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Einsparpotenzial durch Einzelraumregelungen - Ergebnisse eines Feldtests

75% der in deutschen Haushalten verbrauchten Energie wird für das Heizen aufgewandt. Bei der Heizenergie liegt das größte Potenzial hinsichtlich der Energieeffizienz im Wohnbau. Durch den Einsatz von Einzelraumregelsystemen können bis zu 20% der Heizenergie eingespart werden, doch bisher war die Nutzerakzeptanz bei diesen Systemen gering. Intelligente, selbstlernende System helfen, den Komfort für die Nutzer und damit die Akzeptanz wesentlich zu steigern.

Einzelraumregelungssysteme sind eine Maßnahme, um Heizenergie effektiv einzusetzen und zu sparen, ohne auf Komfort zu verzichten.

Über die Temperaturunterschiede am warmen Vorlauf auf der linken Seite und dem außen liegenden Kühlkörper wird Energie erzeugt.

Ein Raumsensor kann bis zu vier Ventilregler steuern.

Die blaue Kennlinie zeigt die Verbräuche der Haushälfte, die mit en:key ausgestattet wurde, die rote Kennlinie der Haushälfte ohne Regelsystem, die Grüne den Gesamtverbrauch. Deutlich ist die größte Spreizung der roten und blauen Linie und damit die höchste Energieeinsparung am Abend und am Morgen zu sehen.

 

Aufgrund stetig steigender Energiepreise und den daraus resultierenden wachsenden Nebenkosten wird die Energieeffizienz im Wohnungsbau zu einem immer wichtigeren Thema. Maßnahmen zur Reduzierung der Heizenergie im Geschosswohnungsbau reduzierten sich bisher hauptsächlich auf die Dämmung der Gebäudehülle und effizienzsteigernden Maßnahmen bezüglich der Anlagentechnik. Dabei handelt es sich immer um Ansätze, die das gesamte Gebäude betreffen. Einsparpotenziale innerhalb der Wohnungen sind noch kaum erschlossen. Dabei können hier mit geringinvestiven technischen Maßnahmen enorme Einspareffekte erzielt werden.
Eine sinnvolle Maßnahme, um Heiz­energie effektiv ein­zusetzen und zu sparen, ohne auf den gewohnten Komfort zu verzichten, sind sogenannte Einzelraumrege­lungs­sys­teme. Das Funktionsprinzip dieser Regelungssysteme beruht darauf, dass einzelne Räume zu verschiedenen Zeiten unterschiedlich genutzt werden und dementsprechend auch unterschiedlich beheizt bzw. abgesenkt werden können. In verschiedenen Studien wurde nachgewiesen, dass durch solche Systeme zwischen 15 und über 30% Heizenergie eingespart werden kann. Um diese Werte zu erreichen, wird jedoch von einem optimalen Verhalten und dem Verständnis der Bewohner für das System ausgegangen. Eine im Jahr 2010 vom Deutschen Mieterbund veröffentlichte Studie über intelligente Heizungsregelsysteme belegt allerdings, dass die oben genannten Einsparungen beim Einsatz der Systeme im Geschosswohnungsbau meist nicht erreicht werden. Der Grund dafür liegt zu einem großen Teil in der Komplexität der Lösungen. Bei den meisten Systemen muss der Mieter selbst für jeden Raum und jeden Tag der Woche die Nutzungszeiten an einer Zentrale in seiner Wohnung programmieren. Nach diesem programmierten Schema werden dann die Thermostatventile an den Heizkörpern per Funk gesteuert. Ändert sich der Tagesablauf muss neu programmiert werden. Die meisten Bewohner sind mit dieser Bedienung überfordert.

Selbstlernende Einzelraumregelsysteme

Abhilfe können intelligente, selbstlernende Einzelraumregelsysteme wie das System en:key schaffen, das von Kieback&Peter gemeinsam mit der Technischen Hochschule Wildau innerhalb eines vom Land Brandenburg geförderten Forschungsprojekts entwickelt und in einem einjährigen Feldtest evaluiert wurde. Hierbei handelt es sich um ein System, das nicht programmiert werden muss, sondern selbstständig lernt, wann ein Raum genutzt wird und wann nicht. Es besteht aus einem Raumsensor mit Präsenzerkennung und bis zu vier funkgesteuerten Ventilreglern, die anstelle der bisher genutzten Thermostatventile an den Heizkörpern angebracht werden. Der Raumsensor wird in jedem Raum an die Wand geschraubt oder geklebt. Die Installation ist für den Fachmann Routine, eine Verkabelung ist nicht notwendig. Die Komponenten kommunizieren mittels EnOcean-Funktechnologie miteinander.
Das System en:key lernt nicht nur eigenständig das Nutzungsprofil eines Raumes, es ist als erstes Einzelraumregelsystem auf dem Markt auch energieautark und damit wartungsfrei. Es benötigt keine Batterien, sowohl der Raumsensor als auch die Ventilregler erzeugen die von ihnen benötigte Energie selbst. Der Raumsensor gewinnt Strom per Solarzelle aus Tageslicht oder künstlicher Beleuchtung. Der Ventilregler ist mit einem Thermogenerator ausgestattet und gewinnt Energie über ein Peltier-Element durch die Temperaturdifferenz des warmen Vorlaufs des Heizkörpers und der im Vergleich dazu kühlen Umgebungsluft (siehe Kasten). Beide Komponenten haben ein internes Energiemanagement und können die gewonnene Energie puffern. Während des gesamten Feldtests konnte so ein unterbrechungsfreier Betrieb gewährleis­tet werden.

