weitere Baugruppen berechnen.
1. Auslegen und Berechnen des Gaszählers: Gegeben sind 23 kW --> den nächsthöheren Wert (= 25 kW) wählen und ablesen: G 2,5 mit einem Druckverlust von 45 Pa. (Ein Gaszähler G 4 hätte bei 23 kW nur 35 Pa Druckverlust; siehe Bild).
2. Berechnen und Auslegen der Gasrohrleitung: Gegeben sind 23 kW --> ablesen 15er-Kupferrohr mit einem Druckverlust von 9 Pa/m. (Das 18er-Kupfer-
rohr hätte bei 23 kW nur 3,5 Pa/m Druckverlust; siehe Bild).
Da wir bereits bei der Berechnung mit dem Diagramm die Berechnungslänge mit 33,2 m ermittelt haben, muss nur noch diese Länge mit den abgelesenen 9 Pa/m multipliziert werden und wir erhalten für die gesamte Rohrlänge einen Druckverlust von 33,2 m · 9 Pa/m = 298,8 ~ 299 Pa.
Mit weiteren Tabellen haben wir die fehlenden Druckverluste ermittelt und können jetzt addieren: 299 Pa (Rohrleitung s. o.) + 15 Pa (Absperreinrichtung Durchgang der HAE) + 20 Pa (GS 2,5 K)
+ 45 Pa (Gaszählergruppe G 2,5 s.o.)
+ 64 Pa (Druckverlust aus Höhe 6,4 m · 10 Pa/m) = 453 Pa Gesamtdruckverlust.
Der Gesamtdruckverlust von 453 Pa ist kleiner als der zulässige Druckverlust von 500 Pa; daraus folgt, dass die Leitung fachgerecht dimensioniert ist.
Berechnung mit Gasrohrnetzberechnungsprogrammen
Auf dem Markt gibt es mehrere Programme zur Gasrohrnetzberechnung, jedoch vor allem für die Berechnung von Erdgasanlagen.
Ein einfaches, ohne Schulung beherrschbares Programm, stellt „IBAP Rohr Flüssiggas“ dar.
Einzugeben für die Rohrnetzberechnung sind nur die Werte, die bekannt sind:
- Auswahl des Rohrleitungsmaterials (Kupfer-, Edelstahl, Stahl-Gewinderohr-, PE –SDR 11 oder nahtlose Stahlrohre),
- Nennwärmebelastung der Gasgeräte (Typenschilder) in kW,
- die Länge der Rohrleitung von der HAE bis zum Gasgerät bzw. des Leitungsabschnittes,
- die Anzahl der 90°-Winkel oder -Bögen und der T-Stücke,
- Höhe von HAE bis zum Gasgerät (geschätzt oder gemessen),
- Geräteabsperrarmatur, sonstige AE, Gasströmungswächter, GZ nur mit „Ja“ oder „Nein“.
Auf dem Bildschirm werden angezeigt und können gedruckt werden (nur
eine Seite):
- Außendurchmesser der Gasrohrleitung z. B. für Kupfer (15er, 18er, 22er ... 35er) oder Nenndurchmesser für Stahl,
- die Größe der Gasströmungswächter (GS 1,6; GS 2,5; GS 4, GS 6, GS 10),
- die Größe des Gaszählers (G 2,5; bis G 10) als Zählergruppe – eigene Eingaben möglich, da das Programm immer die kleinste mögliche Armatur vorauswählt,
- die Größe der Gasgeräteanschlussarmatur GAA (GSD, Eck- oder Durchgang),
- Ergebnis in Pascal <=500 Pa i. O. = grün oder >500 Pa = neu berechnen (rot).
Jetzt kann die Dimension der Rohrleitung, der GAA oder des Gaszählers einfach geändert werden, bis das Ergebnis grün ist. Das Ändern der Dimensionen erfolgt mit einer einfachen Zahl, und das Programm setzt z. B. bei Eingabe 21 (gibt es nicht!) 18er-Kupfer oder für Stahl DN 20 ein.
Fazit
Die Gasrohrnetzberechnung nach der neuen TRF 2012 ist mit dem Diagramm oder dem Tabellenverfahren sehr einfach und schnell möglich. Bei komplizierten Anlagen leistet eine Berechnungssoftware wie „IBAP Rohr Flüssiggas“ gute Dienste. Sie sichert die minutenschnelle Berechnung für einen Leitungsabschnitt, auch von umfangreichen Gasleitungsanlagen oder Bestandsanlagen.
Autor: Dipl.-Ing. Andreas Preußen
Literatur:
- DIN EN 12542 – Flüssiggas-Geräte und Ausrüstungsteile – ortsfeste, geschweißte zylindrische Behälter aus Stahl, die serienmäßig für die Lagerung von Flüssiggas (LPG) hergestellt werden, mit einem Fassungsvermögen bis 13 m,
- DVGW-Arbeitsblatt G 600, Technische Regeln für Gasinstallationen, DVGW TRGI 2008, April 2008,
- DVGW-Arbeitsblatt G 617,
- DVGW-Arbeitsblatt G 619,
- „IBAP Erdgasbuch“, Dipl.-Ing. Andreas Preußer, Ausgabe 2008,
- Gasrohrberechnungsprogramm „IBAP Erdgas Flüssiggas“, Version 1.1, Stand 2013,
- Seminarunterlage „Die neue TRF 2012“, DVFG und DVGW, Februar 2012,
- Technische Regeln Flüssiggas 2012, DVFG-TRF 2012, Stand 2012,
- Unfallverhütungsvorschrift Verwendung von Flüssiggas BGV D 34, Januar 1997.