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Kontrollierte Wohnraumlüftung:Von der Energieeinsparung bis zur hygienischen Lüftung Lüftungskonzept, Hinweise zur Auslegung und Installation von Wohnraumlüftungsanlagen

Der Energieverbrauch ist ein zentrales Thema beim Neubau und besonders bei der Sanierung von Wohngebäuden. Die europäische Kommission, die Bundes- und Landesregierungen haben hierzu ehrgeizige Pläne bis zum Jahr 2020 und weiter formuliert, nach denen der Energiebedarf um 30 bis 40% verringert werden soll. Die Wohnungslüftung mit Wärmerückgewinnung kann hierzu maßgebliche Anteile beitragen. Würde man eine konsequente Förderung von Wohnungslüftungsanlagen in Neubau und Bestand verfolgen, dann könnten bis zum Jahr 2020 mit knapp 6 Mio. t etwa 4% der gesamten CO2-Einsparziele alleine durch diese Maßnahme sichergestellt werden [1]. Etwa der gleiche Anteil könnte zudem im Nichtwohnbereich erreicht werden.

 

Es ist gemeinsame Aufgabe der Politik und der Marktteilnehmer, Randbedingungen für das Erreichen der CO2- und der Energieeinsparziele zu schaffen. Erste Schritte wurden bereits eingeleitet. So ist z. B. in der Energieeinsparverordnung (EnEV) 2009 erstmals für Wohngebäude ein Lüftungssys­tem im Referenzfall vorgesehen. Es wird in der EnEV damit begründet, dass durch die energetische Anforderung zur Luftdichtigkeit ein ausreichender Außenluftwechsel durch Fugenlüftung in der Regel nicht mehr sichergestellt ist und deshalb ein Lüftungssystem vorgesehen werden muss. In der Folge davon berücksichtigen viele Förderprogramme inzwischen die Wohnungslüftung als wichtige Energieeinspartechnologie. Gleichzeitig wird in einigen Programmen der KfW-Förderbank die Durchführung eines Lüftungskonzeptes nach DIN 1946-6 gefordert.

Auch im Erneuerbare Energien Wärmegesetz (EEWärmeG) ist die Wohnungslüftung mit Wärmerückgewinnung als Ersatzmaßnahme anerkannt. Dem Bauherr bieten sich mit der kontrollierten Wohnungslüftung drei Vorteile:
• behagliche und hygienische Raumluftzustände,
• Energieeffizienz,
• Erfüllung der Anforderungen zur Nutzung von Regenerativen Energien.

Bild 1: Systeme für die Wohnungslüftung.

Bild 2: Über 20% aller bundesdeutschen Wohnungen sind mit Schimmelpilzproblemen behaftet. Als Ursache ergibt sich häufig ein nicht ausreichender Luftwechsel.

Sicherstellung des notwendigen Außenluftvolumenstroms
Neben den Aspekten der Energieeffizienz und die Nutzung von Regenerativen Ener­gien ist die Sicherstellung eines hygienisch ausreichenden Außenluftwechsels eine zentrale Aufgabe für den Gebäudeplaner und den ausführenden Fachbetrieb. Die notwendige Lüftung muss dafür sorgen, dass zu hohe Raumluftfeuchtigkeit, Gerüche, Schadstoffe und CO2 sicher abgeführt werden. Gerade bei der Sanierung wird auf eine ausreichende Lüftung oft wenig geachtet, weil meist der bauliche Wärmschutz, die Fenster, die Luftdichtigkeit und die Heizungsanlage im Vordergrund stehen. Eine ausreichende Lüftung über die Gebäudeundichtigkeiten ist deshalb nicht mehr automatisch sichergestellt. Auch sind die Bewohner normalerweise nicht in der Lage, energetisch und hygienisch richtige Lüftungsraten zu erkennen und ausreichende Maßnahmen zur Einhaltung der Anforderungen auf Dauer umzusetzen. Die EnEV fordert in der aktuell gültigen Fassung: „Zu errichtende Gebäude sind so auszuführen, dass der zum Zwecke der Gesundheit und Beheizung erforderliche Mindestluftwechsel sichergestellt ist.“ Vor diesem Hintergrund sollten insbesondere im Mietwohnungsbau die Bewohner auf die Maßnahmen zur Sicherstellung einer ausreichenden Lüftung hingewiesen und ggf. vertraglich dazu aufgefordert werden. Treten Schäden durch mangelhafte Fensterlüftung auf, ist der Bauherr im Allgemeinen dennoch in der Nachweispflicht. Er sollte sich also von Anfang an mit dem Mieter über geeignete Lüftungsmaßnahmen verständigen oder den Bau und die Gebäudetechnik so ausführen, dass Schäden durch mangelhaftes Fensterlüften (unabhängig vom Nutzer) verhindert werden. Der Einbau von lüftungstechnischen Maßnahmen kann aus diesen Gründen heute im Neubau meist als Pflicht angesehen werden.

