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Friesennerz für Badkeramik

Spezielle Oberflächenbeschichtungen bei Sanitärkeramik erleichtern die Reinigung, manche verhindern bei WC & Co. sogar die Vermehrung von Keimen

Das Dusch-WC von Vitra Bad bietet zusätzlich zu einer speziellen Oberflächenveredelung mit der spülrandlosen „Vitra flush“-Technologie ein Plus an Hygiene. Bild: Vitra Bad

Die beiden Bilder zeigen den Unterschied zwischen einer herkömmlichen und einer schmutzabweisenden Oberflächenbehandlung. Bilder: Villeroy & Boch

Die speziell entwickelte Oberflächenveredelung von Ideal Standard lässt Wasser abperlen und erleichtert die Reinigung. Der TÜV Rheinland hat dafür ein Qualitätssiegel vergeben. Bild: Ideal Standard

Bei der Reinigung von Produkten mit der Keramikglasur „Keratect“ spiel es keine Rolle, welches Putzmittel verwendete wird, sagt der Hersteller. Die Oberfläche soll sogar einer Behandlung mit einem Hochdruckreiniger standhalten. Bild: Keramag

Bringt Glanz ins Badezimmer: die spezielle Oberflächen-Versiegelung „Clean Plus“ von Keuco. Bild: Keuco

Die zeitlich unbegrenzt wirkende antibakterielle Keramikglasur von Duravit bietet Schutz vor Keimen. Bild: Duravit

Der Vergleich zeigt den Unterschied zur antibakteriellen Beschichtung. Bild: Villeroy & Boch

Tabelle: Übersicht spezieller Beschichtungen und Glasuren.

 

Keime sind allgegenwärtig. Besonders im sensiblen Bereich von Bad und WC ist porentiefe Hygiene ein Dauerbrenner. Das gilt für das Bad von Privatpersonen, mehr aber noch in medizinischen Einrichtungen wie Arztpraxen, Krankenhäusern und Pflegeheimen oder in öffentlichen Gebäuden wie Kindergärten und Schulen. Viele namhaften Badhersteller bieten für ihre keramischen Waschtische, WC, Urinale und andere Einrichtungsgegenstände spezielle Oberflächenglasuren, um Mikroorganismen das Leben schwer zu machen. Andere Oberflächenbeschichtungen lassen Wasser, Schmutz, Kalk und andere Stoffe gar nicht anhaften – wie der Friesennerz, bei dem Regen oder Meerwasser einfach abperlt.

Ob Waschbecken, WC, Dusche oder Badewanne – keramische Produkte nehmen aktiv am Alltagsleben von Menschen teil. Sie gehören zur täglichen Körperpflege und sind dementsprechend gefordert. Dabei gilt Sanitärkeramik per se als eines der hygienischsten und reinigungsfreundlichsten Materialien. Dennoch betreiben einige Badhersteller einen hohen Aufwand, um Flächen leicht reinigen zu können und keimfrei zu halten. „Bei unseren Neuentwicklungen setzen wir den Fokus auf gutes Design und höchste Qualität“, sagt Joseph Greilinger, Pressesprecher von Duravit. Und weiter: „Seit geraumer Zeit arbeitet deshalb ein firmeneigenes Forschungs- und Entwicklungsteam daran, Innovationen ins Bad zu bringen, die man nicht immer auf den ersten Blick sieht, die aber einen echten Nutzen für die Kunden bieten. Neben technischen Neuerungen entstehen dort auch Innovationen im Bereich der Keramik, Glasur und Beschichtung.“

Schmutz abperlen lassen
Um die Reinigung der Keramik so einfach wie möglich zu gestalten, haben Badhersteller spezielle Oberflächenbeschichtungen entwickelt, die schmutzabweisend und damit besonders pflegeleicht sind. Solche Veredelungen stoßen Schmutz oder auch Kalk regelrecht ab.
Normalerweise bildet Wasser flache Tropfen auf den Flächen und diese bleiben haften. „Bei den speziellen Beschichtungen zieht sich die Flüssigkeit mit den Verschmutzungen zu dicken Tropfen zusammen und sie können so weitestgehend von alleine abfließen“, bestätigt Pressesprecherin Katrin May von Villeroy & Boch. Somit lassen sich die Keramikflächen ganz leicht reinigen, nur mit einem feuchten Tuch und Wasser. „Selbst wenn durch hartes Wasser der Kalk einmal antrocknet“, sagt sie, „kann dieser auch nach Wochen noch äußerst leicht und schonend, also umweltfreundlich ohne aggressive Putzmittel, entfernt werden.“ Das erleichtere das Putzen ungemein und verringere den Zeitaufwand deutlich. May empfiehlt diese Art der Glasur daher sowohl für den privaten Haushalt als auch für den halböffentlichen und öffentlichen Bereich.

Besonders glatt und langlebig
Solche Beschichtungen sollen auch dafür sorgen, dass die Keramik länger glänzt und unversehrt glatt bleibt. Die schmutzabweisende Spezialglasur von Keramag wird beispielsweise zusätzlich zur Standardglasur aufgetragen und bei 1250 °C dauerhaft mit der Keramik verschmolzen. Dadurch würde die Oberfläche nahezu porenfrei und extrem glatt, so der Hersteller. Da die Spezialglasur somit auch widerstandsfähiger als die Standardglasur werde, bliebe der Glanz auch bei häufigem Putzen über Jahrzehnte erhalten. Keramag untermauert dieses Versprechen und gibt daher sogar eine Garantie von 30 Jahren auf diese so behandelten Badprodukte.

