Brennstoffzellen-BHKWs – eine vielversprechende Technologie? – Aktueller Stand, Potenziale und Perspektiven
Die Markteinführung der Brennstoffzelle wurde in den letzten Jahren mehrfach angekündigt, von verschiedenen Seiten breit publiziert, um dann schließlich doch wieder aus dem Rampenlicht zu verschwinden. In den letzten Jahren konnten jedoch in allen Bereichen der Brennstoffzellentechnologie kontinuierlich Fortschritte erzielt werden: Es wurden die normativen und rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen und in großen Leuchtturmprojekten die Praxistauglichkeit der Brennstoffzellensysteme unter Beweis gestellt.
Während im nationalen Innovationsprogramm für Wasserstoff und Brennstoffzellen (NIP) [1] seit 2010 die Demonstrationsprojekte callux [3] und inhouse [4] laufen – 2013 startete die zweite Stufe „NIP 2013“ – ist im September 2012 das europäische Demonstrationsprojekt ene.field [2] gestartet. Zusätzlich zu den bereits in den Projekten callux und inhouse installierten 355 Systemen sollen in ene.field europaweit von 8 Herstellern bis Ende Mitte 2015 1000 weitere Systeme installiert werden. Die Demonstrationsphase beträgt drei Jahre. Dabei soll ein detailliertes Monitoring zusätzliche Erkenntnisse zu Gebäudedaten, klimatischen Verhältnissen und Nutzerverhalten in verschiedenen Regionen Europas liefern. Zudem soll ein Impuls zur weiteren Kommerzialisierung der Technologie gegeben werden.
Funktion der Brennstoffzellengeräte
Die Brennstoffzelle selbst benötigt für den Betrieb Wasserstoff und Sauerstoff. Sauerstoff wird mittels Gebläse oder Kompressor in Form von Luft zugeführt. Da jedoch keine kostengünstige Wasserstoff-Infrastruktur für Haushalte existiert, werden meist Kohlenwasserstoffe wie Erdgas, Flüssiggas oder Biogas genutzt und im integrierten Reformer in ein wasserstoffhaltiges Gas gewandelt. Das dabei oft zum Einsatz kommende Verfahren der Dampfreformierung ist das effizienteste Verfahren zur Herstellung von Wasserstoff aus Erdgas (Reaktion im Dampfreformer: CH4 + 2 H2O –> CO2 + 4 H2).
Da der Dampfreformer einen großen Arbeitsbereich hat, wird der Wasserstoff bedarfsgerecht, also der momentan geforderten elektrischen Leistung entsprechend, produziert. Eine aufwendige und teure Speicherung von Wasserstoff ist damit nicht notwendig. Diese Aufgabe übernimmt das Erdgasnetz, und somit werden dieselben Anforderungen an den Aufstellort gestellt wie bei herkömmlich betriebenen Erdgas-Heizgeräten.
In der Brennstoffzelle reagieren dann der Wasserstoff und der Luftsauerstoff zu Wasser (Reaktion in der Brennstoffzelle: 2 H2 + O2 –> 2 H2O). Dabei wird die chemische Energie des Wasserstoffs in Strom und Wärme umgewandelt. Das Abgas aus dem Gesamtsystem besteht, wie bei einer herkömmlichen Erdgasheizung, aus CO2 und Wasserdampf. Aber im Vergleich zur konventionellen Erzeugung von elektrischer Energie und Wärme in Deutschland können laut callux-Praxistest mit den Brennstoffzellen-BHKWs ca. 30 % der CO2-Emissionen eingespart werden. Bei Nutzung von Biomethan oder Bioerdgas (auf Erdgasqualität aufbereitetes Biogas) kann sogar ein CO2 neutraler Betrieb dargestellt werden.
