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Bei der PV steht ein Sturmlauf bevor

Die Zukunft bei Photovoltaik und Solarthermie: Technik, Zahlen, Einschätzungen

Für Installateure gibt es auch in den nächsten Jahren bei der Photovoltaik alle Hände voll zu tun. (Shutterstock)

Strombasierte Heizsysteme wie Wärmepumpen werden regelmäßig ohne Solarthermie installiert. (Shutterstock)

Die Leistung der Zellen bzw. der Module steigt weiter durch ständige Weiterentwicklungen. Gleichzeitig sinken die Produktionskosten. (Dirk Mahler, Fraunhofer ISE)

Die „reinen“ Wärmesysteme brauchen dringend einen Sprung nach vorne in Sachen Anlagenüberwachung und Monitoring und sollten sich den Solarstrombereich als Vorbild nehmen. (Shutterstock)

 

Global wachsen die Märkte für Photovoltaik sprunghaft – auch in Deutschland steht das Vorzeichen auf Plus. Eine Vielzahl Stellschrauben, die nach oben justiert werden, ermöglichen das. Bei der Solarthermie wird man sehen. Es deutet sich an, dass ihr Wärmepumpen, trotz neuen Förderschubs, den Rang ablaufen. Speichertechnologien werden dabei helfen, außerdem die Entwicklungen der Klimapolitik.

Schon heute können gespeicherte fluktuierende Erneuerbare 24/7 Energie erzeugen und wie zuletzt, in Ausschreibungen in Indien und den USA gesehen, schon ab ca. 5 Ct/kWh liefern, inklusive Speicherung von Strom. In der Tendenz weiter fallend, denn immer mehr Geld und Entwicklung fließt global in den Sektor. In Deutschland haben wir im Jahr 2019 die ersten (Groß-)Projekt gesehen, die trotz der noch immer zugunsten von fossil/nuklearer Energie verzerrten Märkte konkurrenzfähig sehr stark nachgefragten grünen Strom liefern. Zuletzt wurde ein solches 42-MW-Projekt zur Belieferung der Deutschen Bahn in das Bahnstromnetz angekündigt. Auch dies ist ein weiterer wichtiger Schritt. Mit den derzeitigen Erwartungen könnten gleichzeitig allein die Gebäude 50-100 % des heutigen deutschen Strombedarfs liefern, auf Basis von Photovoltaik.

Mono ist das neue Normal

Global wuchsen Märkte und Produktionskapazitäten all die Jahre und seit 2016 erleben wir einen förmlichen Sprung in Effizienz und Kosten. Für 2019 wird trotz der Schwäche in China mit einem Marktvolumen von deutlich über 100 GWp weltweit gerechnet, bis 2023 gehen die Analysten von PV Infolink davon aus, dass die globalen Produktionskapazitäten bis auf fast 250 GWp anwachsen. Bei gleichzei-tig weiterer Erhöhung von Effizienz und Kostensenkungen, verbunden mit einer ganzen Fülle von technischen Innovationen, die in die Massenproduktion eingehen. Die lange Dominanz von polykristallinen Modulen ist dabei schnell zu Ende gegangen, Mono ist das neue Normal. Und schon morgen dürfte auch Bifazial normal sein: Bereits jetzt bieten einige Hersteller diese Module mit transparenten Back - sheets zu nahezu gleichen Preisen wie die klassischen Bauformen an. Was die Preise für Solarstrom weiter senkt und somit immer neue Märkte quasi automatisch öffnet. Gute Chancen also für ein Eintreffen der 300 GWp/a im 2025, was wir dann Ende 2025 ja alle sehen werden...

PV kommt zurück nach Europa

Bis Herbst 2018 war die EU von den größten und leistungsfähigsten globalen Produktionen abgekoppelt – die Zölle schlossen sie zudem von größeren Mengen der technischen Innovationen aus. Was dann – seit 2019 – zu recht abrupten Veränderungen führte. So sanken die Preise für „Mainstream-Module“ (in großen Mengen bezogen) von knapp 30 Ct/Wp auf 23 Ct/Wp – und so, wie es derzeit aussieht, wird es wohl 2020 noch weiter heruntergehen, wobei das Mainstreammodul nun in Mono-PERC deutlich mehr Leistung pro Modul bringt als das rasch alt gewordene Poly-Modul. Durch den Wechsel von Poly auf Mono-PERC-Module ist die Leis tung pro m2 schnell gewachsen, was immer mehr Leistung auf die gleiche Fläche bringt.

