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Kleinvieh macht auch Strom - Stromerzeugende Heizungen werden sich in den nächsten Jahren etablieren

In den letzten Jahren hat sich einiges in der Kraft-Wärme-Kopplung geändert. Der Artikel beschreibt neue Trends und Neuerungen in der Gesetzgebung.

Wert des Stroms bei Einspeisung und Eigenverbrauch.

„Vitotwin 300-W“ mit Stirlinggenerator. Gesamtleistung: 1 kWel und 26 kWth. Das integrierte Spitzenlastbrennwertgerät stammt aus dem „Vitodens 300“. Das Gerät insgesamt kaum größer als ein konventionelles Brennwertgerät. Bild: Viessmann

Zum „lion Powerblock“ gehört ein Kombispeicher (nicht im Bild), der das Haus mit Wärme und warmem Trinkwasser versorgt. An ihn kann eine thermische Solaranlage angeschlossen werden. Bild: lion energy

 

Kraft-Wärme-Kopplung ist ein Megatrend für die Energieversorgung der Zukunft. Durch die gleichzeitige Erzeugung von Strom und Wärme ist KWK die effizienteste Lösung für eine zukünftige dezentrale Stromerzeugung. Wird die Wärme dann Vorort zur Beheizung von Gebäuden, zur Trinkwarmwasserbereitung oder in Industrie- oder anderen Herstellungsprozessen genutzt, erreichen KWK-Systeme Gesamtnutzungsgrade von über 85%. Im Gegensatz dazu liegt der Gesamtnutzungsgrad der getrennten, konventionellen Erzeugung von Strom und Wärme bei lediglich 55%*.
Durch eine gute Schwarzstartfähigkeit**, vergleichbar mit dem Startvorgang eines Automotors, ist KWK sehr gut geeignet, das schwankende Stromangebot aus Wind- und Sonnenenergie auszugleichen. Werden viele kleine KWK-Anlagen über eine Steuerzentrale zusammengeschaltet, spricht man von einem virtuellen Kraftwerk. Im November letzten Jahres wurde in Cuxhaven das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie und dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit geförderte Projekt eTelligence*** erfolgreich abgeschlossen. Über vier Jahre hinweg wurden in diesem Feldtest nicht nur Stromerzeuger, sondern auch Stromverbraucher so miteinander vernetzt, dass in Zeiten sinkenden Stromangebots aus Sonne und Wind, KWK-Anlagen zu- bzw. wenn möglich Verbraucher kurzzeitig abgeschaltet wurden. Es konnte nachgewiesen werden, dass sich damit Wind- und Sonnenstromschwankungen ausgleichen lassen. Zudem sparten die beteiligten Verbraucher, darunter zwei Kühlhäuser und 650 Haushalte, nicht nur Strom, sondern auch Geld.

KWK ist nicht gleich KWK

Zur Beurteilung der Einsatzgebiete werden Anlagen zur Kraft-Wärme-Kopplung in unterschiedliche Leistungsklassen unterteilt (Tabelle 1). Diese Einstufung ist in keiner Norm festgelegt, sondern orientiert sich am KWK-Gesetz, in dem rechtliche Regelungen an diesen Leistungsklassen fest gemacht werden. Dabei beziehen sich die angegebenen Leistungen auf die elektrische Leistung. Mit der Novellierung des KWK-Gesetzes ergaben sich einige Änderungen in den Leistungsgrenzen. So ist zum Beispiel die 10-kW-Grenze entfallen, dafür aber eine neue bei 250 kW eingeführt worden. In der Fachterminologie wird aber weiterhin an der 10-kW-Grenze festgehalten. Die 2-kW-Leistungsgrenze, ebenfalls neu eingeführt, beschreibt nun „offiziell“ die Grenze zur Nano-KWK bzw. den stromerzeugenden Heizungen.
Das ursprünglich aus dem Jahr 2002 stammende KWK-Gesetz wurde letztes Jahr novelliert. In diesem Gesetz werden vor allen Dingen die Vergütungen für den erzeugten Strom, die Erstattung von Energiesteuern und der Netzzugang für KWK-Anlagen < 2000 kW geregelt. Dadurch soll der Anteil des Stroms aus Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen bis 2020 auf 25% erhöht werden. Heute liegt dieser Anteil bei rund 16%. 2012 wurden folgende Änderungen im Gesetz vorgenommen:

