Wärmerückgewinnung im Fokus
Blaupause auch für industrielle Projekte: die Sanierung der Dampfzentrale im Krankenhaus St. Josef Braunau
Im Zuge des Neubaus im Krankenhaus St. Josef im österreichischen Braunau wird seit Mai vergangenen Jahres auch die alte Dampfzentrale des Krankenhauses saniert. Im Zentrum des Effizienz-Konzepts steht dabei der Aufbau einer Wärmerückgewinnung. Abwärme aus dem Abgas zu holen ist nicht nur für einen Krankenhausbetrieb fortschrittlich. Das Potenzial, das es grundsätzlich zu heben gilt, ist riesig – auch und insbesondere in der Industrie.
Der Umbau der Dampfzentrale ist Teil des sogenannten Projekt-Bauteils 10. Dieses beinhaltet den Abriss und Neubau eines großen Gebäudes auf dem Gelände des Krankenhauses St. Josef. Es geht um ein Investitionsvolumen von rund 70 Mio Euro (Stand 2023). Betroffene Stationen, etwa die Chirurgie oder auch Teile der Radiologie, der inneren Medizin und diverse Ambulanzen, sind während der Maßnahme in einem Provisorium untergebracht. Die Inbetriebnahme des neuen Komplexes mit dann 158 Betten ist für Mitte 2024 geplant.
Blick auf das Dampf- und Heiz-Konzept
Der Neubau bot auch die Chance, 45 Jahre alte Dampfkesseltechnik in zwei Bauphasen zu sanieren. Diese wird z. B. für die Sterilisation, die Befeuchtung sowie die Reinigung von OP-Instrumenten oder für die Küchen eingesetzt. In der ersten Bauphase wurden zwei Dampfkessel von Certuss „Typ 850“ mit je 619 kW Leistung installiert, in der zweiten kam ein Dampfkessel vom „Typ 500“ mit 364 kW hinzu. Bei den Anlagen handelt es sich um sogenannte Schnelldampferzeuger. Sie basieren auf dem Prinzip von Wasserrohrkesseln, sind im Vergleich zu jenen aber schon wenige Minuten nach dem Anfahren einsatzbereit. Hersteller Certuss gibt für seine im Krankenhaus St. Josef verbaute „Universal-TC“-Reihe an, Dampf binnen 5 min nach einem Kaltstart bereitstellen zu können. Die Kessel werden mit Erdgas betrieben.
Davon losgelöst ist das System zur Heiz- und Trinkwarmwasserversorgung des Hauses, das bereits im Bestand war und weiter betrieben wird. Die Wärme wird hier aus einem Mix aus Holzpellets, Tiefen-Geothermie und Gas (Brennwert) erzeugt. Die Warmwasserversorgung erfolgt über zwei zentrale Frischwassermodule. Die Tiefen-Geothermie stammt aus dem Projekt Simbach-Braunau, das seit Anfang der 2000er-Jahre unterirdisches Heißwasser mit mehr als 9 MW Leistung in ein Fernwärmenetz einspeist, an das verschiedene Abnehmer angeschlossen sind. Der Holzpelletbedarf des St. Josef beziffert sich auf rund 300 t im Jahr. Das Lager fasst 45 t, in der Heizperiode wird somit alle 10 Tage Nachschub geliefert.
Ziel des energetischen Sanierungsprojekts
Das Ziel des Sanierungsprojekts Dampfzentrale ist im Zusammenhang einer energetischen Gesamtüberlegung zu sehen. In der Summe bestehen die Energieaufwendungen aus zwei Drittel Erneuerbaren Energien und zu einem Drittel noch aus Gas. Hinzu kommt das Ziel bzw. die Vorgabe, bei den Energieeinsparungen um 25 % unter denen im Vergleich zur österreichischen Bauordnung im Neubau zu liegen. Nur so lassen sich die Rahmenbedingungen des EU-Programms Green Building als antragstellender Förderkandidat erfüllen. Das Programm existiert seit 2007. Das Österreichische Institut für Baubiologie und -ökologie (IBO) überprüft seit 2010 die eingehenden Anträge. Das Krankenhaus St. Josef Braunau gehört dazu.
