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Weiteres Regelwerk für RWA-Anlagen erwartet

DIN 18232-9 soll wesentliche Merkmale und Mindestwerte für Geräte der Rauch- und Wärmefreihaltung festlegen

VdS Schadenverhütung bietet bereits seit Jahren Prüfverfahren für Komponenten, Geräte und Anlagen an, die auch den neuen Anforderungen der DIN 18232-9 entsprechen.

VdS-Prüfung im Labor von einer Handsteuereinrichtung nach VdS 2592.

Stefan Schleifer, Labor-Ingenieur, Kundenservice & Labor Löschanlagen und RWA, VdS Schadenverhütung

 

Noch im Frühjahr 2021 soll die für den Bereich Rauch- und Wärmefreihaltung maßgebliche Norm DIN 18232-9 veröffentlicht werden. Viele VdS-anerkannte RWA-Bauteile erfüllen bereits jetzt alle hierin enthaltenen Anforderungen. Zukünftig werden dann erstmals auch Mindestwerte und Prüfmethoden für die wesentlichen Merkmale von RWA-Steuerungszentralen festgelegt. Dies verspricht Sicherheit für Planung, Ausführung und Betrieb von RWA-Anlagen.

Die sowohl tödliche als auch zerstörerische Gefahr bei nahezu jedem Brand besteht nicht nur durch die Flammen, sondern auch und insbesondere durch den hochgiftigen Rauch. So erzeugt z. B. schon 1 kg schmorender Kunststoff bis zu 2500 m3 hochtoxische Rauchgase. Im Brandfall sind selbst große Räume sehr schnell vollständig verraucht. Dann können bereits wenige Atemzüge zu Bewusstlosigkeit und irreparablen Verätzungen der Lungen führen – und nach wenigen Minuten kann der Tod eintreten. Rauch verbreitet sich in Gebäuden schneller als das Feuer und kontaminiert und korrodiert sämtliche Gegenstände. Dies betrifft auch Bereiche in die der Rauch eindringt, es jedoch nicht brennt.

Die aktuelle Großschadenstatistik des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) belegt, dass mehr als die Hälfte der Großschäden allein aus Rauchgasen resultieren. Diese Zahl ist bei kleineren Bränden, die somit nicht in dieser Statistik auftauchen, sogar noch höher anzusetzen. Die volkswirtschaftlichen Schäden durch Brände betragen in Deutschland durchschnittlich 6 Mrd. Euro pro Jahr. Diese Fakten machen Rauch- und Wärmeabzugsanlagen – kurz RWA-Anlagen – zu einem essentiellen Bestandteil jedes Sicherheitskonzeptes. RWA-Anlagen entfernen nicht nur den kontaminierenden Rauch, sondern auch die Hitze, was insbesondere dann wichtig ist, wenn keine Löschanlagen vorhanden sind. Zudem können die Anlagen Flucht- und Rettungswege vom Rauch freihalten.

Regelwerke für Entrauchungsanlagen

Die relevanten europäischen Normen für Entrauchungsanlagen befinden sich bereits seit mehreren Jahren in Überarbeitung, was Verantwortlichen das sichere Planen neuer Systeme erschwert. Die Ursache der langwierigen Überarbeitung liegt im Ablauf der europäischen Normungsarbeit. Vor diesem Hintergrund hat VdS Schadenverhütung GmbH gemeinsam mit Herstellern und Errichtern konkrete Anforderungen zu aktuellen, technischen Entwicklungen erarbeitet und diese in die ISO-Gremien eingebracht. Die darauf basierende ISO 21927-9 „Smoke and heat control systems“ wurde in den Normentwurf der DIN 18232-9 „Rauch- und Wärmefreihaltung – Teil 9: Wesentliche Merkmale und deren Mindestwerte für natürliche Rauch- und Wärmeabzugsgeräte nach DIN EN 12101-2“ aufgenommen. Die Veröffentlichung der DIN 18232-9 wird im Frühjahr 2021 erwartet. Damit wird das Regelwerk dann zur entscheidenden Maßgabe für die normenkonforme Planung und Ausführung entsprechender Anlagen.

RWA-Steuerungszentralen

Planer, Errichter und Betreiber von RWA müssen sich in Deutschland an die Landesbauordnungen halten. Diese orientieren sich an der Musterbauordnung, welche im Jahr 2016 erneuert worden ist. Im Zuge dieser Erneuerung wurden die technischen Regeln für die Planung, Bemessung und Ausführung eines Bauproduktes in der Muster-Verwaltungsvorschrift – Technische Bestimmungen (kurz MVV-TB) zusammengefasst. Mit der zu erwartenden DIN 18232-9 wird dies dann durch die MVV-TB verpflichtend. Damit werden dann erstmals in Deutschland Mindestwerte und Prüfmethoden für die wesentlichen Merkmale von RWA-Steuerungszentralen festgelegt. Für die Betriebssicherheit wird dann ein Mindestwert von Re 50 und für die Umweltklassifizierung mindestens die Klasse 1 gelten. Darüber hinaus wird festgelegt, welche Typen von Steuerungstafeln gemäß ISO 21927-9 für RWA verwendbar sind und dass sie, in Abhängigkeit vom Typ, vollumfänglich nach ISO 21927-9 (Ausgabe März 2012) geprüft und zertifiziert sein müssen.