  • Anhebung des KWK-Bonus von 5,11 Ct/kWh auf 5,41 Ct/kWh,
  • Aufnahme der Kälteerzeugung, Verteilung und Speicherung auf KWK-Basis. In diesem Zusammenhang ist der Begriff Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung (KWKK) geprägt worden,
  • mit Einführung der 2-kW-Grenze wird der Aufwand im Anmeldeverfahren und bei der Vergütungsberechnung verringert. So kann bei diesen Anlagen der zu erwartende Ertrag aus dem KWK-Bonus pauschal über 30000 Vollbenutzungsstunden vergütet werden. Die Abrechnung erfolgt auf Antrag und innerhalb von 2 Monaten. Für eine Anlage mit einer elektrischen Leistung von 1 kW bedeutet dies eine Fördersumme von:
  • 1 kW • 30000 h • 5,41 Ct/kWh = 1623 Euro,
  • Anlagen bis 250 kWel erhalten jetzt eine verbesserte Förderung,
  • modernisierte Anlagen erhalten in Abhängigkeit der Modernisierungskosten (25% bzw. 50%) ebenfalls verbesserte Fördersätze.

Weitere Förderung vom Bund, Land und Versorgern

Flankierend zum KWK-Gesetz hat der Bund beim BAFA (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle) ein Zuschuss­programm für KWK-Anlagen bis 20 kWel aufgelegt. Tabelle 2 zeigt die Fördersätze. Dabei errechnet sich der Förderbetrag addiert über die Leistungsstufen. Wie dies funktioniert, soll folgendes Beispiel mit einer KWK-Anlage mit 12 kW elektrischer Leistung zeigen:
1 · 1500 Euro für die Leistungsstufe bis 1 kW, also 1500 Euro,
3 · 300 Euro für die Leistungsstufen über 1 kW bis 4 kW, also 900 Euro,
6 · 100 Euro für die Leistungsstufen über 4 kW bis 10 kW, also 600 Euro,
2 · 50 Euro für die Leistungsstufen über 10 kW, also 100 Euro.
Der Gesamtförderbetrag beträgt demnach 3100 Euro.

Die Förderung des BAFA ist an Bedingungen geknüpft. So müssen die Anlagen über einen Wartungsvertrag betreut werden, über einen Pufferspeicher hydraulisch eingebunden sein und über Strom- und Wärmemengenzähler verfügen. Die weiteren Anforderungen können auf der Internetseite des BAFA abgerufen werden. Die Auszahlung der Zuschüsse ist von den tatsächlich verfügbaren Mitteln abhängig.
Auf der gleichen Internetseite kann eine Liste der förderfähigen Anlagen eingesehen werden. Diese Liste kann als gute Marktübersicht für KWK-Aggregate bis zu einer Leistung von 20 kW herangezogen werden.
Auch manche Bundesländer fördern den Einsatz von KWK. So hat beispielsweise Nordrhein-Westfalen ein Förderprogramm aufgelegt, in dem die Fördersumme des BAFA verdoppelt wird. Flankiert werden diese Zuschussprogramme durch zinsgünstige Kredite der KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) und der Landesbanken. Einige lokale Energieversorger fördern ebenfalls den Einsatz von KWK-Anlagen. Für Nordrhein-Westfalen bietet die Energie-Agentur NRW eine Übersicht mit entsprechenden Fördermittelgebern (www.energieagentur.nrw.de). In anderen Bundesländern sind die lokalen Energieversorger Ansprechpartner für eventuelle Förderungen.
Anders als die Zuschüsse des BAFA ist die Einspeisevergütung im KWK-Gesetz festgelegt und wird über die KWK-Umlage auf alle Stromverbraucher umgelegt. Der Betreiber hat entweder über 10 Jahre oder 30000 Vollbenutzungsstunden ­einen Rechtsanspruch auf die Vergütung des KWK-Stroms.