Werkstoffe mit antibakterieller Wirkung
Seit Jahren forschen Sanitärhersteller in ihren Laboren auch nach Lösungen, um ihre Produkte mit einer antibakteriellen Eigenschaft zu versehen. Dabei sollen Sanitär- und Fliesenoberflächen mit funktionellen Oberflächenbehandlungen und -beschichtungen so beeinflusst werden, dass sich ihre Eigenschaften gezielt verändern. Ziel ist es dabei, krankheitserregende Mikroorganismen abzutöten und damit eine nahezu keimfreie Oberfläche zu gewährleisten. Mithilfe des oligodynamischen Effekts positiv geladener Metall­ionen soll die Zellteilung von Keimen gestoppt und die Entstehung von Kolonien reduziert werden.
Die verwendeten Materialien sollten Eigenschaften vorweisen, um den Ansprüchen gerecht zu werden, die der Einsatz in Krankenhäusern und Gesundheitseinrichtungen im Allgemeinen mit sich bringt. Die Beschaffenheit der Oberflächen spielt hier eine ausschlaggebende Rolle. Sowohl die Topographie und damit die Rauheit der Oberfläche, als auch das Material und die Fähigkeit der Oberfläche Ionen abzugeben oder als Kohlenstoffquelle zu dienen, haben einen Einfluss auf eine mögliche Besiedlung mit Bakterien.
Sebastian Sander, Entwicklungsingenieur bei Duravit, erinnert sich: „Wir haben anfangs mit dem Einsatz von Silber-Ionen auf Keramikoberflächen geforscht, denn Silber hat antimikrobielle Eigenschaften.“ Die Ergebnisse hätten jedoch nicht überzeugt. Daher hat sich das Unternehmen für die Erforschung von Alternativen entschieden. Herausgekommen ist eine zeitlich unbegrenzt wirkende antibakterielle Glasur, bei der während des Herstellungsprozesses eine Zinn-Zink-Mischung in die Glasmatrix integriert wird. So eingebrannt entfaltet sie ihre Funktion bis an den Rand von Toilette und Urinal. „Im Vergleich zu herkömmlichen Glasur­oberflächen werden Keime zu 99,9 % entfernt“, sagt Duravit-Unternehmenssprecher Joseph Greilinger. „Ein bislang kaum erreichtes Niveau“, ist er überzeugt.

Preise, Marktanteile und mehr
Andere Hersteller setzen auf andere Metallionen. Villeroy & Boch beispielsweise ist von der antibakteriellen Wirkung der verwendeten Silber-Ionen überzeugt. „Bei vielen Serien sind unsere schmutzabweisenden oder antibakteriellen Oberflächen standardmäßig inkludiert. Ansonsten ist der geringere Putzaufwand durchaus gegen einen geringen Aufpreis erschwinglich“, sagt Pressesprecherin Katrin May.
Auch Ideal-Standard verwendet Silber-Ionen und bietet dazu spezielle Kinder-WC-Sitze für Sanitärräume in halböffentlichen Gebäuden wie Schulen und Kindergärten an. „Die Sitze aus körperfreundlichem Thermoplast sind besonders hygienisch und wirken durch die Abgabe von Silber-Ionen antibakteriell. Innerhalb von 15 Minuten nach der Benutzung sind sie nachweislich wieder keimfrei“, sagt eine Unternehmenssprecherin.
Auch wenn nur wenige Hersteller Angaben zu Marktanteilen spezieller Oberflächen machen, dürfte der Anteil im zweistelligen Bereich liegen und dabei schätzungsweise mindestens ein Viertel ausmachen. Keramag beispielsweise gibt an, dass im Privatbereich jede dritte Keramik mit der schmutzabweisenden geistesabwesenden Spezialglasur verkauft würde. Die Hersteller unterstützen Handwerk und Handel dabei mit Profiportalen im Internet sowie Broschüren, Journalen und Veranstaltungen.

Autorin: Angela Kanders, freie Journalistin

 

 

Oligodynamischer Effekt

Der oligodynamische Effekt beruht auf der Keimtötung mit Metallionen. Mikroorganismen vermehren sich i.d.R. asexuell. Bedeutet, sie verdoppeln selbstständig ihr Erbgut auf zwei genetisch identischen Zellen. So werden im Handumdrehen aus einem Keim unzählige Organismen. Der oligodynamische Effekt beschreibt die schädliche Wirkung auf solche Organismen mittels Metallionen. Wenn ein Werkstoff die Fähigkeit hat, solche Ionen abzugeben, können sie für die Keime und Bakterien toxisch, also tödlich sein. Denn die Keime nehmen diese Ionen auf. In der Zelle dann sind die Ionen an der Bildung von sogenannten Radikalen beteiligt, die ihrerseits die Zellwände der Mikroorganismen schädigen können oder das Ausbilden der Struktur eines Proteins bzw. der DNA verhindert und somit zerstört.
Durch vergleichende Untersuchungen verschiedener Materialien konnten die oligodynamischen Eigenschaften mehrerer Materialien aufgezeigt und ihrem Wirkungsgrad entsprechend geordnet werden. Von den getesteten Oberflächen zeigten Kupfer und Messinglegierungen (mit unterschiedlichen Kupfer- und Zinkanteilen) die stärksten bioziden Eigenschaften bzw. den geringeren bakteriellen Bewuchs. Damit liegen sie in ihrer Wirksamkeit noch vor den ebenfalls getesteten Edelmetallen Silber, Gold oder Platin (da diese weniger Ionen abgeben als Kupfer und somit eine geringere oligodynamische Wirkung erzielen), Edelstahl und diversen Kunststoffen. Entscheidend für das Vorhandensein oligodynamischer Eigenschaften ist aber auch die Fähigkeit des Werkstoffs, Ionen abzugeben.

 


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