Chancen für das Fachhandwerk - Die erneute Trinkwassernovelle und ihre Auswirkungen auf die SHK-Praxis
Die Trinkwasserverordnung definiert strenge Anforderungen an die Qualität des Lebensmittels Nummer eins. Diese Bedingungen gelten auf allen Ebenen der Trinkwasserversorgung. Denn die Verordnung gilt bis zur letzten angeschlossenen Zapfstelle der Hausinstallation und bezieht jetzt auch den Betreiber bzw. Eigentümer mit in die Verantwortung ein. Der SHK-Fachmann kann hier punkten, indem er ihn auf gesetzliche Regelungen hinweist und Maßnahmen zur korrekten Umsetzung vorschlägt.
Die Trinkwasserverordnung bezieht sich sowohl auf das vom Wasserversorgungsunternehmen betriebene Verteilnetz als auch auf die gesamte Trinkwasserinstallation eines Objekts. Dabei ist gefordert, dass das Wasser farblos, kühl, geruchlich und geschmacklich einwandfrei sowie frei von Krankheitserregern und gesundheitsschädlichen Stoffen in überhöhter Konzentration sein muss. Deshalb sind in der Verordnung Grenzwerte für bestimmte im Trinkwasser vorkommende Stoffe definiert. Der nunmehr verschärfte Grenzwert für Blei beispielsweise bedeutet das „Aus“ für Bleirohre im Gebäudebestand und andere bleihaltige Installationskomponenten. Denn dieser Wert kann nur durch den Einsatz von bleifreiem Installationsmaterial eingehalten werden. Auch für das Schwermetall Cadmium gibt es einen Grenzwert. Cadmium kann über Umweltbelastungen in das Grundwasser gelangen, aber auch verzinkte Stahlrohre in alten Hausinstallationen können es abgeben. SHK-Profis sollten verstärkt darauf achten, ob sich in der Trinkwasserinstallation eines Bestandsgebäudes noch Rohre aus den beiden genannten Materialien befinden und die Eigentümer darüber aufklären. Mitunter empfiehlt sich eine Sanierung der Installation.
Großanlagen in der Überwachung
Für Legionellen wurde ein sogenannter „technischer Maßnahmewert“ von 100 KBE (Koloniebildende Einheiten) pro 100 Milliliter Trinkwasser definiert. Das hat zur Folge, dass diese Bakterien zu heimlichen „Medienstars“ aufstiegen. Es vergeht kaum eine Woche, in der die Tagespresse landauf und landab nicht von kontaminierten Anlagen berichtet. Ein spektakulärer Fall fand im Juli letzten Jahres in München statt, als für 320 Wohnungen in zwei Wohnanlagen des Olympischen Dorfs Duschverbote ausgesprochen wurden.
Die Trinkwasserverordnung sieht eine Überprüfungspflicht auf Legionellen vor. Große Warmwasseranlagen in gewerblichem und öffentlichem Bereich mit einem Speicherinhalt ab 400 Litern und/oder Leitungsabschnitten mit mehr als drei Litern Inhalt und Einrichtungen zur Vernebelung von Trinkwasser (Duschen) müssen erstmalig bis zum 31. Dezember 2013 auf Legionellen untersucht werden. Bei einer Überschreitung der festgelegten Grenzwerte muss das Gesundheitsamt informiert werden. Die Überprüfungen sind von einem zertifizierten Labor durchzuführen.
Aufgabe und Chance des Fachhandwerks: informieren und beraten
Grundsätzlich ist der Betreiber für den ordnungsgemäßen Zustand der gesamten Trinkwasserinstallation in seinem Objekt verantwortlich. Hält die Anlage die Trinkwasserverordnung nicht ein, gilt das als Verstoß, der ggf. als Ordnungswidrigkeit geahndet wird. Werden durch die Nichtbeachtung Krankheitserreger im Sinne des Infektionsschutzgesetzes verbreitet, kann dies sogar strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
Da vielen Betreibern die neuen Rahmenbedingungen gar nicht oder zumindest nicht in allen Details bekannt sind, ergeben sich daraus neue Marktchancen für den SHK-Profi. Denn bei den Eigentümern von (Wohn-)Immobilien handelt es sich in der Regel um Laien, die den Zustand der Trinkwasserinstallation gar nicht oder nur oberflächlich beurteilen können. Sie sind also auf die Hilfe des Fachhandwerkers angewiesen, der auf diesem Gebiet die nötige Fachkompetenz besitzt. Dieser kann ihn beraten und z.B. im Rahmen einer Ortsbegehung konkrete Vorschläge zur Optimierung und damit zur Sicherung der Trinkwasserqualität entwickeln. Dabei sollten folgende Punkte gecheckt werden:
- Ist der Hausanschluss intakt?