Blick auf die Entwicklung zu weiteren Kosten, Technologien

Es ist klar, dass Kabel, Gestelle und die Arbeit ja nicht teurer oder mehr werden, wenn man mit einem Modul mal eben 15-20 % mehr Leistung auf das Dach bringt. Spezifisch (pro Wp oder kWp) sinken diese Kosten also automatisch mit. Die kommende komplette Umstellung auf 1500 V im Bereich der Freilandanlagen wird die Kosten weiter senken. Neue Waferformate und die nun auch endlich in der EU beginnende Verwendung von größeren Modulen (alt: 72-Zeller statt 60-Zeller, nun eher 144- statt 120-Zeller oder eben noch mehr Zellen) senken die Kosten im Freiland schnell weiter. Die Technik der beidseitig Strom erzeugenden Module (Bifazial) wird mehr und mehr zu einer Standardoption. Größere Wafer, „Zellschindeln“ und die breitere Verwendung der „Heterojunction“-Technik (also mehrere Schichten unterschiedlicher Halbleiter als Zellen) werden die Effizienz weiter steigern. Zudem kommt auch die weitere Reduzierung der Zelldicken wieder in den Fokus – hier gibt es noch ein sehr großes Potenzial zu weiteren Kostenreduktionen.

Für die kommenden 10 Jahre werden wir nach der breiteren Einführung von Heterojunction neue Materialkombinationen sehen, welche die Effizienz immer weiter erhöhen – hier versprechen die vor einigen Jahren sehr „gehypten“ Perowskite einiges. Sie sind aber nicht die einzigen Eisen im Feuer, die den Märkten immer neue Möglichkeiten eröffnen, denn auch die weitere Integration von Elektronik in Module kann zu besserem Monitoring oder auch höheren Erträgen führen, z. B. bei Teilverschattungen. Oder Module standardmäßig zu Wechselstromerzeugern machen.

Neue Flächen erschließen sich

Durch die Kostensenkungen der Halbleiter und erhebliche Fortschritte auch bei Einkapselungen aus Kunststoff werden in den kommenden Jahren auch mehr Produkte verfügbar, die auch auf statisch schwachen Dächern oder als Bauelemente eingesetzt werden können. Neue Produkte für Fahrzeuge dürften auch Anregung, Partner und Basis für mehr Gebäudeintegrierte Photovoltaik (GIPV) bieten. Dieser Bereich war und ist ein steter Hoffnungsträger, blieb aber wegen der höheren Kosten stets hinter den Erwartungen zurück. Mit der Einführung von stetig wachsenden CO2-Preisen und sicher kommen-den Verschärfungen von Regeln für Gebäude dürfte sich das in der EU absehbar schnell ändern.

Blick auf den Stand bei Speichern

Generell macht die Speicherung von elektrischer Energie schnelle Fortschritte. Dabei gibt es eine Fülle von vielversprechenden Ansätzen neben den meist im Fokus der Diskussionen stehen Lithium-Ionen-Akkus, die oft auch auf wenige Kombinationen in der Technikgruppe reduziert werden. Für den Markt ist auch auf der Speicherstrecke die Botschaft aber klar: Mehr Auswahl bedeutet bessere Leistungen und immer billiger als Komponente. Einbau und Integration stoßen aber natürlich an Grenzen, denn auch im Zeitalter von Apps und nochmal Apps müssen die Anlagen installiert und gewartet werden.

