Betonfertigteildecken mit integrierter Haustechnik: Kosten- und Terminsicherheit für Planer und Investoren
Spannbeton-Fertigdecken zeichnen sich durch ökonomische und ökologische Vorteile gegenüber anderen Betondecken aus. Sie gewährleisten einen schnellen und termingerechten Baufortschritt, sie ermöglichen durch den Einsatz von vorgespannten Stahllitzen und durch ihr geringes Eigengewicht sehr lange Stützweiten, und die großen Hohlraumanteile sparen bis zu 80% an Stahl und bis zu 50% an Beton im Vergleich zu gleichwertigen Ortbeton- oder Halbfertigteildecken. Mit zwei Neuentwicklungen bekommen Planer und Investoren für den Bereich Haustechnik jetzt zusätzliche Alternativen zu konventionellen Ortbetonlösungen: Spannbeton-Fertigdecken zum Temperieren von Innenräumen (Stichwort Betonkernaktivierung) und Spannbeton-Fertigdecken mit integrierten Lüftungskanälen für kontrollierte Lüftungsanlagen.
Neue Büro- und Verwaltungsgebäude nutzen die Fähigkeit massiver Betondecken, thermische Energien zu speichern oder abzugeben und damit Innenräume zu erwärmen oder zu kühlen. Auf diese Weise werden energetische Grund- und Spitzenlasten im Gebäude abgedeckt, was die Betriebs- und Anlagenkosten der Heizung senkt und die Energieeffizienz der Gebäude erhöht. Außerdem wirken die großen Heiz- bzw. Kühlflächen der Zimmerdecken ausgleichend auf das Raumklima, und die Benutzer empfinden die „sanfte“ Energie – ohne Zugluft und große Temperaturunterschiede – als sehr behaglich.
Im Unterschied zu den Lösungen mit Ortbeton oder Filigran werden bei Spannbeton-Fertigdecken die vorgefertigten Rohrregister bereits im Werk einbetoniert. Das gewährleistet einen richtigen sachgemäßen Einbau und verhindert Beschädigungen der Leitungen durch Dritte am Bau. Die Spannbeton-Deckenhersteller haben für dieses neue Anwendungsgebiet neuartige Plattenquerschnitte entwickelt, deren untere Plattenspiegel – je nach Deckendicke – bis zu 145 mm stark gefertigt werden. Damit wird einerseits ausreichend Platz für die Rohrregister geschaffen, anderseits steigert die erhöhte Speichermasse des Betons den Wirkungsgrad der Decke.
Heizen und Kühlen mit Spannbeton-Fertigdecken
Spannbeton-Fertigdecken mit Heizregistern, sogenannte Klimadecken, sind in den Stärken von 200 bis 320 mm und Deckenspannweiten von bis zu 12?m erhältlich. In diesen Klimadecken liegen die Standard-Rohrabstände bei 150 mm und die Rohrdurchmesser bei 20 mm, andere Abmessungen sind möglich. In den Rohren zirkuliert ein Wasser-Glykol-Gemisch, das Wärme aus der Decke aufnehmen (Kühlfall) oder an die Decke abgeben kann (Heizfall). Die Kühlleistung von Spannbeton-Fertigdecken beträgt ca. 40 W/m², die Heizleistung ca. 25 W/m². Dabei liegen die Oberflächentemperaturen des Betons im Heizfall nicht über 28°C und im Kühlfall nicht unter 18°C und die Temperaturdifferenz ? t zwischen Raum und Deckenoberfläche beträgt maximal 6°C. Durch diese niedrigen Vorlauftemperaturen eignet sich Betonkernaktivierung für den Einsatz regenerativer Energien, z.B. aus geothermischen Quellen.
