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Effizienz durch Größe

Solarthermische Anlagen zeigen ihr ganzes Potenzial in Gewerbe- und Industriebauten

Für einen hohen Deckungsgrad: Es muss nicht immer geneigt sein. Auch eine senkrechte Anbringung an der Fassade, wie hier an einem Wohnhaus in Hannover, ist denkbar. Bild: Wagner Solar

Ein wichtiger Aspekt bei der Planung ist immer die Entfernung zum Verbraucher: Im Mai 2016 begonnene Aufständerung von 2230 m² Solarthermie-Kollektoren direkt neben einem Wärmenetz in Chemnitz. Bild: Wagner Solar

Gerade in Ballungsräumen wirtschaftlich umsetzbar. Hier eine Solarthermieanwendung in einer Hamburger Wohnsiedlung. Bild: Wagner Solar

Der Energiebunker in Hamburg zeigt, dass sich auch hierzulande größere Solarprojekte rechnen können. Bild: Ritter XL Solar

 

Solarthermie auf Einfamilienhäusern ist Standard. Die EnEV zwingt Häuslebauer regelrecht dazu, die Wärmeversorgung der eigenen vier Wände teils auf erneuerbare Füße zu stellen. Doch erst in großen Anwendungen für Wohnungswirtschaft, Gewerbe und Industrie spielt die Solarthermie ihre ganze Effizienz aus. Für die TGA-Branche könnte dies ein lohnendes und zukunftsfähiges Geschäftsfeld sein.


Die Funktion einer Solarthermieanlage ist längst allgemein bekannt. Sie nutzt die Sonnenenergie, um einen Speicher für die Warmwasserbereitung zu beladen oder setzt die aufgefangene Strahlung für die Heizungsunterstützung ein. Hier unterscheiden sich die größeren Anlagen kaum von den Kleinen. Allerdings ergeben sich bei größeren Solarsystemen facettenreichere Einbindungsmöglichkeiten. Ein Beispiel dafür sind Nahwärmenetze. Wie die gewünschte Großanlage ausgestattet sein sollte, richtet sich nach dem Deckungsgrad, mit dem der Wärmebedarf erreicht werden kann.

Deckungsgrad als wichtiges Kriterium
Wer eine solarthermische Anlage für Wohnungswirtschaft, Gewerbe oder Industrie plant, geht meist von der zur Verfügung stehenden Montagefläche aus (sie­he auch Textkasten „An ausreichend Dachfläche und Speicher denken“). Eine andere Möglichkeit ist der gewünschte Deckungsgrad. Aus dem ergeben sich wiederum Kollektorfläche und die Notwendigkeit eines Speichers sowie des Netzes. Eine Übersicht über die ungefähr zu erwartenden Kosten inkl. einer Amortisationsrechnung findet sich in Tabelle 1.
Tipp: Eine Minimierung der Kosten für solare Fernwärme übernimmt das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Bis zu 50%, in Einzelfällen bis zu 65% der Nettokosten – darunter auch Planungskosten, Kosten für System­einbindung oder Kosten für Mess- und Datenerfassungseinrichtungen – werden für thermische Solaranlagen ab 40m² Kollektorfläche gezahlt. Die Beantragung und Begleitung der Förderung ist jedoch recht kompliziert. Mehr Informationen darüber finden sich unter www.bafa.de.