Präsenzerkennung statt Programmierung

Die Bedienung des en:key Systems ist sehr einfach und stellt für den Mieter keine Änderung seines bisherigen Verhaltens dar. Der Nutzer wählt an dem neuen Ventilregler seine Wohlfühltemperatur für den Raum, genau wie er es vorher an seinem Heizkörperthermostatventil getan hat. Während der Testphase wurden die Nutzer gebeten, möglichst wenig selbst an den Ventilen zu regeln, sondern dies dem Regelsystem zu überlassen.
Der Raumsensor des Systems ist mit einer Präsenzerkennung ausgestattet, über die die Nutzungsphasen eines Raums erkannt und gelernt werden. Für jeden Tag der Woche wird auf diese Weise ein Nutzzeitprofil erstellt. Bei der Erstinstallation haben die Raumsensoren ein voreingestelltes Profil, nach etwa 3 Wochen tritt das erste gelernte Profil in Kraft. Erkennt der Raumsensor im Profil, dass ein Raum für eine längere Zeit nicht genutzt wird, wird für diese Zeitspanne die Raumtemperatur um maximal 4°C abgesenkt. Da über das Profil auch bekannt ist, wann der Bewohner den Raum wieder nutzen wird, wird er vorher wieder auf die eingestellte Wohlfühltemperatur aufgeheizt. Wird ein Zimmer doch einmal entgegen dem üblichen Verhalten genutzt, hat der Mieter die Möglichkeit, durch das Drücken der Präsenztaste am Raumsensor das erlernte Profil außer Kraft zu setzen und sofort wieder in den Komfortmodus zu schalten. Sollte er das nicht tun, erkennt das System selbst nach einer halben Stunde, dass an diesem Tag der Raum außerplanmäßig genutzt wird und beginnt dann wieder zu heizen.
Auch Änderungen und Ausnahmen sowie das Öffnen von Fenstern werden von en:key erkannt. Wird ein Fenster geöffnet, wird die Temperatur der Heizkörper in diesem Zimmer abgesenkt. Ändern sich Abwesenheitszeiten, wie es beispielsweise bei Schichtarbeitern der Fall ist, oder gehen die Kinder zu anderen Zeiten zur Schule, erkennt der Raumsensor diese Änderungen und stellt sein Profil um. Auch Urlaubszeiten werden automatisch erkannt. Wird in einem Raum entgegen dem normalen Profil gar keine Bewegung mehr festgestellt, wird ab dem dritten Tag das erlernte Profil gespeichert und ab diesem Zeitpunkt dauerhaft die Raumtemperatur abgesenkt. Erst wenn wieder Bewegung erkannt oder die Präsenztaste gedrückt wird, wird das Profil wieder aktiviert.

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Ergebnisse des Feldtests

Durch das Absenken der Solltemperatur um maximal 4?°C bei Abwesenheit wird Heizenergie eingespart und gleichzeitig eine zu starke Auskühlung des Raumes verhindert. So wird der Energieaufwand beim Wiederaufheizen auf Wohlfühltemperatur möglichst gering gehalten. Der Prozess des Absenkens läuft vom Nutzer unbemerkt in seiner Abwesenheit ab. Der Mieter profitiert von der Einsparung möglichst ohne jeden Komfortverlust.
Wie in dem Feldtest, der von der TH Wildau begleitet und ausgewertet wurde, festgestellt werden konnte, ergeben sich die größten Einspareffekte in Objekten mit bislang hohem Energieverbrauch. Gerade für Wohnungsunternehmen mit bisher energetisch unsaniertem oder teilsaniertem Bestand ist der Einsatz von en:key daher besonders interessant. Der Investitionsaufwand ist im Vergleich zu baulichen oder anlagentechnischen Maßnahmen gering, durch die Wartungsfreiheit entfallen Folgekosten und die Einführung kann wohnungs- oder objektweise geschehen. Außerdem kann die Umrüstung auf eine selbstlernende, elektronische Einzelraumregelung betriebswirtschaftlich interessant für Wohnungsunternehmen sein. Die Investitionskosten können in Höhe von 11% direkt als Modernisierungsumlage zur Berechnung der Nettokaltmiete herangezogen werden, wie ein Gutachten des Instituts InWIS aus Bochum bestätigt. Danach ist „die Installation grundsätzlich als eine Modernisierungsmaßnahme anzusehen, … wenn hiermit eine tatsächliche Verbesserung … herbeigeführt wird.“ Werden also manuell zu bedienende Thermostatköpfe durch eine intelligente Einzelraumregelung ersetzt, ist dies laut InWIS eine umlagefähige Verbesserung.