Blick auf das Abwärme-Nutzungskonzept
Eine zentrale Rolle in diesen Gesamtüberlegungen kommt der Wärmerückgewinnung aus dem Abgas der Dampfzentrale zu. Die so zurückgewonnene Energie wird der Heizung zugeführt. Herzstück der Konzeption sind zwei Abgaswärmetauscher (AWT) von Schräder Abgastechnologie aus Kamen mit je 56 kW Rückgewinnungleistung und ein dritter AWT mit 33 kW. Die Kamener können gewerbliche und industrielle Abgaswärmenutzer in einer Bandbreite von 15 bis 1500 kW individuell angepasst liefern, von der kleinen Hallenheizung bis zum Industrieofen, für Öl-, Gas- und Biomassefeuerungen. Die Bauteile werden ausnahmslos in Edelstahl gefertigt. Dazu gibt es die passend abgestimmte Schornsteintechnik.
In der Dampfkessel-Zentrale St. Josef Braunau wurden zwei Schräder „Future Doppelwandsysteme“ (DW) eingebaut. Ihr Pluspunkt besteht darin, dass für die Verbindungen im senkrechten Teil untereinander keine Schellen oder Dichtungen erforderlich sind. Das ermöglicht eine leichte und schnelle Montage. Die Steck-Enden sind konisch, sodass auch ohne Dichtungen eine sehr hohe Dichtheit erzielt wird. Im Krankenhaus St. Josef Braunau weisen die beiden installierten Züge eine Nennweite von 400 bzw. 300 mm auf und sind jeweils ca. 30 m hoch. Installiert wurden auch Rauchsauger, um den nötigen Unterdruck in den Zügen zu garantieren.
Reichlich ungenutztes Potenzial
Mit der Wärmerückgewinnung wird das Krankenhaus St. Josef Braunau auch technisch gesehen zu einem Vorbild. In vielen industriellen Produktionen wird Prozesswärme in erheblichem Umfang erzeugt und eingesetzt, doch die Abwärme wird bisher kaum genutzt. Laut Zahlen der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen (AGEB) entfielen 2020 in Deutschland im Sektor Industrie fast 67 % des Endenergieverbrauchs auf die Prozesswärme. Erst mit großem Abstand folgt mit 21,6 % die mechanische Energie. Die im heißen Abgas enthaltene Energie lässt sich mithilfe von Abgaswärmetauschern zurückgewinnen. Laut Schräder sind so Energiekostensenkungen von 5 bis 15 % möglich, außerdem Emissionsminderungen bei Kesselanlagen von ca. 5 bis 10 %. „Grundsätzlich lassen sich Abgaswärmetauscher, die bereits mit Abgastemperaturen ab 120 °C arbeiten, in zahlreichen Fällen einsetzen. Das Potenzial für die Rückgewinnung ist dementsprechend hoch“, sagt Schräder-Firmenchef und Inhaber Karl-Heinz Schräder. Für die Rückgewinnung von Wärme aus Rauchgas (Bezeichnung für Abgas aus Biomassefeuerungen) erweiterte das Unternehmen zuletzt beispielsweise das „TurbuFlexS“-Produktprogramm um drei Varianten von 10 kW bis zur Größenordnung 1 MW.
Am Ende zählen die Zahlen
Auch eine technisch ausgereifte Abgaswärmetauscher-Anlage muss sich am Ende immer bezahlt machen. Dazu eine Beispielrechnung aus dem Hause Schräder: Ein Invest von 15 000 Euro bei einer Gas-Feuerungsanlage mit 200 kW Leistung amortisiert sich bei einer mittleren Effizienzsteigerung von 5% in 2,1 Jahren. Mit höheren Effizienzen verschiebt sich der Amortisationszeitpunkt weiter nach unten und auch, je höher die Nennleistung der Feuerungsanlage ist. Nicht eingerechnet sind mögliche staatliche Förderungen.
Bilder: Schräder Abgastechnologie, Kamen