Werbung

Die Zukunft ist hybrid

Wärmepumpen könnten in Smart Grids und bei der energetischen Gebäudesanierung

Das „Aktivhaus B10“ in Stuttgart zeigt das Heizen der Zukunft: Eine Wärmepumpe sorgt in Verbindung mit einem Eisspeicher und Photovoltaik-Modulen mit integrierter Solarthermie (PVT) für Wärme. Der Haus-Prototyp produziert doppelt so viel Strom, wie er verbraucht. Bild: Zooey Braun

Mit einer Luft/Wasser-Wärmepumpe lässt sich die in der Außenluft vorhandene Energie für die Gebäudeheizung und zur Erwärmung des Trinkwassers nutzen. Das funktioniert grundsätzlich auch bei niedrigen Temperaturen im Winter. Bild: Viessmann

Die Kombination aus Sole/Wasser-Wärmepumpe und Eisspeicher nutzt die im Wasser enthaltene Energie, die beim Gefrieren frei wird: Die Wärmepumpe entzieht dem Speicher solange Energie, bis das Wasser vereist. Solare Wärme taut den Eisspeicher später wieder auf. Der Kreislauf beginnt von Neuem. Bild: Viessmann

Wärmepumpen lassen sich heute bequem mit einem Smartphone oder Internet einstellen und überwachen. Der Eigentümer weiß jederzeit über aktuelle Betriebstemperaturen Bescheid. Bild: ait-deutschland

Beispiel für ein multivalentes Heizsystem: Es kombiniert eine Warmwasser-Wärmepumpe mit einer Photovoltaik-Anlage und einem Pelletofen. Das Regelsystem sorgt für eine reibungslose Kommunikation der einzelnen Wärmeerzeuger. Bild: Bosch Thermotechnik

Das „SG Ready“-Label kennzeichnet Wärmepumpen, die über standardisierte Kommunikationsschnittstellen verfügen und so für den Einsatz in intelligenten Stromnetzen, den Smart Grids, einsetzbar sind. Bild: Bundesverband Wärmepumpe

Eine Zeolith-Gas-Wärmepumpe macht die natürliche Wärmeerzeugung des Minerals Zeolith mit Wasser für die Heizung nutzbar. Das Gerät verbindet Gas-Brennwerttechnik, Zeolith-Sorption und Solarthermie zu einer Systemkombination. Bild: Vaillant

Hybride Heizsysteme sind im Trend, bestehend aus z. B. einer Luft/Wasser-Wärmepumpe und einem integrierten Gas-Brennwertkessel. Eine solche Kombination erzielt hohe Vorlauftemperaturen von etwa 80 °C. Bild: Rotex

 

Wärmepumpen sind längst kein Nischenprodukt mehr. Gerade im Neubau dürfte der Absatz durch verschärfte energetische Anforderungen noch steigen. Auch im Bestand will die Branche mehr Marktanteile generieren, vor allem durch den zunehmenden Erfolg von hybriden Heizsystemen.

Das Haus der Zukunft könnte schon bald so aussehen: Gut gedämmt und über eine Wärmepumpe beheizt, produziert es doppelt so viel Strom wie es verbraucht. Die Wärmepumpe nutzt einen Eisspeicher und Photovol-
taik-Module mit integrierter Solarthermie (PVT) als Wärmequelle. Im Sommer kann der Eisspeicher auch kühlen, und von der PV-Anlage stammt ein großer Teil des Stroms für die Wärmepumpe. Was sich wie Science Fiction anhört, heißt „Aktivhaus B10“ und ist seit Sommer 2014 als Prototyp einer neuen Gebäudetechnologie in Stuttgart zu besichtigen.
Die Ausrüstung von Niedrigst- oder Plusenergiehäusern mit Wärmepumpen macht Sinn. Durch den niedrigen Heizwärmeverbrauch und den zunehmenden Bedarf an Kühlung, etwa durch Solareinträge an heißen Sommertagen, rücken Gesamtsysteme, die alle Anforderungen abdecken, verstärkt ins Interesse von Planern und Eigentümern. Häuser nach KfW-55-Effizienzstandard sind heute bereits zu 80 % mit Wärmepumpen ausgestattet. Aber auch Besitzer von Gebäuden, die energetisch weniger ambitioniert sind, setzen verstärkt auf diese Heiztechnik. In den vergangenen sieben Jahren hat sich die Zahl der installierten Wärmepumpen in Deutschland auf etwa 600 000 Geräte verdoppelt. Allein von 2011 bis 2014 kamen nach Angaben des Bundesindustrieverbands Deutschland Haus-, Energie- und Umwelttechnik (BDH) jährlich rund 60 000 Anlagen neu hinzu. Mit einem Marktanteil von 32 % sind sie nach Gasheizungen mittlerweile die zweitbeliebteste Heizquelle im Neubau.