DIN 1946 Teil 6
Mit dem in DIN 1946 Teil 6 [2] enthaltenen Lüftungskonzept kann die Notwendigkeit einer lüftungstechnischen Maßnahme nachgewiesen werden. In der Norm werden freie Lüftungs- und ventilatorgestützte Systeme für die Wohnungslüftung gemeinsam und ganzheitlich behandelt (Bild 1). Dazu werden Anforderungen an die Bemessung, die Ausführung, die Dokumentation und an den Betrieb sowie an die Instandhaltung gestellt. Berücksichtigt werden auch die Aspekte der Funktion, der Sicherheit, der Hygiene und der Akustik. Zur Erfüllung dieser Anforderungen können dann nach europäischer Norm [3] geprüfte Produkte verwendet werden, oder Produkte die verbesserte Eigenschaften haben [4].

Besonders wichtig für die dauerhafte Sicherstellung einer hygienischen Wohnungslüftungsanlage ist die periodische Wartung und Instandhaltung der Anlage. In der DIN 1946-6 werden alle notwendigen Tätigkeiten und Prüfungsintervalle sowie die Anforderungen an die Anlagendokumentation beschrieben. Ein Wartungsvertrag auf Basis der DIN 1946-6 stellt somit sicher, dass alle notwendigen Schritte beachtet werden.

Bild 3: Lüftungskonzept.

Bild 4: Festlegung und Auslegung der lüftungstechnischen Maßnahme.

Hygienische Geräte und Komponenten
Aufbauend auf der europäischen Produktnormenreihe DIN EN 13141 Teile 1 bis 10 für Produkte der Wohnungslüftung werden in der DIN 4719 ergänzende nationale Anforderungen für besonders hygienische Geräte und Komponenten gestellt. Im Rahmen der Geräteprüfung durch unabhängige Prüfstellen werden die hygienischen Eigenschaften der Komponenten geprüft und durch die Kennzeichnung „H“ dokumentiert. Bei der Planung, Ausschreibung und Installation der Geräte ist somit die Auswahl hygienischer Komponenten einfach und für alle Beteiligten nachvollziehbar. Dies gilt für Zu- und Abluftanlagen.
Vorgaben für die Abnahme- und Übergabeprotokolle machen es dem Kunden einfach, den Anlagenzustand zusammen mit dem Fachbetrieb zu bewerten. Eine entsprechende Kennzeichnung der Anlage dokumentiert, dass die Anforderungen eingehalten wurden und später bei Instandsetzungsarbeiten auch in entsprechender Qualität wieder ersetzt werden können.

Für den Nachweis der Produkteigenschaften gegenüber Förderprogrammen (z. B. der KfW-Bank) reicht meist eine Fachunternehmererklärung zusammen mit einem Herstellernachweis für die Geräte aus.