Verbrauchsnahe Lösungen sind effizienter
Ein wichtiger Aspekt bei der Planung ist immer die Entfernung zum Verbraucher. „Ideal ist die Installation solarthermischer Anlagen für die Nahwärmeunterstützung in der Nähe einer Siedlung oder von Gewerbegebieten mit hohem Wärmebedarf“, erklärt der Projektentwickler Ralf Orths des Herstellers von Solarkollektoren Wagner Solar. So könnten Dächer eines Einkaufszentrums in zentraler Lage im Wohngebiet, Grünflächen in unmittelbarer Umgebung oder Flächen entlang eines Lärmschutzwalls genutzt werden. Dabei ist ein Einspeisemanagement wichtig, um je nach aktueller Netztemperatur, die im Sommer oft höher ist als im Winter, den optimalen Betrieb zu ermöglichen.
Neben den Vakuumröhrenkollektoren werden für den Einsatzzweck auch doppelt verglaste Großkollektoren eingesetzt, die durch geringere Wärmeverluste ertragreich bei hohen Temperaturen arbeiten. Die großen Einheiten mit bis zu 13,2 m² ermöglichen kostengüns­tige und schnell zu errichtende Systeme. In Chemnitz und Düsseldorf werden in diesem Jahr solche Systeme mit bis zu 2230 m² Kollektorfläche entstehen.
In den skandinavischen Ländern hat man schon frühzeitig die Systeme auf die solare Unterstützung ausgelegt und erreicht sehr niedrige Rücklauftemperaturen von ca. 35°C. Dort arbeiteten Anlagen mit bis zu 100.000 m² Flachkollektoren für die komplette Wärmeversorgung von Kleinstädten im Sommer seit über zwei Jahrzehnten bereits erfolgreich. „Hier in Deutschland haben wir oftmals allein Rücklauftemperaturen von 50 bis 70°C und einen Vorlauf von 90 bis 105°C und mehr. Da gibt es noch Optimierungspotenziale für die Integration der Solarthermie“, so Orths.
Viele Stadtwerke haben aber das Thema aufgenommen und prüfen die Integration in bestehende Netze und neu zu erschließende Wohngebiete als wirtschaftliche Option, etwa in Verbindung mit Biomassekesseln. Die aktuellen Fördervoraussetzungen verstärken die Attraktivität. So sprach sich das BMWI beim diesjährigen Otti Symposium der Solarthermie-Branche in Staffelstein für die weitere positive Begleitung der Solarthermie aus.

Ballungsräume besonders attraktiv
Abnehmer großer Warmwassermengen gibt es vor allem im Wohnungsmarkt, der an Wärmenetze gebunden ist. „Hier kann die Solarthermie tendenziell einfach wirtschaftlicher betrieben und die Anschaffungskosten auf mehrere Parteien umgelegt werden“, so Sabine Eva Rädisch, Solarthermie-Bloggerin. Die Anlagen könnten auf den Dächern öffentlicher Gebäude stehen und beispielsweise die Verwaltung, Einrichtungen wie Schulen oder Schwimmbäder oder eben aber die kommunalen Wohnungen mit wärmen. Allerdings: Anlagen auf Dächern sind deutlich teurer als Freiflächenanlagen. Deswegen lassen sich in aller Regel nur große Freiflächenanlagen wirtschaftlich betrei-
ben. Hierbei sind auch solare Nahwärmenetze möglich. Sie erlauben den Anschluss vieler Wohngebäude. Über das Jahr hinweg könnten so rund 30% des Wärme-
bedarfs durch Solarthermie gedeckt werden.
Die technischen Fragen der Anbindung sind weitgehend gelöst. Die benötig­ten Netze haben im Sommer jedoch einen eigenen Energiebedarf, der logischerweise zu Netzverlusten führt. Das macht auf der anderen Seite den Betrieb mit Solarthermie interessanter. Durch die Effizienz der neuen Anlagen betragen die Verluste nicht mehr als 15%. Auch deswegen müssen sie nicht zwangsläufig zu ineffizienten Systemen führen.