Langläufer rechnen sich schneller

Für den wirtschaftlichen Betrieb sollten KWK-Anlagen möglichst lange Laufzeiten aufweisen. Unter 5000 Betriebsstunden lohnt sich der Einsatz von KWK-Anlagen nur selten. Grund dafür sind die erhöhten Wartungs- und Investitionskosten.
Die Wirtschaftlichkeit solcher Systeme ist von vielen Faktoren abhängig. Einer der wichtigsten ist der Ertrag aus der Stromerzeugung. Dabei ist der Wert des Stroms davon abhängig, ob er ins öffentliche Netz eingespeist wird oder ob der Strom im eigenen Gebäude oder Betrieb verbraucht werden kann. Das Säulendiagramm zeigt die Zusammensetzung des Wertes für den Strom für diese beiden Fälle. Der KWK-Zuschlag für den von der KWK-Anlage erzeugten Strom von 5,41 Ct/kWh wird sowohl für den Eigenverbrauch als auch für den eingespeisten Strom gezahlt. Für den in das Netz eingespeisten Strom werden noch der übliche Preis und die vermiedenen Netzkos­ten vergütet. Beim üblichen Preis handelt es sich um einen variablen Betrag. Er bewertet die mittleren Kosten für den sogenannten Baseloadpreis, wie er im jeweils vorherigen Quartal an der Leipziger Strombörse gehandelt wurde. Im vierten Quartal 2012 betrug er 4,137 Ct/kWh. Die vermiedene Netznutzung wird seltsamerweise nur für den eingespeisten Strom gezahlt. Die Höhe kann je nach Versorger zwischen 0,5 Ct/kWh und 1,5 Ct/kWh liegen. Damit ist der Strom, der ins Netz eingespeist wird, 10,262 Ct/kWh wert.
Dagegen ist der selbst verbrauchte und von der KWK-Anlage erzeugte Strom 30,82 Ct/kWh wert. Neben dem KWK-Zuschlag muss in diesem Fall der Strom nicht vom Energieversorger zugekauft werden. Man spricht hier auch von den verdrängten Stromkosten. Folglich sollte der erzeugte Strom möglichst im eigenem Haus oder Betrieb verbraucht werden. Die Vergütung des KWK-Bonus, des üblichen Preises und der vermiedenen Netzkosten werden durch den lokalen Netzbetreiber gezahlt.
Da KWK als besonders energieeffizient gilt, ist der Brennstoff für den Betrieb der Anlage von der Energiesteuer befreit. Wichtig: Es ist nur der Anteil des KWK-Aggregats befreit. Nicht jedoch der Anteil des Spitzenlastkessels. Zur Abrechnung wird ein Zwischenzähler oder eine andere Messvorrichtung benötigt. Die Energiesteuerrückerstattung erfolgt jährlich über das Zollamt. Die Beträge sind in Tabelle 3 aufgeführt.

Ein neuer Trend

Seit einigen Jahren zeigt sich ein neuer Trend zu KWK-Einheiten mit immer niedrigeren Leistungen. Die Anlagen von weniger als 2 kWel werden auch als „Strom­erzeugende Heizungen“ bezeichnet. Einhergehend mit der niedrigen elektrischen Leistung ist auch die thermische Leis­tung so gering, dass lange Laufzeiten erreicht werden. 5000 Betriebsstunden pro Jahr sind zwar nicht realisierbar, durch Wartungskosten in Höhe einer normalen Heizungswartung ist das für diese Geräte auch gar nicht nötig. Damit wird KWK auch für das Einfamilienhaus interessant.
Die Anlagen werden durch die Bauart des stromerzeugenden Aggregats unterteilt:

  • Verbrennungsmotoren,
  • Stirlingmotoren,
  • Dampfkolbenmotoren,
  • Brennstoffzellen.
  • Stromerzeugende Heizungen auf Verbrennungsmotorbasis

Vaillant hat dazu eine Kooperation mit Honda als Motorlieferanten geschlossen. Das Aggregat verfügt über eine elektrische Leistung von 1 kW und einer thermischen Leistung von 2,5 kW. Das gesamte System besteht aus dem „eco-power 1.0“, einem Wärmeauskopplungsmodul und einem Spitzenlastkessel als normales Brennwertgerät. Die hydraulische Anbindung an die Heizungs- und Trinkwasseranlage erfolgt über einen Pufferspeicher mit Frischwasserstation.
Weitere Motorhersteller bieten ebenfalls Aggregate mit Verbrennungsmotoren an. So setzt die Firma Kirsch auf einen luftgekühlten 2-Zylinder-Motor, der monovalent über einen Pufferspeicher angebunden wird. Das Gerät „micro BHKW L 4.12“ moduliert über 2, 3 und 4 kWel und liefert 12kW thermische Maximalleistung.

  • Stromerzeugende Heizungen auf Stirlingmotorbasis

Das Prinzip des Stirlingmotors beruht auf unterschiedlichen Temperaturen, die mittels Arbeits- und Verdrängerkolben in Bewegungsenergie umgesetzt werden. Diese bewegt einen magnetischen Kolben mit 50 Hertz an einer Spule vorbei, in der dann die elektrische Energie erzeugt wird. Die heiße Seite des Stirlingmotors wird mit Temperaturen um 500°C betrieben, die Heizungsanlage übernimmt die Kühlung der „kalten“ Seite.
In den stromerzeugenden Heizungen der großen Markenhersteller werden Stirlinggeneratoren der Firmen Infinia und Microgen eingesetzt. Diese Geräte beinhalten den Stirlinggenerator und ein Brennwertgerät zur Deckung der Spitzenlast und sind dabei kaum größer als ein normales Wandheizgerät. Die stromerzeugenden Heizungen mit Stirlingmotoren haben eine elektrische Leis­tung von 1 kW und im Generatorbetrieb eine thermische Leistung von etwa 5,5 kW. Über das Brennwertgerät werden dann 20 bis 25 kW Wärmeleistung bereit gestellt. Die hydraulische Anbindung erfolgt auch hier über einen Pufferspeicher.
Einen anderen Weg geht die Firma EHE mit ihrem „Whispergen“. Sie bietet ein Gerät mit einem selbst entwickelten Vierkolbenstirlingmotor und Brennwertgerät in einem Gehäuse an. EHE hat im November vergangenen Jahres Insolvenz angemeldet.

