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Von Blaumann bis Browser

Bei der Firma Seidel aus Reichenbach im Vogtland hört die Digitalisierung nicht beim Geschäftsführer auf

Ein modernes Tablet im Eingangsbereich der Firma Seidel. Bild: Seidel

Geschäftsführer Marcel Seidel. Bild: Seidel

Alles hat seine digitale Ordnung: Barcodes an den Regalen für Kleinteile. Bild: Seidel

 

Die Antwort kommt daher wie gemalt. Wer mit seinen Fragen nach dem Stand des Fachhandwerks zum Thema Digitalisierung bei der Firma Seidel in Reichenbach landet, steht im Schulungsraum staunend vor einem Kunstwerk. Vor einem etwa drei Meter breiten Bild, das die Vielfalt des Betriebs und der Branche auf den Punkt bringt. Rechts grüßt das rund 60-köpfige Team der Seidel Heizung & Bad GmbH, die Bildmitte besetzen Kabel sowie Vernetzung und links prangt das Facebook-Logo. Vom Blaumann bis zum Browser – im Vogtland beherrscht Geschäftsführer Marcel Seidel die komplette Klaviatur aus Service und Kommunikation.

Der Fokus des Unternehmens liegt auf dem Fertig- und Reihenhausbereich im gesamten süddeutschen Raum. Immer wiederkehrende Aufträge. Eingespielte Abläufe. Liquide Kunden. Sichere Planung. „Unser Ziel ist eine 100-prozentige Auslastung. Nicht mehr und nicht weniger“, sagt der 48-jährige Marcel Seidel, wohlwissend, dass eine zu große Belastung Qualität und am Ende Rendite kostet.

Handwerksbetrieb dreht das große Rad
Nach dem Tod des Vaters übernimmt Marcel Seidel als 28-Jähriger mit Mutter Brigitte vor 20 Jahren Betrieb und Verantwortung. Das Unternehmen wächst von 5 auf 60 Mitarbeiter. Eine Größe, die eingespielte Abläufe und verlässliche digitale Werkzeuge verlangt. Und „in Logistik und Prozessen sind wir gut“, sagt Seidel. Das wird bei einem Blick ins große Lager deutlich: Barcodes an den Regalen für Kleinteile, nach Projekten eingeteilte Abschnitte im Hochregalbereich. Hier dreht ein Handwerksbetrieb das große Rad – da müssen analoge und digitale Aufgaben Hand in Hand gehen. „Wir schauen uns jeden Prozess an und überlegen, ob man ihn digitalisieren kann. Im Optimalfall benötigen wir quasi ein Schweizer Taschenmesser mit allen Funktionen“, sagt Seidel. „Aber unsere Monteure gehen nicht mit einem solchen Taschenmesser zum Kunden und montieren eine Heizung. Ich komme also nicht darum herum, viele kleine Lösungen zu nutzen.“
Die Digitalisierung macht auf Geschäftsführer-Ebene nicht Schluss. Jeder Monteur hat ein Tablet und ein Smartphone, natürlich sind auch die Lehrlinge digital ausgestattet. „Wir versuchen, nahezu die gesamte Baustellendokumentation digital abzudecken“, sagt der Chef aus dem Vogtland. Der passionierte Golfspieler beschreibt den Ablauf sportlich kompakt: „Problem auf der Baustelle. Der Monteur macht ein Foto, schickt es an den Bauleiter mit der Frage, was wir machen. Antwort zurück an den Monteur, weiter geht’s.“

Arbeitsleistungen per E-Mail aufs Tablet
Sämtliche Arbeitsleistungen wie Zeichnungen, Installationsanleitungen und Aufträge erhalten die Monteure per E-Mail aufs Tablet. Mitarbeiter, die ihr Aufmaß lieber per Hand schreiben, erhalten das Paket auch in gedruckter Form. „Wichtig ist für mich, dass alle die Möglichkeit haben, die digitalen Tools zu nutzen. Am Ende aber sind es Handwerker, die mit Handwerk ihr Geld verdienen. Bei uns in der Verwaltung ist die Digitalisierung viel wichtiger als auf der Baustelle. Dort endet der Nutzen, wenn es ans Schrauben geht.“ Da ist dann der Blaumann wichtiger als der Browser.
Vor einem Jahr führte der 48-Jährige die Fachhandwerkersoftware „pds“ in den Betrieb ein. Dort sind die gesamte Buchhaltung und das Projektgeschäft integriert. Die Rechnung des Großhandelspartners SHT Edki kommt über ZUGFeRD, geht in die Buchhaltung und wird automatisch mit der Bestellung abgeglichen. Passt alles, erfolgt über die Finanzbuchhaltung die Zahlungsanweisung.  Zeiteinsparung in der Verwaltung: 15 bis 20 %. Auch die Abläufe rund um die Ausgangsrechnung sind digital. Und die Bestellung? Die läuft über die Verknüpfung der Fachhandwerkersoftware mit „GC Online Plus“.

Urlaubsanträge in der Datenwolke
„Über unseren Server verwalten wir unsere rund 120 mobilen Geräte. Dies ermöglicht es uns, eine App zu kaufen, die dann auf allen Geräten installiert ist“, sagt Seidel. Eine App ist das Werkzeug der Bauleiter: „pCloud“. In der Datenwolke liegen Fotos, allgemeine Dokumente, Urlaubsanträge und vieles mehr. Mit „Meis­tertask“ deckt der Betrieb aus Reichenbach die gesamten Projekte ab. Jeder sieht zu jeder Zeit, welche Aufgaben noch offen sind. Mit „GoodNotes“ kann der 48-Jährige auf Plänen einzelne Komponenten einkreisen, Kommentare ergänzen und die Seite sofort als Bild oder PDF an den Monteur auf der Baustelle versenden. „Damit arbeiten unsere Monteure und Projektleiter sehr viel“, sagt Seidel.  
Wie sehr Blaumann und wie sehr Browser sind eigentlich Seidels Kollegen in der Region? „80 % haben von den eben beschriebenen Sachen noch nicht gehört“, sagt er. „Aber für uns als Betrieb sind die digitalen Möglichkeiten sehr wichtig, um Prozesse und Kosten in der Verwaltung zu minimieren. Für einen Zwei-Mann-Betrieb reicht die Kommunikation am Morgen und am Abend. Je größer die Firma, desto größer die Einsparung.“

Pünktlicher und verlässlicher
Die Informationsflut sei gigantisch geworden, Kunden erwarten auf eine E-Mail prompt eine Antwort. „Dank der digitalen Möglichkeiten sind wir besser aufgestellt, pünktlicher, verlässlicher. Von allen Technikräumen machen wir 360-Grad-Aufnahmen. Ruft ein Kunde an und beschreibt einen Fehler, können wir auf das Foto gucken und helfen.“ So sieht moderner Service eines Fachhandwerksbetriebs aus. Digital verknüpft mit lokaler Stärke. „Bei uns spricht noch ein Mensch mit Menschen, der Monteur vor Ort bietet echte Lösungen an. Anders als ein Sprachcomputer“, sagt Seidel deutlich.
Auch der Fachkräftemangel wird zeitgemäß in Angriff genommen. Über Social-Media-Aktivitäten, die Website und den Blog sollen neue Mitarbeiter gewonnen werden. Eine Agentur hilft auf diesem Weg. „Digitalisierung ist ein Muss“, bekräftigt Marcel Seidel. Und sein Fachhandwerksbetrieb aus Reichenbach im Vogtland lebt eindrucksvoll einen digitalisierten Weg in die Zukunft vor.

 


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