Genug Sonne – auch im Bundesgebiet
Meteorologische oder geologische Besonderheiten, die eine großflächige Solarthermie in Deutschland unmöglich machen, gibt es nicht. Als Manko gilt, dass hierzulande rund 10 bis 15% weniger Sonnenstrahlung herrschen und somit weniger Ertrag als in Südeuropa erzielbar ist. Aber das ist vertretbar, was u.a. der Ener­giebunker im sonnenarmen Hamburg zeigt. Hier wurde ein alter Flakbunker zum Erneuerbare-Energien-Kraftwerk umgerüs­tet. Der Bunker selbst dient als 2000 m³ großer Pufferspeicher zur Integration der Solarthermie, industrieller Abwärme und eines Biomethan-
BHKWs. Sein Dach und ein Teil der Südfassade wurde mit 1348m² Kollektorfläche bestückt, die eine maximale Leistung von 750 kW erzeugen. Der durchschnittliche Jahresertrag der Solarthermie liegt bei 550 MWh. Der erzeugte Wärmepreis wird mit unter 30 Euro je MWh angegeben. Das ist ein Drittel des durchschnittlichen bundesdeutschen Fernwärmepreises für Endverbraucher. Er gehört dem Netzbetreiber Hamburg Energie und speist in dessen Wärmenetz direkt ein. Im Endausbau kann er 3000 Haushalte mit Wärme versorgen. Die Gesamtinvesti-
tionen beliefen sich auf 27 Mio. Euro.
Ein anderes Beispiel liegt in Büsingen, der deutschen Exklave in der Schweiz. Hier wurden auf einer Heizzentrale und auf einem Freigelände über 1000 m² Kollektorfläche installiert. Diese liefert jährlich rund 550 MWh und deckt im Sommer den kompletten Warmwasserbedarf ab. Über das Jahr gesehen deckt die Solarthermie 13% des Wärmebedarfs ab. Die Wärme wird in ein 5 km langes Nahwärmenetz eingespeist, das 107 Häuser, darunter Wohngebäude, Gewerbe (Autohaus, Hotel, Sparkasse) und öffentliche Gebäude (Rathaus, Post, Kirchengemeinde, Kindergarten, Schule) versorgt. Zur Anlage gehören zwei Pufferspeicher mit je 50m³ Volumen. Die Gesamtinvestition lag bei 3,5 Mio. Euro, davon 550.000 Euro für die Solaranlage.

Autor: Frank Urbansky, freier Journalist und Fachautor


Weiterbildungen zur Großflächigen Solarthermie
Die Hochschule Trier plant Ende 2016/ Anfang 2017 ein 2-Tages-Seminar für Planer und TGA-Spezialisten, wie man große solarthermische Anlagen plant und baut (www.solar.fh-trier.de). Die Schulungen bestehen aus zwei Teilen:

  • Theorie und Praxis: Thermodynamische und fluidmechanische Grundlagen und Besonderheiten bei der Sonnenwärme; beispielhafte Umsetzung in der Praxis mit konkreten Rechenbeispielen und -aufgaben sowie die Besichtigung von realisierten Anlagen.
  • Dos and Don’ts: Für „Solare Problemstellungen“ (etwa sommerliches Überangebot, Hi-/Low-flow, Speicher- oder Kollektorverschaltungen etc.) werden verschiedene Lösungen gezeigt und deren Pro und Contra diskutiert.

Die Fraunhofer Academy bietet ab Juni 2016 das Seminar „Thermische Solarenergie – Gebäude“ an (www.academy.fraunhofer.de) Schwerpunkte: Wärmeerzeugung und -versorgung, solarthermische Technologie- und Sys­temvarianten inkl. deren zukunftsfähigkeit, technische Charakterisierung, Produktionsprozesse, Simulationsmethoden, Einbindung von Solarthermie in die Architektur.
Das Sonnenhaus-Institut als auch die Solar- und Wärmetechnik Stuttgart (SWT) halten regelmäßige Schulungen zum Thema großflächige Solarthermie ab. Alle Informationen darüber finden sich unter www.sonnenhaus-institut.de und www.swt-technologie.de. Unabhängige Hinweise finden sich auch auf www.solare-fernwaerme.de sowie auf www.solites.de. Zudem bieten einige Energieagenturen der Länder ebenfalls Beratungen zur großen Solarthermie an.

 


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