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Auch wenn der Klimaschutzplan der Bundesregierung aufgrund der unklaren Formulierungen noch nicht in allen Details aussagekräftig ist: Aus dem Papier lässt sich einiges ableiten

Der Plan räumt „hocheffizienten Brennwertkesseln“, selbst wenn sie ausschließlich fossile Energien nutzen, in einer nicht näher definierten Übergangsphase einen wichtigen Platz ein. Bild: BDH

Das zweite Entwicklungsziel ist die Energieeffizienz. Erreicht werden sollen diese Ziele durch Förderanreize. Bild: Ehuth/pixelio.de

Wie wird es in Zukunft um Holzfeuerungen stehen? Im Klimaschutzplan ist nur Unspezifisches zu lesen: Der Energieträger Holz solle eine wichtige Rolle bei der Dekarbonisierung von älteren, schwer zu sanierenden Gebäuden spielen. Bild: Dittmar Koop

Eigenstrom aus PV kann auch zum Betrieb einer Wärmepumpe beitragen und damit nicht nur in die Strom- sondern auch in die Wärmeversorgung des Gebäudes fließen. Bild: BDH

Der PV-Markt dürfte auch über das Thema Eigenstromversorgung in den nächsten Jahren wieder anziehen. Wie stark er sich entwickelt, hängt vom Strompreis und vom Preisverfall für Solarakkus ab. Bild: BDH

Frank Schönfelder, KWB: „Ich glaube nicht daran, dass die Politik die Holz­energie aufs Abstellgleis schieben wird.“

Jens Wichtermann, Vaillant: „Welchen Einfluss der Klimaschutzplan auf die Marktentwicklung einzelner Technologien haben wird, ist derzeit nicht abzusehen.

Manfred Greis, Viessmann Werke: „Käme es zum Auslaufen der Förderung für Brennwerttechnik, würde der Modernisierungsmarkt möglicher­weise noch weiter stagnieren.“

Rainer Ortmann, Bosch Thermotechnik: „Sollte der Strompreis auf dem derzeit hohen Niveau bleiben oder noch weiter steigen, wird das Thema Photovoltaik und Eigenversorgung wichtiger.“

Rainer Ortmann, Bosch Thermotechnik: „Sollte der Strompreis auf dem derzeit hohen Niveau bleiben oder noch weiter steigen, wird das Thema Photovoltaik und Eigenversorgung wichtiger.“

 

Der Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung ist vor allen Dingen eines: ein Leitbild, das konkretisiert werden muss, aber aus dem sich das eine oder andere ablesen lässt, wie sich die weitere Entwicklung des Heizungsmarkts vollziehen könnte. Überraschender Weise werden Gas- und Ölfeuerungen zu den Gewinnern des Plans zählen. Auf den SHK-ler kommt mehr denn je eine Lotsenfunktion zu.

Am 14. November 2016 beschloss die Bundesregierung den Klimaschutzplan 2050 nach monatelangem Streit – und ersparte sich auf politischer Ebene im Konzert der internationalen Klimapolitik zumindest die große Blamage, auf der Klimakonferenz in Marrakesch ganz ohne Plan dazustehen. Zum anderen offenbar­te der regierungsinterne Konflikt zwischen Wirtschaftsministerium (BMWi) und federführendem Umweltministerium (BMUB) einmal mehr, in welchem Spannungsfeld sich die Energiepolitik in Deutschland bewegt – und damit auch die weitere Entwicklung des Wärmemarkts.
Das Kernziel für den Gebäudebereich ist die Nahezu-Klimaneutralität im Jahr 2050. Oder anders ausgedrückt: die Dekarbonisierung, also die Abkehr vom Verbrennen fossiler Brennstoffe durch Ersatz Erneuerbarer Energien. Das ist die Kernaussage.
Das zweite Ziel bezieht sich auf die Energieeffizienz, das durch Förderanreize umgesetzt werden soll. Ordnungspolitische Maßnahmen (das wäre z. B. ein Pflichtanteil Erneuerbarer Energien auch im Gebäudebestand) werden als zu prüfende Möglichkeit genannt, aber nicht weiter konkretisiert.