- Sind die Armaturen in einem technisch einwandfreien Zustand?
- Sind die Rohrleitungen dicht und frei von Korrosion oder Ablagerungen?
- Bestehen die Rohrleitungen aus unbedenklichen Materialien?
Falls in der Anlage Todstränge mit Stagnation vorhanden sind, sollte der Betreiber auf die davon ausgehende Verkeimungsgefahr hingewiesen werden. Stillgelegte Stränge bedeuten ein hygienisches Risiko und sollten rückgebaut werden. Absperren reicht nicht. Außerdem sind Anlagen oder Geräte, in denen sich Nicht-Trinkwasser befindet, durch eine entsprechende Sicherungseinrichtung nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik vom Trinkwasserbereich zu trennen. In diesem Zusammenhang nennt die Verordnung beispielsweise Toilettenspülungen oder Nachfülleinrichtungen für Geräte, in denen das Wasser für medizinische Anwendungen aufbereitet wird.
Doch auch die Fülleinrichtung der Heizung verdient Beachtung. Denn der früher übliche „kurzzeitige Anschluss“ über einen Schlauch ist nach den technischen Regeln nicht mehr zulässig. Laut EN 1717 und DIN 1988-Teil 100 muss die Fülleinrichtung eigensicher und als ständiger Anschluss ausgeführt werden. Für diesen Zweck bieten die Armaturenhersteller entsprechende Rohr- oder Systemtrenner (auch zur nachträglichen Umrüstung) an. Diese Anforderung gilt zumindest für Neuanlagen. Ob sie auch auf Altanlagen übertragen werden kann oder hier der Bestandsschutz greift, wird derzeit noch in der Fachwelt diskutiert.
Zusätzlich sind Zapfstellen von Nicht-Trinkwasser zu kennzeichnen, um eine Verwechslung durch den Nutzer auszuschließen. Das wäre beispielsweise bei einem Waschmaschinenanschluss an die Regenwassernutzung der Fall.
Überprüfung von Großanlagen
Die sogenannten Großanlagen zur Warmwassererzeugung sollten schon vor einer Probennahme eingehend überprüft werden, damit das Risiko einer Legionellenbelastung bereits im Vorfeld minimiert wird. Dabei ist vor allem auf eine ausreichend hohe Wassertemperatur im gesamten Warmwassernetz zu achten. Denn Legionellen finden bei Wassertemperaturen von 25 bis 45°C ideale Lebensbedingungen vor, unter denen sie sich rasch vermehren können. Deshalb empfiehlt das DVGW-Arbeitsblatt W551 als Austrittstemperatur aus dem Warmwasserbereiter 60°C. Innerhalb des Netzes darf die Temperatur um maximal 5K absinken. Das bedeutet, dass in allen Teilen der Trinkwarmwasseranlage dauerhaft eine Temperatur von mindestens 55°C herrschen sollte.
In diesem Zusammenhang sollte auch die Zirkulationspumpe der Trinkwarmwasseranlage in die Überprüfung einbezogen werden. Denn wenn diese zu klein dimensioniert oder falsch eingestellt ist, kann die oben genannte Temperaturspanne eventuell nicht eingehalten werden. Außerdem verursachen alte, ungeregelte Pumpen einen hohen Stromverbrauch, der die Betriebskosten unnötig in die Höhe treibt.
Der Dortmunder Pumpenspezialist Wilo bietet für diesen Bereich verschiedene Baureihen von Hocheffizienzpumpen im unterschiedlichsten Leistungsbereich, mit denen in Trinkwarmwasser-Zirkulationsanlagen die Hygiene und der Komfort gesichert werden können. Die Produkte erfüllen die Anforderungen der einschlägigen Normen und Regelwerke, da alle medienberührten Teile wie Lager oder das Pumpengehäuse für Trinkwasser geeignet sind. Kunststoffteile wie Dichtungen und Laufräder entsprechen u.a. den KTW-Empfehlungen (d.h. Kunststoffe im Trinkwasser) und den Anforderungen des DVGW-Arbeitsblattes W270 (Vermehrung von Mikroorganismen auf Werkstoffen für den Trinkwasserbereich – Prüfung und Bewertung).