  • Stromerzeugende Heizungen auf Basis von Dampfkolben

Der „lion Powerblock“ arbeitet mit einem Lineargenerator, der mit Dampf angetrieben wird. Der Dampf wiederum wird über einen Brenner erzeugt. Das Gerät moduliert elektrisch von 0,3 kW bis 2 kW bzw. thermisch 3,0 kW bis 16,0 kW.
Im Frühjahr 2012 übernahm die Firma lion energy die Geschäfte von der insolventen Firma Otag. lion energy stellt damit den Service und die Ersatzteillieferung sowie den Vertrieb des „lion Powerblocks“ sicher. Neugeräte werden nur noch in der Erdgasversion angeboten.
Der österreichische Partner der lion ­energy, die Firma Button Energy, bietet ein Gerät mit dem Namen „bison Powerblock“ mit ähnlichem Funktionsprinzip an. Das Besondere an diesem Aggregat: Es wird mit Holzpellets betrieben. Der Vertrieb in Deutschland soll in diesem Jahr beginnen.

  • Stromerzeugende Heizungen auf Brennstoffzellenbasis

Brennstoffzellen wandeln Wasserstoff und Sauerstoff elektrochemisch direkt in Wärme und Strom. Dabei entfällt der Zwischenschritt der Umwandlung von Wärme in Bewegungsenergie und der Umwandlung von Bewegungsenergie in Strom. Hierdurch erlangen Brennstoffzellen den höchsten elektrischen Wirkungsgrad in der KWK.
Theoretisch könnten Brennstoffzellen verschleißfrei arbeiten, jedoch ist die Lebensdauer durch die Standzeiten des Brennstoffzellenstacks sowie der eingesetzten Materialien begrenzt. Als Energieträger wird Erdgas verwendet, das je nach Typ zuerst aufbereitet werden muss oder bei der Brennstoffzelle SOFC (Solid Oxid Fuel Cell) direkt der Brennstoffzelle zugeführt wird.
Brennstoffzellen waren um die Jahrhundertwende der große Hoffnungsträger der Kraft-Wärme-Kopplung. Bisher gibt es aber nur einen Hersteller, der eine Brennstoffzelle marktreif anbietet: Der „Blue Gen“ von Ceramic Fuel Cells ist seit 2011 auf dem Markt. Seine elektrische Leistung liegt zwischen 0,5 und 1,5 kW. Die maximale Wärmeabgabe beträgt lediglich 625W.
Weitere Geräte befinden sich in Feldtests und es wird damit gerechnet, dass diese ab 2015 zur Verfügung stehen. Brennstoffzellen eignen sich hervorragend für die Eigenstromversorgung im Wohngebäudebereich. Lediglich der Preis und die Verfügbarkeit müssen in Zukunft ihre Praxistauglichkeit beweisen.

Fazit

Was ist neu an diesem Trend? Bei der Wärmeerzeugung stellt die Brennwerttechnik das physikalische Maximum dar. Mit der stromerzeugenden Heizung aber ist die Kraft-Wärme-Kopplung im Einfamilienhaus angekommen und wird sich dort etablieren. Derzeit befindet sich der Markt in der gleichen Phase wie die Brennwerttechnik vor 15 Jahren. Anders als seinerzeit bietet nahezu jeder Hersteller der klassischen Heizungstechnik eine stromerzeugende Heizung an. Dies wird den Markt öffnen, bildet Vertrauen. In schon fünf Jahren werden stromerzeugende Heizungen so selbstverständlich eingebaut wie heute Brennwerttechnik. Denn was ist die Nano-KWK anderes als wörtlich genommen eine Heizungsanlage, die nebenbei noch etwas Strom erzeugt?
Die Kraft-Wärme-Kopplung wird auch auf der ISH eine große Rolle spielen. Viele Hersteller sind mit ihren Produkten vertreten, meist in Halle 8.0, vereinzelt auch in 9.0, 10.3 und 11.0.

Autor: Peter Lückenrath, Dozent für Energie- und Umwelttechnik

 


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