Die Entscheidung für Betonkernaktivierung hat Auswirkungen auf die weitere Bauausführung und muss bereits in einer frühen Entwurfsphase getroffen werden. In Absprache mit dem Architekten, Tragwerksplaner und TGA-Planer müssen die Bereiche der Heizregister bestimmt, eventuelle Bereiche mit abgehängten Decken vereinbart und alle Positionen der werkseitig herzustellenden Deckendurchbrüche festgelegt werden. Ein praktisches Beispiel ist die Ruhr-Universität Bochum: In den neuen Gebäuden ID und IDN, in denen Laborräume, Büros, Seminar- und Übungsräume sowie ein Hörsaal, eine Bibliothek und eine Cafeteria untergebracht sind, wurden 19.500 m² BRESPA-Klimadecken in den Dicken 26 cm und 32 cm eingebaut. Das Niedertemperatursystem erhält seine geothermische Energie aus 130m Tiefe. Auftraggeber war MBN Bau AG aus Georgsmarienhütte, Fachplaner waren das Büro Rohling AG (pbr) aus Osnabrück. Da für die eingesetzten Klimadecken die allgemeine bauaufsichtliche Zulassung der Spannbeton-Fertigdecken nicht gilt, wurde beim Ingenieurbüro Hegger + Partner in Aachen ein Gutachten in Auftrag gegeben und eine Zustimmung im Einzelfall erwirkt.
Raumgewinn durch integrierte Lüftungskanäle
Kontrollierte Lüftungsanlagen werden mit der Einführung der kommenden EnEV zur Standardausrüstung in Wohnungen und Büros gehören. Spannbeton-Fertigdecken eröffnen Architekten und TGA-Planern neue Möglichkeiten bei der Leitungsführung von Lüftungskanälen. Die Lösung ist so einfach wie genial: Die großen Hohlkammern in den Spannbeton-Fertigdecken werden dafür in den Werken vorbereitet und werden als Lüftungskanäle in die Leitungsnetze der Lüftungsanlagen integriert. Die Vorteile liegen auf der Hand: Die großen Querschnitte der Hohlkammern ermöglichen niedrige Luftgeschwindigkeiten und geringe Druckverluste, was wiederum die Strömungsgeräusche und den Energieverbrauch von Lüftungsgeräten reduziert. Da die Luft in den Hohlkammern geführt wird, geht auch keine Raumhöhe durch abgehängte Decken oder erhöhte Fußbodenaufbauten verloren, und die Reinigung der geraden Kanäle ist problemlos möglich. Diese Lüftungsdecken werden mit marktüblichen Standard-Formteilen an das Lüftungskanalnetz angeschlossen. Für die Auslässe stehen Tellerventile und Schlitzauslässe zur Verfügung.
Alle Deckenquerschnitte ab 20 cm können als Lüftungsdecken verwendet werden. Kernbohrungen sind, je nach Hohlkammerabmessungen und unter Berücksichtigung der statischen Möglichkeiten, bis zu 160 mm möglich. Nach einer gründlichen Reinigung werden die Hohlkammern mit einer zweilagigen Beschichtung versehen, die Unebenheiten ausgleicht und einwandfreie Hygiene gewährleistet. Danach werden die Hohlkammern mit Deckeln verschlossen, um sie auf dem Lagerplatz, beim Transport und auf der Baustelle vor Schmutz und Wasser zu schützen. Die Montage der Lüftungsdecken unterscheidet sich nicht von der Verlegung normaler Spannbeton-Fertigdecken. Die Schutzdeckel der beschichteten Hohlkammern werden erst beim Anschluss an das Lüftungskanalnetz entfernt. Für die Lüftungsdecken liegen Schallmessungen und Brandschutzgutachten vor.
Kürzere Bauzeiten, gleichbleibende Qualität
Mit den neuen Produkten der Spannbeton-Fertigdeckenhersteller können Planer und Bauherren Arbeiten, die bislang auf den Baustellen ausgeführt wurden, in die Werke verlagern. Das bedeutet nicht nur kürzere Bauzeiten, es gewährleistet auch aufgrund der witterungsunabhängigen Fertigung und der regelmäßigen Ma-
terialüberwachungen eine gleichbleibend hohe Qualität und damit eine verbesserte Werthaltigkeit der Gebäude. Das bedeutet aber auch einen erhöhten gewerkeübergreifenden Planungsaufwand vor Baubeginn, der sich später allerdings auszahlt, sorgt doch der höhere Grad an Vorfertigung für mehr Kosten- und Terminsicherheit.
Autor: Hartmut Fach, Architekt, Leiter Öffentlichkeitsarbeit bei der DW Systembau GmbH, Schneverdingen
Bilder: DW Systembau GmbH
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