Ein weiterer Vorteil: Die Stromkosten lassen sich damit drastisch senken. Für kleinere Warmwasseranlagen wie beispielsweise in Einfamilienhäusern werden die jährlichen Betriebskosten von Wilo auf etwa acht Euro beziffert. Bei Großanlagen lassen sich entsprechend der Leistungsaufnahme der bisherigen alten Pumpen enorme Einsparpotenziale erschließen.
Bei der Auslegung der Zirkulationspumpe muss auch die Rohrdämmung berücksichtigt werden. Denn schlecht oder gar nicht gedämmte Warmwasserleitungen geben gerade bei großen oder weit verzweigten Netzen unnötig viel Wärme an die Umgebung ab. Dadurch muss die Pumpe einen bedeutend höheren Volumenstrom umwälzen, damit in allen Anlagenteilen eine Temperatur von 55°C ansteht. Das verursacht unnötige Energiekosten, da das Wasser öfter aufgeheizt werden und die Pumpe mehr leisten muss.
Im Kaltwasserbereich der Trinkwasserinstallation hingegen sollte die Temperatur nie über 20°C liegen. Deshalb muss darauf geachtet werden, dass kein Wärmeeintrag von außen in die Leitung erfolgen kann. Dies kann beispielsweise im warmen Heizungsraum oder bei der Leitungsverlegung in Schächten der Fall sein, wenn die Kaltwasserleitung unmittelbar neben der Warmwasserleitung verläuft. In solchen Fällen, die gerade bei älteren Gebäuden häufiger auftreten, ist auch die Kaltwasserleitung nachträglich zu dämmen, damit sich das darin befindliche Trinkwasser nicht unzulässig erwärmt.
Fachwissen auffrischen
Die Trinkwasserverordnung fordert, dass alle Trinkwasserinstallationen auf Grundlage der allgemein anerkannten Regeln der Technik geplant, erstellt und betrieben werden. Das sind beispielsweise die europäischen Normen DIN EN 806 und DIN EN 1717 sowie die nationalen Ergänzungsnormen der Reihe DIN 1988 und die entsprechenden DVGW-Arbeitsblätter. Viele dieser Normen wurden in den vergangenen Jahren überarbeitet, einige erst in jüngster Zeit. Deshalb sollte der SHK-Fachmann gerade auf dem Gebiet der Trinkwasserinstallation sein Fachwissen regelmäßig auffrischen, da sich im Vergleich zu den Vorgängernormen zum Teil grundlegende Änderungen ergeben haben. Hierzu bieten z.B. die Innungen oder SHK-Fachverbände Seminare an, in denen das Wissen rund um das Thema Trinkwasser auf den neuesten Stand gebracht wird. Außerdem besteht die Möglichkeit, sich zum „ZVSHK-Fachkundigen für Hygiene und Schutz des Trinkwassers“ zu qualifizieren oder die „Sachkunde Probennahme an Trinkwasserinstallationen gemäß §15 TrinkwV“ zu erwerben. Durch diese Angebote kann der SHK-Fachmann seine Kompetenz auf dem Trinkwasser-Sektor weiter ausbauen.
Neue Grenzwerte für Uran, Cadmium und Blei im Trinkwasser
In der Trinkwasserverordnung 2011 wurden für einige Stoffe im Trinkwasser neue oder verschärfte Grenzwerte eingeführt. So ist Deutschland das erste Land in der EU, das einen Grenzwert für das giftige Schwermetall Uran einführt. Dieser liegt bei 0,010 Milligramm bzw. 10 Mikrogramm pro Liter und ist derzeit der weltweit schärfste Uran-Grenzwert. Für Cadmium sinkt der Wert von bisher 0,005 auf jetzt 0,003 Milligramm bzw. 3 Mikrogramm pro Liter.
Bereits im Jahr 1998 wurde festgelegt, dass der Wert für Blei im Trinkwasser zum 1. Dezember 2013 reduziert werden soll. Mit dieser langen Übergangsfrist sollte allen Beteiligten – vom Wasserversorger bis zum Hausbesitzer – genügend Zeit zum Austausch der Bleileitungen eingeräumt werden. Denn die komplette Sanierung der Trinkwasserinstallation beispielsweise von einem mit Bleirohren ausgestatteten Altbau ist zeit- und kostenintensiv.
