Altbausanierung mit Signalwirkung
Haus aus dem Jahr 1850 zu einer zeitgemäßen Wohn- und Arbeitswelt umgebaut
Mit viel Geschick und Sachverstand hat ein Freiburger Architektenehepaar ein sanierungsbedürftiges Haus aus dem Jahr 1850 zu einer zeitgemäßen Wohn- und Arbeitswelt auf neuesten Energiestandard umgebaut.
Modern, auffallend und energieeffizient: Wer das Wohnhaus der Familie Grießbach in Freiburg sieht, würde nie erwarten, dass es sich dabei um einen Altbau aus dem 19. Jahrhundert handelt. Lange hatte das Ehepaar Grießbach nach einem geeigneten Zuhause in der südbadischen Metropole gesucht und es schließlich 2005 in der über 150 Jahre alten, sanierungsbedürftigen Immobilie gefunden. Petra und Herbert Grießbach sind Architekten – so nahmen sie das umfangreiche Sanierungsvorhaben selbst in die Hand.
Das Dämmkonzept
Mit viel Geschick und Sachverstand hat das Freiburger Architektenehepaar aus ihrem renovierungsbedürftigen Haus ein gemütliches Energiespardomizil zum Leben und Arbeiten gemacht. Der sanierte Altbau sticht mit einem Endenergieverbrauch von rund 40 kWh/m2 und Jahr (kWh/m2a) viele Neubauten aus – und das, obwohl die Sanierung bereits 2005 erfolgte.
Um das neue Familiendomizil energetisch auf Vordermann zu bringen, hat das Ehepaar die Gebäudehülle des Hauses gedämmt. Dabei wurde unter anderem die zuvor ungedämmte Fassade mit einem 20 - 30 cm dicken Wärmeverbundsystem (WLG 035) versehen. Der Außenwandaufbau befindet sich damit auf Passivhausniveau. Wegen der engen Bebauung im innerstädtischen Bereich mit einem schmalen Fußweg mussten die Bauherren auf eine noch stärkere Dämmung des Erdgeschosses verzichten. Da es im Vorderhaus unter dem Laden keinen Keller gibt, wurde der Boden zum erdberührten Bereich mit rund 14 cm Dämmung versehen. Das Gleiche erfolgte im Souterrain im Hinterhaus.
Architektonische Konzeption
Heute besteht das markante Gebäude aus mehreren Wohnungen, einem Laden im Erdgeschoss und einem Architektenbüro im Hinterhaus, das früher als Tabakfabrik genutzt wurde. Die beiden Wohnungen im ersten und zweiten Obergeschoss haben die Grießbachs modernisiert und vermietet. Die Dachgeschosswohnung wurde um ein Geschoss in Holzbauweise erweitert. Dazu war aus statischen Gründen zunächst die Entfernung des alten Dachstuhls nötig. Im Anschluss konnten innerhalb von zwei Tagen alle Wände samt Dachkonstruktion montiert werden. Das Spitzdach ist einem Flachdach mit Dachterrasse gewichen, der Sparrenzwischenraum der Dachkonstruktion wurde mit Zellulosedämmung gefüllt. So entstand eine behagliche Maisonette-Wohnung, die die Hauseigentümer nun selbst bewohnen. Über dem Büro im Hinterhaus wohnt die Tochter.
Wo früher ein Licht- und Luftschacht das Vorderhaus vom Rückgebäude trennte, erschließt heute ein massives Treppenhaus mit schwarz durchgefärbten Sichtbetontreppenläufen beide Gebäudeteile. Durch Um- und Anbau im Vorder- und Hinterhaus erweiterte sich die Wohnfläche um 162 auf insgesamt 486 m2. Zu den 190 m2 Nutzfläche für die Büro- und Verkaufsräume kamen rund 50 m2 hinzu. Alle Dachflächen sind begrünt und haben damit einen positiven Einfluss auf das Kleinklima vor Ort.
Das Lüftungskonzept
Die Wärmedämmung der Immobilie hat sich gelohnt: Die Temperatur der Böden und Innenwände weicht seitdem kaum mehr von der Innenlufttemperatur ab – sie fühlen sich ganzjährig angenehm warm an. Der Schimmel, der in der alten Immobilie an diversen Stellen auftrat, ist verschwunden.
Auch der Austausch der undichten Fenster war notwendig. Neue, dreifachverglaste Passivhausfenster mit gedämmten Holzrahmen verhindern, dass ein permanenter Luftzug die Behaglichkeit in den Wohnräumen stört und Heizwärme nach außen strömt. Zudem haben die Bauherren dezentrale Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung installieren lassen. Sie sorgen automatisch für frische und angenehme Raumluft, ohne dass im Winter Wärme verloren geht.
Die Zentralgeräte mit Kreuzstromwärmetauschern (Wärmebereitstellungsgrad 0,85) sind mit Sommer-Bypassklappen und Pollenfiltern ausgestattet. Die Ansaugung der Außenluft erfolgt zentral über das Dach. In den Räumen wird die Luft über Deckenauslässe eingeblasen beziehungsweise abgesaugt. Dabei wird ein rund 0,5-facher Luftwechsel erreicht. In der Gewerbeeinheit im Erdgeschoss befindet sich eine kontrollierte Abluftanlage.
Das Wärmekonzept
Der geringe Restwärmebedarf wird von einer Gasbrennwertheizung in Kombination mit einer Solarthermieanlage geliefert. Auf dem Dach des Vorderhauses wurden rund 12 m2 Flachkollektoren in 45° Neigung aufgestellt. Die Solaranlage und der 950 l fassende Solarschichtenspeicher decken damit 64 % des Warmwasserbedarfs der Bewohner und unterstützen die Heizung.
Die Gasbrennwerttherme ist direkt in den Pufferspeicher integriert. Das minimiert Strahlungs- und Wärmeübergangsverluste. Die Wärme wird dem Schichtenspeicher direkt zugeführt, ohne zusätzliche Pumpen und Rohrleistungen. Aus diesem Schichtenspeicher wird im oberen, wärmsten Bereich die Wärme zur Brauchwarmwasserbereitung und im mittleren Bereich die Wärme für das Heizsystem entnommen.
Die Sanierung hat sich gelohnt
Die Bewohner des Hauses können sich über ein dauerhaft angenehmes Raumklima und niedrige Heizkosten freuen. Der Heizenergiebedarf sank von rund 250 kWh/m2a um etwa 85 % auf rund 40 kWh/m2a. Die CO2-Emissionen verringerten sich ebenfalls drastisch: von 70 kg pro Quadratmeter und Jahr (kg/m²a) auf unter 10 kg/m²a.
Fazit: Das Konzept ist aufgegangen. Die im Voraus errechnete Energieeinsparung wurde nach der Sanierung erreicht. Aus dem vernachlässigten Stadthaus ist ein klimafreundliches Zuhause mit modernem Wohnkomfort geworden. Die Bewohner fühlen sich rundum wohl – und das seit inzwischen 15 Jahren.
Autor: Frank Hettler, Leitung bei Zukunft Altbau
Bilder: Grießbach
Weitere Informationen
In einem Kurzfilm erklären die Hauseigentümer, wie sie vorgegangen sind und welche Maßnahmen sie durchgeführt haben: www.youtube.com/watch?v=eQrHylEh-Ps.