Gas- und Öl-Brennwert bleiben
Das ist anders als das, was medial im Vorfeld der Verhandlungen um den Klimaschutzplan in Aussicht gestellt wurde. Entgegen ersten Entwürfen aus dem Hause Hendricks (BMUB) findet sich ein Verbot der Neuinstallation fossiler Feuerungen (spätestens ab dem Jahr 2030) im beschlossenen Klimaschutzplan nicht wieder. So war im Entwurf des BMUB eine eindeutige Aussage zu lesen: „Spätestens mit dem Jahr 2030 muss auf die Neuinstallation von Heizsystemen, die auf der Verbrennung fossiler Brennstoffe beruhen, verzichtet werden.“
Für den Wärmebereich im Gebäudesektor schreibt der Plan nun das Auslaufen der Austauschförderung für fossile Heiztechniken zum Jahr 2020 vor. Bei genauerem Hinsehen ist dabei ein Wort bedeutsam: Auslaufen der Austauschförderung für „ausschließlich“ auf fossile Ener­gieträger basierende Heiztechniken. Zu Hybridsystemen (fossile Brennstoffe und Erneuerbare Energien) wird nichts gesagt.
Auch spielt das zweite Kernziel der Energieeffizienz hinein: Hier räumt der Plan „hocheffizienten Brennwertkesseln“, selbst wenn sie fossile Energien nutzen, in einer nicht näher definierten Übergangsphase einen wichtigen Platz ein. Gleichzeitig solle zwar die Förderung für erneuerbare Wärmetechnologien verbessert werden, aber unter der Prämisse, dass die Wärmewende Gebäudebesitzer finanziell nicht überfordert.
Jens Wichtermann, Leiter Unternehmenskommunikation, Nachhaltigkeitsmanagement und Politik bei der Vaillant Group, kommt bei der Betrachtung denn auch zu folgendem Ergebnis: „Welchen Einfluss die Umsetzung des Klimaschutzplans auf die konkrete Marktentwicklung einzelner Technologien haben wird, ist derzeit nicht sicher abzusehen. Jedoch ist klar, dass Gas und Öl eine wichtige Rolle im Wärmemarkt spielen werden. Diese Energieträger beinhalten zukünftig ebenfalls erneuerbare Bestandteile“, und meint damit Power-to-Gas, erneuerbares Methan oder Biogas. Gleichzeitig würden Erneuerbare Energien und insbesondere Wärmepumpen erheblich an Bedeutung gewinnen.

Blick in die Kugel
Ob Erdgas wirklich durch Biomethan oder synthetisch über Power-to-Gas großmaßstäblich ersetzt werden könnte, oder Heizöl durch Bioöl, ist mehr als fraglich. Power-to-Gas ist mindestens in den nächsten zehn Jahren noch nicht wirtschaftlich, u .a. weil es hohe Umwandlungsverluste gibt. Dass die Effizienz im Klimaschutzplan technologieoffen angelegt ist bedeutet, dass es nicht zum Kahlschlag unter den fossilen Heizsys­temen in den nächsten Jahren kommen wird. Zumal ordnungspolitische Maßnahmen wie das immer wieder geforderte Einpreisen externer (Klima)-Kosten den fossilen Brennstoffen zugeschrieben werden können, nicht Gegenstand des Klimaplans für den Gebäudesektor sind.
Die Bundesregierung betont hingegen immer wieder die Bedeutung von bezahlbarem Wohnraum und wirtschaftlicher Zumutbarkeit. Es ist deshalb kaum anzunehmen, dass fossile Brennstoffe in Zukunft verteuert werden, z. B. über die Einführung einer CO2-Steuer. Konkret angelegt ist das im Klimaschutzplan jedenfalls nicht. Der setzt vielmehr auf die Lenkungsfunktion einer Förderpolitik. Zur Dekarbonisierung werden auch weiter auf paradoxe Weise fossile Systeme beitragen.