Diese Regelung wurde nun von der Trinkwasserverordnung übernommen, sodass ab dem Stichtag für Blei im Trinkwasser ein verschärfter Grenzwert von 10 Mikrogramm pro Liter gilt. Wenn sich danach immer noch Bleirohre im Wasserversorgungssystem befinden, muss der jeweilige Betreiber die angeschlossenen Verbraucher darüber informieren.
Chancen für das SHK-Handwerk
- Sanierung alter Trinkwasserinstallationen aus Bleirohren bzw. verzinkten Stahlrohren,
- Vorschläge zur Optimierung der Trinkwasseranlage und der damit verbundenen Sicherung der Trinkwasserqualität,
- Einbau von Probennahmeventilen, Unterstützung bei der Gefährdungsanalyse,
- Nachrüstung von Sicherungseinrichtungen wie Rohr- oder Systemtrenner,
- Installation von Hocheffizienzpumpen in Trinkwarmwasser-Zirkulationsanlagen,
- Verbesserung der Rohrdämmung der Warmwasser- und ggf. der Kaltwasserleitungen (nach EnEV-Standard).
Nachgefragt
Die novellierte Trinkwasserverordnung wirft hinsichtlich der Umsetzung beim Fachhandwerker immer wieder Fragen auf. Die in diesem Zusammenhang am häufigsten gestellten Fragen beantwortet Norbert Schmitz, Geschäftsführer Technik im Fachverband Sanitär Heizung Klima NRW.
IKZ-HAUSTECHNIK: Ergeben sich aus der Neufassung der Trinkwasserverordnung Pflichten für den SHK-Handwerker?
Norbert Schmitz: Keine mittelbaren, da sich die Trinkwasserverordnung grundsätzlich an den Betreiber von Trinkwasseranlagen richtet. Wird das Handwerk aber über den Betreiber eingeschaltet, besteht die sogenannte Hinweispflicht, die in dieser Form ja grundsätzlich gilt.
IKZ-HAUSTECHNIK: Worauf sollten die Handwerksbetriebe ihre Kunden hinweisen?
Norbert Schmitz: Vor allem auf die strengeren Grenzwerte sowie das verstärkte Augenmerk auf Legionellen. Deshalb die Untersuchungspflichten bei Großanlagen.
IKZ-HAUSTECHNIK: Was ist zu tun, wenn in einer Großanlage für Trinkwarmwasser keine Probennahmeventile vorhanden sind?
Norbert Schmitz: Dann müssen diese in Abstimmung mit dem Gesundheitsamt nachgerüstet werden. Für die orientierende Untersuchung sind Probennahmeventile am Aus- und Eintritt des Trinkwassererwärmers sowie an geeigneten Stellen an den Enden der Steigestränge vorzusehen. Für eine weiterführende Untersuchung werden in Absprache mit dem Gesundheitsamt weitere Entnahmestellen festgelegt, die sich in den verschiedenen Bereichen der Warmwasseranlage, aber auch im Kaltwasserzweig befinden können.
IKZ-HAUSTECHNIK: Kann eine Probennahme auch direkt an einer vorhandenen Zapfstelle, also z.B. einer Waschbeckenarmatur oder einem Duschkopf erfolgen?
Norbert Schmitz: Nein, das ist nicht möglich, da dadurch das Ergebnis verfälscht würde. Eine solche Art der Probennahme lässt nur Rückschlüsse auf den Zustand der jeweiligen Zapfstelle zu und kann nicht auf die Gesamtanlage übertragen werden. Bei der systemischen Untersuchung kommen spezielle Probennahmeventile zum Einsatz, die durch Abflammen desinfiziert werden. Eine solche Desinfektion wäre bei Duschköpfen nicht zerstörungsfrei möglich, da diese in der Regel aus Kunststoff bestehen.
IKZ-HAUSTECHNIK: Was ist zu tun, wenn der technische Maßnahmenwert für Legionellen überschritten wird?
Norbert Schmitz: Dann besteht Meldepflicht an das Gesundheitsamt. In Abstimmung mit dem Amt sind entsprechende technische oder organisatorische Maßnahmen einzuleiten.
IKZ-HAUSTECHNIK: Welche Anforderungen im Sinne der Trinkwasserverordnung müssen Trinkwarmwasser-Zirkulationspumpen erfüllen?
Norbert Schmitz: Dazu schreibt die Trinkwasserverordnung nichts vor. Nach DVGW-Arbeitsblatt W551 dürfen diese jedoch maximal acht Stunden am Tag ausgeschaltet sein.
Bilder: Wenn nicht anders angegeben, Wilo