Luft/Wasser-Wärmepumpen sind beliebt
Der bislang am häufigsten installierte Wärmepumpentyp sind Sole/Wasser-Wärmepumpen, die Wärme aus dem Erdreich gewinnen. Sie nutzen dazu Erdsonden oder Flächenkollektoren. Ab einer Tiefe von 15 m liegt die Erdtemperatur um die 10 °C, was eine über das Jahr gesehen konstante Wärmenutzung ermöglicht.
Direktverdampfer-Wärmepumpen kommen ohne Sole aus. Bei den Modellen „WPD“ von Stiebel Eltron und „TTD“ von Tecalor beispielsweise zirkuliert das Kältemittel direkt im Erdreich-Kollektor. Mit dem eingesparten Wärmeübergang entfällt auch die Sole-Umwälzpumpe, was die Effizienz erhöht.
Eine innovative Wärmequelle, die im „Aktivhaus B10“ realisiert wurde, sind Eisspeicher. Sie machen Erdsonden und -kollektoren überflüssig. Beim Eisspeichersystem von Viessmann wird Außenluftwärme und solare Strahlungswärme in einen mit Wasser gefüllten Betonspeicher im Erdreich eingespeist. Über einen Wärmeübertrager entzieht die Wärmepumpe die Energie zum Heizen und zur Trinkwassererwärmung bis sich der Speicher so stark abkühlt, dass er vereist. Der Phasenwechsel von Wasser zu Eis bringt einen zusätzlichen Energiegewinn. Durch die Außenluftwärme und solare Strahlungswärme wird das Eis später wieder aufgetaut.
Komplizierte Genehmigungsverfahren, Vertrauensverluste bei Endkunden durch Schäden nach Erdwärmebohrungen und hohe Erstinstallationskosten haben seit 2011 zu einem Absatzrückgang bei Sole/Wasser-Wärmepumpen geführt. Auch die Nachfrage nach Wasser/Wasser-Wärmepumpen bewegt sich weiter auf geringem Niveau. 2014 betrug der Anteil erdgekoppelter Systeme am Gesamtwärmepumpenmarkt nur noch 31,9 %. Nach Beobachtung des Bundesverbands Wärmepumpe (BWP) werden sie inzwischen vor allem bei Großprojekten und immer weniger im Ein- und Zweifamilienhausbereich installiert.
Profitiert haben Luft/Wasser-Wärmepumpen, die ihren Absatzanteil auf 68,1 % ausbauen konnten. Denn sie sind einfacher zu installieren und daher günstiger in der Anschaffung.
Die Hersteller haben auf die gestiegene Nachfrage reagiert und setzen auf neue Geräte mit optimierten Komponenten wie leistungsgeregelte Verdichter und effi-
zientere Ventilatoren. Immer mehr Luft/Wasser-Wärmepumpen arbeiten mit Kompressoren, deren Drehzahl sich stufenlos dem benötigten Wärmebedarf anpasst. Außerdem ist es gelungen, die Schallemissionen der Geräte zu reduzieren. Weit oben in der Gunst der Heizungskäufer stehen platzsparende und preisgünstige Split-Geräte. Deren Marktanteil im Segment Luft/Wasser-Wärmepumpen liegt bei 49 %. Ventilator und Verdampfer werden außen aufgestellt, die eigentliche Wärmepumpe steht im Gebäude.

Sanierungsstau bremst Wärmepumpenabsatz im Altbau
Als Alternative zur Erdwärmenutzung haben sich Luft/Wasser-Wärmepumpen inzwischen auch im Gebäudebestand etabliert, wenn auch auf wesentlich geringerem Niveau als im Neubau. Wie die gesamte Heizungsbranche leiden auch die Wärmepumpenhersteller unter dem Modernisierungsstau in deutschen Heizungskellern. Die Talfahrt der Heizölpreise im vergangenen Jahr hat ihn noch verstärkt. Negativ wirken sich auch die hohen Strompreise aus. „Wärmepumpenstrom ist im Gegensatz zu Öl- und Gaspreisen mit hohen Abgaben und Steuern belastet. Diese Ungerechtigkeit muss politisch bewältigt und es müssen neue Anreize zum Heizungstausch geschaffen werden“, fordert BWP-Geschäftsführer Karl-Heinz Stawiarski.
In Altbauten stellen sich weitere Herausforderungen: Wärmepumpen arbeiten umso wirtschaftlicher, je geringer die Temperaturdifferenz zwischen der Wärmequelle und dem Wärmeverteilsystem ist. Steigt die Vorlauftemperatur um 1 °C, erhöhen sich die Energiekosten um ca. 2 %.
Ideal sind daher Flächen- und Fußbodenheizungen mit einer Vorlauftemperatur von etwa 35 °C, die im Bestand jedoch selten installiert sind. Speziell für die Modernisierung bieten die Hersteller deshalb Geräte, die für höhere Vorlauftemperaturen um 65 °C geeignet sind, was aber zulas-
ten der Effizienz geht. Um sie zu steigern,
empfehlen sich zusätzliche Modernisierungsmaßnahmen, wie der Einbau von Niedertemperaturheizkörpern, der Fens­teraustausch oder die Fassadendämmung.