Die ISO 21927-9 stellt neben den Anforderungen an die Betriebssicherheit und die Umweltklasse auch Anforderungen an beinahe alle anderen wesentlichen Merkmale, wie EMV-Eigenschaften und die Resistenz gegen klimatische Einflüsse. Zudem sind wichtige und notwendige Funktionen zur Prüfung vorgesehen, z. B. die Leitungsüberwachung zu automatischen Meldern, manuellen Auslösestellen und den Antrieben, ebenso wie die Rückwirkungsfreiheit von Schnittstellen zu anderen, externen Aggregaten, wie z. B. Brandmeldezentralen.

VdS Schadenverhütung bietet bereits seit Jahren Prüfverfahren für Komponenten, Geräte und Anlagen an. Durch diese Tätigkeit sind die gewählten Systeme und Anlagen geprüft und zertifiziert, die dann auch den neuen Anforderungen entsprechen.

Autor: Stefan Schleifer, Labor-Ingenieur, Kundenservice & Labor Löschanlagen und RWA, VdS Schadenverhütung GmbH

Bilder: VdS Schadenverhütung

www.vds.de/rwa

Nachgefragt

IKZ-FACHPLANER: Herr Schleifer, was umfasst die Tätigkeit von VdS für den Bereich RWA?

Stefan Schleifer: Als notifizierte Prüfstelle arbeiten wir seit Jahren eng mit den Herstellern und Errichtern von RWA zusammen. Diese enge Zusammenarbeit spiegelt sich in unseren eigenen Richtlinien wider. Nach diesen Richtlinien prüft und zertifiziert VdS seit jeher die Produkte von Herstellern und die Dienstleistungen von Errichtern und Planern. RWA-Steuerungstafeln die nach unserer Bauteil-Richtlinie VdS 2581 geprüft und zertifiziert sind, erfüllen heute schon zu großen Teilen die kommenden Voraussetzungen. Auch die Energieversorgungen für die Geräte und Anlagenteile, die ebenfalls Bestandteil der neuen DIN 18232-9 sind, erfüllen die neu gesetzten Anforderungen, wenn sie nach VdS 2593 geprüft sind.

IKZ-FACHPLANER: Werden von VdS als Prüfstelle nur die Bauteile einer RWA kontrolliert? Oder anders gefragt: Wie weit reicht der Umfang von Überprüfungsarbeiten?

Stefan Schleifer: VdS geht sogar noch einen Schritt weiter und prüft nicht nur die einzelnen Bauteile einer RWA, sondern auch das gesamte System mit allen darin enthaltenen Komponenten. Damit ist für Planer und Betreiber von RWA sichergestellt, dass Systeme, die nach VdS 2594 oder VdS 2159 geprüft und zertifiziert sind, nicht nur den Anforderungen entsprechen, sondern auch im Zusammenspiel im Ernstfall zuverlässig funktionieren. Dieser Systemgedanke von VdS ist weltweit einzigartig, da es keine andere Norm oder Richtlinie gibt, welche die Prüfung aller RWA-Komponenten als ganzes System fordert. Die von VdS ausgestellten Systemanerkennungen bilden auch die Grundlage für VdS-anerkannte Errichter von RWA.

IKZ-FACHPLANER: Am Markt gibt es Systeme, die bei einem Fehlerfall sofort in die Entrauchungsstellung fahren und dadurch zum Teil in negativer Kritik stehen. Wie stehen Sie als VdS dazu?

Stefan Schleifer: Innerhalb der Systemanerkennung gibt es hierzu eine wesentliche Einschränkung. So werden sogenannte Fail-Safe-Systeme, also Systeme die im Fehlerfall in die Entrauchungsstellung fahren, von VdS im Einklang mit den großen, deutschen Versicherern nicht zugelassen. Grund hierfür ist u. a. die Möglichkeit eines hohen Sachschadens, z. B. durch Regenwasserschäden, im Fall eines Fehlers in der Datenleitung.

IKZ-FACHPLANER: Welche entscheidenden Vorteile hat eine Planung nach VdS-Richtlinien?

Stefan Schleifer: Zahlreiche Versicherer sowie Feuerwehren und Baubehörden empfehlen bei RWA und natürlich auch für weitere Brandschutztechnik die Planung nach VdS-Richtlinien, da diese präzise und praxisnahe Hilfestellungen für die höchste Verlässlichkeit der komplexen Systeme bieten. Dazu empfehlen sich VdS-anerkannte Bauteile, die ihre Verlässlichkeit im Gesamtsystem hier in unseren Kölner Laboratorien auch unter schwierigsten Umweltbedingungen sowie nach künstlicher Alterung bewiesen haben. Mängel in der komplexen Technik finden Planer sowie Errichter dank VdS sofort – und nicht erst dann, wenn es brennt.

IKZ-FACHPLANER: Wie verhalten sich die Kosten einer nach VdS-Richtlinien geprüften RWA zu den Gesamtbaukosten?

Stefan Schleifer: Die Kosten für effizienten Brandschutz werden oft überschätzt. Beispielsweise führen geprüfte Löschanlagen zu gewissen Erleichterungen im baulichen Bereich, sodass die Gesamtkosten deutlich sinken können. Bei einer durchschnittlich großen Industriehalle von 3000 m2 Fläche kosten Bau, Einrichtung und technische Ausstattung etwa 6 Mio. Euro. Die RWA, welche diese teure Investition wirkungsvoll schützt, gibt es dann für rund 50 000 Euro. Der Einbau einer VdS geprüften RWA erhöht damit die Gesamtbaukosten um gerade einmal 0,5 %.

 


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