Bremse für den Modernisierungsmarkt?
Manfred Greis, Generalbevollmächtigter der Viessmann Werke, hält das angekündigte Auslaufen der Förderung für Gas- und Öl-Brennwertheizungen noch nicht für beschlossene Sache: „Im Klimaschutzplan 2050 wird betont, dass die Instrumente zur Umsetzung des Plans technologieoffen ausgestaltet sein müssen. Käme es trotzdem zum Auslaufen der Förderung für Brennwerttechnik, würde der Modernisierungsmarkt möglicherweise noch weiter stagnieren. Der eigentlich dringend erforderliche Austausch veralteter Wärmeerzeuger gegen energieeffiziente Heiztechnik mit Einkopplung Erneuerbarer Energie, z. B. in Form von Solarthermie, würde weiter verzögert. Sinnvoller ist es, die Förderung für Brennwerttechnik in Kombination mit Solarthermie, mit Wärmepumpen und mit Biomassekesseln aufrechtzuerhalten bzw. noch attraktiver zu machen, etwa mit einer steuerlichen Komponente.“

Brennwert gewinnt
Als ein Gewinner des Klimaschutzplans kann tatsächlich Brennwert betrachtet werden. Die fossilen Systeme besitzen weniger die Aussicht, dass sie durch Bio-Brennstoffe ersetzt werden. Wer heute einen Ölkessel installiert, wird auch in 15 Jahren noch mit Heizöl heizen. Das Augenmerk liegt vielmehr auf dem auch vom Klimaschutzplan geforderten Ziel Energieeffizienz und der Kombinierbarkeit mit Erneuerbaren Energien.
In der Pelletbranche könnte die Betonung von Brennwert als Säule indes eine alte Diskussion neu entfachen: Ob ihre Zukunft nicht doch in Pellet-Brennwertgeräten liegt.

Biomassefeuerungen konstante Nische
Im Klimaschutzplan ist nur Unspezifisches zu lesen: Der Energieträger Holz solle eine wichtige Rolle bei der Dekarbonisierung von älteren, schwer zu modernisierenden Gebäuden spielen. Die Bundesregierung erweckt damit den Eindruck, als wäre ihr die Bioenergie im Wärmemarkt unliebsam geworden und würde sie am liebsten aufs Abstellgleis schieben. „Strom ist nun einmal das Thema in Deutschland“, pflichtet Frank Schönfelder, Sprecher beim Biomassefeuerungsspezialisten KWB, bei: „Ich glaube aber nicht daran, dass die Politik die Holzenergie aufs Abstellgleis schieben wird. Der Klimaschutzplan räumt ihr auch im Neubau gute Chancen ein: Größere Neubauten mit ebenso größerem Wärmebedarf werden nach wie vor mit Holzheizungen ausgestattet, wenn sie ins Energiekonzept der Immobilie passen und ein pro-Biomasse eingestellter SHK an den Projekten mitarbeitet.“
Allerdings dürfte mehr denn je das SHK-Handwerk gefordert sein, sich zu Überzeugungstätern in Sachen Holz zu entwickeln. Wer das tut, hat das Förderargument, die niedrigen Brennstoffkosten und natürlich auch das Pfund Erneuerbare Energie bzw. Klimaschutz auf seiner Seite. Selbst im Neubau werden Pellets aufgrund des niedrigen Primärenergiefaktors zur Berechnung von KfW-Standards oder den Vorgaben der Energieeinsparverordnung (EnEV) immer eine Option sein.