Immer mehr Hybridheizungen im Einsatz
Eine Chance für die Wärmepumpenbranche ist der Trend zu hybriden Heizlösungen. Die Kombination unterschiedlicher Heizsysteme verschafft nicht nur größere Unabhängigkeit, sondern macht auch den Wärmepumpenbetrieb effizien-
ter. Gerade bei hohen Vorlauftemperaturen kann sich ein bivalenter Betrieb lohnen. Ein bereits vorhandener Kessel deckt beispielsweise die Spitzenlasten an sehr kalten Tagen ab, während die kleiner dimensionierte Wärmepumpe die Grundlast übernimmt oder generell nur in der wärmeren Jahreszeit zum Einsatz kommt. Wird das Haus nach und nach gedämmt, kann die fossile Heizung schließlich ganz entfallen.
Insbesondere Luft/Wasser-Wärmepumpen werden oft mit anderen Wärmeerzeugern kombiniert, da die Wärmequelle Außenluft im Winter, wenn der größte Heizwärmebedarf besteht, am kältesten ist. Viessmann hat auf der ISH 2015 die neue Split-Luftwärmepumpe „Vitocal 250-S“ vorgestellt. Sie erlaubt die Kombination mit einem wandhängenden oder bodenstehenden Gas- oder Ölbrennwertkessel. Wahlweise lässt sich auch ein Pelletkessel einbinden. Das Gerät soll im Oktober auf den Markt kommen.
Neben solchen „Add-On“-Lösungen, bei denen eine bestehende Heizung durch eine Wämepumpe ergänzt wird, sind seit Kurzem auch integrierte Geräte auf dem Markt, die in einem einzigen Gehäuse untergebracht sind.
Eine Kombi-Lösung bietet beispielsweise Rotex mit der Gas-Hybrid-Wärmepumpe „HPU hybrid“. Das System besteht aus einer invertergeregelten Luft/Wasser-Wärmepumpe in Splitbauweise mit integrierter Gasbrennwerttechnik. Es erreicht Vorlauftemperaturen von 25 bis 80 °C und benötigt nicht mehr Platz als ein herkömmlicher Gaskessel. Auch Junkers (Bosch Thermotechnik GmbH) kombiniert beim „Supraeco SAS Hybrid“ eine Split-Luft/Wasser-Wärmepumpe mit einer Gas-Brennwertheizung.
Solarthermieanlagen können die Wärmepumpe ebenfalls unterstützen. Sie beliefern entweder direkt den Trinkwasser- oder Pufferspeicher mit Wärme oder werden in den Primärkreis eingebunden. Bei Sole/Wasser-Wärmepumpen erwärmt die Sonne die Sole. Bei Luft/Wasser-Wärmepumpen erfolgt die Einspeisung über den Verdampfer-Wärmeübertrager. Dadurch erhöht sich die Arbeitszahl der Wärmepumpe.
Angesichts hoher Strompreise und sinkender Einspeisevergütungen wird es immer mehr zur Option, Wärmepumpen mit Photovoltaik-Unterstützung zu betreiben.
Mehrere Hersteller haben Komplettpakete aus PV-Modulen und reinen Brauchwasser-Wärmepumpen auf den Markt gebracht, die in direkter Konkurrenz zur Solarthermie stehen. Buderus (Bosch Thermotechnik GmbH) bietet beispielsweise ein neues, multivalentes Heizsystem, das die Warmwasser-Wärmepumpe „Logatherm WPT 270/2“ mit einer PV-Anlage und einem Pelletofen kombiniert.