Die Leistungselektronik wird parallel auch effizienter und billiger, auch hier sind die Fortschritte ungebremst. Einerseits werden Wechselrichter weiter günstiger, andererseits erhalten sie weitere Funktionen bzw. auch Anwendungsgebiete. Dies gilt sowohl für den Heimsektor als auch für die größeren Anlagen. Gerade in Gebäudesystemen wachsen die Angebote, um die verschiedenen Erzeuger und Speicher zu kombinieren und zu optimieren. Auch die Fähigkeiten des Monitorings werden stetig erweitert und auf weitere Komponenten übertragen, denn neben den altbekannten Elementen finden in immer mehr Haushalten Stromspeicher und auch Ladevorrichtungen für Elektrofahrzeuge Einzug.

CO2-Preis für die Wärme – alles in Richtung Strom?

Mit den Beschlüssen aus dem Klimapaket erhält der Wärmesektor nun einen bis 2025 auf 50 Euro/t ansteigenden CO2-Preis. Es steht zu erwarten, dass im Stromsektor der dort bereits existierende Handel auf ähnliche Größen gebracht wird, wenn die EU-Kommission den „Green Deal“ Ernst meint.

Gleichzeitig dürfte die derzeit wesentlich höhere Belastung des Stroms mit Steuern und Abgaben sinken und somit der Wettbewerb zu Öl- und Gas in den Gebäuden schärfer werden. Schon heute werden bei Installation einer Wärmepumpe daher keine Solarthermie-Kollektoren mehr eingesetzt, sondern ein reines strombasiertes System verwendet, um die Systeme zu vereinfachen.

Solarthermie so in der Sackgasse

Der Trend dürfte sich mit immer besser abgestimmten Systemen weiter fortsetzen und auch durch die stärker werdende Verbreitung von Elektrofahrzeugen weiter angeheizt werden. Wärmepumpen entwickeln sich parallel stetig weiter, sie sind Anno 2020 leistungsfähiger und leiser als noch vor wenigen Jahren. Es gibt hier noch viel Potenzial, und mit weiter steigenden Stückzahlen dürften neben neuen Anbietern auch aus den Stückzahlen resultierende Preissenkungen den Wettbewerb mit Öl und Gas massiv anheizen.

Die zuletzt erneut aufgelegten Subventionen für neue Gasbrennwertkessel dürften politisch in ihre letzte Runde gegangen sein. Denn auch wenn diese vor 30 Jahren eingeführte Technik noch immer als innovativ und effizient verkauft wird ist klar, dass es eben nicht reicht, Gas ein bisschen effizienter zu verbrennen und als Feigenblatt etwas Solarthermie draufzulegen.

Auf der Wärmeseite müssen also Solarthermieanlagen in Gassystemen mindestens wesentlich größer errichtet oder auch mit geeigneten, wirklich nachhaltigen Biobrennstoffen kombiniert werden, z. B. Holz und Pellets.

Ein Fazit: Anlagentechnik und Digitalisierung vorantreiben

Jede Wärmeerzeugung muss nachvollziehbar zeigen, ob sie ihre Versprechen erfüllt und sich melden, wenn was kaputt ist. Die „reinen“ Wärmesysteme brauchen dringend einen Sprung nach vorne in Sachen Anlagenüberwachung und Monitoring. Der Markt bietet zwar viele, aber verglichen mit Solarstrom/Speicher teure Lösungen. Es müssen die Systeme zumindest soweit offen sein wie im Solarstrombereich, dafür notwendige Daten an Drittanbieter übermitteln zu können, um einen Wettbewerb zu schaffen und Ängste zu nehmen. Anstelle einer Förderung für alte Brennwertkessel sollte eine breite Förderung und Verpflichtung für die Digitalisierung der Wärmeerzeugung treten. Daran sollten alle ein Interesse haben. Sonst werden diese Geräte von der viel höheren Digitalisierung und den ohnehin einfacheren Systemen auf reiner Strombasis binnen weniger Jahre aus dem Markt gedrückt.

Autor: Karl-Heinz Remmers, Vorstand der Solarpraxis AG. Remmers, Solarunternehmer seit 1992, arbeitet nun als Mitglied aktiv im Bundesverband Neue Energiewirtschaft (BNE) daran, die gewonnene wirtschaftliche Kraft der Solarenergie in Politik und Öffentlichkeit klar und deutlich darzustellen.

 


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