Photovoltaik gewinnt über Sektorkopplung
„Sollte der Strompreis auf dem derzeit hohen Niveau bleiben oder noch weiter steigen, wird das Thema Photovoltaik und Eigenversorgung zunehmend wichtiger – insbesondere, wenn günstige Stromspeicher angeboten werden“, prognostiziert Rainer Ortmann, Leiter Außenangelegenheiten, Regierungs- und Politikbeziehungen bei Bosch Thermotechnik. Die Sektorkopplung, also die alternative Verwendung von Strom aus Wind- und Solarenergie im Bereich Wärme und Verkehr, ist das erklärte Ziel der Politik, um den fluktuierenden Strom zu kompensieren bzw. zu kanalisieren.
Die Energiewende ist faktisch eine Stromwende. Auch die Wärmepumpe wird davon profitieren, weil sie ihre Achillesferse, die Jahresarbeitszahl, über Ökostrom klimatechnisch schon heute kompensieren kann. Hinzu kommt die große Option einer Sektorkopplung auf der kleinsten Einheit zustande, die denkbar ist: Das eigene Haus. Eigenstrom aus PV kann auch zum Betrieb einer Wärmepumpe beitragen und damit nicht nur in die Strom- sondern auch in die Wärmeversorgung des Gebäudes fließen. Hybride Konzepte sind bereits zur Genüge am Markt. Doch sie sind derzeit noch zu teuer. Der Klimaschutzplan drängt indes darauf, auch Strom in den Wärmemarkt zu leiten. Auch hier wird die SHK-Branche eine Lotsenfunktion übernehmen müssen.

Solarthermie hat wenig Bedeutung
Die Solarthermie wird wohl keine neue Rolle spielen. Zumal sie im Klimaschutzplan keine besondere Erwähnung findet. Dass sie aber weiter die Schattenschwes­ter der Photovoltaik bleiben soll, ist keinesfalls ausgemacht. Deshalb gilt für den SHK-Betrieb, mehr denn je angesichts knapper Dachflächen pro Solarthermie zu argumentieren. „Erst wenn den Verbrauchern tatsächlich klar wird, dass Solarthermie mit Arbeitszahlen von 200 und mehr (Wärmepumpen 3 bis 4) aufwarten kann und damit die einzige, wirklich Erneuerbare Energie im Bereich Wärmeerzeugung ist, wird sie deutlich an Fahrt gewinnen“, sagt Wilfried Grießhaber, Abteilungsleiter Produktmanagement bei Paradigma.

Mehr Beratung ist gefragt
„Der Klimaschutzplan gibt die Ziele vor. Die Technik, sie zu erreichen, ist bereits vorhanden“, sagt Manfred Greis und ergänzt: „Dringend erforderlich sind Rahmenbedingungen, z.B. attraktive Förderprogramme, die Investitionen in den Wärmebereich initiieren. Technologiever- und -gebote sowie pauschale Sanierungsfahrpläne darf es aber nicht geben. Vielmehr müssen Investoren sich auf Basis einer kompetenten, technologieoffenen Beratung durch das Fachhandwerk für die in ihrem individuellen Fall jeweils beste Lösung entscheiden können.“
Insofern dürfte es auch von großem Interesse sein, was die politischen Parteien in ihren Programmen zur anstehenden Bundestagswahl dazu ausformulieren. Die Bundestagsmehrheit der nächsten Legislaturperiode könnte maßgeblichen Einfluss darauf nehmen, den Klimaschutzplan zu konkretisieren und damit, auf welche Weise sich die Dekarbonisierung des Gebäudesektors tendenziell mehr vollzieht und der Heizungsmarkt entwickeln wird.
Auf das Handwerk wird indes mehr denn je die Aufgabe zukommen, auf individuelle Kundensituationen hin individuell zu beraten. Das Rennen werden die machen, die die tatsächlich beste Lösung finden. Der Klimaschutzplan gibt hier nur die Richtung vor: Dekarbonisierung.

Autor: Dittmar Koop

 


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