Welche Einflussgrößen berücksichtigt die DIN 1946-6?
Der wirksame Außenluftvolumenstrom, der für die Wohnungslüftung notwendig ist, wird vollständig definiert. Er berücksichtigt die Anteile:
• freie Lüftung,
• ventilatorgestützte Lüftung,
• Infiltration und
• aktives Fensteröffnen (darf nicht zur Sicherstellung der Feuchteschutzlüftung verwendet werden).

Die Verbrennungsluft für raumluftabhängige Feuerstätten wird in dieser Norm allerdings nicht betrachtet. Vier Lüftungsarten unterteilt das Regelwerk:
• Lüftung zum Feuchteschutz (entscheidend für die Notwendigkeit einer lüftungstechnischen Maßnahme in Abhängigkeit der Gebäudedichtheit),
• reduzierte Lüftung (bei zeitweiliger Abwesenheit und um Mindestanforderungen an die Raumluftqualität zu erfüllen),
• Nennlüftung (notwendige Lüftung zur Gewährleistung des Bautenschutzes sowie der hygienischen und gesundheitlichen Erfordernisse bei plangemäßer Nutzung (Normalbetrieb). Diese Stufe ist die Basis für die Auslegung),
• Intensivlüftung (zeitweilig notwendige erhöhte Lüftung zum Abbau von Lastspitzen).

Lüftungskonzept
Für den Neubau und für die meisten Sanierungen muss im Rahmen der Verfahren nach DIN 1946 Teil 6 nachgewiesen werden, dass die Lüftung zum Feuchteschutz unabhängig vom Nutzerverhalten sichergestellt ist. Sofern dies durch die Infiltration nicht erfolgen kann (dies ist im dichten Gebäude nach EnEV meist der Fall), müssen weitere lüftungstechnische Maßnahmen eingeplant werden.

Die Bilder 3 und 4 zeigen die schematische Vorgehensweise zur Erstellung eines Lüftungskonzeptes nach DIN 1946 Teil 6, ausgehend von Randbedingungen wie der Anzahl der Geschosse, dem Wärmeschutz, der Luftdichtigkeit und der Raumgeometrie.

Für die Erstellung des Lüftungskonzeptes muss zunächst der notwendige Luftvolumenstrom zum Feuchteschutz auf Basis der Wohnfläche (und damit indirekt auch über die Nutzung und Personenzahl) sowie des Wärmeschutzniveaus ermittelt werden. Der nächste Schritt ist die Berechnung der Infiltration in Abhängigkeit der Gebäudedichtigkeit, der Fläche, der Höhe und der Lage. Kriterium für die Notwendigkeit einer lüftungstechnischen Maßnahme ist der Vergleich zwischen dem notwendigen Luftvolumenstrom für den Feuchteschutz und der anrechenbaren Infiltration. Ist die Infiltration kleiner, dann ist eine lüftungstechnische Maßnahme notwendig, ist die Infiltration größer, dann ist zunächst keine Maßnahme notwendig. Dabei ist zu beachten, dass fensterlose Räume (z. B. ein innen liegendes Bad oder WC) ebenfalls gemäß den Landesbauordnungen [6] im Lüftungskonzept berücksichtigt werden müssen.

Im zweiten Schritt stehen die erweiterten Anforderungen der Nutzer im Vordergrund. Soweit diese höhere Anforderungen an Hygiene [5] (z. B. Filter), Schallschutz oder Energieeffizienz haben, dann ist ebenfalls eine lüftungstechnische Maßnahme einzuplanen.

