Update für ein altes Gemäuer
Ungewöhnliches Nahwärmekonzept auf Basis von Holzpellets
Wie eine professionelle Heizlösung aussehen kann, dokumentiert ein zukunftsweisendes Projekt in Langenselbold, 40 km östlich von Frankfurt am Main. Das KWB-Projekt ist auch deshalb interessant, weil darin eine Gasbefeuerung gegen Pelletfeuerungen ausgetauscht wurde, was unüblich ist. Erschwerend waren die räumlichen Restriktionen bei einem so großen Projekt. Ein Bericht.
Die historischen Gemäuer von Schloss Langenselbold samt Nebengebäuden wurden bis vor zwei Jahren noch mit Gas beheizt. Im August 2018 erfolgte der Umbau des Heizsystems auf eine CO2-neutrale Pelletsanlage. Die Herausforderung: Vier KWB Pelletfire Plus-115 kW-Kessel mit einer Pufferkaskade mussten im historischen Gebäudebestand integriert werden. Platz für neue Heiz- und Lagerräumlichkeiten gab es nicht. Bei Planung und Einbau war daher Know-how gefragt.
Die Anlagen-Konzeption
Die vier Heizkessel wurden platzsparend nebeneinander aufgestellt. Dank Teilbar-Tragbar-System sind die Kessel in einzelne Module zerlegbar. Das erleichterte die Einbringung und Montage. Die Pufferspeicheranlage musste in einem Nebenraum platziert werden.
Die Zufuhr der Pellets erfolgt durch vier Steigschnecken, die in unterschiedlicher Länge montiert wurden. Eine weitere Besonderheit dieser Anlage sind die in den Kesseln integrierten Partikelabscheider. Die platzsparende Montage und die variable Abgasführung erlaubten eine optimale Anpassung an die niedrige Raumhöhe. Die Kessel sind aber auch höchst effizient. Erste Staubemissionsmessungen ergaben Ausstoßwerte von unter 5 mg/m3 und unterstreichen eindrucksvoll den nahezu feinstaubfreien Betrieb der Anlage. Die bedarfsabhängige Regelung der Mehrkesselanlage übernimmt die KWB-Kesselfolgeregelung. Mehrere Heizkreise werden über ein Wärmemanagement-Modul geregelt. Die Installation eines teuren Schaltschranks war nicht notwendig.
Variabel und komfortabel
Aufgrund der vier Kessel entsteht ein sehr hoher Modulationsbereich, der eine nahezu stufenlose Leistungsanpassung auf jede Wärmeanforderung erlaubt. Alle vier Kessel können bequem über die KWB Comfort Online Plattform via Tablet, PC oder Smartphone von überall gesteuert und ausgelesen werden. Damit sind detaillierte Analysen über längere Zeiträume ebenso möglich wie kurzfristige Statusabfragen.
Netz und Kosten
Die Heizungsanlage im Schloss Langenselbold versorgt ein großes Wärmenetz. Abgesehen vom Schloss werden mehrere Gebäude – Rathaus, Heimatmuseum, eine Gastwirtschaft, ein Behinderten-Treff und eine Mehrzweckhalle inkl. Kindertagesstätte – mit Wärme versorgt. Die Gebäude der Schlossanlage stehen unter Denkmalschutz. Daher müssen beispielsweise die alten Fenster erhalten werden und notwendige Renovierungen der Gemäuer müssen originalgetreu erfolgen. Bedingt durch die Bausubstanz besteht natürlich ein großer Wärmebedarf, der bisher mit hohen Gaskosten einherging. Der Umstieg auf Erneuerbare Energien ist aus ökologischer und ökonomischer Sicht ein großer Gewinn. „Rund 121 t CO2-Austoß und 12 763 Euro, das sind 22 % der verbrauchs- und betriebsgebundenen Kosten, können pro Jahr mit der neuen Anlage eingespart werden“, berichtet Langenselbolds Klimaschutzmanager Carsten Breitbach. Durch die mit der Modernisierung des Heizungs- und Verteilsystems einhergehende Effizienzsteigerung konnte mit dem Projekt auch ein ökonomischer Erfolg erzielt werden. Dieses innovative Heizsystem soll auch anderen Kommunen als Vorzeigeprojekt dienen.
Autor: Michael Rinn-Gärtner, KWB Heizungsexperte in Hessen
Das Projekt im Überblick
Die Ausgangssituation: 8 Gaskessel, 1 Gas-BHKW. Die Einzelkessel waren zum Teil undicht und mit schlechten Wirkungsgraden. Langenselbold hat sich früh zum Ziel gesetzt, auf Erneuerbare Energien zu setzen.
Inbetriebnahme der Pellet-Kaskade: Oktober 2018, 4 KWB Pelletfire Plus-115 kW-Kessel;
Jahresbedarf Pellets: insgesamt rd. 308 t (Kessel 1: 84 t, Kessel 2: 77 t, Kessel 3: 69 t, Kessel 4, 78 t);
Größe des Pelletbunkers: 40 t, wurde in bestehende Räume eingebaut;
Speichervolumen der Pufferkaskade: 14 000 l;
Besonderheit Partikelabscheider: Der Partikelabscheider ist in diesem Fall in das Kessel gehäuse integriert. In diesem Projekt waren die Filter Teil der Ausschreibung. Im Pelletbetrieb benötigen KWB-Biomassekessel keinen Filter, da die geforderten 20 mg/m3 Staubemission eingehalten werden.