Brennstoffzellensysteme zählen somit als Hocheffizienztechnologie zur Bereitstellung von elektrischer Energie und Wärme. Die Integration bzw. der Einbau in Ein- oder Mehrfamilienhäuser ist problemlos möglich. Denn die wichtigsten Voraussetzungen, ein Erdgas-, ein Strom- und ein Wasseranschluss sowie ein Heizungssystem sind schon vorhanden. Zusätzlich ist immer ein Pufferspeicher für die Speicherung von Wärme und damit für Entkopplung von Erzeugung und Nutzung der Wärme zu empfehlen. Generell gilt auch hier, dass die Integration und Installation durchdacht und fachgerecht zu erfolgen hat. Insbesondere die Installation eines Brennstoffzellen-BHKWs mit einer für den Anwendungsfall zu hohen Leistung kann schnell zu einem ineffizienten Betrieb führen, der die großen Vorteile wieder zunichte macht.
Vor- und Nachteile der eingesetzten Technologie
Zum Tragen gekommen sind in den Praxistests bisher zwei Geräteklassen. Zum einen Systeme mit einer elektrischen Leistung bis ca. 1,5 kW und zum anderen Systeme mit einer elektrischen Leistung bis ca. 5 kW. Erstere werden vornehmlich im Einfamilienhaus eingesetzt. Die größeren Systeme bis 5 kW haben ihr Einsatzgebiet im Mehrfamilienhaus, Kleingewerbe oder in Pflegeeinrichtungen und Hotels.
In den genannten Geräten werden momentan zwei Brennstoffzellentechnologien eingesetzt: Die PEM-(PolymerElektrolytmembran-)Brennstoffzelle und die SOFC-(SolidOxid FuelCell-)Brennstoffzelle, die im gegenseitigen Vergleich technologiebedingte Vor- und Nachteile aufweisen. Bei der SOFC besticht der gegenüber der PEM-Brennstoffzelle höhere elektrische Wirkungsgrad von bis zu 60 %, allerdings haben diese Geräte nur eine begrenzte Start-Stopp-Fähigkeit. PEM-Systeme weisen elektrische Wirkungsgrade von bis zu 40 % auf, sind jedoch sehr robust gegenüber Abschaltungen wegen beispielsweise zu geringer Wärmeabnahme und können schnell in der Leistung modulieren. Die Entscheidung, welche Technologie zum Einsatz kommt, hängt stark von den Bedingungen am Einsatzort, den Laufzeiten (Volllaststunden) bzw. den erforderlichen Start-Stopp-Zyklen und somit letztendlich von der Wirtschaftlichkeit ab.
Ergebnisse der Praxistests
Eine enge Zusammenarbeit zwischen Hersteller und Fachhandwerk ist notwendig, um die optimale Installation der Geräte sowie eine effiziente Betreuung im Service zu gewährleisten sowie das Gerät an die nutzerseitigen Anforderungen anzupassen. Das geht aus den Praxistests callux und inhouse hervor. Weiterhin haben die Tests gezeigt, dass die technische Reife der Systeme stark gestiegen ist. So wurde im Praxistestzeitraum die Lebensdauer der Brennstoffzellen von mindestens 16000 Betriebsstunden nachgewiesen. Ein weiterer Betrieb der Anlagen wäre aber problemlos möglich gewesen. Damit wurde die erreichte Lebensdauer des Brennstoffzellenstacks und des Systems sowie die Effizienzwerte von früheren Gerätegenerationen wie dem „inhouse4000“-System, das im Democell-Programm erprobt wurde, bei Weitem übertroffen.
Ebenfalls konnten neben der Anzahl der Wartungseinsätze auch die Kosten für Service- und Wartungsmaterialien um mehr als 90% gesenkt werden. Die gewöhnlichen Wartungskomponenten in einem Brennstoffzellen-BHKW sind laut Testbericht überschaubar: ein Filter für die Kathodenabluft, Patronen zur Wasseraufbereitung und eine Entschwefelungskartusche. Alle Komponenten sind während der jährlichen Wartung zu wechseln. In den zurückliegenden Praxisjahren wurde deutlich, dass meist nicht die Hauptkomponenten, wie der Brennstoffzellenstack oder der Reformer zu Serviceeinsätzen führten, sondern Standardkomponenten wie Ventile, Sensoren oder Pumpen. Hier konnte durch die kontinuierliche Zusammenarbeit mit den Zulieferern eine deutliche Verbesserung erreicht werden. Die Anlagenverfügbarkeit wurde damit auf 97% gesteigert.