Akzeptanz und Einsparung

In dem einjährigen Feldtest, der in verschiedenartigen Wohngebäuden in ganz Deutschland durchgeführt wurde, wurden zwei Themenschwerpunkte untersucht: die tatsächliche Energieeinsparung und die Nutzerakzeptanz.
Bei der Installation wurde das en:key-System den Mietern einmalig erklärt, eine Nachschulung während der Laufzeit des Feldtests erfolgte nicht. Zur Evaluierung der Nutzerakzeptanz wurden die Mieter mehrerer Wohngebäude nach einer Heizperiode durch Mitarbeiter der TH Wildau befragt. Von den befragten Mietern haben mehr als 75% die Handhabung des en:key-Systems als „einfach“ und „sehr einfach“ bewertet. Die gleiche Anzahl bewertete den Raumsensor als „verständlich“. Auch die beteilig­ten Wohnungsunternehmen bestätigten, dass es während der Testphase keine Beschwerden über die automatische Temperatur­anpassung gab.
Um die Energieeinsparung durch die Einzelraumregelung beurteilen zu können, wurden in den Testobjekten über zusätzliche Sensoren Daten erhoben und ausgewertet. Besonders aufschlussreich ist ein Wohnhaus mit zwei Aufgängen und je sechs gleich geschnittenen Wohnungen pro Aufgang. Alle Wohnungen werden mit einem zentralen Gas-Brennwertkessel beheizt. Die Wohnungen eines Aufgangs wurden mit en:key ausgestattet, die anderen nicht. Um die Entwicklung der Verbrauchswerte unterscheiden zu können, wurden beide Haushälften mit getrennten Wärmemengenzählern ausgestattet. Schon nach kurzer Lernphase waren die ersten Einsparungen zu sehen. Besonders deutlich sind Einsparpotenziale morgens und abends zu erkennen, da in diesen Zeiten quasi eine individuelle Nachtabsenkung für jeden Raum gemacht wird. Diese Absenkzeiten, die sich nach dem individuellen Verhalten jedes einzelnen Mieters richten, fallen deutlich länger aus als die vorgegebene Nachtabsenkung des Kessels. In diesem Objekt lässt sich eine Heizenergieersparnis von bis zu 25% nachweisen.

Weitere Einsparpotenziale

Die Energieeinsparung über intelligente Einzelraumregelungen stellt nur den ersten Schritt auf dem Weg der technisch möglichen Energieoptimierungen dar. Ist ein ganzes Haus mit solchen Systemen ausgestattet, lässt sich durch Zusammenfassung aller Nutzzeitprofile der Gesamtenergiebedarf des Objekts zu jeder Zeit im Voraus genau berechnen. Dieses kumulierte Hausprofil kann direkt für die lastabhängige Steuerung der Wärmeerzeugung und -bereitstellung genutzt werden. Bereitschaftsverluste können so wesentlich vermindert werden, ein weiteres, von der Einzelraumregelung völlig unabhängiges Potenzial wird ausgeschöpft. Die zusätzliche Berücksichtigung von Wettervorhersagen kann die Bereitstellungsverluste nochmals minimieren.

Schlussbemerkung

Das energetische Einsparpotenzial über vernetzte technische Systeme im Geschosswohnungsbau ist noch lange nicht ausgeschöpft. In dem Forschungsprojekt wurde eine Reihe von Anforderungen deutlich, die Systeme erfüllen müssen, wenn sie im Wohnungsbau eingesetzt werden sollen. Basierend auf der Studie der TH Wildau zählen dazu vor allem die Nachrüstbarkeit im Bestandsbau, die einfache Installation sowie die wartungsfreie Funktion der Komponenten. Der Mieter soll weder Installation noch Betrieb eines neuen Systems als Belästigung empfinden. Von zentraler Bedeutung ist, dass jeder Mieter imstande ist, das System zu bedienen. Er muss jederzeit in der Lage sein, die Technik zu beherrschen und nach seinen Wünschen zu beeinflussen. Die Wohnungswirtschaft profitiert dann nicht nur von den Energieeinsparungen sondern auch von der Zufriedenheit ihrer Mieter.

Autorin: Prof. Birgit Wilkes, Leiterin des Instituts für Gebäudetelematik, Technische Hochschule Wildau

Bilder: Technische Hochschule Wildau

www.th-wildau.de
www.enkey.de

 


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