Wenn die Feuchtschutzlüftung durch Infiltration nutzerunabhängig gesichert ist und keine weiteren Anforderungen bestehen, dann sind auch keine weiteren lüftungstechnischen Maßnahmen notwendig. Dies bezieht sich allerdings nur auf den Feuchteschutz und nicht auf die Schadstoffhaltigkeit und die Luftqualität. Die Mindestlüftung nach EnEV ist in diesem Fall nur durch einen aktiven Nutzereingriff sichergestellt. Im konkreten Fall sollten die Kunden auf diesen Sachverhalt hingewiesen werden. Das bedeutet, dass Gebäude ohne raumlufttechnische Maßnahmen nur durch die aktive Mitwirkung der Nutzer beim Lüften „bewohnbar“ sind.

Wenn sich der Bauherr beispielsweise aus hygienischen, energetischen oder schalltechnischen Gründen für ein ventilatorgestütztes Lüftungssystem entschieden hat, und die Auslegung der Anlage mit den Methoden der DIN 1946-6 erfolgte, dann ist mit der richtigen Auslegung auch der Nachweis für das Lüftungskonzept erbracht. Dies ist auch für den Fachunternehmer wichtig, der lediglich eine Anlage auf Bestellung liefern und installieren soll.

Zusammenfassung
Maßnahmen zum baulichen Wärmeschutz und energieeffiziente Heizungsanlagen haben mittlerweile einen hohen Standard erreicht. Zum gesunden und behaglichen Wohnen gehört auch ein angemessener Außenluftwechsel und damit automatisch eine entsprechende Energiemenge. Diesem Umstand wird heute allerdings oft noch nicht die angemessene Beachtung geschenkt. Im Gegenteil, man ist sehr oft der Meinung, dass man nur die Lüftungsraten weiter absenken muss, um zusätzliche Energie einzusparen, ohne an die negativen Folgen für die Bewohner zu denken.

Die DIN 1946-6 beschreibt zusammen mit den Methoden der EnEV (DIN 4701-10 und DIN V 18599-6) eine gute gesamtheitliche Grundlage, um den Anforderungen sowohl im Bereich der Energieeinsparung als auch im Bereich eines hygienischen Außenluftwechsels gerecht zu werden.


Fragen und Antworten zur DIN 1946-6 und DIN 18017-3

Für Fragen rund um die Anwendung der Normen zur Wohnungslüftung wurde unter der Internetadresse www.kwl-info.de ein FAQ-Portal eingerichtet. Experten aus dem zuständigen Normungsgremium beantworten hier Fragen zur Anwendung der Normen.


Kontrollierte Wohnraumlüftungsanlagen auf der ISH
Einen guten Überblick rund um das Thema kontrollierte Wohnraumlüftung bietet die ISH in Halle 11. Hier präsentieren die Aussteller u. a. ihre aktuellen sowie neuen Produkte und stehen für Fragen und Gespräche bereit.


Literatur:
[1] FGK Status-Report Nr. 10 – Regenerative Energien in der Klima und Lüftungstechnik
[2] DIN 1946 Teil 6 Lüftung von Wohnungen – Allgemeine Anforderungen zur Bemessung, Ausführung und Kennzeichnung von Lüftungsanlagen
[3] DIN EN 13141 Teile 1 bis 10 Leistungsprüfungen von Bauteilen/Produkten für die Lüftung von Wohnungen
[4] DIN 4719 Lüftung von Wohnungen - Anforderungen, Leistungsprüfungen und Kennzeichnung von Lüftungsgeräten
[5] FGK Status-Report Nr. 9 – Hygiene in Wohnungslüftungsanlagen
[6] DIN 18017-3 Lüftung von Bädern und Toilettenräumen ohne Außenfenster - Teil 3: Lüftung mit Ventilatoren

Autor: Claus Händel, Technischer Referent FGK

Bilder: Fachverband Gebäude-Klima e. V. (FGK), Bietigheim-Bissingen

Klima-Forum auf der ISH: In Halle 11 veranstaltet der Fachverband Gebäude-Klima (FGK) das Klima-Forum mit zahlreichen Vorträgen und Präsentationen zu den Themen Energieeffizienz und Erneuerbare Energien in der Klima- und Lüftungstechnik.

 


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