Marktreife erreicht?
Als Ergebnis der bisherigen Praxistests verfügen die Hersteller heute über ausgewogene, effiziente und robuste Systeme, die für eine kurzfristige Markteinführung geeignet sind bzw. sich bereits in der Markteinführung befinden. Weiterhin verfügt man heute über das Know-how für die optimale Integration der Systeme in das Ein- oder Mehrfamilienhaus sowie im Kleingewerbe.
Am Beispiel eines Mehrfamilienhauses soll verdeutlicht werden, warum der Einsatz eines Brennstoffzellen-BHKWs mit einer Leistung von 5 kW elektrisch auch wirtschaftlich sehr interessant werden kann: Bild 3 zeigt den typischen elektrischen Jahreslastgang in einem Mehrfamilienhaus mit 5 bzw. 10 Wohneinheiten. Diese Lastgänge beruhen auf umfangreichen Realmessungen in Mehrfamilienhäusern. Es ist deutlich zu erkennen, dass sich schon bei 5 Haushalten eine homogene elektrische Grundlast von 2 kW einstellt. Bei 10 Haushalten sind es ca. 4 kW elektrisch. Die auftretenden Lastspitzen liegen beim Zwei- bis Dreifachen dieser Grundlast. Eine eindeutige Aussage ist: „Alle machen das Gleiche, aber nicht zur gleichen Zeit.“ Führt man diese Betrachtung der Messungen weiter, kommt man zu der Erkenntnis, dass die Grundlast bis 4 kW in ca. 80% der Zeit im Jahr auftritt und damit von einem Brennstoffzellensystem mit 4 oder 5 kW elektrischer Leistung optimal gedeckt werden kann. Damit sind die Voraussetzungen für einen wirtschaftlichen Betrieb gegeben. Der Grundsatz dabei ist immer, den eigenen Bedarf an elektrischer Leistung zu einem hohen Anteil über die Kraft-Wärme-Kopplung zu decken. Eine Einspeisung in das öffentliche Netz wird nach KWK-Gesetz nur gering vergütet und sollte deshalb vermieden werden.
Fazit?
Brennstoffzellen sind eine wichtige Schlüsseltechnologie für unsere künftige Energiewirtschaft. Effizient, kompakt, emissionsarm, vibrationsfrei und fast geräuschlos wandeln sie Primärenergie, bei geringsten Verlusten, direkt in Strom und Wärme um. Die entscheidenden Vorteile sind die hohe Stromkennzahl, die geringen Emissionen und der modulierende Betrieb. Dadurch können längere Laufzeiten der Brennstoffzellen-BHKWs erreicht werden, was schlussendlich eine höhere Einsparung an Betriebskosten und eine schnellere Wirtschaftlichkeit bedeutet. Um dies zu erreichen ist die große Herausforderung, wie bei allen KWK-Systemen auch, die Wärme sinnvoll möglichst ganzjährig zu nutzen. Dadurch ist der Erfolg der KWK-Technologie auch immer von einer fundierten Auslegung und Beratung abhängig, und es sind innovative Planer und SHK-Unternehmen gefragt, die die Vorteile der Technologie in der Praxis optimal umsetzen.
Literatur:
[1] NIP „Nationales Innovationsprogramm Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie“, www.now-gmbh.de.
[2] Europäisches Demonstrationsprojekt, www.enefield.eu.
[3] Praxistest callux, www.callux.net.
[4] Praxistest inhouse, www.rbz-fc.de.
[5] Callux, Praxistest Brennstoffzelle fürs Eigenheim „Projektstand und Erfolge aus Sicht der Energieversorger“ NIP-Vollversammlung 2013 17. / 18. Juni in Berlin Dr. Doris Wittneben / MVV Energie AG.
Autor: Dipl.-Ing.(FH) Christoph Hildebrandt, inhouse engineering GmbH
Bilder, wenn nicht anders angegeben: inhouse engineering