Smarte Regelung ist ein Muss
Bei allen hybriden Systemen ist ein abgestimmtes Anlagenkonzept entscheidend für die Wirtschaftlichkeit der Anlage. Bei der Warmwasser-Wärmepumpe „WWK 300 PV“ von Stiebel Eltron etwa gewährleistet die Regelung, dass vorrangig dann Wasser erwärmt wird, wenn selbstproduzierter Solarstrom zur Verfügung steht. Bei der „Vitocal 250-S“ sieht Viessmann wahlweise einen ökonomischen Betrieb für minimale Betriebskosten oder einen ökologischen für minimale CO2-Emissionen vor.
Zur optimalen Steuerung werden Wärmepumpen künftig verstärkt in Smart Home- oder Home Energy Management-Systeme eingebunden. In intelligenten Stromnetzen – sogenannten Smart Grids – könnten Wärmepumpen künftig dazu beitragen, die schwankende Einspeisemenge regenerativen Stroms aus Wind und Sonne durch entsprechenden Verbrauch auszugleichen und so die Integration der Erneuerbaren Energien unterstützen. Bei einem Überangebot an Strom und drohender Netzüberlastung werden sie eingeschaltet und beladen Trinkwasser- und Heizungsspeicher, ohne dass sich der Betreiber darum kümmern muss. „Flexible Wärmepumpensysteme sind das ideale Bindeglied zwischen Strom- und Wärmemarkt, da sie nach dem Power-to-Heat-Prinzip angebotsgesteuert große Mengen erneuerbaren Stroms aufnehmen und thermisch zwischenspeichern können“, sagt Paul Waning, Vorstandsvorsitzender des BWP. Mit dem Label „SG Ready“ will der Verband dafür Vorarbeit leisten. Es wird an Wärmepumpen-Baureihen verliehen, deren Regelungstechnik die Einbindung in Smart Grids ermöglicht. Mittlerweile bieten 26 Wärmepumpenhersteller 771 Modelle als „SG Ready“ an.

Neue Felder für Wärmepumpen
Potenzial sieht der BWP auch bei alternativen Lösungen wie Gas-Wärmepumpen und Luft/Luft-Wärmepumpen. Gaswärmepumpen nutzen als Antriebsenergie Erdgas statt Strom. Während gasmotorische Wärmepumpen nach Ansicht des BWP auf dem deutschen Markt vorerst keine Rolle spielen werden, bestehen Absatzchancen für Gas-Sorptionsanlagen. Nach diesem Prinzip arbeitet beispielsweise die Gas-Wärmepumpe „Zeotherm“ von Vaillant. Sie besteht aus einer Gasbrennwerteinheit und einem Zeolith-Modul. Das Mineral Zeolith wird durch den Gasbrenner erwärmt und lagert Wasserdampf an. Bei diesem Prozess wird Adsorptionswärme frei, die sich zum Heizen nutzen lässt.
Luft/Luft-Wärmepumpen kommen in Häusern mit kontrollierter Wohnraumlüftung wie Passivhäusern zum Einsatz und könnten mit der weiteren Verschärfung der Bauvorschriften deshalb künftig einen bedeutenden Marktanteil im Neubau erreichen. Anders als Luft/Wasser-Wärmepumpen entziehen sie der Abluft zwar Wärme, übertragen diese aber direkt an die Frischluft. Auf diese Weise wird ein Wärmeübergang eingespart und die Effizienz gesteigert.

Stichtag 26. September 2015
Als „Jahrhundertchance für die Wärmepumpenbranche“ sieht der BWP das Energielabel für Raumheizgeräte, das ab dem 26. September 2015 auf neuen Heizgeräten angebracht sein muss. „Wärmepumpen werden dann die einzige Heiztechnik sein, die durchweg die oberen Labelklassen A+ bis A+++ erreicht“, sagt Stawiarski.
2016 verschärft sich zudem die Energieeinsparverordnung (EnEV) nochmals. Durch den Einbau einer Wärmepumpe können Bauherren dann die Anforderungen ohne zusätzliche Baukosten erfüllen. „Alle fossilen Heizgeräte werden z. B. nur noch in Kombination mit einer dicken Dämmung und zusätzlicher Solaranlage die Vorgaben einhalten können“, so der BWP-Geschäftsführer. Denn im Zuge der EnEV-Novelle wird auch der Primärenergiefaktor für Strom am 1. Januar 2016 von 2,4 auf 1,8 abgesenkt. Die primärenergetische Bewertung von elektrischen Wärmepumpen wird sich dadurch deutlich verbessern.

Autorin:
Almut Bruschke-Reimer,
freie Energiejournalistin

 


Artikel teilen: