Unterstützung auf der Baustelle
Exoskelette – der ergonomische Arbeitsplatz zum Anziehen
Im Zentrum des Handwerks steht trotz aller digitalen und maschinellen Werkzeuge noch immer der Mensch und das wird auch noch lange so bleiben. Viele Kerntätigkeiten über alle Gewerke hinweg stellen jedoch starke körperliche Belastungen und somit ein gesundheitliches Risiko dar. Durch den Einsatz von Exoskeletten lassen sich die körperlichen Belastungen im Handwerksalltag reduzieren. Damit einher gehen eine Reihe an positiven Effekten.
Das Handwerk leidet schon generell am Fachkräftemangel. Ein zusätzlicher, verfrühter Ausfall von Beschäftigten durch verschleißbedingte Krankheiten setzt Betriebe zusätzlich unter Druck. Gerade Muskel-Skelett-Erkrankungen, beispielsweise Hexenschuss, Bandscheibenvorfälle oder Gelenkverschleiß durch falsche Belastung, sind für rund 25 % der Krankheitstage verantwortlich. An dieser Stelle kann das Handwerk aus Herausforderungen Chancen machen.
Bei einer durchschnittlichen Entlastung von rund 20 % beispielsweise bei rückenentlastenden Exoskeletten spürt man den Unterschied schon direkt am Abend: Man ist einfach nicht mehr so erschöpft, kann also seine Freizeit mehr genießen, was sich wiederum positiv auf die Arbeitsatmosphäre auswirkt. Langfristig betrachtet wird durch den verminderten körperlichen Verschleiß auch der Krankenstand des Betriebes reduziert. Dem Image vom Handwerk, in dem man nicht körperlich unbeschadet bis zur Rente durchkommt, kann man hier aktiv entgegenarbeiten und auch für junge Fachkräfte wieder attraktiver werden.
Was kann durch Exoskelette entlastet werden?
Um körperliche Entlastung, volle Bewegungsfreiheit und platzsparende Konstruktion zu gewährleisten, sind die Exoskelette im Moment auf eine Art von Tätigkeit ausgelegt. Es sind also keine Ganzkörpersysteme – die Unterstützung konzentriert sich auf eine Körperregion: So gibt es Exoskelette, welche bei Überkopfarbeiten unterstützen, indem sie die das Gewicht der Arme durch eine Konstruktion abstützen und damit ausdauerndes, präzises Arbeiten ermöglichen. Gerade bei Montagearbeiten über Schulterhöhe kann hier eine Entlastung herbeigeführt werden.
Für die Entlastung des Rückens gibt es eine ganze Reihe an Systemen. Im Aufbau ähneln diese oftmals einer Art Klettergurt mit mal mehr, mal weniger fester Rückenstütze. So kann je nach Arbeitsvorgang und persönlicher Vorliebe von kompletter Flexibilität bis hin zu ergonomischem Stützen der Wirbelsäule aus der Bandbreite an Systemen gewählt werden. Hier sind vor allem Hebe- und Tragearbeiten sowie lange vornübergebeugte Haltungen im Fokus der Entlastung, was in beinahe allen Gewerken zu finden ist.
Um einzuordnen, wie viel Unterstützung ein Exoskelett bietet, kann in zwei Varianten unterschieden werden: aktiv und passiv.
Aktive Exoskelette sind mit Sensorik und Motoren ausgestattet, sodass sie den Menschen in seinen Bewegungsabläufen stark unterstützen und Kräfte umlenken können. Die Leistungsfähigkeit dieser tragbaren Roboter kommt natürlich mit einer hohen technischen Komplexität und etwas mehr Gewicht für Akkus und Motorik einher.
Passive Exoskelette nutzen die Materialeigenschaften von dehnbaren Bändern, Federn oder Seilzügen, um die auf den Körper wirkenden Kräfte zu reduzieren und umzulenken. Hier können leichte Materialien zum Einsatz kommen, teilweise sind die Systeme komplett textil und passen auch unter Schutzkleidung. So wird ein extrem geringes Gewicht, teilweise nur 1 kg, und volle Bewegungsfreiheit gewährleistet.
Wie ein gutes Werkzeug muss man auch Exoskelette einem Praxistest unterziehen, bevor man sich fundiert für den Einsatz im Betrieb entscheidet. Dafür kann man in der Regel für einen Testzeitraum von beispielsweise zwei Wochen Exoskelette beim Hersteller mieten und in Absprache mit der Belegschaft, welche die Systeme später auch tragen wird, das geeignete System für die betriebseigenen Tätigkeiten finden.
Autor: Patrick Amato, Mittelstand-Digital Zentrum Handwerk, Schaufenster Koblenz
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